Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsmäßigkeit der Buchführung

 

Leitsatz (NV)

1. Für die fortlaufende, vollständige und richtige Verzeichnung der Geschäftsvorfälle im Kassenbuch genügt es, daß die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in das Kassenbuch eingetragen werden. In diesem Fall muß aber das Zustandekommen dieser Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachgewiesen werden.

2. Zur Schätzung des Umsatzes und des Gewinns anhand des Wareneinsatzes.

 

Normenkette

AO § 162 Abs. 2 S. 1; AO 1977 § 146 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt einen Einzelhandel mit Brennstoffen in A; sie unterhält eine Filiale. Anläßlich einer Betriebsprüfung für die Jahre 1973 bis 1975 verwarf der Prüfer die Buchführung der Klägerin wegen formeller und materieller Mängel. Er schätzte deswegen den Umsatz und den Gewinn anhand des Wareneinsatzes. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) übernahm diese Feststellungen und berichtigte dementsprechend die Gewinnfeststellungen 1973 bis 1975 sowie die Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für diese Jahre.

Die Klage zum Finanzgericht (FG) blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das FG hat die Buchführung der Klägerin zu Recht als nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Eine ordnungsgemäße Buchführung setzt voraus, daß sämtliche Geschäftsvorfälle laufend, vollständig und richtig verzeichnet werden (§ 162 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung - AO -, § 146 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Das Kassenbuch war wesentlicher Teil der Buchführung, zumal die Klägerin nach der Art ihres Unternehmens vorwiegend Bargeschäfte tätigte.

Damit die fortlaufende, vollständige und richtige Verzeichnung der Geschäftsvorfälle im Kassenbuch gewährleistet und erwiesen wird, sind bestimmte Vorkehrungen erforderlich. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 12. Mai 1966 IV 472/60 (BFHE 86, 118, BStBl III 1966, 371) Stellung genommen. Danach ist nicht zu beanstanden, daß die Kasseneinnahmen, wie im Streitfall geschehen, täglich nur in einer Summe in das Kassenbuch eingetragen werden. Dann muß aber das Zustandekommen dieser Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachgewiesen werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden; in diesem Fall brauchen Kassenstreifen usw. nicht aufbewahrt zu werden. Diesen Anforderungen ist im Streitfall nicht genügt. Die Klägerin hat keine Kassenberichte erstellt. Sie hat für die Jahre 1973 und 1974 teilweise keine Registrierkassenstreifen vorlegen können. Ob die Kassenstreifen bei einer Überschwemmung verlorengegangen sind, hat keine Bedeutung; denn für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung kommt es auf ihren objektiven Zustand bei der Prüfung an (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. August 1974 I R 189/72, BFHE 113, 120, BStBl II 1974, 728).

In den übrigen Zeiträumen ist es nach den Feststellungen des FG zu Radierungen und Überschreibungen gekommen, die den Beweiswert der Eintragungen im Kassenbuch aufheben. Hiervon gehen § 162 Abs. 5 AO und § 146 Abs. 4 AO 1977 aus.

Darüber hinaus sind die Einnahmen auch nur unvollständig aufgezeichnet worden. Hierzu hat das FG festgestellt, daß ein Vergleich der erhalten gebliebenen Kassenstreifen und der eingetragenen Erlöse vielfach Umsatzkürzungen zwischen 100 DM und 1 000 DM täglich ergeben. Auch danach kann die Buchführung keine Beachtung beanspruchen.

2. Da die Besteuerungsgrundlagen nicht der Buchführung entnommen werden konnten, waren sie zu schätzen (§ 217 Abs. 2 AO, § 162 Abs. 2 AO 1977). Der Prüfer hat zu diesem Zweck den wertmäßigen Wareneinsatz ermittelt und ihn nach den Verhältnissen des Jahres 1973 auf die einzelnen Brennstoffarten (Brikett, Anthrazit und Eierkohle, Koks und Steinkohle sowie sonstiges Brennmaterial) aufgeteilt. Auf die so ermittelten Teilbeträge hat er die durchschnittlichen Aufschläge zugeschlagen und daraus den Sollumsatz ermittelt. Das FG hat dieses Vorgehen des Prüfers als sachlich zutreffend bezeichnet. Dies ist nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung der Revision hat das FG seine Aufklärungspflicht nicht deswegen verletzt, weil es nicht auch für die Jahre 1974 und 1975 eine Aufteilung des Wareneinsatzes nach Warengattungen vorgenommen hat. Jede Schätzung ist mit Ungenauigkeiten behaftet. Im Streitfall hat bereits das FA das ihm Zumutbare getan, als es den Wareneinsatz 1973 im einzelnen aufschlüsselte. Daß und welches andere Ergebnis die Aufschlüsselung in den Jahren 1974 und 1975 gehabt hätte, hat die Revision nicht dargetan. Sie übersieht außerdem, daß das FA für das Jahr 1974 nicht vom geschätzten Sollumsatz ausgegangen ist, sondern die erklärten Erlöse um die festgestellten Umsatzkürzungen erhöht hat.

Das FG hat der Klägerin in diesem Zusammenhang nicht das rechtliche Gehör versagt. Es hat die Einwendungen der Klägerin berücksichtigt und ist im einzelnen auf sie eingegangen. Das FG hat insbesondere den Vortrag der Klägerin gewürdigt, daß sie auch bereits abgepackte Brennstoffe eingekauft und dadurch höhere Aufwendungen gehabt habe. Zu Recht hat das FG darauf hingewiesen, daß sich diese Aufwendungen in dem vom Prüfer berücksichtigten wertmäßigen Wareneinsatz niedergeschlagen haben. Zur Ermittlung des Sollumsatzes ist der Prüfer von den durchschnittlichen Aufschlägen für Briketts ausgegangen. Sofern für verpackte Ware andere Aufschläge berechnet wurden, hätte eine weitere Aufschlüsselung möglicherweise zu anderen Umsatzahlen geführt. Daß dies unterlassen wurde, ist weder dem FA noch dem FG vorzuhalten. Auch insoweit handelt es sich vielmehr um hinzunehmende Ungenauigkeiten einer Schätzung, die die Klägerin durch einwandfreie Führung ihrer Bücher hätte vermeiden können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414016

BFH/NV 1985, 12

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