Leitsatz (amtlich)

Der Preisnachlaß auf ein Kraftfahrzeug, der nicht von dem Verkäufer (Hersteller), sondern von dem Autohändler (Agent) aus dessen Provision gewährt wird, mindert ebenso wie ein vom Verkäufer gewährter Rabatt die Anschaffungskosten.

 

Orientierungssatz

Für die Abgrenzung zwischen Preisnachlaß und Zuschuß bei einem Anschaffungsgeschäft ist auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Es kommt nicht darauf an, ob derjenige, der die Vergünstigung gewährt, formalrechtlich unmittelbar in die Rechtsbeziehungen des Anschaffungsgeschäfts einbezogen ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, wie sich die Rechtsbeziehungen für den Empfänger der Vergünstigung wirtschaftlich darstellen. Wesentlich für einen Zuschuß ist, daß er von einem außerhalb des Anschaffungsgeschäfts stehenden Dritten gewährt wird und daher nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Zuschußempfängers steht.

 

Normenkette

InvZulG 1975 § 4b; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Transportunternehmen, bestellte bei der Firma H, einer Vertretung der Daimler-Benz-AG, einen LKW Mercedes-Benz. Der Kaufpreis für das Fahrzeug betrug 94 714 DM. Die Firma H wurde bei Abschluß des Kaufvertrages nicht als selbständige Händlerin, sondern als Vermittlerin des Herstellers tätig. Sie verkaufte das Fahrzeug daher nicht auf eigene Rechnung, sondern im Namen der Daimler-Benz-AG und erhielt von ihr eine Vermittlungsprovision. Von dieser Vermittlungsprovision schrieb sie der Klägerin einen Sondernachlaß auf den Kaufpreis gut.

Die Klägerin beantragte für die Anschaffung des LKW's eine Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1975. Dabei legte sie zunächst die um die Gutschrift gekürzten Anschaffungskosten zugrunde. Im Einspruchsverfahren erhöhte sie jedoch diesen Betrag auf den vollen Kaufpreis. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ließ den Sondernachlaß bei der Festsetzung der Investitionszulage außer Betracht. Der Einspruch blieb erfolglos.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, bei dem Sondernachlaß handele es sich nicht um einen Preisnachlaß, denn einen solchen habe nur die Daimler- Benz-AG als der Vertragspartner beim Kauf des LKW's gewähren können. Zwischen dem Erwerb des Fahrzeugs durch die Klägerin und dem Preisnachlaß seitens der Firma H bestehe daher kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Firma H habe vielmehr den Nachlaß aus eigenem Ermessen freiwillig aus der ihr von der Daimler-Benz-AG gezahlten Provision gewährt. Der Preisnachlaß sei folglich als Zuschuß aus privaten Mitteln anzusehen, für den das Wahlrecht des Abschn.34 Abs.1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) gelte. Aufgrund dieses Wahlrechts habe die Klägerin den Zuschuß entweder als Betriebseinnahme mit der Folge ansetzen können, daß die Anschaffungskosten durch den Zuschuß nicht berührt wurden, oder sie habe den Zuschuß erfolgsneutral mit der Folge der Minderung der Anschaffungskosten behandeln können. Da die Klägerin unstreitig den Preisnachlaß als Betriebseinnahme verbucht und versteuert habe, müsse dies auch auf die Investitionszulage durchschlagen, so daß die Anschaffungskosten in voller Höhe als Bemessungsgrundlage anzusetzen seien.

Hiergegen wendet sich das FA mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision. Das FA rügt die Verletzung des § 4b InvZulG 1975. Bei dem von der Firma H gewährten Preisnachlaß handele es sich um eine Vergünstigung, die einem Skonto oder Rabatt ähnlich sei und daher die als Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage maßgebenden Anschaffungskosten vermindere.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Bei der Festsetzung der Investitionszulage für den von der Klägerin angeschafften LKW ist entgegen der Auffassung des FG nicht von Anschaffungskosten in Höhe von 94 714 DM sondern nur von den um den Sondernachlaß gekürzten Anschaffungskosten auszugehen.

1. Der Begriff Anschaffungskosten ist im InvZulG nicht definiert. Er ist wie viele andere vom Gesetzgeber in § 4b InvZulG 1975 verwendeten Begriffe (z.B. "Herstellung", "abnutzbare unbewegliche Wirtschaftsgüter", "Anlagevermögen", "Herstellungskosten") dem Einkommensteuerrecht entnommen. Da sich aus dem erkennbaren Zweck des InvZulG und seiner Entstehungsgeschichte nichts Gegenteiliges entnehmen läßt, sind diese dem Einkommensteuerrecht (Bilanzsteuerrecht) entnommenen Begriffe im Investitionszulagenrecht grundsätzlich nach den für die Einkommensbesteuerung maßgebenden Grundsätzen auszulegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15.November 1985 III R 110/80, BFHE 145, 482, BStBl II 1986, 367).

2. Danach ist der Begriff der Anschaffungskosten wirtschaftlich zu verstehen. Er umfaßt die Aufwendungen, die der Steuerpflichtige machen muß, um die wirtschaftliche Verfügungsmacht über ein Wirtschaftsgut zu erlangen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 13.August 1957 I 18/57 U, BFHE 65, 304, BStBl III 1957, 349; vom 22.August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672; vom 12.März 1976 III R 127/74, BFHE 119, 90, BStBl II 1976, 524). Preisnachlässe, Rabatte, Skonti und ähnliches, die der Steuerpflichtige bei der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes erhält, mindern daher die Anschaffungskosten. Bei den streitigen 11 392,80 DM handelt es sich um einen von der Firma H gewährten Preisnachlaß.

3. Die Gutschrift war entgegen der Auffassung des FG kein Zuschuß. Daher kann offenbleiben ob und unter welchen Voraussetzungen ein von dritter Seite gewährter Zuschuß die Anschaffungskosten unbeeinflußt läßt (gegen Minderung der Anschaffungskosten in diesen Fällen Abschn.4.1.4. des Einführungsschreibens des Bundesministers der Finanzen --BMF-- zu § 4b InvZulG 1975 vom 26.Februar 1975, BStBl I 1975, 213). Wesentlich für einen Zuschuß ist, daß er von einem außerhalb des Anschaffungsgeschäfts stehenden Dritten gewährt wird und daher nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des Zuschußempfängers steht. Dabei ist für die Abgrenzung zwischen Zuschuß und Preisnachlaß wiederum auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Es kommt nicht darauf an, ob derjenige, der die Vergünstigung gewährt, formalrechtlich unmittelbar in die Rechtsbeziehungen des Anschaffungsgeschäfts einbezogen ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, wie sich die Rechtsbeziehungen für den Empfänger der Vergünstigung wirtschaftlich darstellen.

Aus dieser Sicht ist die Klägerin nur mit der Firma H in Beziehung getreten. Durch sie hat sie den Kaufvertrag abgeschlossen, an sie hätte sie sich gewandt, wenn Störungen bei der Abwicklung des Kaufvertrages aufgetreten wären. Die Firma H stand der Klägerin somit als der für die Daimler- Benz-AG handelnde Vertragspartner gegenüber. Wirtschaftlich machte es dabei für die Klägerin keinen Unterschied, ob sie den Kaufvertrag zum Nennbetrag abschloß und dann eine Vergütung von der Firma H erhielt oder ob sie sofort einen verminderten Kaufpreis vereinbarte. Der Klägerin war es wirtschaftlich auch gleichgültig und möglicherweise sogar unbekannt, ob der Preisvorteil intern zu Lasten der Firma H oder der Daimler-Benz-AG ging. Die Preisvergünstigung stand daher wirtschaftlich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kaufpreisleistung der Klägerin, so daß nicht ein Zuschuß, sondern ein Preisnachlaß vorlag (ebenso für derartige Fallgestaltungen: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz, § 6 Tz.1500, Stichwort: "Rabatt"; Horlemann, Steuer-Warte 1980, 169; Beck'scher Bilanz-Kommentar, § 255 HGB, Tz.61; vgl. auch für die ähnliche Rechtslage beim Rabattgesetz Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.Juni 1960 I ZR 86/58, Der Betrieb 1960, 947).

4. Aus dem Umsatzsteuerrecht läßt sich nichts anderes herleiten. Die Umsatzsteuer knüpft an den Austausch von Leistungen an. Darauf kommt es für den einkommensteuerrechtlichen Begriff der Anschaffungskosten nicht entscheidend an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62267

BFH/NV 1988, 3

BStBl II 1988, 901

BFHE 154, 54

BFHE 1989, 54

BB 1988, 2163-2164 (LT1)

DB 1988, 2337 (K)

DStR 1988, 715 (ST)

HFR 1989, 98 (LT)

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