Leitsatz (amtlich)

Bei einem durch private Gründe veranlaßten Umzug sind die durch den Transport von Arbeitsmitteln entstehenden (anteiligen) Aufwendungen keine Werbungskosten.

 

Orientierungssatz

Zu den Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG gehören auch etwaige Aufwendungen für den Transport der Arbeitsmittel, wenn dafür berufliche Erwägungen (z.B. Hinbringen und Abholen wegen einer Reparatur) im Vordergrund gestanden haben (vgl. Literatur).

 

Normenkette

EStG 1981 § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 1 S. 3 Nr. 6

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zog im Streitjahr 1982 aus seiner bisherigen Mietwohnung in ein --von ihm und seiner Ehefrau erworbenes-- Einfamilienhaus um. Der Umzug war nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) durch private Gründe veranlaßt. Ein Teil der Umzugskosten betraf den Transport der Einrichtung des in der bisherigen Wohnung zu beruflichen Zwecken genutzten Arbeitszimmers. Der Kläger stattete mit diesen Einrichtungsgegenständen wiederum ein zu beruflichen Zwecken genutztes Arbeitszimmer in dem Einfamilienhaus aus. In seiner Einkommensteuererklärung für 1982 machte er die auf diese Gegenstände anteilig entfallenden Umzugskosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen ab.

Das FG gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage hinsichtlich der als Werbungskosten geltend gemachten Umzugskosten statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Werbungskosten i.S. des § 9 Abs.1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien alle durch den Beruf veranlaßten Aufwendungen. Sie seien gegeben, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht würden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28.November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368). Im Streitfall sei der Umzug zwar privat veranlaßt gewesen. Für die vom Kläger geltend gemachten anteiligen Aufwendungen ergebe sich jedoch der objektive Zusammenhang mit dem Beruf schon daraus, daß sie durch den Transport von Arbeitsmitteln entstanden seien. Er habe sie in der Absicht getätigt, mit den Arbeitsmitteln seine berufliche Tätigkeit auch am neuen Wohnort zu fördern. Die durch sie entstandenen anteiligen Transportkosten seien nach dem Verhältnis der Wohnfläche der Wohnung zur Fläche des häuslichen Arbeitszimmers im Wege der Schätzung leicht und einwandfrei aufzuteilen. § 12 Nr.1 Satz 2 EStG stehe deshalb der Anerkennung als Werbungskosten nicht entgegen.

Mit seiner Revision macht das FA geltend, bei den Aufwendungen für den Transport der Arbeitsmittel handle es sich um nichtabziehbare Kosten der Lebensführung i.S. des § 12 Nr.1 EStG.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, soweit dieses die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten als Werbungskosten anerkannt hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit diese mit der Revision angefochten worden ist, und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Nach § 9 Abs.1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der BFH legt diese Vorschrift in ständiger Rechtsprechung dahin aus, daß Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle durch den Beruf veranlaßten Aufwendungen sind. Eine berufliche Veranlassung ist anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden (z.B. Urteil in BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368).

Nach § 9 Abs.1 Nr.6 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Arbeitsmittel. Hierunter fallen alle Wirtschaftsgüter, die unmittelbar der Erledigung beruflicher Aufgaben dienen. Sie müssen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend nur zur Einnahmeerzielung genutzt werden (BFH-Urteil vom 21.Oktober 1988 VI R 18/86, BFHE 155, 310, BStBl II 1989, 356). Andererseits dürfen Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Ist nicht nachprüfbar oder nicht klar erkennbar, ob ein Gegenstand mehr dem Beruf oder mehr den privaten Interessen des Steuerpflichtigen dient, sind Aufwendungen für seine Anschaffung nach dem Beschluß des Großen Senats vom 19.Oktober 1970 GrS 2/70 (BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) schon aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit zu den Kosten der Lebensführung zu rechnen.

Zu den Werbungskosten i.S. des § 9 Abs.1 Nr.6 EStG gehören auch etwaige Aufwendungen für den Transport der Arbeitsmittel (v.Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.H 25), wenn dafür berufliche Erwägungen (z.B. Hinbringen und Abholen wegen einer Reparatur) im Vordergrund gestanden haben.

2. Aufwendungen für den Umzug sind grundsätzlich steuerlich nichtabziehbare Kosten der allgemeinen Lebensführung i.S. von § 12 Nr.1 EStG. Denn das Bewohnen einer Wohnung ist in der Regel dem privaten Lebensbereich zuzurechnen. Aufwendungen wegen Umzugs in eine neue Wohnung hat der Senat aber dann als Werbungskosten i.S. von § 9 Abs.1 Satz 1 EStG angesehen, wenn die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen den entscheidenden Grund für den Umzug darstellt und Umstände der allgemeinen Lebensführung nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen. Trifft dies zu, so sind die bei dem Umzug entstehenden Kosten für den Transport der gesamten Wohnungseinrichtung steuerlich zu berücksichtigen.

3. Das FG hat festgestellt, daß bei dem aus privaten Gründen erfolgten Umzug die Einrichtung eines zu beruflichen Zwecken genutzten Arbeitszimmers mitgeführt worden sei. Der Senat ist an diese tatsächlichen Feststellungen gebunden, da hiergegen keine begründeten Revisionsrügen erhoben wurden (§ 118 Abs.2 FGO). Bei der Arbeitszimmereinrichtung handelte es sich --wie das FG festgestellt hat-- um den Transport von Arbeitsmitteln (vgl. dazu v.Bornhaupt, a.a.O., Rdnr.H 53). Zu Unrecht hat das FG jedoch die dadurch entstandenen anteiligen Aufwendungen als Werbungskosten angesehen. Ohne die Arbeitsmittel wären zwar die darauf entfallenden Umzugskosten nicht entstanden. Der Grund für deren Entstehung ist aber der privaten Lebensführung zuzurechnen. Da nach den tatsächlichen Feststellungen des FG der Umzug privat veranlaßt war, beruhte auch der den Transport der Arbeitsmittel auslösende Entschluß des Klägers auf privaten Gründen. Der Kläger verfolgte mit den Aufwendungen auch subjektiv nicht berufliche, sondern überwiegend private Interessen. Er nahm die anteiligen Umzugskosten auf sich, um die Arbeitsmittel aus privaten Gründen an einem anderen als dem bisherigen Wohnort für berufliche Zwecke nutzen zu können. Hätte er die Arbeitsmittel aus dienstlichen Gründen transportiert, etwa um Wohnung und Arbeitszimmer wesentlich näher an seine Arbeitsstätte zu verlegen, so wären die gesamten Umzugskosten ggf. beruflich veranlaßt. Das war gerade hier nicht der Fall. Die streitbefangenen Aufwendungen sind damit nichtabziehbare Kosten der Lebensführung i.S. von § 12 Nr.1 EStG (so auch BFH-Urteil vom 28.Oktober 1977 VI R 194/74 --insoweit nicht veröffentlicht--; v.Bornhaupt, a.a.O., Rdnr.H 25; a.A. FG Berlin, Urteil vom 6.Oktober 1986 VIII 327/85, Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 61 (rkr); Conradi in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, § 12 EStG Rdnr.32).

4. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, soweit sie mit der Revision angefochten ist, da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage ist abzuweisen, weil das FG die den Umzug betreffenden Aufwendungen des Klägers zu Recht nicht als Werbungskosten zum Abzug zugelassen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62722

BFH/NV 1989, 46

BStBl II 1989, 972

BFHE 158, 28

BFHE 1990, 28

BB 1989, 2180-2180 (L1)

DB 1989, 2257-2258 (LT)

DStR 1989, 679 (KT)

HFR 1990, 19 (LT)

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