Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschlag bei Rückzahlung eines Ausbildungsdarlehens

 

Leitsatz (NV)

Muß der Empfänger eines Ausbildungsdarlehens dieses nebst einem Zuschlag zurückzahlen, so sind die Aufwendungen für den Zuschlag dann Ausbildungskosten und keine Werbungskosten, wenn damit nachträglich die im Zusammenhang mit der Ausbildung gewährten Vorteile abgegolten werden sollen und wenn der Zuschlag nicht weitaus überwiegend als Druckmittel zur Einhaltung der vorvertraglichen Verpflichtung zur Eingehung eines langfristigen Arbeitsverhältnisses dienen soll.

 

Normenkette

EStG §§ 3c, 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt von der Stadt ein Darlehen für die Ausbildung als Arzt. Er verpflichtete sich laut Vertrag vom . . . 1974 (im folgenden: Vertrag), nach Abschluß des Studiums in den höheren öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Stadt einzutreten und im Falle der Zuwiderhandlung das Ausbildungsdarlehen zurückzuzahlen und zu verzinsen sowie eine mit der Darlehensschuld fällige Vertragsstrafe in Höhe von 25000 DM an die Stadt zu zahlen. Der Kläger nahm im Jahre 1980 im Einvernehmen mit der Stadt eine Facharztausbildung für . . . auf. Er entschied sich im Jahre 1982, nicht in den Dienst der Stadt einzutreten. Er machte für das Streitjahr 1984 eine Abschlagszahlung von . . . DM auf die Vertragsstrafe, Anwaltskosten in Höhe von . . . DM sowie Zinsen aus einem Darlehen, das er zur Rückzahlung des Ausbildungsdarlehens aufgenommen hatte, als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat die Auffassung, daß es sich um im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr.7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur mit einem Höchstbetrag abziehbare Ausbildungskosten handele.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Kläger die Abschlagszahlung auf die Vertragsstrafe sowie die Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machte, als unbegründet ab und führte aus: Studienbeihilfen aus öffentlichen Mitteln seien gemäß § 3 Nr.11 EStG steuerfei. Im Streitfall seien die dem Kläger gewährten Studienbeihilfen steuerfrei belassen worden, so daß auch die Rückzahlung zu keiner Steuerminderung führen dürfe. Die mit der Rückzahlung zusammenhängenden Nebenleistungen, wie Zinsen und eine Vertragsstrafe, teilten das Schicksal der Hauptleistung. Der objektive Zusammenhang zwischen der Rückzahlung des Studiendarlehens und der Vertragsstrafe sei auch nicht von einer neu hinzugetretenen Ursache überlagert. Die mit der Rückzahlung der Studienbeihilfen zusammenhängenden Aufwendungen wie die Vertragsstrafe und die Rechtsanwaltskosten wären im übrigen, wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen nicht anzunehmen wäre, durch die Ausbildung des Klägers veranlaßt und daher allenfalls als Ausbildungskosten zu behandeln. Der Höchstbetrag von 900 DM sei jedoch bereits anderweitig ausgeschöpft.

Zur Begründung ihrer vom FG zugelassenen Revision tragen die Kläger vor: Der Zweck des § 3c EStG bestehe darin, Mißbräuche zu verhindern. Es solle durch steuerfreie Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil entstehen. Einen doppelten Vorteil habe der Kläger nicht, weil die Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen nicht steuermindernd berücksichtigt werden könne. Ausschlaggebend sei, daß die Entscheidung zu dem Vertragsbruch ausschließlich durch den Entschluß ausgelöst worden sei, als frei praktizierender Arzt tätig zu sein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Der Senat hat zeitlich nach Ergehen der angefochtenen Entscheidung mit dem Urteil vom 28. Februar 1992 VI R 97/89 (BFHE 168, 67, BStBl II 1992, 834) entschieden, daß die Aufwendungen für einen Zuschlag, den der Empfänger eines Ausbildungsdarlehens neben der Rückzahlung des Darlehens zu entrichten hat, dann Ausbildungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr.7 EStG) und keine Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) sind, wenn damit nachträglich die im Zusammenhang mit der Ausbildung gewährten Vorteile abgegolten werden sollen und wenn der Zuschlag nicht weitaus überwiegend als Druckmittel zur Einhaltung der vorvertraglichen Verpflichtung zur Eingehung eines langfristigen Arbeitsverhältnisses dienen soll. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf dieses Urteil zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Im Streitfall kann nichts anderes gelten. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Vorinstanz, der Zuschlag sei eine den Zinsen des Darlehens vergleichbare Nebenleistung des Ausbildungsdarlehens und deshalb stehe der steuerlichen Berücksichtigung bereits § 3c EStG entgegen. Dies könnte nur dann zutreffen, wenn nahezu ausschließlicher Zweck des Zuschlags wäre, den Zinsnachteil abzugelten, der der Stadt durch die Gewährung des Darlehens entstanden ist. Einen derartigen Sachverhalt hat das FG bisher aber nicht festgestellt. Gegen dieses Verständnis des Zuschlags spricht auch, daß das Darlehen gemäß § 4 Abs. 3 Nr.1 des Vertrages angemessen zu verzinsen war.

2. Die Vorentscheidung ist von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Aufwendungen für den Zuschlag den Ausbildungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr.7 EStG) oder den Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zuzuordnen sind. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen - ggf. auch durch Beiziehung der Akten des Rechtsstreits zwischen dem Kläger und der Stadt - darüber nachholen müssen, welchen Zweck die Vertragspartner mit der Vereinbarung des vom FG als Vertragsstrafe (§ 339 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gewerteten Zuschlags verfolgt haben.

a) Sollte die weitere Sachverhaltsaufklärung ergeben, daß mit dem Zuschlag nachträglich solche Vorteile abgegolten werden sollten, die dem Kläger zwar im Zusammenhang mit dem Vertrag über das Ausbildungsdarlehen, aber über das Darlehen hinaus gewährt worden sind, so wären die Aufwendungen für den Zuschlag den Ausbildungskosten zuzuordnen. Dies wäre z.B. der Fall, wenn der Kläger seinen Studienplatz für Medizin nicht selbständig, sondern nur aufgrund des mit der Stadt abgeschlossenen Vertrages im Rahmen

eines dieser eventuell zustehenden Kontingents an Studienplätzen erhalten hätte.

b) Sollte sich hingegen ein Zusammenhang zwischen dem Zuschlag und solchen Leistungen, die dem Kläger während seiner Ausbildung zusätzlich mit dem Darlehen gewährt worden sind, nicht feststellen lassen, so käme als vorrangiger Zweck des Zuschlags nur in Betracht, auf den Kläger Druck zur Einhaltung der in dem Ausbildungsvertrag eingegangenen vertraglichen Verpflichtung auszuüben, mindestens acht Jahre lang entgeltlich im öffentlichen Gesundheitsdienst der Stadt als vollbeschäftigter Arzt tätig zu sein. Bei einem derartigen Sachverhalt wäre die Anerkennung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder ggf.als vorab entstandene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit gerechtfertigt. Auf das Urteil in BFHE 168, 67, BStBl II 1992, 834 wird insoweit Bezug genommen.

Der Umstand, daß die Verpflichtung des Klägers, in der Zukunft für die Stadt tätig zu sein, in einem Vertrag über ein Ausbildungsdarlehen begründet worden ist, führt nicht automatisch zu einer Zuordnung der Aufwendungen für den Zuschlag zu den Ausbildungskosten. Denn dadurch ändert sich nichts daran, daß es sich bei der Vereinbarung über die zukünftige Berufstätigkeit des Klägers um einen Vorvertrag zum Abschluß eines Dienstvertrages handelt. Der durch den Vorvertrag bereits konkretisierte Dienstvertrag hätte im Falle seines Abschlusses und seiner Durchführung beim Kläger zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geführt. Der wirtschaftliche Zusammenhang des verwirkten Zuschlags mit den bereits im Streitjahr erzielten oder ggf. zukünftig als selbständiger Arzt zu erzielenden Einnahmen wäre - sollte der Zuschlag vorrangig als Druckmittel für die Einhaltung des Vorvertrags vereinbart worden sein - als enger zu bewerten als derjenige mit der Ausbildung.

c) Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten würden, soweit sie sich auf den Zuschlag und nicht auf andere Streitpunkte beziehen, das Schicksal des Zuschlags teilen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418982

BFH/NV 1993, 414

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