Leitsatz (amtlich)

Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen Kreditgebern sind als eine Schuld i.S. des § 8 Nr.1 GewStG zu beurteilen, wenn sie wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen zwischen den Kreditgebern und zwischen ihnen und dem Kreditnehmer derart miteinander verknüpft sind, daß gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die längerfristige Nutzung von Kreditmitteln sichert.

 

Normenkette

GewStG 1978 § 8 Nr. 1; GewStR 1984 Abschn. 47 Abs. 3 S. 5; GewStG 1978 § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft. Sie nahm in den Jahren 1982 (Streitjahr) und 1983 bei ihrer Hausbank, einer inländischen Sparkasse, einen Kontokorrentkredit in Anspruch. Im April 1982 tilgte sie diesen Kredit in Höhe eine Teilbetrags von 2 Mio DM. Die Mittel für die Tilgung hatte sie am 28.April 1982 durch Aufnahme eines zinsgünstigeren Eurokredits bei einem Kreditinstitut mit Sitz im Ausland (Auslandsbank) erlangt. Der Eurokredit hatte eine Laufzeit von zwei Monaten und war der Klägerin von ihrer Hausbank vermittelt worden. Die Hausbank hatte ―was Voraussetzung für die Gewährung des Eurokredits war― der Auslandsbank gegenüber die unbedingte und unwiderrufliche Garantie für die Rückzahlung des Eurokredits einschließlich Zinsen bei Fälligkeit übernommen. Weiterhin hatte sie der Auslandsbank bestätigt, daß die Klägerin ordnungsgemäß gegründet worden war, noch bestand und alle für die Aufnahme und Rückführung des Eurokredits erforderlichen Voraussetzungen erfüllt waren.

Bei Fälligkeit des Eurokredits nahm die Klägerin einen zweiten von der Hausbank garantierten Eurokredit in Höhe von wiederum 2 Mio DM bei der Auslandsbank auf und tilgte mit den Mitteln dieses Kredits den ersten Eurokredit. Die Laufzeit des zweiten Eurokredits betrug sechs Monate. Ihn tilgte die Klägerin am 28.Dezember 1982 (Fälligkeitstag) durch wieder erhöhte Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits der Hausbank.

Den langfristig in Anspruch genommenen Kontokorrentkredit sah die Klägerin als Dauerschuld im Sinne des Gewerbesteuerrechts an, die kurzfristigen Eurokredite dagegen nicht. Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Auffassung, wegen des Zusammenwirkens der Hausbank und der Auslandsbank bei der Gewährung und Abwicklung der Eurokredite seien auch die Eurokredite Dauerschulden. Er änderte den Gewerbesteuermeßbescheid für 1982 und erfaßte auch die für die Eurokredite entrichteten Zinsen als Teile des Gewerbeertrags.

Einspruch und Klage waren erfolglos.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 8 Nr.1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist zurückzuweisen. Sie ist unbegründet (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

1. Zum Gewerbeertrag gehören gemäß § 8 Nr.1 GewStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung unter anderem auch Zinsen für die Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Schulden dieser Art (sogenannte Dauerschulden) sind insbesondere die allgemeinen Geschäftskredite, die der Gewerbetreibende längerfristig ―d.h. länger als ein Jahr (vgl. Senatsurteil vom 8.Februar 1984 I R 15/80, BFHE 140, 468, BStBl II 1984, 379)― in Anspruch nimmt. Kontokorrentverbindlichkeiten sind Dauerschulden, soweit sich aus den Umständen der Kreditgewährung ergibt, daß dem Gewerbetreibenden ein Mindestkredit für nicht nur kurze Zeit zur Verfügung stand (vgl. Bundesfinanzhof ―BFH―, Urteil vom 20.November 1980 IV R 81/77, BFHE 132, 89, BStBl II 1981, 223, m.w.N.).

Bei Prüfung der Frage, ob eine Verbindlichkeit eine Dauerschuld ist, muß grundsätzlich jedes einzelne Schuldverhältnis für sich beurteilt werden. Mehrere Verbindlichkeiten sind ausnahmsweise als eine einheitliche Schuld zu werten, wenn die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und es dem Zweck des § 8 Nr.1 GewStG ―die objektive Wirtschaftskraft des Gewerbebetriebs zu erfassen― widerspräche, diesen Zusammenhang unberücksichtigt zu lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.November 1980 I R 132/77, BFHE 132, 87, BStBl II 1981, 219, m.w.N.).

Im Urteil vom 16.Januar 1974 I R 254/70 (BFHE 111, 425, BStBl II 1974, 388) hat der Senat ausgeführt, eine einheitliche Beurteilung mehrerer Schuldverhältnisse müsse in der Regel auf Schuldverhältnisse zwischen denselben Personen beschränkt bleiben; eine Ausnahme könne dann gelten, wenn die Bedingungen, nach denen ein Kredit abzuwickeln ist, durch das Zusammenwirken mehrerer Kreditgeber zustande gekommen sind (ebenso Abschn.47 Abs.3 Satz 5 der Gewerbesteuer-Richtlinien ―GewStR― 1984). Ob jedes derartige Zusammenwirken oder nur ein Zusammenwirken mit bestimmter Zielsetzung zur einheitlichen Beurteilung mehrerer Kreditverhältnisse führt, mußte der Senat seinerzeit nicht entscheiden (offengelassen auch im BFH-Urteil vom 4.Oktober 1988 VIII R 168/83, BFHE 155, 389, 394, BStBl II 1989, 299, 301).

In Fortführung dieser Rechtsprechung ist der Senat der Ansicht, daß mehrere von verschiedenen Kreditgebern gewährte Kredite jedenfalls dann als eine einheitliche Schuld i.S. des § 8 Nr.1 GewStG zu beurteilen sind, wenn sie wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen zwischen den Kreditgebern und zwischen ihnen und dem Kreditnehmer derart verknüpft sind, daß gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die längerfristige Nutzung von Kreditmitteln sichert. In diesem Fall widerspräche es dem Zweck des § 8 Nr.1 GewStG, jedes der Kreditverhältnisse einzeln zu beurteilen und nicht zu berücksichtigen, daß sie eng miteinander verbunden sind und aufgrund dieser Verbindung dem Betrieb Fremdkapital auf Dauer zur Verfügung gestellt wird.

2. Die Verbindlichkeiten aufgrund des Kontokorrentkredits und der Eurokredite sind als eine Schuld i.S. des § 8 Nr.1 GewStG zu beurteilen.

Sie waren wirtschaftlich eng miteinander verbunden. Die Eurokredite ersetzten ―teilweise und nur vorübergehend― den Kontokorrentkredit. Sie wurden nicht zur Deckung eines kurzfristigen Kapitalbedarfs aufgenommen, sondern dienten demselben Zweck wie der langfristig als allgemeiner Geschäftskredit eingeräumte Kontokorrentkredit.

Die Kredite waren auch derart miteinander verknüpft, daß für die Klägerin die langfristige Nutzung der Kreditmittel gesichert war. Voraussetzung für die Gewährung der Eurokredite war die Rückzahlungsgarantie der Hausbank. Diese Garantie schloß die Verpflichtung gegenüber der Auslandsbank und die Bereitschaft gegenüber der Klägerin ein, der Klägerin bei Fälligkeit der Eurokredite die zu deren Tilgung benötigte Valuta als Kredit zur Verfügung zu stellen, falls die Klägerin sich diese Valuta nicht auf andere Weise verschaffte. Aufgrund dieser Bereitschaft der Hausbank war für die Klägerin sichergestellt, daß sie trotz der kurzen Laufzeit der Eurokredite Fremdkapital in entsprechender Höhe langfristig in Anspruch nehmen konnte.

Der Beurteilung der Verbindlichkeiten als eine Schuld steht nicht entgegen, daß die Konditionen der Eurokredite und des Kontokorrentkredits sich unterschieden. Die unterschiedlichen Kreditkonditionen (z.B. hinsichtlich der Verzinsung, der Laufzeit und der Absicherung) ändern nichts daran, daß die Kredite dem gleichen Finanzierungszweck dienten und aufgrund der übrigen Kreditvereinbarungen Teile einer langfristigen Kreditgewährung waren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63115

BStBl II 1990, 915

BFHE 161, 568

BFHE 1991, 568

BB 1990, 2324

BB 1990, 2324-2325 (LT)

DB 1990, 2203 (LT)

DStR 1990, 673 (KT)

HFR 1991, 100 (LT)

StE 1990, 375 (K)

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