Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des §127 FGO

 

Leitsatz (NV)

Hat sich durch einen Änderungsbescheid, den der Kläger wirksam in das Revisionsverfahren übergeleitet hat, der bisherige Streitstoff verändert, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

Normenkette

FGO §§ 127, 68, 123 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eigentümer eines Zweifamilienhauses, dessen eine Wohnung sie selbst nutzen und dessen andere Wohnung fremdvermietet ist. Ein Sohn der Kläger war im Streitjahr gehbehindert; seine Erwerbsfähigkeit war zu 70 v. H. gemindert. Die Klägerin war an einer Erbengemeinschaft im Ausland beteiligt.

Abweichend von der Einkommensteuererklärung 1991 der Kläger erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) teilweise Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung nicht an, setzte bei der Ermittlung des Nutzungswerts der selbstgenutzten Wohnung einen höheren Mietwert an, ließ die negativen Einkünfte aus der Beteiligung an der Erbengemeinschaft im Ausland unberücksichtigt und erkannte die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen nicht in vollem Umfang an.

Der Kläger legte am 16. Juli 1992 Einspruch ein. Nachdem das FA bis zum April 1993 keine Einspruchsentscheidung erlassen hatte, erhoben beide Kläger Untätigkeitsklage.

Das Finanzgericht (FG) behandelte die Klage wegen des bis zu seiner Entscheidung vom 17. Februar 1994 nicht beschiedenen Einspruchs als zulässig, wies sie aber als unbegründet ab. Den Klägern stehe kein Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus nichtselbständiger Arbeit zu, da sie insoweit eine bindende Verständigung mit dem FA getroffen hätten. Die negativen Einkünfte aus der ausländischen Erbengemeinschaft seien nicht steuermindernd zu berücksichtigen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von Verfahrensrecht, einen Verstoß gegen §33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und die Abweichung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH). Weiterhin wenden sich die Kläger gegen die unzutreffende Beurteilung der negativen Einkünfte aus der ausländischen Erben gemeinschaft durch das FG.

Mit geändertem Feststellungsbescheid vom 5. Mai 1995 beurteilte das FA die Einkünfte aus der ausländischen Erbengemeinschaft nicht mehr als ausländische, sondern als inländische Einkünfte und änderte insoweit den angefochtenen Einkommensteuerbescheid zugunsten der Kläger. Diesen Änderungsbescheid vom 8. Juni 1995 haben die Kläger ebenso wie den vorangegangenen Änderungsbescheid vom 25. Januar 1995 und den Änderungsbescheid vom 3. Dezember 1996, durch den der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, fristgerecht gemäß §68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in das Revisionsverfahren übergeleitet.

Die Kläger beantragen sinngemäß, den geänderten Einkommensteuerbescheid 1991 zu ändern und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von ... DM, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von ... DM und bei den Sonderausgaben weitere Vorsorgeaufwendungen je Kind um ... DM, außergewöhnliche Belastungen in Höhe von ... DM und Steuerberatungskosten in Höhe von ... DM anzuerkennen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Das Verfahren betreffend die Klägerin wurde gemäß §121 i. V. m. §73 Abs. 1 FGO von dem übrigen Revisionsverfahren abgetrennt; die Trennung ist wegen des unterschiedlichen Verfahrensausgangs mit unterschiedlicher Kostenfolge zweckmäßig (vgl. dazu z. B. BFH-Beschluß vom 26. Januar 1994 III B 135/89, BFH/NV 1994, 727, m. w. N.).

2. Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt gemäß §127 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG.

a) Auf die Revision des Klägers ist die Vorentscheidung aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich während des Revisionsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt, über dessen Rechtmäßigkeit das FG entschieden hat, geändert hat (vgl. BFH-Entscheidungen vom 1. Februar 1989 II R 128/85, BFHE 155, 563, 564, BStBl II 1989, 348; vom 14. November 1990 II R 126/87, BFHE 163, 218, 220, BStBl II 1991, 556; vom 31. März 1992 IX R 2/86, BFH/NV 1992, 759). Das FA hat während des Revisionsverfahrens geänderte Steuerbescheide erlassen, die der Kläger wirksam in das Revisionsverfahren übergeleitet hat (§§68, 123 Satz 2 FGO). Der während des Revisionsverfahrens ergangene Änderungsbescheid vom 8. Juni 1995 und der Bescheid vom 3. Dezember 1996 sind verfahrensrechtlich neue Verwaltungsakte, wobei der Steuerbescheid vom 8. Juni 1995 die Steuerfestsetzung der Höhe nach verändert hat. Da dem Urteil des FG noch der Einkommensteuerbescheid vom 25. November 1993 zugrunde liegt, ist es durch die während des Revisionsverfahrens geänderte Steuerfestsetzung des FA überholt (vgl. BFH-Entscheidung vom 8. Dezember 1992 IX R 105/89, BFHE 170, 138, BStBl II 1993, 656).

b) Die Sache ist nicht spruchreif. Die tatsächlichen Grundlagen des bisherigen Streitstoffs sind durch die Änderungsbescheide vom 8. Juni 1995 und vom 3. Dezember 1996 berührt. Der vom FG fest gestellte Sachverhalt reicht nicht aus, um abschließend prüfen und beurteilen zu können, ob der Änderungsbescheid rechtmäßig ist.

Der Kläger hat u. a. vorgetragen, daß Absetzungen für Abnutzung für Abfindungszahlungen an weichende Erben in Höhe von ... DM und Steuerberatungskosten in Höhe von ... DM noch zu berücksichtigen seien. Diese Positionen stehen möglicherweise im Zusammenhang mit den nunmehr als inländische Einkünfte berücksichtigten Einkünften aus der Beteiligung an der Erbengemeinschaft im Ausland. Diese Tatsachen konnte das FG in seinem mit der Revision angefochtenen Urteil, dem ein anderer Feststellungsbescheid über die Einkünfte aus der Beteiligung an der Erbengemeinschaft im Ausland zugrunde lag, nicht berücksichtigen. Da sich somit der bisherige Streitstoff verändert hat, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG gemäß §127 FGO zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66964

BFH/NV 1998, 170

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