Entscheidungsstichwort (Thema)

Unentgeltliche Betriebsübertragung unter Zurückbehaltung nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen

 

Leitsatz (NV)

1. Wird ein Änderungsbescheid während des Revisionsverfahrens nicht dem Prozessbevollmächtigten für das Revisionsverfahren, sondern dem Prozessbevollmächtigten für das Klage- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bekannt gegeben, so fehlt es an einer wirksamen Bekanntgabe, die die Antragsfrist nach § 68 Satz 2 FGO a.F. in Gang setzen könnte.

2. Behält der Erblasser bei der im Wege vorweggenommener Erbfolge erfolgten Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs Flächen zurück, die zwar einen im Verhältnis zum übertragenen Hof nur geringfügigen Umfang aufweisen, der die unentgeltliche Betriebsübertragung nicht gefährdet, so führt dies nicht zur Zwangsentnahme der zurückbehaltenen Flächen, wenn diese groß genug sind, als Grundlage eines fortgeführten, verkleinerten Betriebs zu dienen.

3. Wird der aus dem Betriebsvermögen des übertragenen Hofs abgespaltene verkleinerte Restbetrieb vom Erblasser nicht selbst bewirtschaftet, sondern dem Hofnachfolger zur Nutzung überlassen, so steht dem Erblasser das Verpächterwahlrecht zu.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, §§ 13-14

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Urteil vom 13.04.1999; Aktenzeichen 8 K 2294/98 E)

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde in den Streitjahren (1994 und 1995) mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er für das Normal-Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb wurde dem Kläger zur Größe von 34,6 ha von seinem Vater im Wege vorweggenommener Erbfolge unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs für sich und seine Ehefrau zum 1. April 1971 übertragen. Zugleich verpachteten die Eltern dem Kläger in Ausübung ihres Nießbrauchsrechts den ihm übertragenen Grundbesitz bis zum 31. März 1989. Zum gleichen Zeitpunkt überließ der Vater dem Kläger darüber hinaus ohne schriftlichen Vertrag auch ein von der Hofübergabe ausgenommenes Grundstück von 8 522 qm zur Nutzung. Nachdem der Vater 1985 verstorben war, löste der Kläger den zugunsten seiner Mutter fortbestehenden Nießbrauch gegen wiederkehrende Leistungen ab. Am 4. Februar 1991 übertrug die Mutter die verbliebenen 8 522 qm Grund und Bodens dem Kläger, der diese Flächen wie bisher landwirtschaftlich nutzte. Der Kläger legte das Grundstück zum Teilwert von 300 DM/qm (2 556 600 DM) in das Betriebsvermögen ein. Am 4. August 1994 veräußerte er 7 622 qm dieser Flächen und stellte den Gewinn in eine Rücklage nach § 6b EStG ein. Die verbliebenen 900 qm, ein Hausgarten, wurden zum Ende des Wirtschaftsjahres ausgebucht.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat nach einer Betriebsprüfung die Auffassung, die zurückbehaltene Fläche hätte 1991 zum Buchwert von 35 008 DM übernommen werden müssen. Die anlässlich der Veräußerung gebildete Reinvestitionsrücklage sei dementsprechend zu erhöhen. Der privat genutzte Hausgarten sei steuerpflichtig zu dem 1991 maßgebenden Teilwert entnommen worden.

Einspruch und Klage gegen die Änderungsbescheide 1994 und 1995 hatten keinen Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in juris veröffentlicht.

Mit seiner dagegen gerichteten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er ist der Auffassung, das zurückbehaltene Grundstück habe als Privatvermögen seiner Mutter nach der unentgeltlichen Übertragung durch Einlage dem Betriebsvermögen zugeführt werden müssen. Denn die unter Nießbrauchsvorbehalt und gleichzeitiger Verpachtung vorgenommene Hofübergabe habe im Jahre 1971 zu einer Betriebsaufgabe mit der Folge geführt, dass die Pachteinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen gewesen seien.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1994 und 1995 vom 24. Oktober 1997 und 30. Oktober 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des FA vom 12. März 1998 die Einkommensteuer 1994 und 1995 auf 12 560 DM und 122 802 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 8. März 2000 IV B 65/99 die Revision gegen das Urteil des FG zugelassen und der Kläger Revision eingelegt hatte, erließ das FA am 28. August 2000 zur rückwirkenden Steuerfreistellung des Existenzminimums der Kinder des Klägers gemäß § 53 EStG geänderte Einkommensteuerbescheide. Diese Bescheide wurden nicht dem Prozessbevollmächtigten des Klägers im Revisionsverfahren, sondern dem im Besteuerungsverfahren beauftragten Empfangsbevollmächtigten und Prozessbevollmächtigten des Klage- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens T bekannt gegeben. Der Senat erfuhr von diesem Sachverhalt ebenso wie der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers erst durch die Bekanntgabe weiterer Änderungsbescheide zur Einkommensteuer für die Streitjahre vom 5. Oktober 2001.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

I. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass die während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheide 1994 und 1995 vom 28. August 2000 nicht gemäß § 68 FGO in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden. Der dazu erforderliche Antrag setzte nach § 68 Satz 2 FGO a.F. die Bekanntgabe des neuen Verwaltungsakts voraus. Fehlt es an einer wirksamen Bekanntgabe und wird der Bekanntgabemangel auch nicht geheilt, so kann der Änderungsbescheid keinerlei Wirkung entfalten und insbesondere nicht die prozessuale Frist des § 68 Satz 2 FGO a.F. in Gang setzen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Mai 2003 XI R 37/99, BFH/NV 2004, 198).

1. Im Streitfall sind die Änderungsbescheide vom 28. August 2000 nicht wirksam bekannt gegeben worden. Da die Bescheide während des Revisionsverfahrens ergangen sind und der Kläger in diesem Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß vertreten war, hätten die Änderungsbescheide diesem Prozessbevollmächtigten bekannt gegeben werden müssen (vgl. Urteile des BFH vom 5. Mai 1994 VI R 98/93, BFHE 174, 208, BStBl II 1994, 806, und vom 29. Oktober 1997 X R 37/95, BFHE 184, 232, BStBl II 1998, 266). Prozessbevollmächtigter war nach der vom Kläger erteilten Prozessvollmacht vom 18. April 2000 der Rechtsanwalt R persönlich. Das FA hat die Änderungsbescheide hingegen nicht R, sondern dem Rechtsanwalt und Steuerberater T bekannt gegeben; T ist als Bekanntgabeadressat in den für den Kläger bestimmten Änderungsbescheiden aufgeführt, obwohl dem FA seit Übersendung der Revisionsschrift am 4. Mai 2000 der Wechsel des Prozessbevollmächtigten bekannt sein musste.

2. Da die nicht bekannt gegebenen Änderungsbescheide vom 28. August 2000 keine Wirkung entfalten konnten, sind nunmehr die Einkommensteueränderungsbescheide 1994 und 1995 vom 5. Oktober 2001 Gegenstand des Revisionsverfahrens. Nach § 68 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2. FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) ersetzen sie die ursprünglich angefochtenen Bescheide kraft Gesetzes. In diesem Zusammenhang ist nicht von Bedeutung, dass sich in den Erläuterungen zu den letzten Einkommensteueränderungsbescheiden eine --mit der Datumsangabe vom 28. August 2001 im Einkommensteueränderungsbescheid 1994 zudem noch fehlerhafte-- Bezugnahme auf die zuvor ergangenen Änderungsbescheide vom 28. August 2000 findet. Es handelt sich dabei um eine unbeachtliche Falschbezeichnung im Erläuterungsteil der Steuerbescheide, die keinen Einfluss auf den Festsetzungsteil der Einkommensteueränderungsbescheide hat (BFH-Beschluss vom 24. September 2001 IX B 84/01, BFH/NV 2002, 307) und die die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht in Frage stellt (Senatsurteil vom 7. Februar 1980 IV R 84/77, BFHE 130, 9, BStBl II 1980, 343, zu der § 121 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO 1977-- entsprechenden Regelung des § 211 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung).

II. Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des FG hält einer revisionsgerichtlichen Prüfung stand.

1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und der Revision kann dabei allerdings dahinstehen, ob die Hofübergabe unter Vorbehaltsnießbrauch und gleichzeitiger Verpachtung des Betriebs an den Hofnachfolger den Betriebsverpachtungsgrundsätzen unterliegt (s. Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124), oder ob der Übergeber insoweit nur noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beziehen kann. Der Senat hat diese sog. Rheinische Hofübergabe bisher anerkannt (Senatsurteil vom 5. Juli 1984 IV R 57/82, BFHE 146, 370, BStBl II 1986, 322, allerdings einen Gewerbebetrieb betreffend; s. auch BFH-Urteile vom 28. Mai 1998 IV R 31/97, BFHE 186, 263, BStBl II 2000, 286 zu 6. der Gründe; vom 11. November 1988 III R 268/84, BFHE 156, 403, BStBl II 1989, 872, und vom 30. Juli 1985 VIII R 71/81, BFHE 144, 376, BStBl II 1986, 327). Im Schrifttum sind hiergegen neuerdings unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 20. April 1989 IV R 95/87 (BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863) jedenfalls für den Fall Bedenken vorgetragen worden, dass Nießbrauchsbestellung und Verpachtung zugleich erfolgen (s. nur Felsmann/Giere, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl. 1983, Anm. A 253). Im Streitfall sind aber weder die Hofübergabe noch die Nießbrauchseinkünfte streitig. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Hofübergabe unter Nießbrauchsvorbehalt die Tatbestandsvoraussetzungen einer unentgeltlichen Betriebsübertragung gemäß § 7 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV-- (jetzt § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG) erfüllt hatte, und streiten allein um die steuerliche Behandlung der von der Hofübergabe ausgenommenen, aber dem Kläger zur Nutzung überlassenen Flächen von 8 522 qm.

2. Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass diese zurückbehaltenen Flächen Betriebsvermögen in einem landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters des Klägers gewesen, als solche im Erbgang zunächst auf die Mutter des Klägers und schließlich zum Buchwert auf den Kläger selbst übergegangen sind. Für die Streitjahre wurde daher zutreffend ein Veräußerungsgewinn unter Berücksichtigung des Buchwerts der Flächen und nicht eines höheren Einlagewerts zum Zeitpunkt der Übertragung auf den Kläger im Jahre 1991 ermittelt; nichts anderes gilt für den Gewinn aus der Entnahme der 900 qm großen, im Eigentum des Klägers verbliebenen Restfläche.

a) Übereinstimmend gehen die Beteiligten davon aus, dass die von der Hofübertragung im Jahre 1971 ausgenommenen Flächen ursprünglich zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehörten, den der Vater des Klägers bis zum 1. April 1971 selbst bewirtschaftet hatte. Dies gilt auch für die später als Restfläche bezeichnete Teilfläche von 900 qm, die nach dem Vortrag des Klägers als Hausgarten genutzt wurde und als solcher bis zur Aufgabe der Nutzungswertbesteuerung dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen war.

b) Entgegen der Auffassung der Revision führte die Zurückbehaltung der land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen bei der Hofübergabe nicht zwangsläufig zu einer Entnahme. Zu Unrecht beruft sich die Revision insoweit auf das Urteil vom 19. Februar 1981 IV R 116/77 (BFHE 133, 176, BStBl II 1981, 566), in dem der Senat von einer Entnahme der bei einer Geschäftsübergabe (Obstgroßhandel) zurückbehaltenen Flächen ausging, weil die den Betrieb übergebenden Kläger ihre betriebliche Tätigkeit eingestellt hatten. Diese Rechtsfolge tritt indessen nicht ein, wenn die von der unentgeltlichen Betriebsübertragung ausgenommenen Flächen zwar einen im Verhältnis zum übertragenen Hof nur geringfügigen Umfang aufweisen, der die unentgeltliche Betriebsübertragung nicht gefährdet, jedoch groß genug sind, als Grundlage eines fortgeführten, verkleinerten Betriebs zu dienen (Senatsurteil vom 29. Oktober 1992 IV R 117/91, BFH/NV 1994, 533).

c) So verhielt es sich im Streitfall. Die streitigen Flächen sind beim Vater des Klägers Betriebsvermögen geblieben. Die Hofübergabe auf den Kläger führte nicht zu einer Betriebsaufgabe, weil sie die wesentlichen Grundlagen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs umfasste. Die zurückbehaltenen Flächen von ca. 0,85 ha stellten angesichts der übergebenen Eigenflächen von 34,6 ha keine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Gemessen an den übergebenen Flächen blieben sie damit weit unter der Flächengrenze von 10 %, die im Allgemeinen als Anhaltspunkt für das Vorliegen wesentlicher Betriebsgrundlagen angesehen wird (vgl. BFH-Urteile vom 28. März 1985 IV R 88/81, BFHE 143, 559, BStBl II 1985, 508, und vom 1. Februar 1990 IV R 8/89, BFHE 159, 471, BStBl II 1990, 428).

d) Diese Flächen hat der Vater des Klägers auch nicht in sein Privatvermögen überführt. Dagegen spricht schon, dass die zurückbehaltenen Flächen --wie der Kläger selbst vorgetragen hat-- vor allem dem Zweck der Abfindung weichender Erben dienen sollten. Die dafür vorgesehene Steuervergünstigung aber erforderte die weitere Zugehörigkeit dieser Grundstücke zum Betriebsvermögen.

Der Vater des Klägers hat diese Flächen vielmehr weiter genutzt und damit einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb fortgeführt, der aus dem Betriebsvermögen des übertragenen Betriebs abgespalten wurde. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass er die Flächen nicht selbst bewirtschaftet hatte, sondern sie insgesamt dem Kläger, seinem Sohn und Hofnachfolger, zur Nutzung überließ. Nach den mit Revisionsrügen nicht angefochtenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG wurde der von der Hofübergabe ausgenommene Grundbesitz dem Kläger von seinem Vater zur Nutzung überlassen und auch ohne ausdrückliche schriftliche Vereinbarung ebenso behandelt wie die auf Grund des Vorbehaltsnießbrauchs verpachteten landwirtschaftlich genutzten Flächen. Insoweit setzte der Vater des Klägers daher nur seine bisherige Tätigkeit, wenn auch in geringerem Umfang, fort, denn die Betriebsverpachtung ohne Aufgabeerklärung ist eine Fortführung des Betriebs in anderer Form (ständige Rechtsprechung des BFH seit der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, 126, li. Sp. unten; zuletzt Senatsurteil vom 12. September 2002 IV R 28, 29/01, BFHE 200, 279, BStBl II 2002, 813). Die zurückbehaltenen Flächen sind damit selbst dann Betriebsvermögen des Vaters geblieben, wenn die Nutzungsüberlassung insoweit unentgeltlich erfolgt sein sollte (BFH-Urteil vom 7. August 1979 VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181).

e) Soweit der Kläger hiergegen eingewandt hat, das Verpächterwahlrecht habe seinem Vater nicht zustehen können, weil er wegen seines hohen Alters den Betrieb nach Ablauf des Pachtvertrags nicht mehr hätte aufnehmen können, verkennt er, dass die Rechtsprechung dem Steuerpflichtigen das Verpächterwahlrecht auch und vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit der Fortführung des Betriebs durch den Rechtsnachfolger eingeräumt hat (BFH-Urteile vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260; vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276, und vom 19. August 1998 X R 176/96, BFH/NV 1999, 454, jeweils m.w.N.). Zu Unrecht hat sich der Kläger auf das Urteil des BFH vom 3. Juni 1997 IX R 2/95 (BFHE 183, 413, BStBl II 1998, 373) bezogen. In dieser Entscheidung ist der BFH allerdings davon ausgegangen, dass dem Verpächter einer Drogerie das Verpächterwahlrecht nicht zustand, weil die tatsächlichen Umstände eindeutig ergaben, dass der Betrieb nicht nur vorübergehend, sondern endgültig aufgegeben worden war. In diesem Sinne hat auch der Senat wiederholt entschieden, dass bei der Verpachtung eines Betriebs von einer Betriebsaufgabe auszugehen ist, wenn die zur Nutzung überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen derart umgestaltet werden, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form genutzt werden können (BFH-Urteil vom 18. März 1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398, m.w.N. unter 3. b der Gründe). Derartige Umstände haben im Streitfall aber gerade nicht vorgelegen.

f) Mit dem Tod des Vaters trat die Mutter des Klägers in die Rechtsstellung des Verpächters ein. Auch dies führte nicht zu einer Änderung der Betriebsvermögenseigenschaft des streitigen Grundbesitzes. Denn nach der Rechtsprechung des Senats kommt es beim Übergang des Verpachtungsbetriebs im Wege der Erbfolge nicht zu einer Betriebsaufgabe; das Verpächterwahlrecht geht vielmehr auf den Erben über (s. nur Senatsurteile in BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, und vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392).

g) Zutreffend ist das FG im Übrigen davon ausgegangen, dass auch die Ablösung des Nießbrauchsrechts im Jahr 1985 nichts an der Zugehörigkeit der streitigen Flächen zum Betriebsvermögen des verpachteten Restbetriebs geändert hat. Der Vorbehaltsnießbrauch bezog sich ausschließlich auf die landwirtschaftlichen Flächen, die mit der unentgeltlichen Übertragung des Betriebs im Jahr 1971 auf den Kläger übergegangen waren. Damit erfolgte die Übertragung des Restbetriebs am 4. Februar 1991 nach § 7 EStDV a.F. zwingend zum Buchwert. Dies entsprach auch den Vorstellungen der Beteiligten, die ausdrücklich von einer Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge ausgegangen sind. Die vom Kläger vorgenommene Einlage zum Teilwert war daher ausgeschlossen, so dass die im Wirtschaftsjahr 1994/95 erzielten Veräußerungsgewinne entsprechend zu erhöhen waren.

h) Die im Eigentum des Klägers verbliebene und als Hausgarten bezeichnete Fläche von 900 qm war mit der Ausbuchung zum 30. Juni 1995 entnommen. Auch insoweit ist bei der Berechnung des Entnahmegewinns (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) der Buchwert vom Teilwert abzusetzen. Das FG hat diese Fläche zu Recht dem Betriebsvermögen zugerechnet. War sie ursprünglich tatsächlich als Hausgarten genutzt, so gehörte sie bis zur Aufhebung der Nutzungswertbesteuerung zum notwendigen Betriebsvermögen und hätte danach unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 15 Satz 4 oder 8 EStG i.d.F. des Wohneigentumsförderungsgesetzes vom 15. Mai 1986 (BGBl I, 730, BStBl I, 278) --EStG a.F.-- mit der selbstgenutzten Wohnung steuerfrei entnommen werden können. Nach den Feststellungen des FG hat eine solche Abwahl der Nutzungswertbesteuerung im Streitfall aber nicht stattgefunden. Vielmehr war das an das Grundstück grenzende Wohnhaus in den Streitjahren bereits abgerissen. Eine steuerfreie Entnahme eines Hausgartens ohne die Wohnung ist aber gesetzlich nicht vorgesehen.

3. Die Vorentscheidung hält schließlich auch insoweit revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand, als sie einen Anspruch des Klägers auf die begehrten Gewinnminderungen aus Treu und Glauben abgelehnt hat. Selbst wenn das FA in der Vor-Betriebsprüfung die Einlage der streitigen Flächen mit dem Teilwert nicht beanstandet und das für die Mutter des Klägers zuständige FA K die Rechtsansicht, die von der Hofübergabe ausgenommenen Grundstücke seien ins Privatvermögen überführt worden, kommentarlos zur Kenntnis genommen haben sollten, begründet dies keinen Vertrauenstatbestand, der das FA daran hätte hindern können, von einer Buchwertübertragung der streitigen Grundstücke auszugehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein FA bei der Durchführung einer Veranlagung grundsätzlich nicht an Auffassungen gebunden, die es bei vorhergehenden Veranlagungen vertreten hat (s. etwa Senatsurteile vom 22. März 1990 IV R 145/88, BFHE 160, 253, BStBl II 1990, 643; vom 14. März 1991 IV R 135/90, BFHE 164, 408, BStBl II 1991, 769, und vom 7. Dezember 1995 IV R 109/94, BFH/NV 1996, 663, jeweils m.w.N.). Nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung bewirkt die Beurteilung in einem Veranlagungszeitraum keine Bindung des FA für künftige Steuerabschnitte. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen gilt nur dann, wenn das FA eine Zusage erteilt oder durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Im Streitfall ist eine Zusage nicht erteilt worden. Das FA hat auch nicht auf andere Weise einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Da allein von vorangegangenen Veranlagungen keine Bindungswirkung ausgeht, hat das FA kein Verhalten gezeigt, durch das sich der Kläger zu Vermögensdispositionen veranlasst fühlen durfte. Derartige Vermögensdispositionen hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Nach den Feststellungen des FG waren die Grundstücksveräußerungen angesichts eines Umlegungsverfahrens und der erforderlichen Bebauung der Flächen ohnehin geboten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1343203

BFH/NV 2005, 1062

HFR 2005, 732

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