Leitsatz (amtlich)

Teilt die Gemeinde dem FA die Gewerbeanmeldung aufgrund der Anweisung in Abschn. 7 Abs. 1 GewStR mit, so stellt diese Mitteilung für sich allein keinen Antrag auf Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrages im Sinne des § 387 Abs. 3 Satz 4 AO dar.

 

Normenkette

AO § 387 Abs. 3 S. 4; GewStR Abschn. 7 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Stadt B den nach § 387 Abs. 3 Satz 4 AO zur Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrags erforderlichen Antrag gestellt hat.

Der Bauunternehmer J mit Firmensitz in A unterhielt im Bereich der Stadt B in der Zeit vom 1. Dezember 1960 bis zum 30. Juni 1963 eine Baustelle. Hiervon erfuhr die Verwaltung der Stadt B Ende Oktober 1962. Sie veranlaßte den Bauunternehmer, die in B gelegene Betriebstätte gemäß §§ 14, 55c der Gewerbeordnung (GewO) und § 165d AO anzumelden. Von dieser Anmeldung machte die Stadt B dem FA C mit Schreiben vom 3. Januar 1963 Mitteilung. Das FA leitete die Mitteilung an das FA A weiter. In dieser Mitteilung waren u. a. die Termine der Lohnsummensteuererklärungen aufgeführt. Auf eine Erinnerung der Stadt B nahm das beklagte FA die Zerlegung der die Firma J betreffenden Gewerbesteuermeßbeträge für die Jahre 1960 und 1961 durch Bescheide vom 7. Dezember 1964 vor. Gegen sie legte die Stadt A Beschwerde ein mit der Begründung, daß die Zerlegung nicht mehr habe durchgeführt werden können, weil die in § 387 Abs. 3 Satz 4 AO für die Zerlegung vorgesehene Frist abgelaufen gewesen sei. Die Gewerbesteuermeßbescheide waren bereits am 29. November bzw. 4. Dezember 1962 ergangen. Die OFD M vertrat demgegenüber die Auffassung, die Mitteilung der Stadt B an das FA C über die Gewerbeanmeldung der Firma J enthalte einen Antrag auf Zerlegung der diese Firma betreffenden Gewerbesteuermeßbeträge im Sinne des § 387 Abs. 3 Satz 4 AO. Die vom FA vorgenommene Zerlegung sei daher nicht zu beanstanden.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Stadt A, in der sie vorträgt, daß die von der Stadt B abgegebene Mitteilung über die Betriebsanmeldung der Anordnung in Abschn. 7 Abs. 1 GewStR entspreche und kein Antrag im Sinne des § 387 Abs. 3 Satz 4 AO sei. Demgegenüber vertritt die am Verfahren beteiligte Stadt B die Ansicht, daß sie mit der Mitteilung den Antrag auf Zerlegung habe stellen wollen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die weitere Beschwerde, die nach der Einführung der FGO als Klage zu behandeln ist (vgl. Urteil des BFH VI B 31/63 vom 10. Juni 1966, BFH 86, 590, BStBl III 1966, 598), ist begründet. Die Beschwerdeentscheidung der OFD M und die Zerlegungsbescheide des beklagten FA müssen aufgehoben werden, weil die Bescheide infolge Fristablaufs gemäß § 387 Abs. 3 Satz 4 AO - der auch bei erstmaligen Zerlegungen gilt (vgl. BFH-Entscheidung IV B 288/55 U vom 7. März 1957, BFH 64, 479, BStBl III 1957, 178) - nicht mehr ergehen durften. Die Mitteilung der Stadt B an das FA C über die Gewerbeanmeldung des Zweigunternehmens der Firma J kann nicht als Antrag auf Zerlegung im Sinne des § 387 Abs. 3 Satz 4 AO gedeutet werden.

Der Begriff des "Antrags" wird im Gesetz nicht definiert und ist dem allgemeinen Sprachgebrauch zu entnehmen. Danach ist ein Antrag die an eine Behörde gerichtete Handlung einer Partei, um eine Handlung vor ihr zu erwirken (Brockhaus, Enzyklopädie, 17. Auflage), oder das an eine Behörde gerichtete Begehren auf Vornahme einer Handlung (Der große Herder, 5. Auflage). Wie immer der Begriff des Antrags formuliert wird, jedenfalls muß aus der Erklärung oder dem Verhalten desjenigen, der einen Hoheitsakt der Behörde erreichen will, mit ausreichender Klarheit zu entnehmen sein, daß er etwas begehrt und was er begehrt. Hiervon ist offensichtlich auch die OFD M ausgegangen, wenn sie ausführt, daß sich ein bestimmter oder bestimmbar formulierter Wille ergeben müsse. Ein solcher Wille ist der Mitteilung der Stadt B über die Gewerbeanmeldung nicht zu entnehmen. In dieser Mitteilung ist weder das Wort Antrag gebraucht noch auch nur entfernt angedeutet, daß die Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrags begehrt wird. Denn weder die Gewerbesteuer noch auch deren Zerlegung wird in irgendeiner Weise erwähnt. Der Hinweis auf die Termine der Lohnsummensteuererklärungen läßt jedenfalls nicht erkennen, daß eine Zerlegung begehrt wird. Bei diesen Angaben handelt es sich um Hinweise, die für die Firma J bestimmt waren. Diese der Firma J erteilten Hinweise können nicht schon deshalb als ein an die Finanzverwaltung gerichteter Antrag gedeutet werden, weil das für die Zerlegung zuständige FA A von diesen Hinweisen durch ihre Durchschrift auf der Gewerbeanmeldungsmitteilung Kenntnis erhielt. Nur dann, wenn keinerlei Veranlassung bestanden hätte, die Mitteilung über die Gewerbeanmeldung dem FA zu übermitteln, außer der, das FA A auf die Zerlegung hinzuweisen, wäre eine Deutung als Antrag auf Zerlegung denkbar. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn die Stadt B befolgte mit ihrer Mitteilung lediglich die Anweisung in Abschn. 7 Abs. 1 GewStR, die für alle Fälle vorgesehen ist, ob eine Zerlegung in Betracht kommt oder nicht. Mit dieser Maßnahme leistete die Stadt B der Finanzverwaltung Amtshilfe, um dieser die Steueraufsicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Trotz allem hätte der erkennende Senat keine Bedenken, die Mitteilung über die Gewerbeanmeldung als Zerlegungsantrag anzuerkennen, wenn eine allgemeine Übung bestände, die nach Abschn. 7 GewStR vorgeschriebenen Mitteilungen als Zerlegungsanträge zu behandeln. Das Vorliegen einer solchen Übung hat aber die Stadt B nicht behauptet und wird in der Entscheidung der OFD M nicht erwähnt. Daraus muß geschlossen werden, daß es eine derartige Übung nicht gibt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69909

BStBl II 1972, 472

BFHE 1972, 558

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