Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilung zwischen anteils- und beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird die anteils- und beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft einer Kommanditistin als typische stille Gesellschafterin an der KG beteiligt und werden die Interessen anderer KG-Gesellschafter durch eine "Gewinnverschiebung" zwischen den Schwestergesellschaften nicht berührt, so mindert der Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin nur in angemessener Höhe den Gewerbeertrag der KG.

2. Soweit der der stillen Gesellschafterin eingeräumte Gewinnanteil eine angemessene Höhe übersteigt, ist er der Kommanditistin zuzurechnen. Insoweit handelt es sich um eine verdeckte Entnahme der Gesellschafter aus der Kommanditistin verbunden mit einer verdeckten Einlage in deren Schwestergesellschaft.

3. Soweit ein angemessener Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin nicht durch einen konkreten Fremdvergleich ermittelt werden kann, ist ―entsprechend den von der Rechtsprechung zu Familienpersonengesellschaften entwickelten Grundsätzen― im Allgemeinen eine Gewinnverteilung nicht zu beanstanden, die eine durchschnittliche Rendite der an Gewinn und Verlust beteiligten stillen Gesellschafterin bis zu 35 v.H. ihrer Einlage erwarten lässt.

 

Normenkette

GewStG § 7; EStG § 4 Abs. 1, 4, § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 1999, 709; LEXinform-Nr. 0551903)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG, die … herstellt und vertreibt. Am 1. Juli 1988 waren an der KG G als Komplementär und alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer mit 5 v.H. (festes Kapitalkonto 450 000 DM) und die EMB als Kommanditistin mit 95 v.H. (festes Kapitalkonto und Haftkapital 8 550 000 DM) beteiligt.

1988 (1. Streitjahr) erwarb die Klägerin für 2,4 Mio. DM einen Anteil an einer ausländischen Gesellschaft, über die sie einen Teil des Rohstoffeinkaufs abwickelte. Dieser Erwerb wurde durch eine stille Beteiligung der EM, einer anteils- und beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaft der EMB, finanziert. Hierzu wurden folgende Vereinbarungen getroffen:

Mit Vertrag vom 30. Juni 1988 beteiligte sich EM mit einer Einlage von 2,4 Mio. DM als stille Gesellschafterin am Handelsgewerbe der Klägerin. Nach § 4 des Vertrages über die Errichtung der stillen Gesellschaft sollte EM mit 21 v.H. am Gewinn oder Verlust vor Gewerbesteuer beteiligt werden. Im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft hatte EM einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Einlage ohne Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert.

Gleichzeitig wurde das für die Gewinn- und Verlustverteilung maßgebliche feste Kapitalkonto des Komplementärs (G) um 126 315 DM erhöht, um dessen Anteil von 5 v.H. am Gewinn der Klägerin auch weiterhin aufrecht zu erhalten. Dies beruhte auf einer am 1. Juli 1988 vereinbarten Änderung des Gesellschaftsvertrags. Zugleich wurde vereinbart, dass G Anspruch auf eine Tätigkeitsvergütung hatte, die sich aus einer monatlichen Vorwegentnahme (insgesamt 124 800 DM je Kalenderjahr) und einer Tantieme zusammensetzte. Die Höhe der Tantieme betrug 30 000 DM zuzüglich 2,5 v.H. auf den zur Verteilung stehenden Reingewinn plus vorweggenommener Kapitalverzinsung plus Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin plus etwa vorgenommener Sonderabschreibungen.

Mit Vertrag vom 30. Dezember 1988 wurde der Gesellschaftsvertrag mit Wirkung zum 1. Januar 1989 erneut geändert. Das feste Kapitalkonto der EMB wurde ―ohne Änderung der in das Handelsregister eingetragenen Einlage (8 550 000 DM)― auf 1 152 630 DM herabgesetzt und der EMB der Differenzbetrag von 7 397 370 DM zurückgezahlt. Gleichzeitig vereinbarten die Klägerin und EM eine Erhöhung der stillen Beteiligung um 9,8 Mio. DM auf 12,2 Mio. DM zum 1. Januar 1989. Als Gegenleistung sollte EM zu 85 v.H. am Gewinn oder Verlust der Klägerin vor Gewerbesteuer und nach Abzug der Tätigkeitsvergütung des G beteiligt werden.

Bei EM konnten die Gewerbeerträge aus der stillen Beteiligung mit anderweitig entstandenen Gewerbeverlusten verrechnet werden.

In ihren Jahresabschlüssen wies die Klägerin für 1988 einen Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin von 1 405 410 DM aus und für 1989 (2. Streitjahr) einen Gewinnanteil von 5 031 602 DM.

Mit Gewerbesteuermessbescheid vom 14. August 1990, der unter Vorbehalt der Nachprüfung erging, stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) den Gewerbesteuermessbetrag gegenüber der Klägerin für 1988 mit 289 676 DM fest. Dem lag ein erklärter Gewinn aus Gewerbebetrieb von 5 367 328 DM zugrunde. Mit Bescheid vom 26. Februar 1991, der ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung erging, wurde der Gewerbesteuermessbetrag für 1989 auf 70 233 DM festgesetzt. Dabei wurde der Gewinn aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß mit 982 240 DM angesetzt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung war der Prüfer der Ansicht, aufgrund des fehlenden Interessengegensatzes zwischen der Kommanditistin und der stillen Gesellschafterin sei die Angemessenheit der Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin in sinngemäßer Anwendung der Rechtsprechung zu Familienpersonengesellschaften zu überprüfen. Dabei zeige sich, dass die Gewinnanteile der Kommanditistin wegen des hohen Werts ihrer Gesellschaftsrechte zu gering ausfielen. Angemessen sei eine Verzinsung der stillen Einlage mit 35 v.H., also in Höhe von 840 000 DM (= 35 v.H. von 2,4 Mio. DM) im Jahr 1988 und in Höhe von 4 270 000 DM (= 35 v.H. von 12,2 Mio. DM) im Jahr 1989. Die stille Gesellschafterin habe die Tatbestandsvoraussetzungen einer Einkunftserzielung insoweit nicht erfüllt, als ihr Gewinnanteil den angemessenen Anteil übersteige, der unter Fremden vereinbart worden wäre. Dieser "überhöhte" Gewinnanteil sei der Kommanditistin als Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zuzurechnen.

Das FA folgte der Rechtsauffassung des Prüfers. Mit Änderungsbescheiden vom 28. Oktober 1994 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag erhöhte es den Gewinn aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1988 um 556 719 DM auf 5 924 047 DM und den Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1989 um 2 012 660 DM auf 2 994 900 DM. Darin enthalten ist eine Erhöhung des Gewinns aus Gewerbebetrieb wegen der als überhöht angesehenen Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafterin in Höhe von 565 410 DM im Jahr 1988 (1 405 410 DM - 840 000 DM) und von 761 602 DM im Jahr 1989 (5 031 602 DM - 4 270 000 DM). Weitere, in den Änderungsbescheiden enthaltene Änderungen aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung sind zwischen den Beteiligten nicht umstritten.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 709 veröffentlicht.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Bundesrechts. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilung bei Familiengesellschaften sei im Streitfall selbst einkommensteuerrechtlich nicht anwendbar; erst recht könne sie nicht auf das Gewerbesteuerrecht sinngemäß übertragen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist bezüglich des Streitjahres 1988 unbegründet. Sie war insoweit zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Bezüglich des Streitjahres 1989 ist sie begründet. Das angefochtene Urteil war insoweit aufzuheben und die Berechnung des Gewerbesteuermessbetrags für 1989 dem beklagten FA zu übertragen (§§ 126 Abs. 3 Nr. 1, 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

I. Das FG hat zu Recht nur die angemessenen Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Klägerin (§ 7 GewStG) als Betriebsausgaben gewinnmindernd berücksichtigt und hinsichtlich des Streitjahres 1988 zutreffend festgestellt, dass die angemessenen Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin in diesem Streitjahr niedriger waren als der vom FA als Betriebsausgaben anerkannte Betrag.

Dabei ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Gewerbeertrag trotz der materiell-rechtlichen Verweisung des § 7 GewStG auf die Gewinnermittlungsvorschriften verfahrensrechtlich selbständig ohne Bindung an die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung zu ermitteln ist (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19. Januar 1990 III R 31/87, BFHE 159, 199, BStBl II 1990, 383; vom 24. Oktober 1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II 1991, 358; vom 11. Dezember 1997 III R 14/96, BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401, und vom 24. März 1999 I R 114/97, BFHE 188, 315, BStBl II 2000, 399).

1. FA und FG sind zu Recht davon ausgegangen, dass Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin dem Grunde nach Betriebsausgaben der Klägerin sind, die deren Gewerbeertrag nach § 7 GewStG mindern.

a) Da EM lediglich die gesetzlichen Informationsrechte eines stillen Gesellschafters nach § 233 des Handelsgesetzbuches (HGB) hatte und ihr für den Fall der Beendigung der stillen Gesellschaft kein Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert der Klägerin zustand, handelte es sich nicht um eine Mitunternehmerschaft (zur Gewerbesteuer bei der atypisch stillen Gesellschaft vgl. BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311), sondern um eine dem Leitbild der §§ 230 ff. HGB entsprechende typische stille Gesellschaft. Bei dieser mindern die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters grundsätzlich als Betriebsausgaben den Gewerbeertrag i.S. des § 7 GewStG. Eine Hinzurechnung nach Maßgabe des § 8 Nr. 3 GewStG erfolgt nur dann, wenn die Gewinnanteile beim Empfänger ―anders als im Streitfall― nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind.

b) Die Gewinnanteile der stillen Gesellschafterin sind deren Gesellschaftern, die über die Kommanditistin mittelbar an der Klägerin beteiligt sind, nicht als Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 i.V.m. Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuzurechnen.

Vergütungen für die Hingabe von Darlehen i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG sind zwar nicht nur Entgelte für Darlehensverhältnisse im zivilrechtlichen Sinne, sondern nach dem Zweck dieser Norm jede Gegenleistung, die ein Gesellschafter von der Gesellschaft für die Überlassung von Kapital zur Nutzung erhält, also auch Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1983 IV R 62/82, BFHE 141, 12, BStBl II 1984, 605).

Gleichwohl ist § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG nicht anwendbar, da im Streitfall kein unmittelbarer Leistungsaustausch mit einem Gesellschafter der Klägerin vorlag und die Qualifikation als Vergütung der leistenden Gesellschafterin (EM) Vorrang vor einer Zurechnung als Sondervergütungen bei deren Gesellschaftern hat.

§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG ist regelmäßig nicht anwendbar auf den Leistungsaustausch zwischen zwei gewerblich tätigen Personenhandelsgesellschaften, an denen dieselben Gesellschafter beteiligt sind (Schwesterpersonengesellschaften). Wie der erkennende Senat und der VIII. Senat des BFH mehrfach entschieden haben, hat bei ganz oder teilweise gesellschafteridentischen Personengesellschaften die Qualifikation des Vermögens als Gesellschaftsvermögen der gewerblich tätigen leistenden Personengesellschaft Vorrang vor der Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen bei der die Leistung empfangenden Schwestergesellschaft (vgl. BFH-Urteile vom 6. November 1980 IV R 5/77, BFHE 132, 241, BStBl II 1981, 307; vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82; vom 22. November 1994 VIII R 63/93, BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93; vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325; vom 24. November 1998 VIII R 61/97, BFHE 187, 297, BStBl II 1999, 483).

Dies gilt in gleicher Weise, wenn ―wie im Streitfall― eine Leistung nicht gegenüber einer Schwestergesellschaft, sondern gegenüber deren Untergesellschaft erbracht wird. Wenn schon ein unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen gewerblich tätigen Schwesterpersonengesellschaften nicht zu der Qualifikation als Sondervergütung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG führt, kann auch die nur über eine Obergesellschaft vermittelte Beteiligung nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 i.V.m. Satz 2 EStG zu der Qualifikation als Sondervergütungen führen.

2. Das FG hat ebenfalls zutreffend erkannt, dass der der stillen Gesellschafterin EM zugewiesene Gewinnanteil nur insoweit den Gewerbeertrag der Klägerin mindert, als die Gewinnbeteiligung eine angemessene Höhe nicht übersteigt.

a) Ausgangspunkt für die Bemessung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG). Dabei sind nach § 4 Abs. 4 EStG die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind, als Betriebsausgaben gewinnmindernd zu berücksichtigen. Betriebsausgaben einer Personengesellschaft sind die Ausgaben, die durch den Betrieb dieser Gesellschaft oder ―als Sonderbetriebsausgaben― durch die Beteiligung der Gesellschafter an der Personengesellschaft veranlasst sind (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1995 IV R 73/93, BFHE 177, 367, BStBl II 1995, 589).

b) Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für Zwecke der Besteuerung maßgebend, da der natürliche Interessengegensatz der Vertragspartner im Allgemeinen die Vermutung begründet, dass Ausgaben, die auf einem gegenseitigen Vertrag ―hier mit unternehmerischem oder betrieblichem Bezug― beruhen, auch i.S. des § 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb veranlasst sind. Fehlt es dagegen an einem solchen Interessengegensatz, so bedarf es einer Überprüfung, inwieweit Zahlungen wirtschaftlich auf dem schuldrechtlich Vereinbarten beruhen und damit durch den Betrieb veranlasst sind oder ob sie aus sonstigen Rechtsgründen erbracht werden.

Eine derartige Überprüfung ist nicht nur bei verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Gesellschaftern geboten, sondern immer auch dann, wenn wirtschaftliche Beziehungen außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses bestehen und diese auf die Gewinnverteilung Einfluss gewinnen können (vgl. Senatsurteil vom 23. August 1990 IV R 71/89, BFHE 162, 401, BStBl II 1991, 172), also z.B. auch bei Zahlungen an eine Schwesterpersonengesellschaft (vgl. Senatsurteil in BFHE 177, 367, BStBl II 1995, 589).

c) Im Streitfall beruhten die Vereinbarungen über die Begründung und die Erweiterung einer stillen Beteiligung zwischen der Klägerin und EM nicht auf dem zwischen fremden Dritten üblichen Interessengegensatz, sondern sie waren wesentlich durch gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen der beteiligungs- und anteilsidentischen Schwestergesellschaften EMB und EM geprägt.

Zwar war an der Klägerin auch noch der Komplementär G beteiligt, der weder Gesellschafter von EM noch von EMB war. Soweit die Interessen des G berührt wurden, ist von einem natürlichen Interessengegensatz auszugehen, wie er für schuldrechtliche Verträge zwischen Fremden üblich ist. Im Streitfall haben die Gesellschafter der Klägerin aber durch vertragliche Vereinbarungen dafür Sorge getragen, dass der Gewinnanteil des G bei Begründung und Erweiterung der stillen Gesellschaft nicht geschmälert wurde.

Anlässlich der Begründung der stillen Gesellschaft wurden Tätigkeitsvergütung und Gewinnanteil des G einvernehmlich neu geregelt. Dabei wurde vereinbart, dass der Gewinnanteil des G von einem "Gesamtgewinn" der Klägerin bemessen wurde, der sich aus deren Gewinn vor Abzug des Gewinnanteils der stillen Gesellschafterin errechnete. Hierdurch war sichergestellt, dass der Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin sich nur zu Lasten ihrer Schwesterpersonengesellschaft auswirkte, nicht aber zu Lasten des G. Soweit der Gewinnanteil der EM unangemessen war, handelte es sich somit um eine "Gewinnverschiebung" zwischen den Schwesterpersonengesellschaften, bei der Interessen Dritter nicht tangiert wurden.

Fehlt es mithin an dem zwischen fremden Dritten üblicherweise bestehenden Interessengegensatz, kann ein Betriebsausgabenabzug nur insoweit erfolgen, als die Ausgaben eine angemessene Gegenleistung für die Einlage des stillen Gesellschafters bilden.

Der erkennende Senat hat mit Urteil in BFHE 177, 367, BStBl II 1995, 589 entschieden, dass die Zahlung einer Personengesellschaft an ihre Schwestergesellschaft nur dann als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist, wenn die Zuwendung durch den eigenen Betrieb der zuwendenden Gesellschaft veranlasst war. Ist die Zuwendung dagegen durch den Betrieb der empfangenden Gesellschaft veranlasst, so liegt eine verdeckte Entnahme der Gesellschafter aus der zuwendenden Gesellschaft vor, verbunden mit einer verdeckten Einlage in die empfangende Gesellschaft.

Entsprechendes gilt auch, wenn ―wie im Streitfall― eine Schwesterpersonengesellschaft beherrschende Gesellschafterin einer anderen Personengesellschaft ist und letztere Zahlungen an die "Schwester" ihrer Gesellschafterin leistet. Soweit diese Zahlungen nicht durch den Betrieb der leistenden Personengesellschaft verursacht sind, liegen keine Betriebsausgaben dieser Gesellschaft vor. Vielmehr sind die überhöhten Zahlungen der Schwestergesellschaft, die Gesellschafterin der die Zahlungen leistenden Gesellschaft ist, als deren Gewinnanteil zuzurechnen. Dieser Gewinnanteil wurde sodann verdeckt aus dieser Gesellschaft entnommen und in die empfangende Schwesterpersonengesellschaft eingelegt.

3. Der Höhe nach hat das FG im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der der stillen Gesellschafterin für das Streitjahr 1988 zuzurechnende angemessene Gewinnanteil niedriger ist, als der vom FA als Betriebsausgaben anerkannte Betrag. Da den Gerichten eine Änderung des angefochtenen Bescheids zum Nachteil der Klägerin verwehrt ist, hat das FG die Klage insoweit zu Recht als unbegründet abgewiesen.

a) Der angemessene Gewinnanteil der EM kann nicht durch einen tatsächlichen Vergleich mit entsprechenden Gestaltungen zwischen fremden Dritten ermittelt werden, da der Interessengleichklang von EM und EMB eine Vergleichbarkeit mit Fallgestaltungen ausschließt, in denen ein Interessengegensatz zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Kommanditisten besteht. Statt dessen ist eine rechtliche Wertung geboten, inwieweit diese Gewinnanteile i.S. des § 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb der Klägerin veranlasst sind.

Deshalb bedarf es nicht der von der Klägerin beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob eine entsprechende Finanzierung mit Verlustbeteiligung am Kapitalmarkt zu erlangen gewesen wäre. Ein derartiges Gutachten könnte nur eine hypothetische Frage auf der Grundlage eines hypothetischen Sachverhalts beantworten. Ein fremder Dritter hätte bei einer entsprechenden Beteiligung als stiller Gesellschafter, so wie sie mit der Schwestergesellschaft der Kommanditistin vereinbart wurde, keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Geschäftsführung gehabt, so dass er die Entstehung und den Ausweis von Gewinnen oder Verlusten nicht hätte beeinflussen können. Im Streitfall dagegen wurden die Interessen der stillen Gesellschafterin dadurch gewahrt, dass die beteiligungs- und personenidentische Schwesterpersonengesellschaft beherrschende Gesellschafterin der Klägerin war. Mit dieser Einflussmöglichkeit ist die (hypothetische) Beteiligung eines fremden Dritten, der nicht über entsprechenden Einfluss verfügt, nicht vergleichbar.

b) Insofern als im Streitfall ein konkreter Fremdvergleich nicht möglich ist, ist er mit den Sachverhalten vergleichbar, die der BFH zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften entschieden hat, bei denen es ebenfalls zu Gestaltungen kommen kann, die zwischen fremden Dritten nicht üblich sind (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats vom 29. Mai 1972 GrS 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5; s. auch BFH-Urteile vom 14. Februar 1973 I R 131/70, BFHE 108, 527, BStBl II 1973, 395; vom 29. Januar 1976 IV R 89/75, BFHE 118, 311, BStBl II 1976, 374; vom 16. Dezember 1981 I R 167/78, BFHE 135, 275, BStBl II 1982, 387; vom 21. September 1989 IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692, und vom 9. Juni 1994 IV R 47-48/92, BFH/NV 1995, 103). Bei Vertragsbeziehungen zwischen einer Personengesellschaft und einer Untergesellschaft, an der eine Schwesterpersonengesellschaft der leistenden, hier die (stille) Einlage erbringenden Gesellschaft beherrschend beteiligt ist, kann ―ebenso wie bei Familienpersonengesellschaften― sowohl der natürliche Interessengegensatz der Vertragspartner als auch die Möglichkeit eines konkreten Fremdvergleichs fehlen. Unter diesen Voraussetzungen, die ―wie oben dargelegt― im Streitfall vorliegen, ist die Angemessenheit der Gewinnbeteiligung der stillen Gesellschafterin auf der Grundlage der zu den Familienpersonengesellschaften entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist im Allgemeinen eine Gewinnverteilung nicht zu beanstanden, wenn der Gewinnverteilungsschlüssel eine durchschnittliche Rendite des an Gewinn und Verlust beteiligten stillen Gesellschafters von nicht mehr als 15 v.H. seiner Einlage erwarten lässt. Dieser Gewinnverteilungsschlüssel wurde insbesondere für die Fälle entwickelt, in denen ein Unternehmer Familienangehörigen unentgeltlich eine Beteiligung an seinem Unternehmen einräumt (vgl. Beschluss des Großen Senats in BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5; auch BFH-Urteile vom 29. März 1973 IV R 158/68, BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489; vom 24. Juli 1986 IV R 103/83, BFHE 147, 495, BStBl II 1987, 54, sowie in BFH/NV 1990, 692, und in BFH/NV 1995, 103).

Soweit dem Unternehmen dagegen zusätzliches betriebsnotwendiges Kapital zur Verfügung gestellt wird, ist eine höhere Gewinnbeteiligung angemessen. Ist der stille Gesellschafter dabei ―wie im Streitfall― an Gewinn und Verlust beteiligt, so ist im Allgemeinen eine Rendite bis zu 35 v.H. seiner Einlage nicht zu beanstanden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 135, 275, BStBl II 1982, 387).

c) Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis die Klage für das Streitjahr 1988 zu Recht abgewiesen.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der angemessene Gewinnanteil ―entgegen der Berechnung der Betriebsprüfung― nicht als fester Anteil von der Einlage der stillen Gesellschafterin zu ermitteln ist, sondern als Anteil am Gewinn des Unternehmens. Dabei ist auf den Durchschnittsgewinn abzustellen, der nach den zum Zeitpunkt der Gewinnverteilungsvereinbarung bekannten Umständen und der sich aus ihnen für die Zukunft (in der Regel die nächsten fünf Jahre) ergebenden tatsächlichen Entwicklung zu erwarten war (vgl. Beschluss des Großen Senats in BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5; auch Senatsurteile in BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489, und in BFH/NV 1995, 103).

Das FG hat in Übereinstimmung mit der Betriebsprüfung festgestellt, dass im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse mit der stillen Gesellschafterin eine nachhaltige Gewinnerwartung von durchschnittlich 7 Mio. DM jährlich gerechtfertigt war. Dabei geht der Senat davon aus, dass sich diese Gewinnschätzung auf den Gewinn der Klägerin vor Gewerbesteuer und nach Abzug der Tätigkeitsvergütung des G bezieht, da diese Bezugsgröße nach den Vereinbarungen über die Begründung und Erweiterung der stillen Gesellschaft die Bemessungsgrundlage für die Gewinnbeteiligung der EM bildete. Diese tatsächliche Feststellung, gegen die keine Revisionsgründe vorgebracht wurden, ist für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

Bei einer Gewinnprognose von 7 Mio. DM ergibt sich aus einer Rendite von 35 v.H. auf die Kapitaleinlage von 2,4 Mio. DM im Jahr 1988 ein prozentualer Gewinnanspruch der stillen Gesellschafterin in Höhe von 12 v.H. Der angemessene Gewinnanteil ist demnach ―wie vom FG im Ergebnis zutreffend festgestellt― für 1988 niedriger als der vom FA als Betriebsausgabe anerkannte Betrag von 840 000 DM.

II. Für das Streitjahr 1989 hat das FG ebenfalls zutreffend ermittelt, dass sich auf der Basis einer Gewinnprognose von 7 Mio. DM aus einer Rendite von 35 v.H. auf die in diesem Jahr erhöhte Kapitaleinlage der EM von 12,2 Mio. DM ein noch angemessener prozentualer Gewinnanspruch der stillen Gesellschafterin in Höhe von 61 v.H. ergibt. Entgegen der Vorentscheidung ist jedoch die aus dem Ergebnis der Betriebsprüfung resultierende Erhöhung des Gesamthandsgewinns der Klägerin, über deren Berechtigung zwischen den Beteiligten Einvernehmen besteht, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Gewinnanspruchs der EM zu berücksichtigen.

Da die Grundsätze zur Prüfung der Angemessenheit der Gewinnverteilung auf einer Wertung steuerrechtlicher Art beruhen, ist für die Ermittlung des maßgeblichen Jahresgewinns der nach Maßstäben des Steuerrechts zutreffend ermittelte Gewinn der Gesellschaft zugrunde zu legen. Dies ist der zwischen den Beteiligten unstreitige, von der Betriebsprüfung ermittelte Gewinn. Dass die Betriebsprüfung aus diesen Änderungen keine Konsequenzen für den Gewinnanteil der EM zog, steht dem nicht entgegen. Die Verteilung des Mehrergebnisses durch die Betriebsprüfung beruht auf deren fehlerhaften Annahme, der stillen Gesellschafterin sei steuerlich kein angemessener prozentualer Anteil am Gewinn der Klägerin zuzurechnen, sondern es sei stets höchstens eine feste Rendite von 35 v.H. der Einlage als angemessen anzuerkennen.

Danach ist der angemessene Gewinnanteil der EM für das Streitjahr 1989 in der Weise zu ermitteln, dass an Stelle der vertraglich vereinbarten Gewinnbeteiligungsquote von 85 v.H. der noch angemessene Prozentsatz von 61 v.H. auf die vertraglich vereinbarte Bemessungsgrundlage (Gewinn vor Gewerbesteuer nach Abzug der Tätigkeitsvergütung des G) angewandt und dabei die zwischen den Beteiligten unstreitige Gewinnerhöhung im Gesamthandsbereich der Klägerin aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung berücksichtigt wird.

Die Berechnung der sich hieraus ergebenden Minderung des Gewerbesteuermessbetrags und die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids 1989 vom 28. Oktober 1994 wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem beklagten FA übertragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 447530

BFH/NV 2001, 389

BStBl II 2001, 299

BFHE 193, 292

BFHE 2001, 292

BB 2001, 139

DStR 2001, 115

DStRE 2001, 189

HFR 2001, 258

StE 2001, 39

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