Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur sachlichen Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung

 

Leitsatz (NV)

Die Frage, ob ein Grundstück für das Betriebsunternehmen von besonderem Gewicht ist, stellt sich nicht, wenn diesem das gesamte Anlagevermögen des Besitzunternehmens verpachtet wird.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine KG - betrieb bis zum 31. Dezember 1980 einen Handel mit Baustoffen und Fliesen und führte auch selbst Bau- und Fliesenarbeiten aus. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Unternehmen von einer zum Zweck der Übernahme des Betriebes gegründeten GmbH fortgeführt. Gesellschafter der GmbH waren die Gesellschafter der KG.

Die KG hat der GmbH ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Anlagevermögen verpachtet. Zu den verpachteten Wirtschaftsgütern gehörten ein Firmengrundstück mit Gebäuden, Maschinen, Fahrzeuge und Werkzeuge, Betriebslager und Büroeinrichtungen.

Das Finanzamt (FA) kam aufgrund dieses Sachverhalts zu dem Ergebnis, daß zwischen der KG und der GmbH eine (echte) Betriebsaufspaltung vorliege, und setzte den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für die Klägerin mit ... DM fest. Der Einspruch blieb erfolgslos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§§ 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -, 15 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Betriebsaufspaltung anzunehmen, wenn eine Kapitalgesellschaft (Betriebsgesellschaft) wesentliche Grundlagen ihres Betriebes überlassen bekommt (sachliche Verflechtung) und die hinter dem Besitzunternehmen stehenden Personen ihren Willen auch in der Betriebsgesellschaft durchsetzen können (personelle Verflechtung, vgl. BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).

Die Voraussetzungen der personellen Verflechtung sind im Streitfall gegeben. An der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft sind dieselben Personen beteiligt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 2. August 1972 IV 87/65, BFHE 106, 325, BStBl II 1972, 796, ständige Rechtsprechung).

2. Auch die Voraussetzungen einer sachlichen Verflechtung sind hier erfüllt.

Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zumindest eine für dieses wesentliche Betriebsgrundlage überläßt (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 17. November 1992 VIII R 36/91, BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233 m.w.N.). Eine solche wesentliche Betriebsgrundlage ist in der Rechtsprechung seit jeher angenommen worden, wenn im Rahmen einer echten Betriebsaufspaltung die Besitzgesellschaft ihren ganzen Gewerbebetrieb an die Betriebsgesellschaft verpachtet (ständige Rechtsprechung seit Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 29. Januar 1930 VI A 1384 und 85/29, RStBl 1930, 199, und vom 9. Oktober 1930 VI A 830/30, RStBl 1931, 484; BFH-Urteile vom 20. September 1973 IV R 41/69, BFHE 110, 368, BStBl II 1973, 869; vom 12. November 1985 VIII R 342/82, BFHE 145, 396, BStBl II 1986, 299 unter 4. a; vom 24. August 1989 IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014 unter 5. a). Dem steht die Verpachtung aller Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Besitzgesellschaft (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Mai 1975 IV R 89/73, BFHE 116, 277, BStBl II 1975, 781) und die Verpachtung des gesamten Anlagevermögens an die Betriebsgesellschaft gleich (vgl. BFH-Urteile vom 3. November 1959 I 217/58 U, BFHE 70, 134, BStBl III 1960, 50 m.w.N.; vom 29. Juli 1976 IV R 145/72, BFHE 119, 462, BStBl II 1976, 750; vom 12. Oktober 1988 X R 5/86, BFHE 154, 566, BStBl II 1989, 152 unter 2. a; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 15 Anm. 437; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 15 EStG Anm. 13e, m.w.N. zur älteren Rechtsprechung; Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 15 EStG Anm. 150, 155; Söffing in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 15 Anm. 605, 622). Die Veräußerung des Umlaufvermögens an die Betriebsgesellschaft steht der Annahme einer Betriebsverpachtung - unter den qualifizierenden Merkmalen einer echten Betriebsaufspaltung - nicht entgegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14. Dezember 1978 IV R 106/75, BFHE 127, 21, BStBl II 1979, 300, und vom 7. August 1979 VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181 unter I. 2. b).

Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, ob ein einzelnes Wirtschaftsgut - z.B. ein Grundstück - für das Besitzunternehmen von besonderem Gewicht ist, im Streitfall nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419290

BFH/NV 1994, 162

GmbHR 1994, 420

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