Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Eigenbewirtschaftung eines Rittergutes durch eine Stiftung stellt keinen steuerlich unschädlichen Geschäftsbetrieb im Sinne von § 7 GemV dar.

Werden in einen landwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 30 Abs. 1 BewG solche Grundstücksflächen einbezogen, die anderen als landwirtschaftlichen Zwecken dienen, so gehören sie zum landwirtschaftlichen Vermögen. Der einheitlich festgestellte Einheitswert kann nicht für Zwecke der Vermögensabgabe nach § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG in einen landwirtschaftlichen Teil (Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) und einen forstwirtschaftlichen Teil (Vermögensverwaltung) aufgeteilt werden.

LAG §§ 16, 18 Abs. 1 Ziff. 14, 21 Abs. 1 Ziff. 1; BewG § 30 Abs. 1; StAnpG § 17; GemV vom 24.

 

Normenkette

LAG §§ 16, 18 Abs. 1 Ziff. 14, § 21 Abs. 1 Ziff. 1; BewG § 30 Abs. 1; StAnpG § 17; GemV § 6; GemV § 7

 

Tatbestand

Streitig ist die Vermögensabgabepflicht der Bfin. mit einem ihr gehörigen landwirtschaftlichen Betriebe (Rittergut) und gegebenenfalls die Abzugsfähigkeit von Schullasten bei der Vermögensabgabe.

Die Bfin. ist eine Stiftung, die der Aufsicht des Bischofs unterliegt. Die Bfin. ist unter anderem Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Betriebes, den sie selbst bewirtschaftet. Der Einheitswert dieses Betriebes wurde auf den 1. Januar 1953 festgestellt; eine Fortschreibung ist seither nicht erfolgt. Der Betrieb wurde unter Einbeziehung von forstwirtschaftlich genutzten Flächen als landwirtschaftlicher Betrieb bewertet. Die Bewertung ist unanfechtbar geworden.

Neben diesem landwirtschaftlichen Betriebe gehören zum Vermögen der Stiftung noch das Waisenhaus am Orte des Ritterguts mit einer dort befindlichen und von der Bfin. unterhaltenen Privatschule und der sogenannte Hauptfonds. In diesem sind alle Vermögenswerte zusammengefaßt, die weder zum Rittergute noch zum Waisenhause gehören; der Hauptfonds besteht aus verpachtetem landwirtschaftlichem Vermögen, einem Mietwohngrundstücke sowie aus Bargeld.

Die Bfin. wurde zur Vermögensabgabe mit dem Rittergute unter Berücksichtigung von Schulden und Hypothekengewinnabgabe entsprechend ihrer Vermögenserklärung für die Hauptveranlagung zur Vermögensteuer 1949 herangezogen. Dabei wurde ein in der Erklärung zur Vermögensabgabe von der Bfin. angegebener Mehrwert gemäß § 75 DMBG nicht berücksichtigt.

Mit dem Einspruch begehrte die Bfin. gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG Freistellung von der Vermögensabgabe, weil die Stiftung in ihrer Gesamtheit gemeinnützigen Zwecken diene und die Voraussetzungen der §§ 17 bis 19 StAnpG sowie §§ 7 und 8 der Gemeinnützigkeits-Verordnung (GemV) vom 24. Dezember 1953 (BStBl 1954 I S. 6) erfülle. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Berufung wurde weiter vorgetragen, die Aufspaltung der Stiftung in steuerbegünstigte und steuerpflichtige Vermögensteile sei unzulässig. Der Einheitswert des rein landwirtschaftlichen Betriebes sei geringer. Es müßten im übrigen noch Kirchen- und Schullasten berücksichtigt werden. Beide Lasten hätten schon vor der Errichtung der Stiftung bestanden.

In der Vorinstanz wurde die Vermögensabgabeschuld unter Berücksichtigung der Kirchenlasten herabgesetzt; im übrigen blieb die Berufung ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte im wesentlichen aus: In dem in Eigenbewirtschaftung stehenden Rittergute sei ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 6 GemV zu sehen. Auch sei eine Befreiung von der Steuerpflicht nach § 7 GemV nicht gegeben. Das Rittergut habe nur unwesentlich zum Unterhalt des Waisenhauses beigetragen, diene also in seiner Gesamteinrichtung nicht der Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke der Bfin. Angesichts der Größe des Gutes und des erzielten Umsatzes müsse der durch den Betrieb entstandene Wettbewerb mit anderen steuerpflichtigen Betrieben auch als größer angesehen werden, als es zur Erreichung des steuerbegünstigten Zweckes unvermeidbar wäre. Die Schullasten könnten gemäß § 74 Abs. 2 BewG nicht berücksichtigt werden, da sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Waisenhause stünden, also mit einem Vermögen, mit dem die Bfin. nicht zur Vermögensabgabe herangezogen werde. Nach dem Testamente des Stifters sei die Waisenhausschule zusammen mit dem Waisenhause entstanden. Sie sei stiftungsmäßiger Zweck. Das Rittergut sei vor der Stiftung nicht zum Unterhalte dieser erst später gegründeten Waisenhausschule verpflichtet gewesen. Das ergebe sich auch aus den revidierten Statuten der Bfin., wonach die Bfin. die Lasten für die Unterrichtung der Waisenkinder zu tragen habe (§ 5 a. a. O.) und weiterhin verpflichtet sei, die schulpflichtigen Kinder der Einwohner der Ortsgemeinde in die Waisenhausschule aufzunehmen und dort unentgeltlich unterrichten zu lassen. Der Vermögensabgabeveranlagung sei der volle Einheitswert zugrunde zu legen, da es sich hier um einen einheitlich festgestellten Wert handle.

Die Bfin. rügt wesentliche Verfahrensmängel, unrichtige Anwendung des Rechtes sowie einen Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten.

Das Finanzgericht habe auf der Bfin. nur teilweise bekannte Feststellungen des Betriebsprüfungsberichtes Bezug genommen, ohne der Bfin. vorher Gelegenheit zur äußerung zu geben. Des weiteren habe die Vorinstanz ihre amtliche Ermittlungspflicht verletzt, weil sie trotz Antrages keine Betriebsbesichtigung vorgenommen habe; bei einer örtlichen Besichtigung hätte sich der räumliche Zusammenhang zwischen dem Waisenhause und dem Rittergute sowie die Höhe des Beitrages des Gutes zum Unterhalt des Waisenhauses ergeben. Statt dessen habe sich das Finanzgericht ohne Nachprüfung auf Vermutungen im Betriebsprüfungsberichte gestützt. Der Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb sei geringer, was auch das Finanzamt anerkannt habe. Bei dem Gute liege kein selbständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, sondern bloße Vermögensverwaltung vor. Die Bfin. sei gezwungen, den Betrieb selbst zu führen. Sie benötige einen Teil der dort gewonnenen Erzeugnisse für das Waisenhaus. Ihr eigener Zweck, nämlich Erziehung, Pflege und Unterhalt von Waisenkindern, decke sich mit der Unterhaltung des Gutsbetriebes und finde in ihm unmittelbar auch seine Erfüllung. Sie sei auf die gesamten Gutseinkünfte angewiesen. Die Stiftung müsse als ein einheitliches und untrennbares Ganzes angesehen werden. Im übrigen seien aber die Voraussetzungen des § 7 GemV für eine Steuerbefreiung gegeben. Der Betrieb sei ganz auf das Waisenhaus abgestellt und stelle den Kern der Stiftung dar. Nur mit Hilfe des Gutes könnten die Mittel für die Beseitigung des gegenwärtigen untragbaren baulichen Zustandes des Waisenhauses beschafft werden. Zu anderen steuerpflichtigen Betrieben stehe die Bfin. nicht in einem größeren Umfange im Wettbewerb, als es für die Erfüllung des Stiftungszweckes unvermeidbar sei. Eigene Feststellungen in dieser Richtung habe die Vorinstanz nicht getroffen. Die Waisenhausschule sei schon auf Grund der Verordnung des Fürstbischofs vom September 1763 errichtet und auch schon vor der Stiftungsgründung durch den früheren Gutsherrn unterhalten worden. Die Schullast stehe deshalb mit dem Rittergute und nicht mit dem Waisenhause in einem wirtschaftlichen Zusammenhange.

In der mündlichen Verhandlung führte die Bfin. ergänzend aus: Ihr sei zwar der Betriebsprüfungsbericht bekannt gewesen, das Finanzgericht habe aber die Verpflichtung gehabt, auf alle diejenigen Punkte des Betriebsprüfungsberichtes hinzuweisen, die es in seiner Entscheidung zu verwerten beabsichtige. Es sei eine Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör, wenn ein solcher Hinweis unterlassen werde. Das Finanzgericht habe weiter gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, wenn der landwirtschaftliche Betrieb mit dem vollen Einheitswerte angesetzt worden sei. Das Finanzamt und die Bfin. seien übereingekommen, bei der Berechnung der Vermögensabgabe von einem geringeren Einheitswerte für deren landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen. Auch der Abzug der Schullasten sei bereits mit dem Finanzamt vereinbart worden, und zwar bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung 1951. Dies sei dem Finanzgericht mitgeteilt worden. Diese Zusagen des Finanzamts habe das Finanzgericht unberücksichtigt gelassen. Seine Ermittlungspflicht habe das Finanzgericht dadurch verletzt, daß es die gebotene örtliche Besichtigung unterlassen und kein Gutachten über den Zustand des Waisenhauses, des Rittergutes und des Forstbesitzes angefordert habe. Die Bfin. sei in Anbetracht des überalterten Gutsbetriebes wirtschaftlich nicht in der Lage, Vermögensabgabe in Höhe der Vorentscheidung zu leisten. Hinsichtlich der Schullasten müsse man bedenken, daß bei Abfassung der revidierten Statuten im Jahre 1878 nicht zwischen dem Waisenhause und dem Rittergute der Bfin. unterschieden, sondern die Stiftung als einheitliches, unteilbares Ganzes behandelt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und auf Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.

Die Rüge der Bfin., ihr sei das rechtliche Gehör verweigert worden, ist nicht begründet. Die Vorentscheidung nimmt teilweise Bezug auf Angaben im Betriebsprüfungsberichte. Dieser Bericht wurde nach dem Akteninhalt einem Vertreter der Bfin. mitgeteilt. Das Finanzgericht hat den Vertreter der Bfin. auf diesen Betriebsprüfungsbericht hingewiesen. Der Bericht war auch Gegenstand des Termines bei der Erörterung der Rechtslage vordem Vorsitzenden der Kammer der Vorinstanz, wie sich aus der Verhandlungsniederschrift ergibt. Die tatsächlichen Angaben des Betriebsprüfungsberichtes hinsichtlich der Lieferungen des Gutes an das Waisenhaus und des Gesamtumsatzes wurden vom Vertreter der Bfin. ausweislich der Verhandlungsniederschrift nicht bestritten. Es hätte der Bfin. freigestanden, sich zu dem Inhalte des Betriebsprüfungsberichtes zu äußern. Das Finanzgericht war auch nicht gehalten, die Bfin. auf Tz. 16 des Betriebsprüfungsberichtes ausdrücklich hinzuweisen. In Tz. 16 a. a. O. wurde die Frage der Abzugsfähigkeit der Schullasten behandelt. Dieser Rechtsfrage war vom Anfang an Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens. Eines besonderen Hinweises auf die Tz. des Betriebsprüfungsberichtes, in der diese Streitfrage behandelt worden war, bedurfte es deshalb nicht. Entgegen dem Vorbringen der Bfin. in der Rb. hat die Vorinstanz ihre Rechtsansicht auch nicht nur mit einer Bezugnahme auf den Betriebsprüfungsbericht begründet (dort Tz. 16); sie hat vielmehr hierüber eigene Erörterungen angestellt.

Von einer örtlichen Besichtigung konnte das Finanzgericht absehen, da die Frage der räumlichen und baulichen Verhältnisse für die Entscheidung der Rechtsfrage unerheblich ist. Ob eine örtliche Besichtigung vorzunehmen ist, entscheidet das Finanzgericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung. Die Entscheidung der Vorinstanz ist insoweit nicht zu beanstanden.

Einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten vermag der Senat nicht zu erkennen. Das Finanzgericht hat das Finanzamt und die Bfin. mit seiner Verfügung lediglich zur Erörterung der Frage aufgefordert, in welcher Höhe der Wert des Rittergutes anzusetzen sei. Selbst wenn hierin eine Anregung zur änderung der angefochtenen Einspruchsentscheidung gesehen werden könnte, so haben die Beteiligten hiervon keinen Gebrauch gemacht. Eine änderung der Einspruchsentscheidung nach § 94 AO, die bindend gewesen wäre, ist nicht erfolgt.

Die Bfin. unterliegt der Vermögensabgabe nach § 16 Abs. 1 Ziff. 2 LAG. Sie ist jedoch nach § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG teilweise von der Vermögensabgabe befreit. Wegen des Umfanges der Befreiung verweist § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG auf die §§ 17 - 19 StAnpG und die dazu ergangene GemV. Da § 18 Abs. 1 Ziff. 14 LAG für den Umfang der Befreiung auf die GemV Bezug nimmt, ist die Bfin. nur im Rahmen der GemV von der Vermögensabgabe befreit. Damit ist unter Umständen eine teilweise Vermögensabgabepflicht (§ 6 Abs. 1 GemV) ausdrücklich vorgeschrieben. Dem Vorbringen der Bfin., die Stiftung sei abgabenrechtlich als eine Einheit zu behandeln, steht sonach der Wortlaut des Gesetzes entgegen.

Der Betrieb des Rittergutes ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 6 GemV 1953 und keine bloße Vermögensverwaltung.

Eine Vermögensverwaltung liegt nicht vor, wenn und solange jemand einen Betrieb wie ein selbständiger Landwirt führt (vgl. Böttcher-Leibrecht, Kommentar zur Gemeinnützigkeits-Verordnung, 1956, Anm. 5 zu § 6). Die Bfin. hat nichts vorgetragen, was gegen eine derartige Betriebsführung spricht. Vielmehr behauptet sie selbst, die Eigenbewirtschaftung deshalb vorzunehmen, um die Einnahmen in voller Höhe, also ohne Abzug eines Pächteranteils, für sich verwenden zu können. Die Tätigkeit der Bfin. hinsichtlich des Gutes beschränkt sich also nicht auf die Erzielung von Erträgen, die der Grundbesitz als Vermögen abwirft (Hinweis auf Becker-Riewald-Koch, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, Bd. I, 1963, Anm. 9b Abs. 1 und Abs. 3 zu § 17 StAnpG), sondern ist auf nachhaltige Einnahmeerzielung gerichtet. Es ist ohne rechtliche Auswirkung, ob das Rittergut rentierliche wirtschaftliche Erträge abwirft und ob die Bewirtschaftungsmethode und die landwirtschaftlichen Geräte veraltet sind. Es genügt für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, daß die Bfin. das Rittergut unbestritten zu einer auf Erzielung von Einnahmen gerichteten Tätigkeit benutzt. Das Finanzgericht war deshalb nicht gehalten, über die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Rittergutes Ermittlungen anzustellen oder ein Gutachten einzuholen.

Der Gutsbetrieb wird auch selbständig betrieben; denn er hebt sich von der übrigen Betätigung der Bfin. als eine gesonderte wirtschaftliche Einheit ab. Das Waisenhaus und die Waisenhausschule haben eigenes Personal und einen klaren, abgrenzbaren Tätigkeitsbereich. Es kann somit nicht von einer einheitlichen Tätigkeit der Bfin. bei dem Waisenhause und dem Rittergute gesprochen werden. Das Waisenhaus kann auch ohne einen landwirtschaftlichen Betrieb bestehen, ist also ohne diesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zur Erfüllung seines steuerbegünstigten Zweckes dankbar (Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI a A 1/35 vom 24. Juli 1937, RStBl 1937 S. 1103, Slg. Bd. 42 S. 64).

Die Bfin. kann sich nicht darauf berufen, in ihrem Falle läge ein Zwang zur Selbstbewirtschaftung vor. Ob ein solcher Zwang zur Selbstbewirtschaftung gegeben ist oder nicht, ist nach den Verhältnissen des Rittergutes, also des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, nicht aber nach den Bedürfnissen der sonstigen steuerbegünstigten Teile des Vermögens der Bfin. zu entscheiden. Ein solcher Zwang zur Eigenbewirtschaftung läßt sich bei dem Rittergute nicht erkennen. Die Verwendung der Gutserzeugnisse und die steuerlichen Folgerungen hieraus sind nach § 7 GemV zu beurteilen, sind aber für die Entscheidung, ob eine Vermögensverwaltung im Sinne von § 6 GemV vorliegt, unerheblich.

Der landwirtschaftliche Betrieb der Bfin. ist kein steuerlich unschädlicher Geschäftsbetrieb im Sinne von § 7 GemV.

Das Rittergut dient nach seiner Gesamteinrichtung nicht dazu, die steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar zu verwirklichen. Hierzu wäre erforderlich, daß der Stiftungszweck, nämlich Erziehung, Pflege und Unterhalt der Waisenkinder, nur durch den landwirtschaftlichen Betrieb erfüllt werden könnte, also steuerbegünstigter Zweck und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht voneinander trennbar wären und gleichsam eine Einheit bildeten (Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI a 92/37 vom 23. Juli 1938, RStBl 1938 S. 913, Slg. Bd. 44 S. 277). Die Selbstbewirtschaftung ist für den Stiftungszweck nicht unentbehrliche Voraussetzung. Der Gutsbetrieb ist zwar ein wesentlicher materieller und krisenfester Rückhalt für die Stiftung. Durch die Zuführung der Erträge des Gutes an die Stiftung hilft der landwirtschaftliche Betrieb auch mittelbar, die steuerbegünstigten Zwecke zu erfüllen. Das reicht aber nicht aus, um die Anwendung von § 7 GemV zu bejahen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 33/51 U vom 24. Februar 1953, BStBl 1953 III S. 109, Slg. Bd. 57 S. 277).

Weder dient der Gutsbetrieb der Beschäftigung der Waisen (vgl. Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 17/46 vom 13. September 1947, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Körperschaftsteuergesetz § 4 Abs. 1 Ziff. 6 Rechtsspruch 1) noch ist er auf die Beschaffung von Nahrungsmittel für das Waisenhaus abgestellt. Das einem wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe dienende Vermögen unterliegt unter solchen Umständen der Besteuerung selbst dann, wenn ohne die aus ihm fließenden Einnahmen der Zweck der Stiftung nicht erfüllt werden kann. Eine eventuelle gelegentliche Beschäftigung der Zöglinge des Waisenhauses im Rittergut steht dem nicht entgegen, abgesehen davon, daß eine solche Beschäftigung der Kinder von der Bfin. nicht behauptet wird.

Da § 7 GemV schon aus diesem Grunde nicht angewendet werden kann, braucht die Frage, ob die Bfin. mit ihrem Betriebe zu anderen landwirtschaftlichen Betrieben in einem größeren Umfange in Wettbewerb tritt, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist, nicht behandelt zu werden.

Zu Recht hat die Vorentscheidung den vollen Einheitswert als Wert des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zugrunde gelegt.

In diesem Rechtsmittelverfahren ist über die Höhe der Vermögensabgabe zu entscheiden. Frühere Entscheidungen über die Körperschaftsteuer oder andere Steuern sind für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Auswirkung. Das Rittergut wurde in seinem ganzen Umfange, also einschließlich der forstwirtschaftlich genutzten Fläche, als landwirtschaftlicher Betrieb gewertet. Das ist nach § 30 Abs. 1 BewG möglich, soweit es sich um andere Vermögensunterarten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens handelt und die Zugehörigkeit dieser Flächen den landwirtschaftlichen Hauptzweck des Betriebes nicht wesentlich beeinflußt. Werden in einen landwirtschaftlichen Betrieb solche Grundstücksflächen einbezogen, die anderen als landwirtschaftlichen Zwecken dienen, so gehören diese einbezogenen Werte zum landwirtschaftlichen Vermögen und nicht zur Unterart des forstwirtschaftlichen Vermögens (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Anm. 1 zu § 30 BewG). Wegen der Bindungswirkung der Einheitsbewertung für die Vermögensabgabe-Veranlagung gemäß § 21 Abs. 1 Ziff. 1 LAG in Verbindung mit § 73 Abs. 3 BewG (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 211/54 U vom 4. März 1955, BStBl 1955 III S. 123, Slg. Bd. 60 S. 321) kann daher für die Festsetzung der Vermögensabgabe nicht von dem im Einheitswertverfahren festgestellten Werte des landwirtschaftlichen Betriebes abgewichen werden. Für die Veranlagung zur Vermögensabgabe sind die Einheitswerte so zu übernehmen, wie sie im Einheitswertverfahren festgestellt worden sind. Der festgestellte Einheitswert für das Rittergut kann daher nicht für Zwecke der Vermögensabgabe aufgeteilt werden. Hierzu fehlt es an einer gesetzlichen Möglichkeit, so wie sie etwa in § 6 Abs. 2 GrStG vorgesehen ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob eine Verpachtung des Forstbesitzes der Bfin. möglich ist oder nicht. Der Senat nimmt deshalb auch nicht zu dem eingereichten Schreiben des Staatlichen Forstamtes Stellung.

Gegen die Behandlung der Kirchenlasten durch die Vorentscheidung als Schulden bestehen keine Bedenken. Diese Lasten sind nunmehr auch unstreitig.

Hinsichtlich der Behandlung der Schullasten wird der Vorentscheidung nicht beigetreten.

es kann dahingestellt bleiben, ob das Rittergut schon vor der Stiftung zum Unterhalt einer Schule verpflichtet war und ob eine solche Schule schon zur Zeit der Stiftungsgründung bestanden hat. Eine solche Schulunterhaltungsverpflichtung konnte sich immer nur auf eine Schule für die Kinder des damaligen Gutsbezirks bezogen haben. Die gegenwärtige Schullast bezieht sich aber auf die Waisenhausschule. Das ist eine neue, erst durch die Stiftung und durch die späteren revidierten Statuten entstandene Verpflichtung. Durch die revidierte Satzung aus dem Jahre 1878 wurde in § 5 die Anstellung des zum Unterricht der Waisen erforderlichen Personals dem Bischof übertragen. Durch § 10 a. a. O. wurde es zur "stiftungsmäßigen Verpflichtung" gemacht, die schulpflichtigen Kinder der Einwohner der örtlichen-bürgerlichen Gemeinde in die Waisenhausschule aufzunehmen und hier unentgeltlich unterrichten zu lassen. Damit war ein neuer rechtlicher Grund für die Schulunterhaltungsverpflichtung geschaffen worden, der eine unter Umständen früher bestehende Verpflichtung ersetzt hat. Diese neue Verpflichtung wurde nicht durch das Preußische Volksschulfinanzgesetz vom 2. Dezember 1936 (Preuß. Gesetzsammlung, Jahrgang 1936, S. 161) aufgehoben. Nach § 2 der zu diesem Gesetze ergangenen Verordnung vom 24. März 1937 (Preuß. Gesetzsammlung, Jahrgang 1937, S. 24) bleiben die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen Dritter für die Zwecke der Volksschule bestehen. Solange diese neue Waisenhausschule mit der Verpflichtung zur Unterrichtung auch der Kinder der Ortsgemeinde besteht, ruht die unter Umständen früher bestandene Observanz. Diese Schuld würde erst dann wieder zu einer wirtschaftlichen Belastung werden, wenn die Privatschule im Waisenhause aufgelöst werden würde; bis zu diesem Zeitpunkte aber ist diese Observanz wie eine aufschiebend bedingte Last zu behandeln.

Durch die revidierte Satzung aus dem Jahre 1878 wurde aber die gesamte Stiftung als juristische Person zum Unterhalte einer Schule verpflichtet. Das Waisenhaus selbst ist keine eigene Rechtsperson. Die dadurch geschaffene neue Schullast ruht daher auf dem gesamten Stiftungsvermögen, also auch auf dem Rittergute. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang dieser Last nur mit dem Waisenhause ist zu verneinen. Das hat die Vorinstanz verkannt; ihre Entscheidung ist daher aufzuheben. Das Finanzgericht hat nunmehr zu prüfen, welchen Wert die Schullast am 21. Juni 1948 hatte. Bei seiner erneuten Entscheidung hat das Finanzgericht den anteilmäßig auf das Rittergut treffenden Schullastbetrag bei der Festsetzung der Vermögensabgabe zu berücksichtigen. Dieser anteilige Betrag ergibt sich durch die Verteilung der Schullast auf das Stiftungsvermögen unter Berücksichtigung aller Vermögenswerte, also auch des Wertes des sogenannten Hauptfonds, da das gesamte Stiftungsvermögen mit der Schullast belastet ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410950

BStBl III 1963, 532

BFHE 1964, 578

BFHE 77, 578

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