Leitsatz (amtlich)

1. Kosten, die ein Verlag für Buchumschläge aufwendet, sind soweit es sich nicht um Reservestücke (Überdrucke) handelt, beim Umlaufsvermögen zu aktivieren. Der Umstand, daß auf den Umschlägen auch für andere Bücher geworben wird, rechtfertigt nicht die Aussonderung eines Teils der Kosten als sofort abzugsfähige Reklamekosten.

2. Kosten für die Anfertigung von Klischees, deren Verwendung nur für eine Auflage feststeht, gehören, wenn sie deshalb bei der Preiskalkulation der Auflage voll berücksichtigt werden, zu den Herstellungskosten der Bücher und Rohbögen dieser Auflage.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige betreibt einen Fach- und Kunstbücher-Verlag. Streitig war noch, ob das FA die Einkommensteuerfestsetzung für 1963 im Anschluß an eine Betriebsprüfung ändern und dabei von einem durch Aktivierung der Kosten für Schutzumschläge und Klischees erhöhten Aktivposten "Warenbestände" ausgehen konnte.

Bei der Betriebsprüfung beanstandete der Prüfer unter anderem, daß bei der Warenbewertung die Kosten für Schutzumschläge und Klischees nicht als Teil der Herstellungskosten der Bücher und Halbfertigerzeugnisse (Rohbögen) mit aktiviert worden seien.

Bei der Bewertung des Warenbestandes war die Steuerpflichtige wie folgt vorgegangen. Für jede Auflage waren die Kosten für Honorar, Papier, Druck, Binden, Klischees und Schutzumschläge gesondert karteimäßig festgehalten worden. Geteilt durch die Auflagenhöhe ergab sich der Herstellungspreis je Buch. Für die steuerliche Bewertung wurden jedoch die karteimäßig erfaßten Kosten vorweg um die Kosten der Klischeeanfertigung und der Schutzumschläge vermindert und erst dann durch die Auflagenhöhe geteilt. Die so erlangten "Inventurpreise" pro Buch bzw. (nach Abzug der Bindekosten) pro Rohbogen wurden mit der Anzahl der am Bilanzstichtag vorhandenen Bücher und Rohbögen multipliziert und sodann je nach Verkaufsaussichten Teilwertabschläge von 0 bis 100 % vorgenommen.

Das FA rechnete bei den Werten, von denen die Teilwertabschläge vorgenommen worden waren, die anteiligen Kosten für Klischees und (soweit es sich nicht um sogenannte Überdrucke handelte) für Schutzumschläge hinzu, weil es der Meinung war, die Kosten gehörten zu den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten.

Mit der Klage machte die Steuerpflichtige geltend, die von ihr vorgenommene Warenbewertung sei richtig gewesen. Da die Klischees nicht nur für eine Auflage, im übrigen auch für Auflagen desselben Buches in verschiedenen Sprachen und zum Teil auch für verschiedene Bücher verwendet würden, seien sie dazu bestimmt, für längere Zeit dem Betrieb zu dienen. Es handele sich daher um bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig seien und daher wegen ihres geringen Werts nach § 6 Abs. 2 EStG im Jahre der Anschaffung hätten abgesetzt werden dürfen. Selbst wenn man die Klischees nicht als geringwertige Wirtschaftsgüter anerkennen wolle, dürfe man sie trotzdem nicht aktivieren, da nach der ersten Drucklegung nicht sicher sei, ob sie noch einmal verwendet werden könnten, die Grundsätze der Vorsicht und das Verbot der Realisierung künftiger Gewinne einer Aktivierung also um so mehr entgegenstünden, als der Aufwand in den Preisen voll erstattet werde. Ein gedachter Erwerber des Betriebes würde für benutzte Klischees, von denen nicht feststehe, daß sie nochmals verwendet werden könnten, keinen Pfennig bezahlen. - Die Kosten für die Schutzumschläge seien sofort abzugsfähige Vertriebskosten. Das ergebe sich auch aus dem Urteil des BFH V 34/59 U vom 18. Mai 1961 (BFH 73, 92, BStBl III 1961, 301), in dem die Schutzumschläge als eine im Buchhandel aus Werbegründen übliche Aufmachung und als eine Art Verpackung bezeichnet worden seien. -

Endlich müsse auch beachtet werden, daß der zurückhaltend bemessene Teilwert der Buchbestände sich durch die Hinzurechnung der Klischee- und Umschlagkosten zu den Herstellungskosten nicht ändere.

Die Klage hatte hinsichtlich der noch streitigen Punkte keinen Erfolg. Das FG führte aus, das FA habe die dem Betrage nach unstreitigen Kosten für Klischees und Schutzumschläge mit Recht zu den Herstellungskosten der Bücher gerechnet. Die Steuerpflichtige sei, auch wenn sie die Druckarbeiten in einer fremden Druckerei durchführen lasse, Herstellerin der Bücher. Zu den Herstellungskosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG seien alle Aufwendungen zu rechnen, die zur Schaffung des Wirtschaftsgutes erforderlich seien. Zu diesen Aufwendungen gehörten sowohl die Klischee- als auch die Schutzumschlagkosten, die die Steuerpflichtige auch bei der Preiskalkulation als Herstellungskosten behandelt habe. - Die Kosten für die Schutzumschläge seien keine Werbe- oder Vertriebskosten, sondern Kosten der sogenannten Innenverpackung, die dazu diene, das Buch im handelsüblichen Sinne verkaufsfertig zu machen. Buch und Umschlag bildeten ein einheitliches Wirtschaftsgut, das auch einheitlich zu bewerten sei. Soweit auf den Buchumschlägen auch für andere Bücher geworben werde, handele es sich zwar um Reklamekosten, die jedoch von den zu den Buchherstellungskosten gehörenden Umschlagkosten nicht trennbar seien. - Hinsichtlich der Klischeekosten gehe der Streit nicht darum, ob und inwieweit die Klischees selbst wegen ihrer weiterreichenden Verwendungsmöglichkeiten aktiviert oder nach § 6 Abs. 2 EStG hätten abgeschrieben werden können. Auch das FA habe ja eine Aktivierung der Klischees nicht vorgenommen. Davon zu trennen sei jedoch die Frage, inwieweit beim Umlaufvermögen die Klischeekosten in die Herstellungskosten eingegangen seien. Das sei in vollem Umfange geschehen, da wegen der Ungewißheit weiterer Verwendung bereits die Erst- oder Neuauflage voll mit den Klischeekosten belastet werde und damit auch eine entsprechende Preisgestaltung erfahre. Die Kosten müßten deshalb auch voll als Herstellungskosten allein dieser Auflage beurteilt werden. - Auch der vom FA vorgenommene Teilwertabschlag von den um die Umschlags- und Klischeekosten erhöhten Herstellungskosten mit demselben Prozentsatz, den die Steuerpflichtige angewandt habe, sei nicht zu beanstanden. Dieser Abschlag entspreche der von der Steuerpflichtigen selbst vorgenommenen Einschätzung der Verkaufsaussichten. Daß in einem Merkblatt des BdF für den Sortimentbuchhandel andere Abschläge genannt seien, sei demgegenüber um so weniger beachtlich, als diese Abschläge auf die Verkaufspreise bezogen seien. Die auf das einzelne Buch entfallenden Klischeeund Umschlagkosten seien so gering, daß nichts dafür spreche und auch nichts dafür vorgetragen sei, daß diese geringe Kostenerhöhung beim Verkauf nicht gedeckt werden könne. -

Mit der Revision wird noch geltend gemacht: Hinsichtlich der Schutzumschläge habe das FG verkannt, daß diese nicht, wie Zahncreme-Tuben oder Milchtüten eine notwendige Verpackung seien (viele Endabnehmer - z. B. Bibliotheken - würden den Schutzumschlag sofort entfernen).

Die Klischeekosten gehörten nicht zu den Herstellungskosten. Da die Steuerpflichtige keine Druckerei und keine Binderei besitze, finde in ihrem Betrieb keine Herstellung statt. Ein neues Wirtschaftsgut stelle nicht sie, sondern die Druckerei her, wobei die Klischees nur als Druckvorlage dienten. Da die Druckerei im eigenen Namen und auf eigene Rechnung arbeite, liefere sie an die Steuerpflichtige fertige Bücher. Die Steuerpflichtige habe daher nur Anschaffungskosten, bei denen es keine Aktivierung von Fertigungsgemeinkosten gebe. Das FG habe sich zu Unrecht für die Behandlung der Klischeekosten als Herstellungskosten der ersten Auflage auf das BFH-Urteil I 195/60 U vom 28. Februar 1961 (BFH 73, 322, BStBl III 1961, 384) berufen, weil es sich im Urteilsfall nicht um geringwertige Wirtschaftsgüter und nur um einen einzelnen Auftrag gehandelt habe, bei dem die für die Durchführung erforderlichen Aufwendungen in den Preisen voll erstattet worden seien. Im Streitfall dagegen handele es sich um eine Vielzahl von Kunden und der Aufwand sei nur insoweit erstattet, als die Bücher bereits verkauft gewesen seien, während der Streit doch gerade um die Bewertung der noch nicht verkauften Bücher gehe. Das FG sei daher gehalten gewesen, die Frage der Geringwertigkeit der Klischees im Sinne von § 6 Abs. 2 EStG zu prüfen.

Hinsichtlich der Teilwertfrage müsse davon ausgegangen werden, daß die Steuerpflichtige bei Kenntnis der Aktivierungspflicht der Klischees und Schutzumschläge einen höheren Abschlag gewählt hätte.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß im Streitfall die Warenbestände als Wirtschaftsgüter des Umlaufsvermögens gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Herstellungskosten anzusetzen waren; denn die in Frage stehenden Wirtschaftsgüter wurden im Betrieb der Steuerpflichtigen hergestellt. Die Steuerpflichtige hatte nicht, wie sie meint, von der Druckerei fertige Bücher bezogen. Wenn sie in der mündlichen Verhandlung noch vortrug, sie habe in der Mehrzahl der Fälle nichts anderes als die Klischees der Druckerei zur Verfügung gestellt, die karteimäßige Aufteilung der einzelnen Kosten einer Auflage in Kosten für Druck, Papier, Buchbinder usw. sei mißverstanden worden, denn es habe sich hierbei überwiegend nicht um ihre, sondern um die ihr von der Druckerei mitgeteilten Kosten gehandelt, sie habe demnach keine Herstellungskosten, sondern nur Anschaffungskosten gehabt, so kann der Senat dieser Deduktion - unbeschadet der Frage, ob es sich hier nicht um das unzulässige Vorbringen neuer Tatsachen handelt - nicht folgen. Die Steuerpflichtige ließ die Bücher in ihrem Auftrag, auf ihre Kosten, unter Einsatz ihres Risikos drucken und binden, sie stellte hierfür nicht nur die Klischees, sondern vor allem die Manuskripte zur Verfügung, die die Voraussetzung für den wesentlichen Bestandteil der Bücher, nämlich deren geistigen Inhalt, bildeten. Die Steuerpflichtige hat daher nicht fertige Bücher angeschafft, sondern sie hat, wenn auch unter Zuhilfenahme anderer, selbständiger Unternehmen (z. B. der Druckerei) die Bücher selbst hergestellt. Anders wäre es auch nicht zu erklären, daß bereits die Halbfabrikate und Rohbögen ihr gehörten und von ihr bilanziert wurden.

a) Zu den sohin bei der Steuerpflichtigen angefallenen Herstellungskosten der Bücher gehören auch die Kosten für die Schutzumschläge. Das FG lehnte es mit Recht ab, diese Kosten als Vertriebskosten zu behandeln. Es ging zutreffend davon aus, daß ein Buchumschlag zusammen mit dem Buch ein einheitliches Wirtschaftsgut bildet. Nichts anderes soll damit gesagt sein, wenn das FG die Schutzumschläge zur sogenannten "Innenverpackung" rechnet; denn dieser von Schindele (Die steuerliche Betriebsprüfung 1963 S. 162 [163]) geprägte Begriff soll gerade der Abgrenzung zwischen Herstellungs- und Vertriebskosten dienen, indem er zwischen der der Verkaufsreifmachung dienenden und damit zum Sachganzen gehörenden Umschließung und der rein äußerlichen, dem Transport oder Versand dienenden Verpackung unterscheidet. Die Feststellung des FG, daß Buchumschläge bei Büchern, die ihrer Art nach - im Gegensatz z. B. zu Taschenbuchausgaben - mit solchen Umschlägen ausgestattet zu sein pflegen, der Verkaufsfähigkeit und -fertigkeit dienen, begegnet keinen Bedenken.

Hinsichtlich der auf die Rohbögen entfallenden Schutzumschläge kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, daß Rohbögen und Schutzumschläge schon eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten, die Kosten für die Umschläge also als Teil der Herstellungskosten der Rohbögen anzusehen seien. Gleichwohl war die Aktivierung dieser Kosten als Teil des (künftigen) Umlaufsvermögens zutreffend (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Die Vorinstanz ist im übrigen auch im Ergebnis nicht darin zu beanstanden, daß sie die mitunter auf den Schutzumschlägen angebrachten Hinweise auf andere Bücher bei der Beurteilung der Umschlagskosten außer Betracht ließ. Wenn, wovon der Senat ausgeht, Bücher und Schutzumschläge ein einheitliches Wirtschaftsgut bilden, bzw. die Rohbögen und Schutzumschläge zur Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsguts bestimmt sind, dann gehören zu den aktivierungspflichtigen Kosten alle Aufwendungen, die der Herstellung dieses Wirtschaftsgutes dienen oder zu dienen bestimmt sind. Enthält dieses Wirtschaftsgut auch Werbung, wie sie nicht nur auf Schutzumschlägen, sondern z. B. auch auf den letzten Seiten eines Buches häufig anzutreffen ist, so können die in die Herstellungskosten eingegangenen oder eingehenden Werbekosten nicht ausgesondert werden.

b) Die streitigen Klischeekosten gehören zu den Herstellungskosten der Bücher und Rohbögen. Zutreffend wies die Vorinstanz darauf hin, daß der Streit nicht darum geht, ob die Klischees selbst als Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu aktivieren und bei Geringwertigkeit im Sinne von § 6 Abs. 2 EStG sofort abzugsfähig waren. Diese Frage ist allerdings insofern von Bedeutung, als es zu einem nicht vertretbaren Ergebnis führen würde, wenn man die Klischees selbst - ihre etwaige Geringwertigkeit einmal außer Betracht gelassen - als Anlagegüter für aktivierungspflichtig hielte (§ 6 Abs. Nr. 1 EStG) und daneben noch die Klischeekosten in vollem Umfange, also nicht nur mit dem Absetzungsbetrag nach § 7 EStG, zu den Herstellungskosten der Bücher (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) rechnete; denn das würde eine zweimalige Aktivierung derselben Kosten bedeuten. Es kann jedoch hier dahingestellt bleiben, ob die streitigen Klischees zu den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zu zählen wären und ob diesenfalls eine Abschreibung wegen Geringwertigkeit nach § 6 Abs. 2 EStG in Betracht kommen könnte; denn es kommt hier nur eine Aktivierung der Klischeekosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Betracht. Zu den Herstellungskosten der Bücher und Rohbögen als Wirtschaftsgüter des Umlaufsvermögens zählen auch die Fertigungsgemeinkosten. Hierzu gehört alles, was dazu verwendet wird, um die Halb- oder Fertigware herzustellen, d. h. alles, was hierbei in vollem Umfange in dem Herstellungsprozeß aufgeht. Die der Steuerpflichtigen gehörenden, bei ihr oder in der Druckerei gelagerten Klischees mögen zwar dem Betrieb für eine etwaige Wiederverwendung noch weiterhin zur Verfügung stehen. Da jedoch, wie das FG feststellte, die Wiederverwendung ungewiß ist, weil bei Herstellung der Erstoder Neuauflage noch nicht zu übersehen ist, ob es zu weiteren Auflagen kommt, und da deshalb, wie sich aus der Kalkulation ergibt, die Klischeekosten voll in die Preise der Erst- oder Neuauflage eingerechnet und mit diesen erstattet werden, sind die Kosten voll in die Herstellungskosten dieser Auflage eingegangen. Sie sind daher auch als Teil dieser Herstellungskosten zu aktivieren. Ist die Auflage abgesetzt, so sind die Kosten voll verschlissen. Für eine Aktivierung ist dann kein Raum mehr. Sie haben in vollem Umfange den Gewinn gemindert. Soweit dagegen Bücher dieser Auflage, bei deren Verkauf die Klischeekosten voll mit dem Preis erstattet werden, noch zum Warenbestand gehören, sind insoweit diese Kosten noch als Teil der Herstellungskosten im Betriebsvermögen gespeichert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69395

BStBl II 1971, 304

BFHE 1971, 224

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