Entscheidungsstichwort (Thema)

Prämien für familiengerechte Wohnungsbelegung als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung

 

Leitsatz (NV)

Eine staatliche Prämie, die der Vermieter für die familiengerechte Belegung einer Wohnung erhält, rechnet zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1, § 22 Nr. 3, § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34; Richtlinien über die Förderung der Freimachung und der familiengerechten Belegung von großen Wohnungen in Berlin

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eigentümer eines Mietwohngrundstücks in Berlin. Die Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin bewilligte ihnen 1985 mit Bescheiden vom ... jeweils eine Prämie in Höhe von 10000 DM gemäß den Richtlinien über die Förderung der Freimachung und der familiengerechten Belegung von großen Wohnungen vom 31. März 1984 (Amtsblatt für Berlin 1984; 651; im folgenden: Richtlinien).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte diese Prämien im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1985 aus Vermietung und Verpachtung vom ... als Einnahmen an. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage begehrten die Kläger, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um 20000 DM herabzusetzen, hilfsweise, festzustellen, daß die Prämien Einkünfte i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Prämien seien zusätzliches Entgelt für die Vermietung der Wohnungen.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 und § 21 EStG. Die Prämien seien nicht Vermietungsentgelt, sondern im privaten Vermögensbereich liegende Einnahmen; denn der Verzicht auf die Kündigung wegen Eigenbedarfs gehöre dem Vermögensbereich an.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Wie das FG rechtsfehlerfrei entschieden hat, rechnen die Prämien zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

1. Gegenleistungen für die zeitliche Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung von unbeweglichem Vermögen sind Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Unerheblich ist dabei, ob der Mieter selbst oder ein Dritter die Gegenleistung erbringt. Die Leistung eines Dritten muß jedoch in unmittelbarem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung stehen (vgl. Senatsurteil vom 26. März 1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999).

2. Ein solcher unmittelbarer rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang besteht zwischen den den Klägern gewährten Prämien und der Gebrauchsüberlassung der Wohnungen.

a) Nach Nummer 6 der Richtlinien erhält der Vermieter bestimmter preisgebundener Altbauwohnungen eine Prämie von 10000 DM je Wohnung, die er familiengerecht vermietet. Die Prämie wird nur dann gewährt, wenn der Vermieter für den Zeitraum von fünf Jahren auf die Geltendmachung von Eigenbedarf verzichtet. Wird die Wohnung innerhalb dieses Zeitraums frei, ist sie erneut familiengerecht zu vermieten. Der Bescheid über die Gewährung der Prämie wird unter der auflösenden Bedingung erteilt, daß der Vermieter diese Voraussetzungen erfüllt.

b) Entgegen der Auffassung der Kläger wird die Prämie nach diesen Regelungen nicht (nur) für den Verzicht auf die Geltendmachung von Eigenbedarf gewährt, sondern für die familiengerechte Vermietung der Wohnung. Der Verzicht auf die Geltendmachung von Eigenbedarf wird gefordert, um den Bestand der mit der Prämie geförderten Mietverhältnisse zu sichern. Auch die Regelung, wonach eine Wohnung, die innerhalb des Zeitraumes von fünf Jahren frei wird, erneut familiengerecht zu vermieten ist, soll gewährleisten, daß der mit der Prämiengewährung verfolgte wohnungs- und familienpolitische Zweck erreicht wird.

c) Die Prämien sind entgegen der von den Klägern im finanzgerichtlichen Verfahren hilfsweise vertretenen Meinung nicht steuerbegünstigte außerordentliche Einnahmen i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 324 Abs. 1, 2 Nr. 2 EStG. Sie werden nicht als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt, wie § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG voraussetzt, sondern zusätzlich zu der - preisgebundenen - Miete, die die Mieter zu entrichten haben.

3. Auch wenn man der Auffassung, daß die Prämien Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung seien, nicht folgen würde, wären sie nicht steuerfrei. Es würde sich dann um sonstige Einnahmen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG handeln (zur Übernahme einer Baulast als Leistung im Sinne dieser Vorschrift s. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. August 1975 VIII R 167/71, BFHE 116, 550, BStBl II 1976, 62).

 

Fundstellen

Haufe-Index 65298

BFH/NV 1994, 845

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