Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundstücksverkauf unter Ehegatten ‐ Scheingeschäft und Fremdvergleich

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Scheingeschäft i.S. des § 41 Abs. 2 AO 1977 liegt nicht vor, wenn bei einem Grundstückskaufvertrag unter Ehegatten der Verkäufer den ihm von seinem Ehegatten überwiesenen Kaufpreis in Fondsanteilen anlegt, die zwar gegenüber der Bank zivilrechtlich beiden Ehegatten zustehen, die aber wegen einer treuhandähnlichen Abrede unter den Eheleuten nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 steuerrechtlich allein dem Verkäufer-Ehegatten zuzurechnen sind.

2. Ein Grundstückskaufvertrag widerspricht nicht ohne weiteres dem zwischen Fremden Üblichen, wenn er ohne die Einrichtung eines Notar-Anderkontos abgewickelt wird.

 

Normenkette

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, § 41 Abs. 2, §§ 85, 88; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, §§ 12, 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO § 76 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Urteil vom 02.10.2002; Aktenzeichen 16 K 2493/00 E; EFG 2003, 773)

 

Tatbestand

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Sie erwarben im Jahr 1987 zu je 1/2 eine Eigentumswohnung in A, die sie vermieten. Im Streitjahr (1997) verkaufte der Kläger seinen Miteigentumsanteil für 160 000 DM an die Klägerin. In Anrechnung auf den Kaufpreis übernahm sie die anteiligen Darlehensschulden des Klägers und finanzierte den Restkaufpreis (135 000 DM) mit einem tilgungsfreien Darlehen, dessen Valuta durch eine Lebensversicherung abgedeckt wurde. Die Bank zahlte den aufgrund des Darlehensvertrags geschuldeten Geldbetrag auf das gemeinsame Girokonto der Kläger und buchte von diesem Konto vereinbarungsgemäß auch die laufenden Darlehenszinsen ab.

Der Kläger legte die empfangenen Geldmittel in Fondsanteilen in einem gemeinsamen Depot der Kläger an. Berechtigt aus den Fondsanteilen waren gegenüber dem Fondsbetreiber beide Kläger. Zwischen den Eheleuten herrschte aber von vornherein Einvernehmen darüber, dass allein der Kläger Berechtigter des Kaufpreises und der Fondsanteile sein sollte. Im Zuge des Streits mit dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) erklärten die Kläger zur Klarstellung des in der Vergangenheit Gewollten im Jahr 2000 gegenüber dem Fondsbetreiber, dass das Depot nunmehr ausschließlich auf den Namen des Klägers geführt werden sollte.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr berechnete die Klägerin die Absetzung für Abnutzung (AfA) für die Wohnung unter Einbeziehung der durch den Erwerb des Miteigentumsanteils bedingten Anschaffungskosten in Höhe von 1 420 DM. Überdies machte sie Schuldzinsen von 2 092,50 DM aus dem Darlehen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das FA lehnte das ab. Nach seiner Auffassung scheitert das Veräußerungsgeschäft zwischen den Eheleuten am Fremdvergleich; denn wegen der Überweisung auf das gemeinsame Girokonto und wegen der gemeinsamen Fondsbeteiligung fehle es an einem klaren und vollständigen Vermögensabgang bei der Klägerin.

Hiergegen wandten sich die Kläger nach erfolglosem Einspruch mit ihrer Klage. Der Kläger habe seiner Ehefrau lediglich Vollmacht einräumen wollen, um eine Verfügung über die angelegten Beträge auch dann zu ermöglichen, wenn der Kläger selbst hierzu nicht in der Lage sei. Zur Mitberechtigten habe er seine Ehefrau, die Klägerin, nur deshalb bestellt, weil den Klägern mitgeteilt worden sei, eine Bevollmächtigung könne nur auf diesem Wege erfolgen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 773 veröffentlichten Urteil statt. Aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände entspreche das Veräußerungsgeschäft einem Fremdvergleich und stelle sich auch nicht als Scheingeschäft dar.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Das FG habe die Grundsätze über den Fremdvergleich nicht zutreffend angewandt. Fremde Dritte hätten auf eine Kaufpreisabwicklung über ein Notaranderkonto nicht verzichtet. Überdies sei der Kaufpreis durch die gemeinsame Depoteröffnung wieder zurückgeflossen.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Zutreffend hat das FG die von der Klägerin geltend gemachten Schuldzinsen ebenso wie die aufgrund des Erwerbs des hälftigen Miteigentumsanteils berechneten AfA-Beträge als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus der Vermietung der Eigentumswohnung abgezogen.

Die Klägerin erfüllt als Vermieterin den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

1. Sie war berechtigt, von ihren Einnahmen die Schuldzinsen aus dem von ihr aufgenommenen Darlehen sowie die AfA-Beträge auf der Grundlage des von ihr an den Kläger entrichteten Kaufpreises als Werbungskosten abzuziehen.

a) Schuldzinsen können nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften --im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung-- verwendet worden ist (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2., und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2.; BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676, m.w.N.).

b) Weil die Klägerin mit den Darlehensmitteln im Streitfall den Kaufpreis beglichen hatte, den sie ihrem Mann, dem Kläger, als Gegenleistung für das Verschaffen des Eigentums an dem Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung schuldete, hat das FG die Abziehbarkeit der Schuldzinsen wie auch der Anschaffungskosten im Wege der AfA zutreffend von der steuerrechtlichen Anerkennung dieses Kaufvertrags abhängig gemacht.

2. Voraussetzung für die steuerrechtliche Berücksichtigung dieses Kaufvertrags ist zunächst, dass er nicht zum Schein abgeschlossen ist (§ 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--). Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsparteien --offenkundig-- die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben, z.B. der Vermieter (in Verwirklichung eines gemeinsam gefassten Gesamtplanes) die Miete nach dem Eingang auf seinem Konto alsbald wieder an den Mieter zurückzahlt, ohne aus anderen --z.B. unterhaltsrechtlichen-- Rechtsgründen verpflichtet zu sein (z.B. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2002 IX R 23/00, BFH/NV 2003, 612, und vom 28. Januar 1997 IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen hat die Vorinstanz in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Der Kläger hat den Kaufpreis nicht an die Klägerin zurückgezahlt. Zwar war die Klägerin gegenüber dem Fondsbetreiber Mitberechtigte an den Fondsanteilen, in denen der Kläger den Restkaufpreis angelegt hatte. Indes war die Klägerin nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und dementsprechend den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG im Innenverhältnis zum Kläger nicht berechtigt, über ihren Anteil zu verfügen. Sie hat lediglich bei allzu spekulativen Anlagen durch den Kläger widersprechen dürfen. Die Würdigung dieses Rechtsverhältnisses durch das FG als Treuhandbeziehung ist möglich und deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin ist nach außen --gegenüber dem Fondsbetreiber-- ein Mehr an Rechten übertragen worden, als sie nach der schuldrechtlichen Abrede mit ihrem Ehemann ausüben durfte (vgl. dazu P. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz. 167 ff.). Dieser Vertrag unter den Eheleuten führt dazu, dass die Fondsanteile unbeschadet der zivilrechtlichen Inhaberschaft beider Ehegatten nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 dem Kläger zuzurechnen sind.

3. Die Veräußerung des Miteigentumsanteils an der vermieteten Eigentumswohnung entspricht dem Fremdvergleich.

a) Auch Kaufverträge unter nahen Angehörigen sind daraufhin zu untersuchen, ob sie durch die Einkünfteerzielung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich (§ 12 EStG) veranlasst sind. Sie sind in der Regel der Besteuerung nicht zugrunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 2002 IX R 46/01, BFHE 200, 372, BStBl II 2003, 243).

b) Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85, 88 AO 1977 und § 76 Abs. 1 FGO. Er ermöglicht auf Grund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob auf Grund eines mit dem Tatbestand einer Einkunftsart zusammenhängenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben (§ 12 EStG) oder aber um Werbungskosten handelt (BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 68/99, BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699).

c) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des FG, der Erwerb des Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung durch die Klägerin halte einem Fremdvergleich stand, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat dabei in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung die --hier nur problematische-- Durchführung des Vertrags anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände geprüft und deshalb zutreffend nicht allein darauf abgestellt, dass der Kaufpreis auf ein gemeinsames Konto der Ehegatten geflossen ist (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht --BVerfG-- Beschluss vom 7. November 1995 - 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34).

Auch die Beteiligung der Klägerin an den Fondsanteilen spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen die Fremdüblichkeit des Erwerbsgeschäftes. Die Klägerin hat ihre Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag, um dessen steuerrechtliche Anerkennung es geht, mit der Auszahlung des Kaufpreises erfüllt. Wenn der Kläger in der Folgezeit die ihm zugeflossenen Mittel dazu verwendet, um Fondsanteile zu erwerben, und die Klägerin daran beteiligt, so ist dieser Sachverhalt für die steuerrechtliche Anerkennung des Veräußerungsgeschäfts nur noch bedeutsam, wenn dadurch der Kaufpreis zum Teil wieder zurückgezahlt werden soll (vgl. BFH-Urteil in BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655, m.w.N.). Dies kann aber nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ausgeschlossen werden (vgl. dazu oben unter 2.). Wegen der vertraglichen Vereinbarungen der Ehegatten untereinander ist deshalb auch von einem teilweisen Rückfluss, der keine Zahlung wie unter Fremden bedeuten würde, nicht auszugehen.

d) Die gegen die Gesamtwürdigung vom FA vorgebrachte Einwendung, der Verzicht der Kläger auf eine Kaufpreisabwicklung über ein Notaranderkonto sei unüblich, führt nicht zu einer steuerrechtlichen Missbilligung des Vertrags anhand des Fremdvergleichs. Die Einschaltung des Notars als Treuhänder soll regelmäßig die Erfüllung der wechselseitigen Vertragspflichten sichern und den Vertragspartnern das Risiko einer Vorleistung ersparen (vgl. dazu eingehend Bundesgerichtshof --BGH--, Urteil vom 17. Februar 1994 IX ZR 158/93 Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 1403 ff.). Ob ein Sicherungsinteresse des Käufers in Bezug auf die Ablösung der Grundpfandrechte und den Eigentumswechsel besteht, lässt sich indes nicht für alle Fällen in der gleichen Weise beantworten. Deshalb ist es nicht von vornherein unüblich, wenn die Vertragsparteien den Grundstückskaufvertrag nicht über ein Notaranderkonto abwickeln. Ein besonderes Sicherungsinteresse der Klägerin an einer Hinterlegung des Kaufpreises beim Notar hat das FG aber nicht festgestellt.

Die Überweisung auf ein Notaranderkonto bewirkt mangels einer Erfüllungswirkung (BGH-Urteil vom 25. März 1983 V ZR 168/81, BGHZ 87, 156, NJW 1983, 1605) entgegen der Revision nicht, dass der Kaufpreis endgültig aus dem Vermögen der Klägerin ausscheidet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1305757

BFH/NV 2005, 498

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