Leitsatz (amtlich)

Bei der Beurteilung von Aufwendungen als Betriebsausgaben oder freiwilligen Zuwendungen ist der Wandel der steuerrechtlich relevanten Verhältnisse zu berücksichtigen, der durch die Eheschließung des Arbeitgebers mit der Arbeitnehmerin eintritt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei Vorliegen eines bereits seit der Zeit vor der Eheschließung bestehenden, für das Streitjahr steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten Aufwendungen für die Zukunftssicherung der Ehefrau als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.

Die Revisionsbeklagten haben am 14. August 1959 die Ehe geschlossen. Die Ehefrau war im Streitjahr 1961 - wie bereits in der Zeit vor ihrer Eheschließung - im Betrieb ihres nunmehrigen Ehemannes (im folgenden als Steuerpflichtiger bezeichnet) als Buchhalterin gegen Zahlung eines als angemessen anerkannten Gehalts tätig. Im Jahre 1955 hatte der Steuerpflichtige als Versicherungsnehmer mit einer Lebensversicherungs-AG auf das Leben seiner nunmehrigen Ehefrau einen Versicherungsvertrag abgeschlossen, auf Grund dessen er seit dem 1. April 1955 eine monatliche Prämie von 26 DM (= 312 DM im Jahr) zahlt. Die Versicherungssumme von 6 500 DM steht im Erlebensfall am 1. April 1975 der Versicherten, im Falle ihres vorherigen Todes ihren Eltern zu.

Der Revisionskläger (das FA) ließ die für das Streitjahr gezahlte Versicherungsprämie unter Bezugnahme auf den Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 2. November 1962 - S 2123 - 117 - 31 1 - (abgedruckt bei Felix, Steuererlasse in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 12 Nr. 5) nicht als Betriebsausgabe zum Abzug zu; Aufwendungen für die Zukunftssicherung der mitarbeitenden Ehefrau könnten lediglich im Rahmen der privaten Aufwendungen des Steuerpflichtigen als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Als Sonderausgabe wirkte sich die Prämie infolge anderweiter Ausschöpfung der Höchstbeträge nur mit einem Teilbetrag aus. Der Einspruch des Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg. Seiner Berufung gab das FG statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus:

Zu den Betriebsausgaben im Sinne der Vorschrift des § 4 Abs. 4 EStG zählten auch Prämienzahlungen des Arbeitgebers an eine Lebensversicherung zur Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer (Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 8. Aufl., Anm. 919 zu §§ 4, 5), unbeschadet des Umstandes, daß sie steuerpflichtigen Arbeitslohn nur insoweit darstellten, als sie den Betrag von 312 DM im Jahr übersteigen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV). Das gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer zugleich der Ehegatte des Arbeitgebers sei. Der gegenteiligen Auffassung des Erlasses vom 2. November 1962 (a. a. O.) könne nicht zugestimmt werden, da § 12 EStG in diesem Falle nicht durchgreife, die streitigen Aufwendungen vielmehr im Rahmen eines echten Arbeitsverhältnisses gemacht worden und daher gerade nicht Ausfluß der durch die eheliche Lebensgemeinschaft begründeten Unterhaltspflicht seien. Auch auf die Urteile des BFH IV 47/64 vom 17. Februar 1966 (BFH 85, 97, BStBl III 1966, 247) und IV R 83/66 vom 21. Oktober 1966 (BFH 87, 82, BStBl III 1967, 22) zur Frage der Zulässigkeit von Zuführungen zur Pensionsrückstellung auf Grund von Pensionszusagen an Arbeitnehmer-Ehegatten könne die Auffassung des FA nicht gestützt werden. Abgesehen davon, daß der BFH offengelassen habe, ob die später auf Grund der Pensionszusage geleisteten Zahlungen Betriebsausgaben seien, beruhe diese Rechtsprechung entscheidend auf der Erwägung, daß infolge der Gleichrichtung der Interessen des berechtigten und des verpflichteten Ehegatten "die Verwirklichung der Pensionszusage in beliebiger und vom Standpunkt steuerlicher Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit aus gesehen willkürlicher Weise jederzeit beeinflußt, umgestaltet und verhindert werden kann". Soweit der BFH dabei auf das Fehlen der Sozialversicherungspflicht in Ansehung des Arbeitnehmer-Ehegatten abgestellt habe, seien ab dem 1. Januar 1967 nach dem Zweiten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz vom 23. Dezember 1966 (BGBl I 1966, 745) nunmehr auch Arbeitnehmer-Ehegatten der Rentenversicherungspflicht unterworfen.

Demgegenüber richte sich im Streitfall der Anspruch der aus dem Versicherungsvertrag berechtigten Ehefrau gegen die Versicherungsgesellschaft und nicht gegen den Steuerpflichtigen. Es sei kein Grund ersichtlich, die zur Alterssicherung des Arbeitnehmer-Ehegatten geleisteten Prämienzahlungen eines Steuerpflichtigen anders zu beurteilen als Prämienzahlungen zur Alterssicherung eines dem Steuerpflichtigen fremden Arbeitnehmers. Die steuerlich zutreffende Behandlung von Heirats-, Geburts-, Notstandsbeihilfen und Stillgeldern an den Arbeitnehmer-Ehegatten könne dahingestellt bleiben.

Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.

Das FA begründet seine gegen diese Entscheidung eingelegte Revision wie folgt:

Nicht jede Aufwendung, die formal auf einem steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten beruhe, stelle beim Arbeitgeber-Ehegatten eine Betriebsausgabe dar. Aufwendungen des Arbeitgeber-Ehegatten für die private Lebensführung seien auch im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Zu diesen Aufwendungen für die private Lebensführung gehörten aber die streitigen Prämienzahlungen (Littmann, a. a. O., Anm. 816 ff. zu §§ 4, 5). Wie in den bereits entschiedenen Fällen der Pensionszusage erfahre auch in den Fällen der vorliegenden Art die jeweilige Rechtslage durch die Eheschließung eine Änderung; in beiden Fällen handele es sich um freiwillige Aufwendungen des Arbeitgeber-Ehegatten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung.

1. Dem FA ist darin zuzustimmen, daß nicht jede formal auf einem steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten beruhende Leistung des Arbeitgeber-Ehegatten an den Arbeitnehmer-Ehegatten eine Betriebsausgabe darstellen muß. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Gleichwohl dürfen nach § 12 Nr. 1 EStG die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge und nach § 12 Nr. 2 EStG freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigte Person nicht gewinnmindernd behandelt werden, selbst wenn die zuletzt genannten Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen.

Das gilt für die Beantwortung der Frage, ob bestimmte freiwillige Leistungen, die der Arbeitgeber-Ehegatte seinem Arbeitnehmer-Ehegatten erbringt, dem zwischen den Ehegatten begründeten Arbeitsverhältnis oder der privaten Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten zuzuordnen sind, nach Auffassung des Senats auch dann, wenn der Arbeitgeber-Ehegatte die gleichen freiwilligen Leistungen seinen übrigen Mitarbeitern (Arbeitnehmern) erbringt. Denn auch in diesem Falle wird die Grenze zwischen den Aufwendungen, die dem Arbeitsverhältnis, und den Aufwendungen, die der privaten Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten zuzuordnen sind, dort zu ziehen sein, wo nach allgemeiner Anschauung die Grenze zwischen arbeitsgerechter Bezahlung und echter freiwilliger Leistung liegt. Der Senat nimmt hierzu im einzelnen auf sein Urteil I R 158/67 vom 28. November 1968 (BFH 94, 333, BStBl II 1969, 163) Bezug.

Demgemäß wollen die Finanzbehörden Aufwendungen für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmer-Ehegatten auch dann als eine in die private Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten fallende Fürsorgemaßnahme angesehen wissen, wenn dieser seine Leistung im Rahmen eines mit einem Dritten, einer Versicherungsgesellschaft, geschlossenen Versicherungsvertrags erbringt.

Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Zwar ist es - für die Berücksichtigung einer solchen Leistung als Sonderausgabe - unerheblich, auf wessen Leben die Versicherung genommen wurde, wer der Versicherungsnehmer und wer der Bezugsberechtigte ist (BFH-Urteil IV 6/52 U vom 20. November 1952, BFH 57, 91, BStBl III 1953, 36). Dennoch kann nach der Rechtsprechung des BFH zur Behandlung der Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung, die auf Grund einer Pensionszusage an die Ehefrau des Steuerpflichtigen gebildet wurde, wie auch nach der Entscheidung des erkennenden Senats I R 158/67 (a. a. O.) nicht übersehen werden, daß die Alterssicherung des Arbeitnehmers - und somit auch des Arbeitnehmer-Ehegatten - zu den freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers gehört, so daß § 12 EStG den Abzug solcher Leistungen verbietet.

Der Umstand, daß im vorliegenden Streitfall der Abschluß des Versicherungsvertrages bereits Jahre vor der späteren Eheschließung erfolgt war, ändert nichts daran, daß dem mit der Eheschließung eingetretenen Wandel des Verhältnisses zwischen dem Steuerpflichtigen und seiner nunmehrigen Ehefrau von einem reinen Arbeitsverhältnis zu einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis Rechnung zu tragen war (vgl. BFH-Urteil IV R 83/66, a. a. O., sowie die BFH-Urteile I 176/61 U vom 18. September 1962, BFH 76, 276, BStBl III 1963, 98; I 65/64 vom 5. Juli 1966, BFH 86, 646, BStBl III 1966, 605, für die Maßgeblichkeit der im jeweiligen Veranlagungszeitraum gegebenen tatsächlichen Verhältnisse als beherrschender Gesellschafter).

 

Fundstellen

Haufe-Index 68650

BStBl II 1969, 652

BFHE 1969, 359

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