Leitsatz (amtlich)

1. Der gemeine Wert von GmbH-Anteilen ist auch bei Grundstücksverwaltungs-Gesellschaften nicht aus Verkäufen von Anteilen abzuleiten, die 2 1/2 Jahre nach dem Bewertungsstichtag liegen.

2. Zur Ermittlung des Werts von GmbH-Anteilen nach dem sog. Stuttgarter Verfahren kann der Einheitswert des Betriebsvermögens bei erheblich über dem Einheitswert liegenden Verkehrswert eines Betriebsgrundstücks um Zuschläge nach Abschn. 77 Abs. 3 VStR 1960 erhöht werden.

2. Die künftige ertragsteuerliche Belastung der bei der Anteilsbewertung erfaßten stillen Reserven der Betriebsgrundstücke ist zur Festsetzung des gemeinen Werts von Grundstücksverwaltungsgesellschaften, die den Bau ihrer Wohnungen mit verlorenen Zuschüssen nach § 7c EStG in der vor dem 1. Januar 1955 gültigen Fassung finanziert haben, nicht zu berücksichtigen.

2. Die Ertragsaussichten sind bei der Anteilsbewertung nicht zu berücksichtigen, wenn die Gesellschaft nach Art und Zweckbestimmung mit großer Wahrscheinlichkeit keinen ausschüttungsfähigen Ertrag erwirtschaften wird.

 

Normenkette

BewG in der zum 1. Januar 1960 gültigen Fassung § 13; BewG i. d. zum 1. Januar 1960 gültigen Fassung § 22 Abs. 1 Nr. 1; EStG i.d.F. vor dem 1. Januar 1955 § 7c; VStR 1960 Abschn. 77-78, 81

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Klägerin und Revisionsbeklagte 2) ist eine Familien-GmbH mit einem voll eingezahlten Stammkapital. Das Betriebsvermögen besteht im wesentlichen aus zwei in den Jahren 1950 bis 1952 bebauten Mietwohngrundstücken mit Einheitswerten von insgesamt 70 400 DM. Die Anschaffungskosten der beiden Grundstücke und die Herstellungskosten der Gebäude wurden - bis auf nachträgliche Herstellungskosten von 439 DM - ausschließlich mit verlorenen Zuschüssen nach § 7c EStG in der vor dem 1. Januar 1955 gültigen Fassung von zwei, den Anteilseignern gehörenden Firmen zu dem Zweck finanziert, die Wohnungen an Betriebsangehörige der Firmen als Werkswohnungen zu vermieten. Die Grundstücke und Gebäude stehen - abgesehen von den nachträglichen Herstellungskosten - in den Bilanzen der Steuerpflichtigen mit einem Erinnerungswert von je 1 DM zu Buch. Es handelt sich um steuerbegünstigte Wohnbauten, für die eine Kostenmiete nach der zweiten Berechnungsverordnung (II. BVO) vom 17. Oktober 1957 (BGBl I 1957, 1719) erhoben wird. Die Geschäftstätigkeit der Steuerpflichtigen beschränkt sich auf die Verwaltung der beiden Grundstücke.

Das FA (Beklagter und Revisionskläger 1) stellte durch Bescheid vom 11. April 1961 den gemeinen Wert der GmbH-Anteile zum 31. Dezember 1959 nach dem sog. Stuttgarter Verfahren (Abschn. 76 ff. VStR 1960) je 100 DM Stammkapital fest. Es legte der Ermittlung des Vermögenswertes den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1960 zugrunde. Diesen Wert erhöhte es im Hinblick auf den Verkehrswert der Betriebsgrundstücke um einen Zuschlag. Den Zuschlag errechnete es wie folgt:

Herstellungskosten der Gebäude .... DM

abzüglich einer jährlichen AfA von 1 % - .... DM

dazu Anschaffungswert des Grund

und Bodens lt. Bilanz + .... DM

./. Einheitswert der Grundstücke - .... DM

Das FA legte bei der Berechnung der Ertragsaussichten das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen der Jahre 1957 bis 1959 zugrunde. Es kürzte das Einkommen um die gezahlte Körperschaftsteuer, Abgabe "Notopfer Berlin" und Vermögensteuer, errechnete hieraus einen Durchschnittsertrag und kürzte diesen nach Abschn. 78 Abs. 3 VStR 1960 um einen Abschlag von 30 %. Dies ergab den ausschüttungsfähigen Ertrag.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die GmbH begehrte mit der Klage, den gemeinen Wert der GmbH-Anteile je 100 DM Stammkapital herabzusetzen.

Das FG führte aus: Der Wert der Anteile könne nicht - wie die Steuerpflichtige verlange - nach den Verkäufen im Mai 1962 bestimmt werden. Diese Anteile seien an Verwandte zu einem Zeitpunkt veräußert worden, der vom Stichtag 31. Dezember 1959 zu weit entfernt liege. Der Wert der Anteile sei daher unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen. Das FA habe den Einheitswert des Betriebsvermögens zutreffend um den Unterschied zwischen dem Verkehrswert und dem Einheitswert der Betriebsgrundstücke erhöht. Die Einwendungen der Steuerpflichtigen gegen die Schätzung des Verkehrswerts der Grundstücke seien unbegründet. Die technische Nutzungsdauer der Gebäude sei nach der allgemeinen Praxis der Finanzverwaltung und der Ansicht der Bausachverständigen mit 100 Jahren anzunehmen. Eine wirtschaftliche Entwertung der Gebäude sei nicht vorauszusehen. Bei der Ermittlung des Vermögenswerts sei die künftige ertragsteuerliche Belastung der dem Einheitswert des Betriebsvermögens zugesetzten stillen Reserven abzusetzen. Bei Gebäuden, die nicht zur Veräußerung bestimmt seien, lösten sich die stillen Reserven während der restlichen Nutzungsdauer gleichmäßig auf. Die künftige Steuerbelastung sei wie eine zinslose, in gleichen Raten zu tilgende Schuld zu behandeln. Sie sei wie folgt zu bewerten:

Angesetzter Grundstückswert .... DM (EW)

+ Zuschlag .... DM = .... DM

./. Buchwert 31. Dezember 1959 .... DM

Mehrwert .... DM

Körperschaftsteuer 39 % (keine Gewerbeertragsteuer)

Restnutzungsdauer 91 Jahre; Hilfstafel 1a Vervielfältiger 19,827.

Bei Ermittlung des Durchschnittsertrags sei das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen der Jahre 1957 bis 1959 um die ertragsteuerlich nicht berücksichtigte AfA von jährlich 1 % der durch Zuschüsse nach § 7c EStG finanzierten Herstellungskosten der Gebäude zu mindern.

Das FA rügt mit der Revision unrichtige Anwendung der §§ 6, 10 und 13 Abs. 2 BewG. Nach seiner Ansicht ist es nicht zulässig, die künftige ertragsteuerliche Belastung der stillen Reserven vom Vermögen abzusetzen und den Durchschnittsertrag um eine fiktive AfA der Herstellungskosten zu mindern. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Gegen das Urteil des FG legte auch die GmbH Revision ein.

Sie rügt mit der Revision unrichtige Anwendung der §§ 10 Abs. 2, 13 Abs. 2 BewG. Sie hält an ihrem bisherigen Vorbringen fest. Sie meint, die Verkäufe im Mai 1962 lägen vom Stichtag 31. Dezember 1959 nicht zu weit entfernt. Der Veräußerungspreis entspreche dem Wert der Anteile zum 31. Dezember 1959, da ihr Vermögen nur aus den zwei Grundstücken bestehe. Der Grundstücksmarkt sei in dieser Zeit stabil gewesen. Der Kaufpreis sei nicht durch verwandtschaftliche Beziehungen beeinflußt worden. Es sei damals ein ganzer Familienzweig aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die Beteiligten seien deshalb an einer sachgerechten Bewertung der Anteile sehr interessiert gewesen. Sie habe im übrigen in der mündlichen Verhandlung vor dem FG darauf hingewiesen, daß bei der Anteilsbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren der Verkehrswert ihrer Grundstücke nach dem 10- bis 15fachen des Rohertrags zu schätzen sei. Nach den von ihr eingeholten Angeboten einer Immobilienfirma betrage der Kaufpreis das 9- bis 10fache der Mieteinnahmen. Er sei dementsprechend zu schätzen. Es sei zu berücksichtigen, daß ein etwaiger Käufer der GmbH-Anteile ausschließlich an den Grundstücken, nicht aber an ihr als GmbH interessiert sei, da sie mangels eigener Geschäftstätigkeit keinen eigenen Wert habe. Der Kaufpreis der Anteile werde durch den Wert ihrer Grundstücke bestimmt. Der Käufer werde hiervon Abschläge vornehmen, da er die stillen Reserven bei einer Veräußerung der Grundstücke versteuern müsse.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA und der GmbH führen zur Aufhebung der Vorentscheidung.

1. Nach § 13 Abs. 2 BewG ist für die Bewertung nichtnotierter GmbH-Anteile der gemeine Wert maßgebend. Läßt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.

Das FG hat den gemeinen Wert der Anteile zum 31. Dezember 1959 zu Recht nicht nach dem im Mai 1962 erzielten Verkaufspreis der Anteile ermittelt. Für die Feststellung des gemeinen Werts von GmbH-Anteilen sind die Verhältnisse am Bewertungsstichtag maßgebend. Nach der Rechtsprechung des Senats ist es mit dem Stichtagsprinzip unvereinbar, den gemeinen Wert von Anteilen aus Verkäufen abzuleiten, die 2 1/2 Jahre nach dem Bewertungszeitpunkt liegen (Urteil des Senats III 209/61 vom 16. Juli 1965, HFR 1966, 4). Wenn auch der Preis der Anteile der Grundstücksgesellschaft weitgehend vom Wert der Betriebsgrundstücke bestimmt wird, so können die im Mai 1962 erzielten Verkaufspreise der Anteile nicht für die Anteilsbewertung zum 31. Dezember 1959 herangezogen werden. Ob der Verkaufspreis im Mai 1962 durch verwandtschaftliche Beziehungen beeinflußt wurde, kann daher dahingestellt bleiben.

2. Der gemeine Wert der Anteile ist nach dem Gesamtvermögen und den Ertragsaussichten der Steuerpflichtigen zu schätzen. FA und FG haben diesen Wert zutreffend nach den Grundsätzen des sog. Stuttgarter Verfahrens (Abschn. 76 ff. VStR 1960) ermittelt. Dieses Verfahren wurde von der Finanzverwaltung entwickelt, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung durch Anwendung einfacher und für alle Unternehmen gleicher Schätzungsmethoden zu gewährleisten. Der Senat hat es stets als wertvolles und für die Einheitlichkeit der Bewertung geeignetes Verfahren anerkannt (vgl. Urteile des Senats III 396/58 S vom 19. Dezember 1960, BFH 72, 241, BStBl III 1961, 92; III 261/59 U vom 6. April 1962, BFH 74, 682, BStBl III 1962, 253, und III 263/63 vom 9. September 1966, BFH 87, 108, BStBl III 1967, 43). Es ist auch bei der Bewertung nichtnotierter GmbH-Anteile von Grundstücksgesellschaften anwendbar.

Der Anteilsbewertung ist das Gesamtvermögen der Gesellschaft am Feststellungszeitpunkt zugrunde zu legen. Dabei ist vom Einheitswert des Betriebsvermögens auszugehen. Betriebsgrundstücke sind im Einheitswert des Betriebsvermögens mit ihren Einheitswerten erfaßt (§§ 66 Abs. 2, 57 Abs. 3 BewG). Da die nach den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1935 ermittelten Einheitswerte des Grundvermögens in der Regel erheblich unter den Verkehrswerten der Grundstücke liegen, ist der Einheitswert bebauter Betriebsgrundstücke, deren Gebäude nach dem 21. Juni 1948 errichtet wurden, im allgemeinen nach Abschn. 77 Abs. 3 VStR 1960 um den Unterschied zu den Anschaffungs- oder Gestehungskosten abzüglich der normalen ertragsteuerlichen AfA zu erhöhen. Bei Grundstücken mit Gebäuden, die vor dem 21. Juni 1948 errichtet wurden, soll der Einheitswertbetrag in der Regel um 100 % angehoben werden. Die Zuschläge können nach Abschn. 77 Abs. 3 Satz 4 VStR 1960 im Einzelfall niedriger oder, vor allem bei unbebauten Grundstücken, auch höher bemessen werden. Zu- oder Abschläge sind nach der Rechtsprechung des Senats aber nur zulässig, wenn der Verkehrswert der Grundstücke offensichtlich und im erheblichen Umfang höher oder niedriger ist als der im Einheitswert des Betriebsvermögens enthaltene Einheitswert der Grundstücke. Dies ist der Fall, wenn der Verkehrswert vom Einheitswert mindestens um die relativen oder absoluten Wertgrenzen des § 22 BewG abweicht (Urteile des Senats III 396/58 S, a. a. O., und III 359/61 vom 15. Oktober 1964, HFR 1965, 153). Bestreitet die Gesellschaft die Angemessenheit der Zuschläge, so ist der Anteilsbewertung der tatsächliche Verkehrswert der Grundstücke zugrunde zu legen, um Härten zu vermeiden.

Der Verkehrswert der Grundstücke hat im Streitfall auf die Höhe des gemeinen Werts der Gesellschaftsanteile der Steuerpflichtigen erheblichen Einfluß. Im Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1960 von 101 000 DM sind außer den beiden Betriebsgrundstücken mit ihren Einheitswerten nur ein bedeutend niedrigeres Betriebskapital und geringe Schulden enthalten. Das FA hat bei der Anteilsbewertung den Einheitswert der Grundstücke um einen Zuschlag erhöht. Diesen Zuschlag berechnete es nach den durch verlorene § 7c-Zuschüsse finanzierten Kosten für die Anschaffung des Grund und Bodens und die Herstellung der Gebäude abzüglich einer jährlichen Gebäude-AfA von 1 %, gemindert um die Einheitswerte der Grundstücke. Die GmbH behauptete im finanzgerichtlichen Verfahren, der Verkehrswert ihrer Grundstücke betrage bei einer üblichen Schätzung nach dem Rohertrag bedeutend weniger; diese Schätzung entspreche in etwa den von ihr eingeholten Angeboten einer Immobilienfirma. Das FA berief sich demgegenüber auf ein nachträglich angefertigtes Gutachten seines Bausachverständigen über den Verkehrswert. Bei dieser Sachlage konnte das FG den Zuschlag des FA nicht ohne weiteres übernehmen. Es hätte statt dessen einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Verkehrswerte beauftragen müssen. Der Senat hebt daher die Vorentscheidung wegen mangelnder Aufklärung des Sachverhalts auf und weist die Sache an das FG zurück, damit das FG die Wertfeststellung nachholt.

Das FG muß bei seiner erneuten Entscheidung auch prüfen, ob die Wohnungen am Bewertungsstichtag noch überwiegend von Arbeitnehmern der Firmen der Anteilseigner, die die beiden Mietwohnhäuser mit verlorenen Zuschüssen finanziert hatten, genutzt werden. Dieser Umstand könnte nach den Grundsätzen des BFH-Urteils III 105/55 U vom 8. Juni 1956 (BFH 63, 43, BStBl III 1956, 213) ggf. den Ansatz eines Teilwerts in Höhe der Anschaffungs- und Herstellungskosten abzüglich einer normalen AfA rechtfertigen, auch wenn fremde Personen für den Erwerb der Wohnungsbauten weniger zahlen würden. Ein solcher Teilwert wäre auch bei der Anteilsbewertung zu beachten. Erwirbt jemand die Firmen der Anteilseigner und die Geschäftsanteile der Steuerpflichtigen, so würde sich der Vorteil der Wohnungsversorgung auf die Erhaltung der Stammbelegschaft auswirken und sich im allgemeinen im Preis der Geschäftsanteile der Steuerpflichtigen niederschlagen.

3. Des weiteren hebt der Senat das Urteil des FG auf die Revision des FA auch deshalb auf, weil künftige ertragsteuerliche Belastungen der durch den Zuschlag erfaßten stillen Reserven des Grundvermögens nicht bei der Anteilsbewertung berücksichtigt werden dürfen. Diese Belastungen können nach dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil des Senats III R 135/67 vom 18. Dezember 1968 nicht vom Gesamtvermögen abgezogen werden, selbst wenn sich stille Reserven des Anlagevermögens in den folgenden Jahren automatisch auflösen und das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen um diesen Betrag erhöhen. Künftige Steuerlasten sind nach § 53a BewDV in der am 1. Januar 1960 gültigen Fassung keine bei der Anteilsbewertung berücksichtigungsfähigen Wirtschaftsgüter; ihr Abzug würde auch gegen den Grundsatz der Stichtagsbewertung verstoßen. Auf das oben genannte Urteil wird Bezug genommen.

Das gilt ebenso für die etwaige Besteuerung stiller Reserven, d. h. für den Unterschied zwischen dem Bilanzwert und Verkehrswert der Grundstücke, der erst bei einer Veräußerung der Grundstücke oder bei der Liquidation der Gesellschaft steuerlich erfaßt würde. Der Senat lehnte die Berücksichtigung solcher zukünftigen Lasten in den Urteilen III 359/61 (a. a. O.) und III 263/63 (a. a. O.) schon deshalb ab, weil sich nicht übersehen läßt, ob, wann und in welcher Höhe hierdurch einmal ertragsteuerliche Belastungen entstehen können.

Da die GmbH den Erwerb der Grundstücke und die Errichtung der Gebäude fast ausschließlich mit verlorenen Zuschüssen nach § 7c EStG finanziert hat, durfte sie nach § 7b EStDV 1953, § 11 EStDV 1955 bis 1958 die Grundstücke und Gebäude mangels eigener Aufwendungen in ihren Bilanzen nur mit einem Erinnerungswert von 1 DM zuzüglich der eigenen nachträglichen Herstellungskosten aktivieren (vgl. BFH-Urteile VI 51/61 S vom 7. Juli 1961, BFH 73, 456, BStBl III 1961, 433, und I 184/63 vom 12. Januar 1966, BFH 85, 161, BStBl III 1966, 270). Das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen wird sich daher bei einer Grundstücksveräußerung oder der Liquidation der Gesellschaft um den Verkehrswert der Grundstücke erhöhen. Ob und wann dies allerdings geschehen wird, ist zum Bewertungsstichtag ungewiß, ebenso, wie hoch der Verkehrswert dann wäre. Die Höhe der ertragsteuerlichen Belastung ist gleichfalls nicht zu übersehen, da die Steuerpflichtige dann die Möglichkeit haben dürfte, die Reserven zu einem ihr genehmen Zeitpunkt in einer steuerlich möglichst neutralen Form aufzudecken.

Zu den von der GmbH hiergegen erhobenen Einwendungen hat der Senat in der genannten Entscheidung III R 135/67 Stellung genommen. Er hat dort insbesondere darauf hingewiesen, daß die steuerliche Anteilsbewertung ein auf die Massenbewertung zugeschnittenes grobes Schätzungsverfahren ist, daß die Grundsätze betriebswirtschaftlich-kaufmännischer Unternehmensbewertung nicht verwerten kann. Soweit etwaige künftige ertragsteuerliche Belastungen im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr bei der Bemessung des Kaufpreises von Gesellschaftsanteilen berücksichtigt werden, kann der Preis gegebenenfalls bei Grundstücksgesellschaften, deren Geschäftstätigkeit sich auf die Verwaltung ihres Grundbesitzes beschränkt, von dem bei der Anteilsbewertung geschätzten Wert abweichen. Gewisse mit der Typisierung verbundene Ungenauigkeiten müssen jedoch bei den hier zugrunde gelegten Annäherungswerten in Kauf genommen werden. Abweichungen können sich andererseits auch zugunsten der Gesellschaft ergeben, da das Stuttgarter Verfahren die Wirtschaftsgüter nach Abschn. 77 Abs. 2 VStR 1960 grundsätzlich nur mit ihren bewertungsrechtlichen Wertansätzen erfaßt und auch die Verkehrswerte der Betriebsgrundstücke - wie oben dargelegt - nur bei einer erheblichen Abweichung von den Einheitswerten berücksichtigt. Im Streitfall ist außerdem zu beachten, daß der innere Wert der Gesellschaftsanteile von dem Wert der Firmen der Anteilseigner mit beeinflußt wird, da die Steuerpflichtige zu dem Zweck gegründet wurde, die Arbeitnehmer dieser Firmen mit Wohnungen zu versorgen.

4. Der Senat läßt es dahingestellt sein, ob der Durchschnittsertrag der Jahre 1957 bis 1959 zur Ermittlung der Ertragsaussichten um eine dem Wertverzehr der Gebäude entsprechende AfA von 1 % der durch Zuschüsse nach § 7c EStG finanzierten Gebäudeherstellungskosten gemindert werden darf. Er kann hierauf nicht eingehen, weil FA und FG die Ertragsaussichten der Steuerpflichtigen überhaupt nicht hätten berücksichtigen dürfen.

Die Ertragsaussichten sind nach Abschn. 81 Abs. 1 VStR 1960 bei der Anteilsbewertung außer acht zu lassen, wenn sie auf den gemeinen Wert der Anteile keinen Einfluß haben. Dies ist der Fall, wenn die Gesellschaft nach ihrer Art und Zweckbestimmung keinen ausschüttungsfähigen Ertrage erwirtschaftet, wenn der Käufer die Gesellschaftsanteile mithin nur im Hinblick auf das Vermögen der Gesellschaft erwirbt. Abschn. 81 Abs. 2 VStR 1960 führt hierzu als Beispiele Liquidationsgesellschaften und die Gesellschaften an, deren Tätigkeit sich auf die Verwaltung und Verwertung unbebauter Grundstücke oder auf die Verwaltung gesellschaftlicher Beteiligung beschränkt. Diese Beispiele sind nicht erschöpfend.

Der gemeine Wert der Anteile durfte somit im Streitfall nur nach dem Vermögenswert ermittelt werden, weil die GmbH keinen ausschüttungsfähigen Ertrag erwirtschaftet. Die Steuerpflichtige übt, wie sie selbst vorträgt, keine werbende Tätigkeit im eigentlichen Geschäftsverkehr aus, sondern beschränkt sich auf die Verwaltung ihrer beiden Mietwohngrundstücke. Ihre Einnahmen bestanden in den Jahren 1957 bis 1959 aus geringen Zinserträgen ihres Betriebskapitals und Mieteinnahmen. Die Mieten für die im steuerbegünstigten Wohnungsbau erstellten Wohnungen sind nach den Vorschriften der II. BVO zu einem nur die Kosten deckenden Mietzins vermietet. Folgt man der Berechnung in dem angefochtenen Feststellungsbescheid des FA, so würde der dort ermittelte ausschüttungsfähige Ertrag nur eine Verzinsung von rd. 0,7 % des festgestellten Vermögens darstellen.

Werden die Ertragsaussichten im Streitfall nicht berücksichtigt, so erhöht dieser Umstand den gemeinen Wert der Anteile über die Festsetzung des FA hinaus. Eine solche Verböserung ist jedoch im steuergerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften der FGO nicht zulässig. Wer einen Feststellungsbescheid anficht, braucht nicht zu befürchten, daß die Steuergerichte den beanstandeten Feststellungsbetrag zum Nachteil über den Verwaltungsakt hinaus erhöhen (vgl. BFH-Urteil VI R 52/67 vom 22. November 1968, BFH 94, 310, BStBl II 1969, 169, und Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung, Kommentar, 2. bis 3. Aufl., § 96 FGO, Anm. 18 Abs. 1). Das FG kann daher bei seiner erneuten Entscheidung den gemeinen Wert der Anteile nicht höher als den vom FA festgestellten Betrag je 100 DM Stammkapital bemessen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68509

BStBl II 1969, 373

BFHE 1969, 280

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