Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Steuerfreiheit von Sonntags-, Feiertagsund Nachtarbeitszuschlägen

 

Leitsatz (NV)

Pauschal gezahlte Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind nur dann steuerfrei gemäß § 3 b Abs. 1 EStG, wenn der Arbeitgeber die entsprechenden tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden auflistet, danach zum Jahresende abrechnet und zuviel gezahlte Pauschalzuschläge nachträglich der Lohnbesteuerung unterwirft (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 12. März 1981, FR 1981, 172).

 

Normenkette

EStG § 3b Abs. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1977 bei der . . . verwaltung beschäftigt. Zwischen ihm sowie dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) ist streitig, ob die ihm von der . . . verwaltung gezahlten Sonntags-, Feiertags- und Nachtdienstzuschläge nach § 3 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) von der Einkommensteuer befreit sind.

Im Streitjahr hatte der Kläger einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von . . . erzielt und in seinem Antrag auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs die Steuerfreiheit eines Betrages von 2 112,96 DM nach § 3 b EStG begehrt. Dem Antrag war eine Bescheinigung der . . . verwaltung vom 5. Mai 1978 folgenden Inhalts beigefügt:

,,Für den ,-Kläger-` wurden im Kalenderjahr 1977 für tatsächlich geleistete Arbeit an Sonn-, Feiertags- und Nachtdienstzuschlägen in Höhe von DM 2 112,96 bei Pauschalierung berücksichtigt. Dadurch sind auch diese Zuschläge steuerpflichtig und gesamtversorgungspflichtig."

Das FA folgte dem Antrag des Klägers indessen nicht, sondern es rechnete die als Sonntags-, Feiertags- und Nachtdienstzuschläge in Höhe eines Gesamtbetrages von 2 112,96 DM ausgewiesenen Anteile dem zu versteuernden Arbeitslohn hinzu.

Sowohl der hiergegen eingelegte Einspruch als auch die anschließende Klage blieben ohne Erfolg. Schon im Einspruchsverfahren hatte der Kläger geltend gemacht, daß die Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie bei Nacht nach der tatsächlich geleisteten Arbeit berechnet worden seien. Dies ergebe sich aus den monatlichen Gegenüberstellungen der . . .verwaltung, die er - der Kläger - hiermit vorlege. Die beigefügten Gegenüberstellungen enthielten u. a. nach Monaten aufgeschlüsselt einmal die gezahlten Pauschalzuschläge sowie in weiteren Spalten - ebenfalls monatlich gegliedert - die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die hätten gezahlt werden müssen, wenn nicht der Pauschalzuschlag gezahlt worden wäre. Insgesamt ergäben sich nach diesen Auflistungen an Zahlungen bzw. Zahlungsverpflichtungen im Streitjahr ein Pauschalzuschlag von 2 366,91 DM sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit von insgesamt 2 112,96 DM.

Die Auflistungen endeten mit einem handschriftlichen Vermerk des Sachbearbeiters mit Datum vom 28. April 1978, wonach die Sonntags-, Feiertags- und Nachtdienstzuschläge (hier: Spalten 17 und 18) im Kalenderjahr 1977 insgesamt: 2 112,96 DM für tatsächliche Arbeit betragen haben.

Später, und zwar mit Schreiben vom 8. Dezember 1978, hat sich sodann die . . . verwaltung noch wie folgt geäußert:

,,Anstelle der tatsächlich geleisteten Arbeit für (u. a.) Sonntags-, Feiertags- und Nachtdienststunden wird seit dem 1. 1. 1975 ein Pauschallohn ermittelt, der monatlich zur Auszahlung gelangt.

. . .

Die Methode für die Festsetzung des Gesamtpauschallohnes bitte ich aus beigefügten Abschriften der Festsetzungen vom 19. 5. 76 und 14. 4. 77 zu entnehmen. Besonders weise ich darauf hin, daß die für die Pauschalierung erforderlichen Stunden von der Beschäftigungsdienststelle jährlich im Jahresrahmen ermittelt werden.

. . .

Meine Bescheinigung vom 5. 5. 78 ist in der abgefaßten Form unrichtig. Die Worte ,. . . tatsächlich geleistete . . .` bitte ich zu streichen.

Im Kalenderjahr 1977 wurden nicht 2 112,96 DM, sondern 2 467,44 DM bei der Pauschalierung berücksichtigt. Auch hier bitte ich um Berichtigung. Das Versehen bitte ich zu entschuldigen."

Sein die Klage abweisendes Urteil hat das Finanzgericht (FG) wie folgt begründet: Zwar seien nach § 3 b Abs. 1 EStG gesetzliche oder tarifvertragliche Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt würden, steuerfrei. Im Streitfall sei indessen von der Möglichkeit der Zahlung eines Pauschalzuschlages, die der einschlägige Manteltarifvertrag vorsehe, Gebrauch gemacht worden. Die Zahlung des Pauschalzuschlages sei unabhängig von den im Streitjahr tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtdienststunden erfolgt. Dem Kläger sei zuzugeben, daß über einen Zeitraum von einigen Jahren hinweg die Höhe des gezahlten Pauschalzuschlages - von geringen Differenzen abgesehen - den Zuschlägen für tatsächlich geleistete Arbeit entspreche. Dies ändere jedoch nichts an der Tatsache, daß der Pauschalzuschlag zumindest dem Grundsatz nach unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit gewährt worden sei. Der Pauschalzuschlag könne auch nicht wenigstens insoweit steuerfrei belassen werden, als er auf tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entfalle. Dem Kläger sei zwar zugegeben, daß die Verwaltung selbst die Möglichkeit einer Aufteilung anerkenne. Eine Aufteilung könne aber nach dem Wortlaut des § 3 b EStG nur dann in Betracht kommen, wenn höhere als im Tarifvertrag vereinbarte Zuschläge gezahlt und diese Zuschläge nach der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit berechnet worden seien.Hiergegen richtet sich die vom FG ausdrücklich zugelassene Revision des Klägers. Er rügt die falsche Auslegung des § 3 b EStG. Diese Vorschrift setze voraus, daß gesetzliche oder tarifvertragliche Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt würden, steuerfrei seien. Er - der Kläger - erhalte neben seinem Grundlohn Zuschläge, die ihm aufgrund eines Tarifvertrages für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt würden. Die angefochtene Entscheidung gehe davon aus, daß die Zuschläge nur dann für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt würden, wenn sie in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen nach den in diesen Zeiträumen tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden berechnet worden seien. Damit verkenne das FG, daß diese Auslegung durch den Wortlaut der Vorschrift nicht gefordert werde. Nach § 30 Abs. 6 des Manteltarifvertrages für Arbeiter des Bundes (MTB II) vom 27. Februar 1964 i. d. F. des Ergänzungstarifvertrages Nr. 15 vom 5. August 1970 (Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen - MinBlFin - 1970, 703), des Ergänzungstarifvertrages Nr. 18 vom 29. November 1972 (MinBlFin und des Ministerialblatts des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen - MinBlWF - 1972, 127) sowie ferner des Ergänzungstarifvertrages Nr. 20 vom 12. Juni 1974 (MinBlFin und MinBlWF 1974, 582) könne zur Abgeltung von Überstunden, Zeitzuschlägen oder sonstigen Lohnzuschlägen oder von Arbeitsbereitschaft ein Pauschalzuschlag, ein Gesamtpauschalzuschlag oder ein Gesamtpauschallohn festgesetzt werden. Hieraus ergebe sich, daß es sich bei der pauschalen Vergütung des Zuschlags in Wahrheit um eine Abrechnungsmodalität handle. Diese dürfe den betroffenen Arbeitnehmern nicht zum Nachteil gereichen.

Im übrigen könne ausgehend davon, daß die Einkommensteuer eine Jahressteuer sei, auch im Fall der Pauschalierung nicht eine monatliche Berechnungsweise durch den Arbeitgeber verlangt werden.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen FG-Urteils den Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1977 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, daß Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in Höhe von 2 112,96 DM steuerfrei bleiben und der Erstattungsbetrag entsprechend höher festgesetzt wird, hilfsweise, den Rechtsstreit an das FG zur anderweitigen Verhandlung zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es nimmt im wesentlichen Bezug auf die Gründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Nach § 3 b Abs. 1 Satz 1 EStG sind gesetzliche oder tarifvertragliche Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei. Der erkennende Senat hat stets darauf Wert gelegt, daß die Steuerfreiheit entsprechend dem Gesetzeswortlaut nur auf solche Zuschläge Anwendung findet, durch die tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit bezahlt worden sind. Er hat daher in seinem grundlegenden, noch zu dem Vorgänger des § 3 b EStG, dem § 34 a EStG, ergangenen Urteil vom 15. Dezember 1967 VI 159/65 (BFHE 91, 246, BStBl II 1968, 274) die Steuerfreiheit verneint, wenn der Steuerpflichtige - wie in jenem Falle - einen aus Grundlohn und Schichtpauschale zusammengesetzten Monatslohn erhalten hat. Entsprechendes hat der Senat auch in seinem Urteil vom 3. Mai 1974 VI R 211/71 (BFHE 112, 478, BStBl II 1974, 646) hinsichtlich eines von der betrieblichen Arbeit freigestellten Betriebsratsmitgliedes ausgesprochen, das tatsächlich keine Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit geleistet hatte, sondern dem zum Ausgleich des durch seine Tätigkeit im Betriebsrat entstehenden Verdienstausfalls entsprechende Lohnzuschläge gewährt worden sind. Ähnliches gilt auch für den Mutterschutzlohn, der als Ersatz für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gezahlt worden ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Oktober 1984 VI R 199/80, BFHE 142, 146, BStBl II 1985, 57).

Ob sich der vorliegende Sachverhalt mit den vorgenannten Fällen vergleichen läßt, vermag der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht zu entscheiden. Der Kläger hat, wie auch vom FA nicht bestritten worden ist, tatsächlich an Sonn- und Feiertagen sowie bei Nacht gearbeitet. Ihm sind dafür die nach dem Manteltarifvertrag vorgesehenen Zuschläge gezahlt worden. Dieser sieht ausdrücklich vor, daß anstelle einer Einzelberechnung auch ein Pauschalzuschlag treten kann. Zweifelhaft ist aber - jedenfalls hat das FG hierzu keine Feststellungen getroffen -, ob die zuständige Behörde die vorgelegten Auflistungen - wie der Kläger behauptet - zum Jahresende der Gehaltsabrechnung zugrunde gelegt und danach zuviel gezahlte Pauschalzuschläge nachträglich der Lohnbesteuerung unterworfen hat, also sinngemäß schon im Streitjahr entsprechend der Anweisung des Bundesministers der Finanzen (BMF) in seinem Schreiben vom 12. März 1981 IV B 6 - S 2343 - 5/81 (Finanz-Rundschau 1981, 172) verfahren ist. Eine solche Verfahrensweise ist auch nach Auffassung des Senats zu beachten; denn nur so kann sichergestellt werden, daß - im Jahr - nur die Zuschläge steuerbefreit bleiben, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gezahlt worden sind. Auf einen späteren, nicht zeitgerechten Ausgleich kommt es entgegen der Auffassung des Klägers dabei nicht an.

Zur Nachholung dieser Feststellungen und - falls der dem genannten Schreiben des BMF zugrunde liegenden Rechtsauffassung entsprochen worden ist - der Ermittlung der danach steuerfrei belassenen bzw. zu besteuernden Beträge war das angefochtene Urteil nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415699

BFH/NV 1988, 496

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge