Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung an Angehörige

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, wenn die Art der Mietzinsentrichtung einschließlich der Betriebskosten (Nebenkosten) unklar geregelt ist.

2. Zur Durchführung eines Mietvertrags gehört die vertragsgemäße Zahlung der geschuldeten Vergütung.

 

Normenkette

EStG §§ 21, 21a

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute, haben im Jahre 1982 das Grundstück in H erworben, das zum 1. Januar 1984 als Zweifamilienhaus bewertet wurde. In diesem Gebäude befindet sich eine 93 qm große Wohnung im Erdgeschoß, die von den Klägern selbst genutzt wird, und eine 43 qm große Wohnung im Keller, die der Kläger mit formularmäßigem Mietvertrag vom 18. Dezember 1982 seit 1. August 1983 zu einer monatlichen Nettomiete von 200 DM an den Vater der Klägerin vermietet hat. Die in dem Mietvertragsformular vorgesehenen Regelungen über die Betriebskosten sind zum Teil gestrichen (§ 4 1. b), zum Teil unausgefüllt (§ 6); über die Betriebskosten wurde auch nicht abgerechnet.

Der Vater der Klägerin hat im Streitjahr außerdem eine 90 qm große Wohnung in X ständig bewohnt. Die Wohnung in H hat er niemals endgültig bezogen.

Den monatlichen Mietzins für die Wohnung in H., der nach § 6 des Mietvertrags spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats im voraus zu zahlen war, will der Mieter unregelmäßig in bar entrichtet haben, wenn er sich zeitweise in der Wohnung in H aufhielt.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelten die Kläger ihre Einkünft aus Vermietung und Verpachtung durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten und erklärten einen Werbungskostenüberschuß von ./. 30275 DM. Die Mieteinnahmen für die Kellerwohnung erklärten sie hierbei mit 1800 DM, den Mietwert der eigengenutzten Wohnung mit 8286 DM.

Demgegenüber ermittelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Einkünfte der Kläger nach § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit ./. 12500 DM, weil es dem Mietverhältnis die einkommensteuerrechtliche Anerkennung versagte. Es meinte, Inhalt und Durchführung des Mietvertrages hielten schon deshalb einem Fremdvergleich nicht stand, weil eine gesonderte Abrechnung über Umlagen (Heizung, Strom) nicht erfolgt sei.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrten die Kläger, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG auf ./. 30275 DM festzusetzen. Während des Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) hat das FA mit geändertem Einkommensteuerbescheid bei der Klägerin Werbungskosten für ein Arbeitszimmer bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21a EStG mit ./. 11250 DM ermittelt. Die Kläger haben diesen Bescheid zum Gegenstand des FG-Verfahrens gemacht. Das FG gab der Klage statt.

Es meinte, der Mietvertrag des Klägers mit dessen Schwiegervater sei der Besteuerung zugrunde zu legen. Ohne Bedeutung sei im Streitfall, daß die Kellerräume aus baurechtlichen Gründen nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet und deshalb auch nicht als Wohnung zur dauernden Nutzung hätten vermietet werden dürfen. Die Kellerwohnung verfüge über eine Küche, ein Duschbad, sei von den übrigen Räumen abgetrennt gewesen und habe einen eigenen Eingang über die Kellertreppe gehabt. Entgegen der Ansicht des FA sei deshalb in steuerlicher Hinsicht eine Wohnung und nicht etwa nur einzelne Räume im Keller vermietet worden.

Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision die Verletzung von § 21a EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, daß die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung durch Überschußrechnung zu ermitteln sind. Die Voraussetzungen des § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG, unter denen die Pauschalierung des Nutzungswerts gemäß § 21a Abs. 1 und 2 EStG nicht zur Anwendung kommt, liegen im Streitfall nicht vor, weil die Kläger keine Wohnung im eigenen Haus zur dauernden Nutzung vermietet haben.

1. Nach § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG ist der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus nicht gemäß § 21a Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG zu pauschalieren, wenn eine Wohnung unter bestimmten weiteren Voraussetzungen vermietet ist. Wird, wie im Streitfall, eine Wohnung an nahe Angehörige vermietet, kann dieses Mietverhältnis der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde gelegt werden, wenn der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (ständige Rechtsprechung, Senatsurteil vom 19. Juni 1991 IX R 306/87, BFHE 165, 359, BStBl II 1992, 75).

Das FG hat nicht geprüft, ob die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten. Es hat sich auf den Hinweis beschränkt, daß ein Mietvertrag ernsthaft abgeschlossen worden sei. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben.

2. Da die Sache spruchreif ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

a) Die vom FG getroffenen Feststellungen erlauben nicht den Schluß, daß die zwischen dem Kläger und seinem Schwiegervater getroffene Vereinbarung über den Mietzins einem Fremdvergleich standhält. Denn zwischen fremden Vertragsparteien eines Mietvertrags ist es nicht üblich, daß einerseits ein Nettomietzins (§ 4 1. a des Mietvertrags) vereinbart wird, ohne daß gleichzeitig auch eine klare vertragliche Regelung über die Betriebskosten (Nebenkosten) getroffen wird. Aus dem Mietvertrag ist nicht mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, was hinsichtlich der Betriebskosten gelten soll. Einerseits ist die in § 4 1. b vorgesehene Regelung über die Betriebskostenaufteilung gestrichen, andererseits ist nach § 6 des Mietvertrags offen, was hinsichtlich der Nebenkosten (Heizungskosten und sonstige Betriebskosten) gelten soll. Bei dieser Ausgangslage bleibt es letztlich unklar, ob die als Nettomiete bezeichneten 200 DM nicht tatsächlich eine Bruttomiete sein soll. Mindestens würden fremde Vertragsparteien klarstellen, daß die vereinbarte Miete eine Bruttomiete (inklusive Nebenkosten) oder eine Nettomiete ist, neben der die Nebenkosten zusätzlich abzurechnen sind. Schon dieser Umstand schließt es aus, den Mietvertrag zwischen dem Kläger und seinem Schwiegervater der Besteuerung zugrunde zu legen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64573

BFH/NV 1994, 96

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