Leitsatz (amtlich)

1. Die Verwaltung des ERP-Sondervermögens durch den Bund dient überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt.

2. Beteiligt sich die Verwaltung des ERP-Sondervermögens über eine Bank als Treuhänder an einem gewerblichen Unternehmen als stiller Gesellschafter unter Anrechnung der aus dem ERP-Sondervermögen gewährten Darlehen auf die Einlage, so sind die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters zur Ermittlung des Gewerbeertrages dem Gewinn der stillen Gesellschaft wieder hinzuzurechnen.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 1; GewStDV § 2 Abs. 2; StAnpG § 11 Nr. 3; ERP-VerwG §§ 2, 5 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Gewinnanteil eines stillen Gesellschafters dem Gewinn aus Gewerbebetrieb und der Wert der stillen Beteiligung dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs nicht hinzuzurechnen ist, weil der Gewinnanteil beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen ist.

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige), eine GmbH, die eine Karton- und Papierfabrik betreibt, empfing in den Jahren 1953/1954 für den Aufbau ihres Unternehmens aus Mitteln des European Recovery Program-Sondervermögens (ERP-Sondervermögen) von der B-Bank neben einem Investitionskredit von 6 Mio. DM und einem Betriebsmittelkredit von 1 Mio. DM einen Sonderkredit von 2,5 Mio. DM. Der Sonderkredit, der u. a. durch eine Ausfallbürgschaft des Landes sichergestellt war, wurde auf Grund eines Vertrages vom 3./5. September 1956 in eine stille Beteiligung umgewandelt. Die B-Bank leistete die Einlage von 2,5 Mio. DM durch Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch aus dem gleichhohen Sonderkredit. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters betrug mindestens 5 v. H., unter Umständen 10 v. H. der Einlage; die Beteiligung am Verlust war ausgeschlossen. Den Gesellschaftsvertrag schloß die B-Bank als Treuhänderin im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des jetzt vom Bundesschatzminister verwalteten ERP-Sondervermögens. Die stille Beteiligung und ihre Erträge wurden in der Bilanz und Ertragsrechnung der B-Bank nicht ausgewiesen.

Bei der Veranlagung zur Gewerbesteuer für das Streitjahr 1957 rechnete der Revisionskläger (das FA) den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters in Höhe von 250 000 DM dem gewerblichen Gewinn und den Wert der stillen Beteiligung in Höhe von 2,5 Mio. DM dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs der Steuerpflichtigen wieder hinzu (§ 8 Nr. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG).

Die Steuerpflichtige, deren Einspruch gegen diese Hinzurechnung keinen Erfolg hatte, drang mit der hiergegen eingelegten Berufung durch. Das FG führte zur Begründung aus:

Die stille Beteiligung und der Gewinnanteil seien nicht der B-Bank, sondern dem ERP-Sondervermögen zuzurechnen. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei der Steuerpflichtigen entfalle, da der Gewinnanteil beim ERP-Sondervermögen zur Gewerbeertragsteuer heranzuziehen sei. Entgegen der Ansicht des FA stelle die Tätigkeit des ERP-Sondervermögens ein gewerbliches Unternehmen dar. Die Vorschrift des § 15 des Gesetzes über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens vom 31. August 1953 - ERP-VerwG - (BGBl I 1953, 1312) bestimme keine Gewerbesteuerfreiheit. Das ERP-Sondervermögen falle auch nicht unter eine der in § 3 Nrn. 1 bis 10 GewStG geregelten persönlichen oder sachlichen Befreiungen von der Gewerbesteuer. Insbesondere liege eine gewerbesteuerfreie gemeinnützige Tätigkeit nicht vor. Vielmehr sei das ERP-Sondervermögen ein gewerbesteuerpflichtiges Unternehmen mit allen Merkmalen eines stehenden Gewerbebetriebs. Es entfalte eine selbständige, nachhaltige, auf Gewinn gerichtete Tätigkeit und beteilige sich am allgemeinen Wirtschaftsverkehr. Die im ERP-VerwG festgelegten sachlichen Bindungen änderten nichts an der tatsächlich gegebenen Selbständigkeit in der Verwaltung dieser wirtschaftlichen Einheit. Die Nachhaltigkeit der Betätigung werde bestätigt durch die mangelnde zeitliche Begrenzung der Förderungsmaßnahmen. Die Gewinnerzielungsabsicht folge aus dem im ERP-VerwG angeordneten Wirtschaftlichkeitsprinzip, wonach der Bestand zu erhalten und die Hingabe zinsloser Darlehen und verlorener Zuschüsse nur ausnahmsweise zulässig sei. Im übrigen sei die Gewinnerzielungsabsicht aus den hohen jährlichen Gewinnen des ERP-Sondervermögens zu schließen (vgl. Schlauwitz, Der Bund als Finanzier; Kredite, Leistungen und Bürgschaften des ERP-Sondervermögens, 1963). Nach allem sei die Gewinnerzielungsabsicht neben der Absicht der Wirtschaftsförderung einer der Hauptzwecke, mindestens aber ein für die Bejahung eines gewerbesteuerpflichtigen Unternehmens ausreichender wesentlicher Nebenzweck des ERP-Sondervermögens. Wie jedes andere Kreditinstitut, so beteilige sich auch das ERP-Sondervermögen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Es trete nicht nur mit dem bestimmten Kreis der Hauptleihinstitute, sondern mit einem unbestimmten Personenkreis in Geschäftsbeziehung. Da die Hauptleihinstitute mit Ausnahme der Fälle eigener Haftung nur treuhänderisch eingeschaltet seien, bestünden die wirklichen Geschäftsbeziehungen, wenn auch in verdeckter Form, zwischen dem ERP-Sondervermögen und den Endabnehmern. Daß dieser Kreis wegen der in den Richtlinien zum ERP-Wirtschaftsplan aufgestellten besonderen Voraussetzungen begrenzt sei, ändere nichts an der Unbestimmtheit des Kundenkreises und damit an der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Schließlich diene das ERP-Sondervermögen auch nicht überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt. Unrichtig sei die vom Bundeschatzminister in seiner Auskunft vertretene Auffassung, das ERP-Sondervermögen stelle wegen Ausübung öffentlicher Gewalt in der Form schlichter Hoheitsverwaltung keinen Gewerbebetrieb dar, da es nach dem ERP-VerwG ausschließlich dem Wiederaufbau und der Förderung der deutschen Wirtschaft diene. Der Begriff "Ausübung der öffentlichen Gewalt" habe im allgemeinen Verwaltungsrecht und im Gewerbesteuerrecht nicht denselben Inhalt. Hoheitsbetriebe im gewerbesteuerlichen Sinne seien solche Unternehmen, bei denen das Gewinnstreben weder Haupt- noch wesentlicher Nebenzweck sei, und bei denen meist Zuschüsse zum Ausgleich von Verlusten notwendig seien. In diesem Sinne sei das ERP-Sondervermögen kein Hoheitsbetrieb, vielmehr entspreche seine Investitions-, Produktivitäts-, Umschuldungs-, Auftrags-, Export- und Betriebsmittelfinanzierung einschließlich der Aufnahme von Krediten sowie die Überwachung und Einziehung von Tilgungen, Zinsen und Beteiligungserträgen überwiegend der Tätigkeit einer Großbank.

Hiergegen wendet sich die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde des FA mit der Begründung, Entstehungsgeschichte, Verwendungszweck und Art der Verwaltung des ERP-Sondervermögens stünden der Annahme eines Gewerbebetriebs entgegen. Der Bund betätige sich mit diesen Mitteln nicht privatwirtschaftlich, sondern verfolge besondere Interessen, die der öffentlich-rechtlichen Sphäre zuzurechnen seien. Im übrigen gehe es nicht an, den im Verwaltungsrecht geprägten Begriff der Hoheitsverwaltung im Steuerrecht anders auszulegen als im sonstigen öffentlichen Recht.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung zurückzuweisen; die Steuerpflichtige beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung.

Im Streitfall ist der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters beim Empfänger nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen, so daß die vom FA vorgenommene Hinzurechnung nicht zu beanstanden ist (§ 8 Nr. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG).

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß stiller Gesellschafter im Sinne des § 8 Nr. 3 GewStG nicht die B-Bank ist, die den Gesellschaftsvertrag im eigenen Namen schloß, sondern das ERP-Sondervermögen, für dessen Rechnung die B-Bank handelte. Diese Beurteilung ergibt sich - unbeschadet der Maßgeblichkeit privatrechtlicher Grundsätze für die Abgrenzung der stillen Gesellschaft von anderen Vertragstypen (vgl. Urteil des BFH IV 213/60 S vom 5. Juni 1964, BFH 81, 138, BStBl III 1965, 49) - aus der in § 11 Nr. 3 StAnpG enthaltenen allgemeinen steuerrechtlichen Zurechnungsregel, wonach bei Treuhandschaften auch im Ertragsteuerrecht der wirtschaftlichen Vermögenszugehörigkeit der Vorrang vor der formalen Rechtslage gebührt. Im übrigen käme auch aus bilanziellen Gründen eine gewerbesteuerliche Heranziehung des fraglichen Gewinnanteils bei der B-Bank nicht in Betracht, da insoweit kein eigener Ertrag der B-Bank vorliegt. Der festgestellte Nichtausweis des empfangenen Gewinnanteils in der Ertragsrechnung der B-Bank steht mindestens im Ergebnis mit den gewerbesteuerlich maßgeblichen einkommensteuerlichen Gewinnermittlungsgrundsätzen in Einklang (vgl. Adler-Düring-Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 3. Auflage, § 129, Tz. 45 bis 59; Scherpf, Die aktienrechtliche Rechnungslegung und Prüfung, 1967, S. VI 36, Randnr. 63).

Der Gewinnanteil aus der stillen Gesellschaft ist beim ERP-Sondervermögen als dem Empfänger im Sinne des § 8 Nr. 3 GewStG mangels Vorhandensein eines Gewerbebetriebs nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen. Für die Beantwortung der Frage der Gewerbesteuerpflicht des ERP-Sondervermögens ist auszugehen von der Sondervorschrift des § 2 Abs. 2 GewStDV, wonach Unternehmen von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), nicht zu den Gewerbebetrieben gehören. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist das ERP-Sondervermögen ein Hoheitsbetrieb im Sinne dieser Vorschrift. Dabei kann offenbleiben, ob der steuerrechtliche Begriff "Ausübung der öffentlichen Gewalt" mit dem gleichlautenden Begriff des sonstigen öffentlichen Rechts notwendig inhaltsgleich oder ob etwa der steuerrechtliche Begriff enger ist. Denn auch bei Anlegung eines strengeren Maßstabs ist im Streitfall anzunehmen, daß die Verwaltung des ERP-Sondervermögens überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dient.

Für die Bestimmung des gewerbesteuerrechtlichen Begriffs "Ausübung der öffentlichen Gewalt" sind die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem gleichlautenden umsatz- und körperschaftsteuerrechtlichen Begriff entwickelten Kriterien von Bedeutung, da derselbe Begriff in den verschiedenen Steuerrechtsgebieten eine im wesentlichen gleichartige Funktion erfüllt und vom Verordnungsgeber im wesentlichen gleichförmig erläutert ist (vgl. § 2 Abs. 2 GewStDV; § 4 KStDV; § 19 UStDB). Nach dieser Rechtsprechung ist Ausübung der öffentlichen Gewalt eine Tätigkeit, die der öffentlich-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten ist. An diesem Merkmal fehlt es, wenn die Körperschaft durch Einschaltung ihrer Einrichtungen in den wirtschaftlichen Verkehr eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet (vgl. BFH-Urteil I 319/62 U vom 7. Dezember 1965, BFH 84, 417, BStBl III 1966, 150). Im Unterschied zu einer an sich möglichen privatwirtschaftlichen Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist für die Ausübung der öffentlichen Gewalt kennzeichnend die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwekken dienen (vgl. BFH-Urteil V 76/64 vom 6. Juli 1967, BFH 89, 164, BStBl III 1967, 582). Dabei ist es - unbeschadet des § 2 Abs. 2 GewStG - gewerbesteuerrechtlich unerheblich, wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Erfüllung der ihr eigentümlichen und vorbehaltenen hoheitlichen Aufgaben privatrechtliche Mittel einsetzt. Denn es genügt für die Annahme eines Hoheitsbetriebs im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStDV, daß das Unternehmen der Körperschaft des öffentlichen Rechts der Ausübung der öffentlichen Gewalt dient; nicht erforderlich ist, daß die Ausübung als solche sich in hoheitlichen Formen vollzieht. Demnach ist die Frage, ob ein Unternehmen überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dient, nicht nach der äußeren Gestaltung zu entscheiden, sondern nach dem Wesensgehalt des mit der Tätigkeit verfolgten Zwecks. Ist dieser Zweck ein hoheitlicher, so ist das Unternehmen der Körperschaft des öffentlichen Rechts ein gewerbesteuerfreier Hoheitsbetrieb, wenn es überwiegend diesem Zwecke dient. Ob dies zutrifft, bestimmt sich nach dem Gesamtbild des Falles. Dabei steht der Annahme eines Hoheitsbetriebs nicht notwendig entgegen, daß die Leistungen der Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne Annahmezwang oder gegen Entgelt erfolgen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gelangt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, daß die Verwaltung des ERP-Sondervermögens überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt der Bundesrepublik Deutschland dient, so daß mangels eines Gewerbebetriebs keine Gewerbesteuerpflicht besteht. Diese Beurteilung folgt aus dem staatspolitischen Charakter des ERP-Gesamtkomplexes und der eindeutigen hoheitlichen Zweckbestimmung des ERP-Sondervermögens, wie sie im ERP-VerwG ausdrücklich festgelegt wurde. Nach dessen § 2 dient das ERP-Sondervermögen ausschließlich dem Wiederaufbau und der Förderung der deutschen Wirtschaft nach Maßgabe der Bestimmungen des Abkommens über Wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Dezember 1949 (BGBl 1950, 10). Der Abschluß dieses völkerrechtlichen Vertrages, der mit Gesetz vom 31. Januar 1950 ratifiziert wurde (BGBl 1950, 9), erfolgte in Ausübung der öffentlichen (auswärtigen) Gewalt der Bundesrepublik Deutschland. Auch die Motive und der wesentliche Vertragsinhalt dieses Abkommens gehören der politisch-hoheitlichen Sphäre an. Die Präambel stellt klar, daß dieser Vertrag zur Förderung des Wiederaufbaus der Bundesrepublik ein wesentlicher Bestandteil des gemeinsamen Programms zum europäischen Wiederaufbau ist, daß die Schaffung einer gesunden europäischen Wirtschaft Grundlage der Wiederherstellung oder Aufrechterhaltung individueller Freiheit, freier Einrichtungen und echter Unabhängigkeit in den europäischen Ländern ist, und daß eine starke europäische Wirtschaft zur Erreichung der Ziele der Vereinten Nationen notwendig ist. Aus diesen Gründen verpflichteten sich die USA durch diesen Vertrag, nach Maßgabe des Gesetzes über Wirtschaftliche Zusammenarbeit von 1948 (Economic Cooperation Act of 1948) die Bundesrepublik auf Antrag durch Waren, Dienstleistungen und andere Hilfeleistungen zu unterstützen. Andererseits verpflichtete sich die Bundesrepublik, durch ein gemeinsames Wiederaufbauprogramm mit anderen Teilnehmerstaaten der Organisation für Europäsche Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) die wirtschaftlichen Bedingungen für einen dauerhaften Frieden und Wohlstand zu schaffen (Art. I Abs. 1 und 2, Art. II des Abkommens vom 15. Dezember 1949). Die der Bundesrepublik Deutschland gewährte Hilfe bestand einerseits aus der Bereitstellung von Dollar-Beträgen zur Ermöglichung zusätzlicher deutscher Einfuhren, andererseits aus der Zurverfügungstellung der für diese Einfuhren von den Importeuren in Deutscher Mark eingezahlten Beträgen, den sogennanten DM-Gegenwertmitteln. Diese Gegenwertmittel wurden durch Art. III des Ratifizierungsgesetzes vom 31. Januar 1950, a. a. O., zu einem Sondervermögen des Bundes vereinigt, auf das die Reichshaushaltsordnung Anwendung findet und das der Prüfung durch den Bundesrechnungshof unterliegt. Mit Rücksicht auf den Dauercharakter dieses Sondervermögens, dem laufende Zins- und Tilgungsbeträge zufließen, die zu neuen Förderungsmaßnahmen verwendet werden, wurde die Verwaltung des Vermögens gesetzlich durch das ERP-VerwG besonders geregelt (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für ERP-Fragen, Deutscher Bundestag, I. Wahlperiode, Drucksache Nr. 4433 S. 1).

Wie das Abkommen selbst, so läßt auch das der Durchführung des Abkommens dienende ERP-VerwG klar erkennen, daß der Einsatz der ERP-Mittel nach ihrem Sinn und Zweck nicht mit privatwirtschaftlichen Finanzgeschäften vergleichbar ist, sondern daß er als ein Mittel staatlicher Politik ausschließlich dem Wiederaufbau und der Förderung der deutschen Wirtschaft als ganzer dient (§ 2 ERP-VerwG). Dieser hoheitliche, aus der Ausübung der Regierungsgewalt fließende, gesetzlich bestimmte Wesensgehalt der ERP-Vermögensverwaltung wird bestätigt durch die praktische Politik der Bundesregierung in diesem Geschäftsbereich. Neben der Förderung wichtiger Rationalisierungs- und Modernisierungsinvestitionen dienten die Mittel des ERP-Sondervermögens im Streitjahr wie auch schon in der Vergangenheit der Erfüllung bedeutsamer strukturpolitischer Aufgaben. Dazu gehörten - in Abstimmung mit der amtlichen Wirtschaftspolitik, den Zustand der Vollbeschäftigung unter gleichzeitiger Wahrung größtmöglicher Preisstabilität zu erhalten - strukturpolitische Förderungsmaßnahmen zugunsten der Berliner Wirtschaft, der Saarwirtschaft, der Wasserwirtschaft, der Landwirtschaft sowie des gewerblichen Mittelstandes. Alle diese Hilfsmaßnahmen erfolgten im Interesse einer Streigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität (vgl. Tätigkeitsbericht der Bundesregierung für das Jahr 1957, S. 485 f.). Gerade diese staatspolitisch fundierte gesamtwirtschaftliche Zielsetzung der - aus Zweckmäßigkeitsgründen in die privatrechtlichen Formen des Darlehens und der stillen Beteiligung gekleideten - Finanzierungsprogramme des ERP-Sondervermögens bildet den entscheidungserheblichen Unterschied zu der erwerbswirtschaftlich orientierten, der Maximierung des eigenen Geschäftsgewinns dienenden Tätigkeiten der privaten Banken. Bei richtiger Würdigung der außenpolitischen Entstehungsgeschichte und der innenpolitischen Verwendung des ERP-Sondervermögens kann von einem gewerblichen Gewinnstreben der zur Verwaltung dieser Finanzmasse berufenen ministeriellen Organe keine Rede sein. Die anfallenden Erträge, die revolvierend zu neuen Förderungsprogrammen zu verwenden sind, beruhen auf der gesetzlichen Verpflichtung, die Mittel des Sondervermögens regelmäßig als verzinsliche Darlehen zu vergeben und dienen dem gesetzlichen Gebot, das ERP-Sondervermögen, das bis zu einer endgültigen völkervertragsrechtlichen Regelung gewissermaßen treuhänderisch von der Bundesrepublik für die USA gehalten wird, durch wirtschaftliche Verwaltung in seinem Bestand zu erhalten (§ 5 Abs. 1 und 2 ERP-VerwG, Art. I Abs. 3 des Abkommens vom 15. Dezember 1949).

Nach alledem ist die Verwaltung des ERP-Sondervermögens ein überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt der Bundesrepublik Deutschland dienender Hoheitsbetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStDV, so daß für eine Gewerbesteuerpflicht mangels eines Gewerbebetriebs kein Raum ist. Die Gewinnanteile aus der stillen Beteiligung an der Steuerpflichtigen unterliegen deshalb beim Empfänger nicht der Steuer nach dem Gewerbeertrag, so daß das FA die Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG zu Recht vorgenommen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412843

BStBl II 1968, 218

BFHE 1968, 98

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