Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bilanzierung der Provisionsverpflichtungen an einen Handelsvertreter.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6/3

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin, eine OHG, betreibt eine Weingroßhandlung und Branntweinbrennerei. Sie zahlt ihren Provisionsvertretern auf Grund von § 88 Abs. 1 HGB die Provisionen erst aus, wenn die Vermittlungsaufträge ausgeführt und bezahlt sind. In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1950 hat sie wegen Provisionen für Aufträge, die an diesem Stichtag zwar ausgeführt, aber noch nicht bezahlt waren, einen Betrag von 7 438,50 DM zurückgestellt. Das Finanzamt hat die Rückstellung nicht anerkannt. Es stützte sich hierbei auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 298/41 vom 18. März 1942, Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 562. Hiergegen wandte die OHG ein, die Provisionsverbindlichkeiten minderten den Wert der Kundenforderungen, sie müßten daher nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter den Passiven ausgewiesen werden.

Das Finanzgericht gab der Berufung statt und begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Der Reichsfinanzhof habe in der Entscheidung VI 298/41 den Grundsatz aufgestellt, daß Provisionsverpflichtungen vom Geschäftsherrn solange nicht zurückgestellt werden dürften, als das Lieferungsgeschäft noch in der Schwebe sei. Das Lieferungsgeschäft und der mit ihm in Beziehung stehende Agenturvertrag müsse, vom Standpunkt des Geschäftsherrn aus gesehen, als ein einheitlicher Vorgang betrachtet werden. Im Urteil selbst habe der Reichsfinanzhof die Rückstellung der Provision für das vermittelte Geschäft lediglich von der Lieferung, nicht auch von der Bezahlung der Lieferung abhängig gemacht. Der Leitsatz des Urteils, daß zur Rückstellung auch die Bezahlung der Lieferung erforderlich sei, gehe über die Urteilsgründe hinaus.

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts macht geltend, die Firma habe die Rückstellung zum ersten Mal in der Bilanz zum 31. Dezember 1950 angesetzt. Sie sei nicht gleichmäßig vorgegangen. Nach den vom Reichsfinanzhof in der Entscheidung I A a 72/29 vom 26. September 1929, RStBl. 1930, S. 68, aufgestellten Grundsätzen könne deshalb die Rückstellung nicht anerkannt werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rechtsbeschwerde ergibt folgendes.

Dem Finanzgericht wird darin beigepflichtet, daß die Provisionsverbindlichkeiten in dem Augenblick bilanzmäßig zu berücksichtigen sind, in dem bei einem schwebenden Geschäft die Lieferung erfolgt ist und damit die Waren, die der Lieferung zugrunde liegen, bilanzmäßig nicht mehr ausgewiesen werden. An ihrer Stelle treten die Gegenansprüche. Der Wert dieser Gegenansprüche wird durch die Provisionsverbindlichkeiten gemindert. Würden sie nicht berücksichtigt, so käme man zu einem zu hohen realisierten Gewinn. Gleichartige Grundsätze kommen in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 318/42 vom 24. März 1943, RStBl. S. 449, zum Ausdruck. Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil die Rückstellung dort anerkannt, wo der Gewinn aus dem ausgeführten vermittelten Geschäft in der Bilanz ausgewiesen ist. Es ist somit nicht erforderlich, daß der vermittelte Auftrag auch bezahlt ist.

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist insoweit gerechtfertigt, als sie ein gleichmäßiges Vorgehen der Firma fordert. Die Provisionsverpflichtungen mußten bereits in der DM-Eröffnungsbilanz als Rechnungsabgrenzungsposten oder im Rahmen der Bewertung der Forderung an die Kunden berücksichtigt werden. Sofern das noch nicht geschehen ist, müssen die Vorbilanzen bis zur DM-Eröffnungsbilanz zurück in Höhe dieses Betrages berichtigt werden. Dies hat zur Folge, daß im Streitjahr nur ein Betrag das Jahresergebnis mindert, der um den Ansatz der DM-Eröffnungsbilanz gekürzt ist.

Die Unterlagen lassen nicht erkennen, ob und in welcher Höhe bereits im Zeitpunkt der DM-Eröffnungsbilanz Rückstellungen für derartige Provisionsforderungen zu bilden waren. Die Sache wird deshalb an das Finanzgericht zurückverwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407725

BStBl III 1953, 247

BFHE 1954, 646

BFHE 57, 646

BB 1963, 700

DB 1953, 747

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