Entscheidungsstichwort (Thema)

AfA nach Maßgabe des Voreigentümers bei unentgeltlichem Erwerb

 

Leitsatz (NV)

Erwirbt ein Miterbe ein bebautes Grundstück unentgeltlich, so hängt die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen und ihre Dauer gemäß § 11d Abs. 1 Satz 1 und 3 EStDV davon ab, ob die Erblasserin die Voraussetzungen des § 7b Abs. 1 EStG erfüllte. War sie zur Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nicht berechtigt, so steht dem Miterben insoweit nur die Normal-AfA zu (§ 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV). Auch bei einem teilentgeltlichen Erwerb stellen Notariats- und Grundbuchkosten in voller Höhe Anschaffungskosten dar. Sie sind nicht in dem unentgeltlichen und dem entgeltlichen Erwerb zuzuordnende Anteile aufzuteilen.

 

Normenkette

EStG § 7b Abs. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 7; EStDV § 11d Abs. 1 Sätze 1, 3

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war zu 1/3 Miterbe nach seiner 1977 verstorbenen Mutter. Zum Nachlaß gehörte u. a. ein Zweifamilienhausgrundstück. Durch notariell beurkundeten Erbauseinandersetzungsvertrag vom . . . 1978 erwarb der Kläger dieses Grundstück gegen Zahlung von jeweils . . . DM an die beiden Miterben, seine Geschwister. In demselben Vertrag, der einer teilweisen Auseinandersetzung unter den Miterben diente, übertrugen der Kläger und sein Bruder ihrer Schwester ein Waldgrundstück. Hierfür hatte diese keine Gegenleistung zu erbringen.

Mit Schenkungsvertrag vom 25. September 1978 räumte der Kläger seiner Ehefrau einen 1/2- Miteigentumsanteil an dem Zweifamilienhausgrundstück ein.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger für das Zweifamilienhausgrundstück erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) von . . . DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Er ging dabei von einer Bemessungsgrundlage von . . . DM aus (1/3 Einheitswert abzüglich Bodenwert + Zahlungen an die Geschwister abzüglich Bodenwert + Gebühren für Notar und Amtsgericht). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beurteilte den Erwerb im Rahmen der Erbauseinandersetzung als unentgeltlichen Vorgang. Das FA setzte, ausgehend von einem geschätzten Restwert von . . . DM, Absetzungen für Abnutzung (AfA) von 2 % für vier Monate als Werbungskosten an.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt im wesentlichen aus, daß ein im Rahmen einer Erbauseinandersetzung gegen Ausgleichszahlungen erworbenes Grundstück einkommensteuerrechtlich als unmittelbar vom Erblasser erworben beurteilt werde; die Ausgleichszahlungen könnten keine Anschaffungskosten für das Grundstück bilden.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung der Art. 3, 2, 1, 6 und 14 des Grundgesetzes (GG) sowie der §§ 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Nr. 2, 9 Abs. 1 Nr. 7, 7 Abs. 1 und 4 und 7b EStG sowie des § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG rechtsfehlerhaft einen teilentgeltlichen Erwerb des Grundstücks durch den Kläger verneint hat.

Wie der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Beschluß vom 5. Juli 1990 GRS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) entschieden hat, bilden Erbfall und Erbauseinandersetzung im Einkommensteuerrecht keine rechtliche Einheit; Ausgleichszahlungen eines Erben im Rahmen der Erbauseinandersetzung und Aufwendungen für den Erwerb des Erbanteils eines Miterben führen beim Leistenden grundsätzlich zu Anschaffungskosten. Der Große Senat hat insoweit die Rechtsprechung des IX. Senats (Urteile vom 9. Juli 1985 IX R 49/83, BFHE 144, 366, BStBl II 1985, 722, und vom 22. September 1987 IX R 15/84, BFHE 151, 143, BStBl II 1988, 250) bestätigt, als ein entgeltlicher Erwerb in dem Umfang gegeben ist, in dem der Wert des Erlangten den Wert des Erbanteils des übernehmenden Erben übersteigt und dieser hierfür Ausgleichszahlung leisten muß. Bei einer Teilauseinandersetzung bleibt - insoweit entgegen den Ausführungen in BFHE 144, 366, BStBl II 1985, 722 - der Wert des Anteils des übernehmenden Erben am Restnachlaß unberücksichtigt. Haben die Miterben allerdings eine weitere Auseinandersetzung im Auge, in der es zu umgekehrten Ausgleichszahlungen kommt, kann darin eine Rückzahlung und eine Minderung der früheren Anschaffungskosten gesehen werden. Der Senat verweist im übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Großen Senats im vorgenannten Beschluß unter C I 2. und II 2.

Der Kläger hat danach das Zweifamilienhausgrundstück aufgrund des Auseinandersetzungsvertrags teilweise entgeltlich erworben. Die an seine Geschwister geleisteten Ausgleichszahlungen sind Anschaffungskosten des Grundstücks.

Zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts gehören außer dem Anschaffungspreis auch die Anschaffungsnebenkosten, d. h. alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts stehen, soweit sie diesem einzeln zugeordnet werden können (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101 m. w. N.). Bei einem Grundstückserwerb sind dies insbesondere die Gebühren für die notarielle Beurkundung des Vertrags und für die Eintragung im Grundbuch. Da diese Aufwendungen getätigt werden, um das Grundstück von der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen, stellen sie auch bei einem teilentgeltlichen Erwerb in voller Höhe Anschaffungskosten dar. Sie sind nicht in dem unentgeltlichen und dem entgeltlichen Erwerb zuzuordnende Anteile aufzuteilen.

Die Anschaffungskosten sind, soweit sie auf das Gebäude entfallen, den vom Kläger und seiner Ehefrau geltend gemachten erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG zugrunde zu legen; dabei gilt für die Bemessungsgrundlage der Ehefrau hinsichtlich des ihr schenkweise übertragenen Hälfteanteils am Grundstück § 11d Abs. 1 Satz 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).

Soweit der Kläger das Grundstück als Miterbe unentgeltlich erworben hat, hängt die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen und ihre Dauer gemäß § 11d Abs. 1 Satz 1 und 3 EStDV davon ab, ob die Erblasserin die Voraussetzungen des § 7b Abs. 1 EStG erfüllte. War sie zur Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nicht berechtigt, so steht dem Kläger und seiner Ehefrau insoweit nur die Normal-AfA zu (§ 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV).

Die Sache ist nicht spruchreif. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen für die Beurteilung, in welchem Umfang der Kläger das Grundstück unentgeltlich erworben hat, nicht aus. Hierfür bedarf es der Feststellung der Verkehrswerte der beiden Grundstücke, über die sich die Erben im Vertrag vom 25. September 1978 auseinandergesetzt haben. Der Umfang des unentgeltlichen Erwerbs des Zweifamilienhauses durch den Kläger bestimmt sich nach dem ihm zustehenden Wertanteil an den beiden Grundstücken. Außerdem ist für die begehrten erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG der auf das Gebäude entfallende Anteil der Anschaffungskosten zu ermitteln (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 15. Januar 1985 IX R 81/83, BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252 mit weiteren Hinweisen). Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, damit es die entsprechenden Feststellungen nachholt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63032

BFH/NV 1991, 383

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