Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der betrieblich veranlaßte Bau einer Garage (Werkstatt) auf einem zum Privatvermögen gehörenden Grundstück (Einfamilienhaus) führt nicht unter allen Umständen dazu, daß der für den Bau benutzte Teil des Grundstücks in das Betriebsvermögen überführt wird.

 

Normenkette

EStG §§ 5-6

 

Tatbestand

Der Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige - Stpfl. -) hat im Jahre 1958 und 1959 auf dem Grundstück seines Einfamilienhauses eine Garage errichtet und diesen Vorgang als betrieblich behandelt, weil er die Garage für betriebliche Zwecke, nämlich als Werkstatt für sein Malergeschäft nutzte. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1958 setzte das Finanzamt (FA) die Baukosten der Garage als Entnahmen an, weil nach Abschn. 14 der EStR 1958 der Grundstücksanteil, auf dem die Garage errichtet ist, wegen seiner geringen Bedeutung und seines geringen Wertes nicht zum Betriebsvermögen gerechnet werden könne. Die Behandlung der Baukosten als Entnahmen führte dazu, daß der Stpfl. die Vergünstigung für nicht entnommenen Gewinn (§ 10 a EStG) nicht in dem beantragten Umfang zugebilligt erhielt.

Während der Einspruch erfolglos war, hatte die Berufung Erfolg. Die Aufwendungen für die Garage seien, so führte das Finanzgericht (FG) aus, Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG. Stelle man für die Zurechnung des für die Garage verwendeten Grundstücksteils auf den Wert ab, so sei es nicht richtig, die in jedem Jahre angefallenen Aufwendungen getrennt zu betrachten. Werde die Frage aber von den Gesamtaufwendungen laut Bauplan abhängig gemacht, so würden die Wertgrenzen der EStR, von denen das FA ausgehe, erreicht. Es sei im übrigen der Rechtsansicht in Abschn. 14 EStR 1958 nicht beizutreten. Sie sei mit dem Grundsatz des EStG nicht zu vereinbaren, wonach alle dem Betrieb dienenden Gegenstände in aller Regel zum Betriebsvermögen gehörten. Die Aufwendungen für die Errichtung einer dem Betrieb dienenden Garage seien nach § 4 Abs. 4 EStG Betriebsausgaben und könnten nicht mit Hilfe der Rechtskonstruktion des Abschn. 14 EStR in Lebenshaltungskosten umgedeutet werden.

Mit seiner Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des Bundesrechts und mangelnde Sachaufklärung. Die Regelung des Abschn. 14 EStR habe der BFH im Urteil I 190/55 vom 20. März 1956 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 106) rechtlich gebilligt. Aber auch in tatsächlicher Hinsicht sei der Vorentscheidung nicht zuzustimmen. Das Verfahren, die Anschaffungskosten des Grundstücks und die Herstellungskosten der Garage einander gegenüberzustellen, sei für die Ermittlung der Wertgrenzen ungeeignet. Gehörten wie im Streitfall die zu vergleichenden Grundstücksteile zur Grundstücksgruppe der Einfamilienhäuser, so sei bei der wertmäßigen Aufteilung der Grundstücksteile von dem Einheitswert auszugehen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Anfechtungsklage des Stpfl. gegen die Einspruchsentscheidung des FA als unbegründet zurückzuweisen. Der Stpfl. beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision kann keinen Erfolg haben. Dem FG ist zwar für die Zurechnung der Garage zum Betriebsvermögen nicht darin beizutreten, daß die rechtliche Beurteilung auch davon abhängig sei, daß die Vergünstigung des § 10 a EStG nicht verkürzt werde. Ob ein Vorgang in den Betriebsbereich gehört oder ob eine Entnahme vorliegt, beurteilt sich nach den für die Gewinnermittlung allgemein geltenden Grundsätzen; für § 10 a EStG gilt insoweit keine Besonderheit.

Im Ergebnis ist dem FG aber darin zuzustimmen, daß die für den Garagen- und Werkstattbau aufgewendeten Beträge keine Entnahmen sind. Auch das FA erkennt die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen an, weil der Garagen- und Werkstattbau nur betrieblichen Zwecken diene. Dann ist aber der Umstand, daß dieser Bau auf dem zum Einfamilienhaus des Stpfl. gehörenden Grund und Boden errichtet ist, kein Grund, seine Herstellung als Vorgang des außerbetrieblichen (privaten) Bereichs zu behandeln.

Aus Abschn. 14 EStR 1958 kann für die Entscheidung des Streitfalles nichts entnommen werden. Diese Regelung, die nach der Rechtsprechung des BFH zutreffend das Betriebs- und Privatvermögen abgrenzt, geht mit Recht davon aus, daß Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen, notwendig zum Betriebsvermögen gehören. Werden Teile eines einheitlichen Wirtschaftsguts teils betrieblich und teils privat genutzt, so stellt Abschn. 14 EStR 1958 gewisse Grenzen auf, bei deren Unterschreitung ein betrieblich genutzter Teil eines sonst privat genutzten Wirtschaftsguts nicht zum Betriebsvermögen gezogen werden kann. Danach kann z. B., wenn von einer großen Privatvilla nur ein kleiner Raum für betriebliche Zwecke genutzt wird, dieser Raum nicht zum Betriebsvermögen gezogen werden. Wenn aber, wie im Streitfall, zusätzlich ein betrieblichen Zwecken dienender Bau ausgeführt wird, so kann dieser nicht mit dem vorhandenen privat genutzten Bau (Einfamilienhaus) zu einer Einheit zusammengefaßt und die Frage, ob der Bau Teil des Betriebsvermögens ist, nicht nach Abschn. 14 EStR 1958 beurteilt werden. Hieran ändert auch nichts, daß für das Einfamilienhaus von vornherein eine Garage vorgesehen war. Ob der Stpfl. die Garage auch privat hätte errichten können und welche Auswirkung eine betriebliche Nutzung der Privatgarage für die Zugehörigkeit zum Betriebs- oder Privatvermögen gehabt hätte, kann dahingestellt bleiben; denn jedenfalls konnte der Stpfl. die für betriebliche Zwecke gedachte Garage (Werkstatt) im Rahmen seines Betriebes errichten und als Teil seines Betriebsvermögens behandeln.

Wird ein betrieblich genutztes Gebäude auf zum privaten Vermögen gehörendem Boden oder ein privat genutztes Gebäude auf zum Betriebsvermögen gehörendem Boden errichtet, so wird allerdings in aller Regel im ersten Fall der Boden in das Betriebsvermögen eingebracht und im zweiten Fall aus dem Betriebsvermögen entnommen. Offenbar ist dies auch der Ausgangspunkt des FA, wenn es den Teil des Bodens, auf dem die Garage errichtet ist, wegen seiner "Geringfügigkeit" als nicht in das Betriebsvermögen überführbar und deswegen umgekehrt die Garage als in das Privatvermögen überführt ansieht. Diese Folgerung ist jedoch nicht beizutreten, weil die als Ausgangspunkt genommene Regel zwar grundsätzlich, nicht aber ausnahmslos zutrifft. Wenn ein Stpfl. ein betrieblich genutztes Gebäude errichtet, so kann er zwar im allgemeinen nicht den diesem Gebäude dienenden Boden als Privatvermögen behandeln. Ist aber, wie im Streitfall, ein betrieblich genutztes Gebäude auf einem "geringwertigen" und praktisch nicht abtrennbaren Teil des zum Privatvermögen gehörenden Bodens errichtet, so besteht kein Bedenken, den ganzen Boden nach wie vor als Privatvermögen und das betrieblich genutzte Gebäude als Teil des Betriebsvermögens wie ein Gebäude auf fremden Grund und Boden zu behandeln.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412064

BStBl III 1966, 453

BFHE 1966, 422

BFHE 85, 422

BB 1966, 728

DB 1966, 1076

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