Leitsatz (amtlich)

Vergütungen aus Verträgen zwischen Ehegatten können mangels der für die Vertragsdurchführung erforderlichen Trennung der Vermögens- und Einkommensbereiche der Ehegatten steuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden, wenn sie auf ein gemeinschaftliches Bankkonto der Ehegatten überwiesen werden, über welches jeder Kontoinhaber allein verfügen kann.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammenveranlagt worden sind. Der Ehemann ist im Unternehmen der Ehefrau seit 1944 als Betriebsleiter tätig. Ein betrieblich genutztes Grundstück gehört ihm zur Hälfte.

Am 2. Januar 1963 schlossen die Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag, in dem ein Monatsgehalt des Ehemanns in Höhe von 1 600 DM vereinbart war. Das Gehalt betrug in den Jahren 1965 bis 1967 monatlich 2 300 DM, wobei der Ehemann im Jahre 1967 ein dreizehntes Monatsgehalt erhielt. Nach Abzug der Lohnsteuer und der gesetzlichen Sozialleistungen wurde das Nettogehalt auf ein Konto überwiesen, welches auf den Namen der beiden Kläger lautete, über das sie jedoch einzeln verfügen konnten.

Auf dieses Konto überwies die Ehefrau im Jahre 1967 außerdem 9 000 DM, die in einem schriftlichen Vertrag (Pachtvertrag) vom 24. Juli 1964 als Jahresentgelt für die Überlassung des Hälfteanteils an dem betrieblich genutzten Grundstück vereinbart worden waren. Die Ehefrau hat diesen Betrag und das Gehalt des Ehemannes in den Streitjahren 1965 bis 1967 als Aufwand verbucht.

Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Revisionsbeklagte (das FA) bei den Einkommensteuerberichtigungsveranlagungen für 1965 und 1966 sowie bei der Einkommensteuererstveranlagung 1967 diese Beträge nicht als Betriebsausgaben an. Die Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das FG meint, das Arbeitsverhältnis und der Mietvertrag könnten steuerlich nicht anerkannt werden, weil sie nicht durchgeführt worden seien. Ein fremder Arbeitnehmer würde sich nicht darauf einlassen, daß sein Lohn auf ein Konto gezahlt werde, über das der Arbeitgeber nach außen hin wirksam ohne seine Einwilligung verfügen könne. Eine klare Trennung zwischen Arbeitsverhältnis und ehelicher Wirtschaftsgemeinschaft sei insoweit nicht durchgeführt worden. Entsprechendes gelte für die streitigen Mietzahlungen.

Mit der Revision begehren die Kläger, die streitigen Zahlungen als Betriebsausgaben der Ehefrau zu berücksichtigen, und begründen dies wie folgt: Das FG hätte feststellen und davon ausgehen müssen, daß viele Arbeitnehmer ihr Gehalt auf ein Konto überweisen ließen, über das nach außen hin auch ihr Ehegatte allein verfügen könne. Bei einem Arbeitnehmer-Ehegatten dürfe dieses Verhalten jedenfalls dann nicht zur Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses führen, wenn auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Ehegatten im Innenverhältnis nur der Arbeitnehmer-Ehegatte das Verfügungsrecht über das gemeinschaftliche Bankkonto besitze und diese Vereinbarung auch korrekt durchgeführt werde. Denn sonst läge eine geradezu unerträgliche Einschränkung der persönlichen Freiheit der Kläger vor. Die Anforderungen an die Durchführung der getroffenen Vereinbarungen dürften nicht so weit gehen, daß eine Aufhebung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft die Folge wäre. Die hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses vorgetragenen Gründe würden in gleicher Weise für das Mietverhältnis gelten.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die streitigen Beträge nicht als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) der Ehefrau beurteilt werden können.

Vergütungen aus Verträgen zwischen Ehegatten können nach ständiger Rechtsprechung steuerrechtlich nur berücksichtigt werden, wenn die Verträge ernstlich vereinbart und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt werden. Diese Grundsätze gelten sowohl für Arbeits-(Urteil des BFH I R 30/69 vom 30. Juni 1971, BFH 103, 328, BStBl II 1971, 112) als auch für Miet- oder Pachtverhältnisse (BFH-Urteil I 223/60 U vom 31. Januar 1961, BFH 72, 571, BStBl III 1961, 209) zwischen Ehegatten. Zur tatsächlichen Durchführung der streitigen Vertragsverhältnisse gehört im Streitfall nicht nur, daß der Ehemann tatsächlich mitgearbeitet und seinen Grundstücksanteil tatsächlich seiner Ehefrau zur Nutzung überlassen hat, sondern auch, daß die vereinbarten Entgelte ersichtlich in den Einkommens- und Vermögensbereich des Ehemanns gelangt sind, der von dem Einkommens- und Vermögensbereich der Ehefrau klar und eindeutig getrennt ist (BFH-Urteil IV 98/63 S vom 5. Dezember 1963, BFH 78, 335, BStBl III 1964, 131).

Eine derartige Trennung hat der BFH im Urteil I 157/65 vom 9. April 1968 (BFH 92, 281, BStBl II 1968, 524) nicht angenommen, wenn das Gehalt auf ein Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wurde, über das dem Arbeitnehmer-Ehegatten nur ein Mitverfügungsrecht zustand. Das gleiche gilt im Ergebnis bei Überweisung von Gehalts- und Miet- bzw. Pachtzahlungen auf ein gemeinschaftliches Konto beider Ehegatten, über welches beide Kontoinhaber ohne Mitwirkung des anderen verfügen können (sog. Oder-Konto), obwohl sich beide Fallgestaltungen bürgerlich-rechtlich unterscheiden. Bei einer Überweisung auf ein Privatkonto des Unternehmer-Ehegatten wird kein Zufluß im Vermögensbereich des anderen Ehegatten erkennbar. Denn es liegt lediglich eine Überführung des Geldes vom Betriebs- in das Privatvermögen des Unternehmer-Ehegatten vor. Die nach dem Vertrag zwischen den Ehegatten bestehende Forderung wird nicht erfüllt, d. h. dieser Vertrag wird insoweit durch die Überweisung nicht vollzogen. Errichten die Eheleute ein Oder-Konto, bei der die Bank an jeden Kontoinhaber mit befreiender Wirkung leisten kann, so erhält im Zweifel jeder Kontoinhaber die Rechtsstellung eines Gesamtgläubigers im Sinne von § 428 BGB (Urteile des OLG Nürnberg 2 U 158/60 vom 24. November 1960, NJW 1961, 510 mit weiteren Literaturangaben und des Kammergerichts Berlin 22.U.5550/37 vom 18. März 1938, Bankarchiv, 37./38. Jahrgang, S. 434 sowie Sprengel, Zur Rechtslage bei Gemeinschaftskonten, Sparkasse, Zeitschrift des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e. V., 1962 S. 278). Jeder Ehegatte besitzt demnach an dem Kontoguthaben ein vom Recht des anderen Ehegatten unabhängiges Forderungsrecht, über das er selbständig verfügen kann (Urteil des BGH V ZR 181/57 vom 4. März 1959, BGHZ 29, 363). Daraus ergibt sich zwar einerseits, daß im Streitfall nach Eingang der überwiesenen Beträge auf dem Gemeinschaftskonto diese in den Vermögensbereich des Ehemanns gelangt sind. Andererseits haben sie den Vermögensbereich der Ehefrau noch nicht verlassen. Denn dieser standen an dem jeweiligen Bankguthaben im Außenverhältnis die gleichen Rechte wie ihrem Ehemann zu.

Die streitigen Beträge konnten auch dann nicht durch eine Überweisung auf das Gemeinschaftskonto aus dem Vermögensbereich der Ehefrau losgelöst werden, wenn - wie die Kläger behaupten - zwischen ihnen eine Vereinbarung bestand, nach der im Innenverhältnis der Ehemann die alleinige Verfügungsbefugnis über das Konto gehabt hat. Der Ehemann konnte durch eine Vereinbarung im Innenverhältnis, die die Rechtsstellung der Ehefrau nach außen hin nicht berührte, das Bankguthaben dem Zugriff der Gläubiger der Ehefrau nicht entziehen. Denn mit einer derartigen Vereinbarung konnte er nicht verhindern, daß das Guthaben für (betriebliche) Schulden der Ehefrau gepfändet werden konnte (Kammergericht Berlin, a. a. O.). Daraus wird ersichtlich, daß das Guthaben auf dem Gemeinschaftskonto trotz der behaupteten Vereinbarung und ihrer Durchführung kein vom Vermögen der Ehefrau getrenntes Vermögen des Ehemannes darstellte.

Die Auffassung, daß Zahlungen des einen Ehegatten an den anderen, um diese als Betriebsausgaben berücksichtigen zu können, nicht auf ein gemeinschaftliches Konto überwiesen werden dürfen, führt weder zu einer unzumutbaren Einschränkung der Handlungsfreiheit der Ehegatten noch zur Aufhebung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft. Denn die Kläger können sich die Vorteile, die Eheleute zur Errichtung eines Gemeinschaftskontos veranlassen, in anderer Weise verschaffen. Der Zweck eines Gemeinschaftskontos geht regelmäßig dahin, dem einen Ehegatten für den Fall der Verhinderung oder des Ablebens des anderen Ehegatten die jederzeitige Abhebung des Bankguthabens zu ermöglichen, ohne daß er der Bank gegenüber im Zeitpunkt der Abhebung eine Vollmacht bzw. eine Erbeslegitimation vorzulegen braucht. Diese Vorteile bietet den Klägern auch ein Konto, welches der Ehemann für sich allein errichtet, für welches er jedoch seiner Ehefrau unbeschränkte Vollmacht erteilt, die auch bei seinem Tode nicht erlischt. Die Eröffnung und Benutzung eines derartigen Kontos ist ebenso wie bei einem Gemeinschaftskonto ohne Schwierigkeiten möglich.

 

Fundstellen

BStBl II 1972, 614

BFHE 1972, 351

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