Leitsatz (amtlich)

Für ein sich über die Dauer von mehr als einem Jahr erstreckendes Investitionsvorhaben kann der Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage insgesamt gestellt werden.

 

Normenkette

InvZulG 1969 § 3 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt in A einen Gewerbebetrieb für Holz- und Kunststoffverarbeitung. In den Jahren 1972 und 1973 erweiterte er seine Betriebstätte. Die Gesamtinvestition von 260 000 DM wurde als förderungswürdige Investition im Sinne des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1969 (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477) anerkannt.

a) Mit Antrag vom 13. März 1973 beantragte der Kläger die Gewährung einer Investitionszulage "für das Kalenderjahr 1972". In dem hierfür verwendeten amtlichen Vordruck ist auf Seite 1 angegeben, daß die Investitionszulage für Wirtschaftsgüter und Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Erweiterung der Betriebstätte in A beantragt werde. Seite 2 des Vordrucks enthält folgende Angaben:

"Die genauen Zahlen werden automatisch mit dem Jahresabschluß 1972 nachgereicht. Eine Bescheinigung gemäß § 1 Abs. 4 des Investitionszulagengesetzes ist beim Regierungspräsidenten in B beantragt und wird nach Erhalt ebenfalls eingereicht." Mit Schreiben vom 19. Juli 1973 legte der Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) eine nach Anschaffungszeitpunkten und Anschaffungskosten aufgegliederte Aufstellung der im Jahr 1972 angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgüter in Höhe eines Gesamtbetrags von 128 161,13 DM vor.

Das FA lehnte durch Bescheid vom 14. Mai 1975 den Antrag unter Hinweis auf das Fehlen von Angaben über die Art und Höhe der vorgenommenen Investitionen ab.

b) Mit dem beim FA am 29. März 1974 eingegangenen Antrag vom 27. März 1974 beantragte der Kläger die Gewährung einer Investitionszulage "für das Kalenderjahr 1973". In dem dabei verwendeten amtlichen Vordruck ist auf Seite 2 die Gesamtinvestitionssumme mit 210 500 DM angegeben. Hiervon entfallen auf Betriebsgebäude 149 000 DM, auf die Platzbefestigung 2 500 DM sowie auf "Maschinen und Einrichtung" 59 000 DM. Mit Schreiben vom 5. September 1974 gliederte der Kläger die Aufwendungen weiter auf und gab als Gesamtinvestitionssumme einen Betrag von 215 961,98 DM an.

Mit vorläufigem Bescheid (§ 100 Abs. 1 AO) vom 2. Juni 1975 gewährte das FA für das Jahr 1973 eine Investitionszulage von 14 804,10 DM.

Die Einsprüche gegen die Investitionszulagebescheide blieben ohne Erfolg. Das FG hat die hiergegen erhobenen Klagen gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und sie als unbegründet abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Revision, mit der Verletzung des § 3 Abs. 3 InvZulG gerügt wird. Der Kläger ist im wesentlichen der Auffassung, daß es zur wirksamen Antragstellung ausreiche, wenn im Investitionszulageantrag auf den spezifizierten Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung gemäß § 1 Abs. 4 InvZulG Bezug genommen werde. Mit dieser Bezugnahme werde nämlich sichergestellt, daß der Steuerpflichtige nicht unberechtigt Investitionen nachschiebe.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Investitionszulage wird auf Antrag gewährt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG). Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden, in dem das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung oder der Anzahlung oder Teilherstellung endet.

1. Nach der Entscheidung des Senats vom 16. Juli 1976 III R 158/73 (BFHE 119, 543, BStBl II 1976, 757) wird das Verfahren zur Festsetzung der beantragten Investitionszulage nur dann eingeleitet, wenn der innerhalb der Frist des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG beim FA eingegangene Antrag das Investitionsvorhaben, für das Investitionszulage begehrt wird, nach Art und Ort bezeichnet und zusätzlich die Summe der Investitionskosten aufführt. Dies gilt auch insoweit, als für aufgewendete Anzahlungen auf Anschaffungskosten und für Teilherstellungskosten gemäß § 1 Abs. 6 InvZulG 1969 Investitionszulage begehrt wird.

Die Mindestangaben müssen in dem beim FA einzureichenden Antrag, wozu auch die ihm beigefügten Unterlagen zu rechnen sind, enthalten sein. Es genügt nicht, wenn die erforderlichen Angaben nur im Bescheinigungsverfahren nach § 1 Abs. 4 InvZulG gemacht worden sind. Nicht entscheidungserheblich ist, ob durch die Bezugnahme auf den Antrag gemäß § 1 Abs. 4 InvZulG ein nichtberechtigtes Nachschieben von Investitionen ausgeschlossen wird.

2. a) Soweit der Kläger mit dem Antrag vom 13. März 1973 Investitionszulage für das Jahr 1972 begehrt, sei es für die in diesem Jahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter oder sei es für Anzahlungen oder Teilherstellungskosten des Jahres 1972, erfüllt der Antrag die genannten Mindestvoraussetzungen nicht. Aus ihm ist jedenfalls nicht ersichtlich, welche Summe der Kläger für das Investitionsvorhaben aufgewendet hat. Dementsprechend war das Verfahren zur Festsetzung der beantragten Investitionszulage 1972 nicht eingeleitet mit der Folge, daß dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung einer Investitionszulage für dieses Jahr zusteht.

b) Der Antrag vom 13. März 1973 könnte jedoch in Verbindung mit dem Schreiben vom 19. Juli 1973 und der dem FA vorliegenden Bescheinigung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft, Frankfurt/Main, vom 18. Mai 1973 als vorgezogener (Teil-)Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage für das Investitionsvorhaben insgesamt zu werten sein. Wie unter 3.) noch darzulegen sein wird, wäre ein solcher Antrag hinreichend bestimmt.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 23. Juli 1976 III R 122/75, BFHE 119, 553, BStBl II 1976, 759) kann der Investitionszulageantrag wirksam auch bereits vor Ablauf des maßgeblichen Kalenderjahres gestellt werden. Da nach dem Investitionszulagengesetz 1969 für die Gewährung der Investitionszulage das Investitionsvorhaben als solches und nicht das einzelne Wirtschaftsgut maßgebend ist (vgl. Urteil des BFH III R 158/73), kann der Steuerpflichtige ferner mangels ausdrücklicher anderer gesetzlicher Regelung für ein sich über die Dauer von mehr als einem Jahr erstreckendes Investitionsvorhaben die Investitionszulage insgesamt beantragen. Er ist nicht verpflichtet, die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung der einzelnen, dem jeweiligen Investitionsvorhaben zuzuordnenden Wirtschaftsgüter vor dessen Abschluß geltend zu machen. Ein derartiger einheitlicher Antrag kann sich jedoch nur auf Aufwendungen beziehen, die Teil eines einheitlichen und in sich geschlossenen Investitionsvorhabens sind.

Das FG ist insoweit von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben.

3. Die Vorentscheidung kann auch aus einem anderen Grund keinen Bestand haben.

Entgegen der Auffassung des FG ist der Antrag vom 27. März 1974 auf Gewährung einer Investitionszulage für das Jahr 1973 wirksam gestellt. Er konkretisiert - jedenfalls in Verbindung mit der dem FA bereits vorgelegenen Bescheinigung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft in Frankfurt/Main über die Förderungswürdigkeit des Invcstitionsvorhabens und in Verbindung mit dem Schreiben des Klägers vom 19. Juli 1973 - das Investitionsvorhaben nach Art und Ort hinreichend. Ebenso ist die Summe der Investitionskosten angegeben. Damit war der Anspruch auf Gewährung der Investitionszulage für das Jahr 1973 dem Grunde nach wirksam geltend gemacht. Das Verfahren zur Festsetzung der beantragten Investitionszulage war eingeleitet. Die im Schreiben des Klägers vom 5. September 1974 gemachten weiteren Angaben waren lediglich für die Festsetzung der Investitionszulage von Bedeutung und konnten damit noch nach Ablauf der Ausschlußfrist nachgereicht werden (vgl. BFH-Urteil III R 158/73).

4. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Das FG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die dem Senat eine Entscheidung darüber ermöglichen würden, ob auch ein vorzeitiger (Teil-)Antrag für das Jahr 1973 vorliegt und ob die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung der vom Kläger beantragten Investitionszulage für das Jahr 1973 gegeben sind. Die Sache war deshalb nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72451

BStBl II 1977, 782

BFHE 1978, 207

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