Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozietätspraxiswert auf 3 bis 10 Jahre abschreibbar

 

Leitsatz (NV)

1. Seit Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien gesetzes stellt auch der anläßlich der Gründung einer Sozietät aufgedeckte Praxiswert ein abnutzbares Wirtschaftsgut dar.

2. Wegen der weiteren Mitwirkung des bisherigen Praxisinhabers ist typisierend davon auszugehen, daß die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines derivativ erworbenen "Sozietätspraxiswertes" doppelt so lang ist wie die Nutzungsdauer des Wertes einer Einzelpraxis (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1994 IV R 33/93, BFHE 174, 230, BStBl II 1994, 590).

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) haben sich im Streitjahr 1989 zu einer Steuerberatersozietät in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossen. In diese GbR brachte der Kläger zu 1 seine bis Ende 1988 betriebene Einzelpraxis zum Teilwert ein. Der Kläger zu 2 war bis zur Einbringung als Angestellter in der Einzelpraxis des Klägers zu 1 tätig gewesen. In der Gewinnermittlung für das Streitjahr nahmen die Kläger Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf den Praxiswert in Höhe von 20 v. H. vor. Die -- zwischen den Beteiligten nicht streitige -- Höhe des Praxiswertes hatten die Kläger mit 120 v. H. der durchschnittlichen Honorareinnahmen der Einzelpraxis in den Jahren 1986, 1987 und 1988 ermittelt (§ 3 des Gründungsver trages). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) folgte dieser steuerlichen Behandlung nicht, sondern ließ in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) AfA nur in Höhe von ... DM (1/15 des eingebrachten Wertes) zu.

Hiergegen wandten sich die Kläger mit der Sprungklage, die das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanz gerichte (EFG) 1993, 645 veröffentlichten Urteil zurückwies.

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Kläger, die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Der Senat hat mit Urteil vom 24. Februar 1994 IV R 33/93 (BFHE 174, 230, BStBl II 1994, 590) unter Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung entschieden, daß seit Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Ge setzes (BiRiLiG) auch der anläßlich der Gründung einer Sozietät aufgedeckte Praxiswert ein abnutzbares Wirtschaftsgut darstelle. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des derivativ erworbenen "Sozietäts praxiswertes" sei doppelt so lang (sechs bis zehn Jahre) wie die Nutzungsdauer des Wertes einer Einzelpraxis (drei bis fünf Jahre). Die in § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG normierte 15jährige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist nach der in diesem Urteil geäußerten Auffassung des Senats auf den Praxiswert nicht anwendbar.

Mit diesen Grundsätzen, die dem FG bei seiner Entscheidung nicht bekannt sein konnten, stimmt das angefochtene Urteil nicht überein.

Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht mit der Begründung als richtig, daß das FG -- wie es in den Entscheidungsgründen heißt -- die Abschreibungsdauer individuell auf 15 Jahre geschätzt habe. Das folgt schon daraus, daß das FG keinerlei Feststellungen getroffen hat, die eine solche Schätzung rechtfertigen.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann mangels einschlägiger Feststellungen des FG nicht entscheiden, in welchen Bereich der Marge zwischen sechs und zehn Jahren die Abschreibung für den im Streitfall erworbenen Praxiswert einzuordnen ist. Entsprechende Feststellungen werden im zweiten Rechtszug nachzuholen sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65308

BFH/NV 1995, 385

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