Entscheidungsstichwort (Thema)

Umqualifizierung der Einkünfte bei Beteiligung einer gewerblich geprägten Gesellschaft an Zebra-Gesellschaft; In-Kraft-Treten des § 15a EStG für Unternehmen im öffentlich geförderten Wohnungsbau

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, so sind die Einkünfte der Obergesellschaft im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung für die (vermögensverwaltende) Untergesellschaft in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren (gegen BMF-Schreiben vom 29. April 1994, BStBl I 1994, 282).

2. Gewerbliche Verlustanteile, die im Zusammenhang mit der Errichtung und Verwaltung öffentlich geförderter Gebäude i.S. des § 52 Abs. 19 Satz 2 Nr. 3 EStG 1990 in einem vor dem 1. Januar 1995 beginnenden Wirtschaftsjahr entstanden sind, unterliegen nicht der Abzugsbeschränkung des § 15a EStG.

 

Normenkette

EStG 1990 § 15 Abs. 3 Nr. 2, §§ 15a, 52 Abs. 19 S. 2 Nr. 3, S. 3 Nr. 2; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG. Über eine Treuhänderin (Beigeladene) hält sie eine Beteiligung an der vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaft Fonds A (nachfolgend Fonds). Die Grundstücke des Fonds sind mit öffentlich geförderten und steuerbegünstigten Wohnungen bebaut.

Für die Streitjahre 1990 bis 1992 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) aufgrund der Feststellungserklärungen des Fonds für die Klägerin erklärungsgemäß Verlustanteile aus Gewerbebetrieb von 589 441,97 DM (1990), 780 618 DM (1991) und 21 061 DM (1992) fest. Mit der Feststellung der Einkünfte verbunden war ―abweichend von den Erklärungen― eine Feststellung über (lediglich) verrechenbare Verluste gemäß § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 589 441 DM, 1 462 714 DM und 610 502 DM.

Gegen die Bescheide erhob die Klägerin Einsprüche, mit denen sie sich gegen die Anwendung des § 15a EStG wandte sowie hilfsweise die Ermittlung der verrechenbaren Verluste beanstandete. Das FA erließ daraufhin Einspruchsentscheidungen, in denen es unter Hinweis auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) die Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung feststellte und die Feststellung der verrechenbaren Verluste entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin auf 1 472 059 DM (1991) bzw. 1 493 120 DM (1992) korrigierte.

Mit der Klage griff die Klägerin die Feststellung der Einkünfte und des verrechenbaren Verlusts für die Streitjahre an. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in vollem Umfang statt. Zur Begründung führte es aus, die Einkünfte seien (bereits) auf der Ebene des Fonds als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Die Verluste der Klägerin seien außerdem voll ausgleichsfähig, denn § 15a EStG sei nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 19 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 2 EStG 1990 für die Verluste der Klägerin nicht anzuwenden.

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung der §§ 180 und 182 AO 1977 und des § 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 19 EStG 1990.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Einkünfte der Klägerin als solche aus Gewerbebetrieb festzustellen sind und nicht der Anwendung des § 15a EStG unterliegen.

1. Im Rahmen der angefochtenen gesonderten und einheitlichen Feststellungen der Einkünfte der Fondsgesellschaft mussten die auf die Klägerin entfallenden Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb behandelt werden.

a) Die Klägerin erzielt wie eine Gesellschafterin Einkünfte aus der in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisierten Fondsgesellschaft. Sie ist zwar nicht unmittelbar beteiligt, weil die Beteiligung von der Beigeladenen als Treuhänderin gehalten wird. Als Treugeberin ist sie jedoch wie eine Gesellschafterin der Fondsgesellschaft zu behandeln und erfüllt auch die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Einkunftserzielung. Dies ergibt sich bindend aus den insoweit nicht angefochtenen und diesbezüglich bestandskräftig gewordenen Feststellungen in den Feststellungsbescheiden für die Fondsgesellschaft. Das FG ist danach zu Recht ohne weitere Prüfung von einer Beteiligung der Klägerin an der Fondsgesellschaft ausgegangen.

b) Die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Beteiligung an dem Fonds sind gewerbliche Einkünfte (§ 15 EStG). Die Klägerin ist nach den Feststellungen des FG eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, zu deren Betriebsvermögen die Beteiligung an dem Fonds gehört. Nach § 15 Abs. 3 EStG gilt die gesamte mit Einkunftserzielungsabsicht unternommene Tätigkeit der Klägerin als gewerblich. Dies schließt nach § 21 Abs. 3 EStG auch den Anteil an den Einkünften des Fonds ein, obwohl dieser ausschließlich vermögensverwaltend tätig ist. Die Fondsgesellschaft ist demzufolge eine sog. Zebra-Gesellschaft, deren Beteiligte unterschiedliche Arten von Einkünften aus der Beteiligung erzielen.

c) Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für die Fondsgesellschaft sind die auf die Klägerin entfallenden Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb auszuweisen.

Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 sind die von einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte und deren Verteilung auf die Mitunternehmer gesondert festzustellen. Grundsätzlich ist im Rahmen dieser Feststellung auch über die Art der erzielten Einkünfte zu entscheiden, die sich in erster Linie durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit bestimmt (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. III. 3. a). Ist die Personengesellschaft vermögensverwaltend tätig, bestimmt sich die Art der Einkünfte eines betrieblich beteiligten Gesellschafters indessen nicht nach der Tätigkeit der Gesellschaft, sondern nach der Art der betrieblichen Einkünfte des Gesellschafters.

Zu der Frage, ob die Umqualifizierung der Einkünfte eines betrieblich Beteiligten im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte oder aber erst im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für den Gesellschafter vorzunehmen ist, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 11. Juli 1996 IV R 103/94 (BFHE 181, 45, BStBl II 1997, 39) Stellung genommen und ausgeführt, dass die Zuordnung der Einkünfte und ihre Ermittlung nach den maßgebenden Gewinnermittlungsvorschriften im Rahmen der gesonderten Feststellung zu erfolgen habe. An seiner Auffassung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Kritik seitens der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 27. Dezember 1996, BStBl I 1996, 1521) fest. Insbesondere in dem hier vorliegenden Fall, dass der Beteiligte eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ist, kann das für die Feststellung zuständige FA ohne Schwierigkeiten selbst alle erforderlichen Feststellungen für die Zuordnung und Berechnung der Einkünfte treffen. Für die Einkünftequalifikation bedeutsame Sachverhaltsumstände, die nur im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren für den Gesellschafter geklärt werden könnten, sind ebenso wenig denkbar wie die von der Finanzverwaltung ins Feld geführte Verletzung des Steuergeheimnisses.

Der Senat sieht sich durch das Urteil des III. Senats vom 11. Dezember 1997 III R 14/96 (BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401) jedenfalls insoweit in seiner Auffassung bestätigt. Dort hat der III. Senat erkennen lassen, dass in offenkundigen Fällen einer Umqualifizierung (z.B. bei der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft) oder wenn von dem Gesellschafter selbst nicht bestritten wird, dass die Einkünfte umzuqualifizieren seien, über Art und Höhe der Einkünfte im Feststellungsverfahren zu befinden sei (Urteil in BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401, unter II. 1. c unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 29. April 1994, BStBl I 1994, 282, Tz. 3 a.E.; in diesem Sinne auch Kohlhaas, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1998, 1458, 1460; Söffing, Der Betrieb ―DB― 1998, 896, 899). So verhält es sich auch vorliegend. Dass die Klägerin als gewerblich geprägte Personengesellschaft nur gewerbliche Einkünfte erzielen konnte, war offenkundig. Außerdem waren die auf die Klägerin entfallenden Einkünfte von Anfang an als solche aus Gewerbebetrieb erklärt und durch Bestandsvergleich ermittelt worden.

2. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 15a EStG war auf die Verlustanteile der Klägerin in den Streitjahren nicht anzuwenden.

a) Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Dasselbe gilt nach § 15a Abs. 5 EStG auch für Mitunternehmer anderer Gesellschaften, soweit deren Haftung der eines Kommanditisten vergleichbar ist, insbesondere für den Gesellschafter einer GbR, soweit seine Inanspruchnahme für Schulden im Zusammenhang mit dem Betrieb durch Vertrag ausgeschlossen oder nach der Art und Weise des Geschäftsbetriebs unwahrscheinlich ist (§ 15a Abs. 5 Nr. 2 EStG).

b) Aus seiner systematischen Stellung und seiner Bezugnahme auf gewerbliche Einkünfte ergibt sich, dass § 15a Abs. 1 EStG unmittelbar nur gilt, soweit der Anteil des Kommanditisten bzw. des nach § 15a Abs. 5 EStG dem Kommanditisten gleichzustellenden Mitunternehmers an dem Verlust der Gesellschaft zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört. Für Gesellschafter, die aus einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, gilt § 15a Abs. 1 EStG deshalb nicht unmittelbar, sondern ggf. nur kraft einer für die entsprechende Einkunftsart geltenden Verweisung, wie etwa in § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG. Auf den Gesellschafter, dessen Beteiligung zu seinem gewerblichen Betriebsvermögen gehört, findet § 15a Abs. 1 EStG indessen unmittelbare Anwendung (Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 15a EStG Rz. 28). So verhält es sich bei der Klägerin, die die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verlustausgleichsbeschränkung erfüllen würde, wenn ihre Haftung für Schulden der Fonds-GbR nach Maßgabe des § 15a Abs. 5 EStG beschränkt wäre.

c) Grundlegende Voraussetzung dafür ist jedoch, dass § 15a EStG für Verluste der streitigen Veranlagungszeiträume 1990 bis 1992 überhaupt zeitlich anwendbar ist. Nach § 52 Abs. 19 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Satz 3 Nr. 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist § 15a EStG für Verluste, die im Zusammenhang mit der Errichtung und der Verwaltung von Gebäuden entstehen, die mit öffentlichen Mitteln i.S. des § 6 Abs. 1 oder nach § 88 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gefördert sind, erstmals anzuwenden auf Verluste, die in nach dem 31. Dezember 1994 beginnenden Wirtschaftsjahren entstehen. Mit dieser Übergangsregelung, die ursprünglich am 31. Dezember 1989 auslaufen sollte, durch das Steuerreformgesetz 1990 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 244) aber um weitere fünf Jahre verlängert wurde, sollte dem besonderen Bedürfnis Rechnung getragen werden, die im sozialen Wohnungsbau zwangsläufig anfallenden Verluste vorerst noch nicht den Verlustausgleichsbeschränkungen zu unterwerfen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 1989 IV B 33/88, BFHE 156, 167, BStBl II 1989, 516, m.w.N.).

Entsprechende Regelungen zur zeitlichen Anwendbarkeit des § 15a EStG bei Überschusseinkünften existieren demgegenüber nicht. Eine Übergangsregelung wurde hier nicht als erforderlich angesehen, weil es ―anders als bei der gewerblichen Kommanditgesellschaft― bereits nach bisherigem Recht nicht zulässig gewesen sei, als Anteil am Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen einen höheren Betrag als den der geleisteten Einlage zu berücksichtigen, und deshalb kein Vertrauensschutz bestanden habe (BMF-Schreiben vom 2. Januar 1975, Finanz-Rundschau ―FR― 1975, 93; Söffing/Wrede, FR 1980, 381). Diese Argumentation trifft jedoch für Kommanditisten oder andere beschränkt haftende Gesellschafter, die aus ihrer Beteiligung gewerbliche Einkünfte erzielen, nicht zu. Denn deren negative Kapitalkonten waren steuerverstrickt und bei ihrem Ausscheiden oder der Liquidation der Gesellschaft gewinnerhöhend aufzulösen. Das spricht dafür, für gewerblich Beteiligte die Übergangsregelung des § 52 Abs. 19 Satz 2 Nr. 3 EStG anzuwenden.

d) Nach den Feststellungen des FG ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Fondsgesellschaft ausschließlich Gebäude errichtete und verwaltete, die im Sinne dieser Regelung öffentlich gefördert waren. Die der Klägerin in den Streitjahren zuzurechnenden und als gewerblich zu qualifizierenden Verlustanteile unterliegen daher nicht der Abzugsbeschränkung des § 15a EStG. Sie sind vielmehr entsprechend der Rechtslage vor Schaffung des § 15a EStG in vollem Umfang ausgleichsfähig, auch soweit sie zum Entstehen oder zur Erhöhung eines negativen Kapitalkontos der Klägerin führen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 447411

BFH/NV 2001, 254

BFHE 193, 311

BFHE 2001, 311

BB 2001, 85

DB 2001, 72

DStR 2001, 21

DStRE 2001, 128

DStZ 2001, 128

HFR 2001, 332

StE 2001, 18

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