Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Lotterielose stellen Wertpapiere (Inhaberschuldverschreibungen) dar. Ihre unterschiedliche Bewertung in der RM-Schlußbilanz und DM-Eröffnungsbilanz kann daher, da sie weder zu den festverzinslichen Wertpapieren noch zu den Forderungen im Sinne des § 164 Abs. 1 LAG gehören, nicht zu einem Gläubigerverlust führen.

 

Normenkette

LAG § 164 Abs. 1

 

Tatbestand

Durch Vorauszahlungsbescheid über die Kreditgewinnabgabe vom 9. April 1953 hat das Finanzamt die vierteljährlichen Vorauszahlungen der beschwerdeführenden OHG, die neben einem Lebensmittelgroßhandel den Verkauf von Losen der Nordwestdeutschen Klassenlotterie in Hamburg betreibt, abweichend von dem sich nach der Erklärung und Selbstberechnung zur Kreditgewinnabgabe ergebenden Betrag auf 488,25 DM festgesetzt. Der Rechtsstreit geht nur noch um die Frage, ob der Unterschied zwischen dem Ansatz von zum Betriebsvermögen der OHG gehörigen Losen der Klassenlotterie in der RM-Schlußbilanz (5.451 RM) und in der DM-Eröffnungsbilanz (545,10 DM) mit 4.905 M als Gläubigerverlust nach § 164 Abs. 1 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) anzuerkennen ist mit der Folge, daß die Bemessungsgrundlage der Kreditgewinnabgabe nach § 162 LAG entsprechend niedriger wäre. Die Vorbehörden haben einen Gläubigerverlust hinsichtlich der Lose nicht anerkannt. Das Finanzgericht hat ausgeführt, daß die Lose als Wertpapiere (Inhaberschuldverschreibungen) nicht den "Forderungen" im Sinne des § 164 Abs. 1 LAG zugerechnet werden könnten und im übrigen keine "festverzinslichen" Wertpapiere im Sinne dieser Vorschrift darstellten.

In der Rechtsbeschwerde bestreitet die Beschwerdeführerin (Bfin.) zwar nicht die Eigenschaft der Lose als Inhaberschuldverschreibungen. Als solche verbrieften sie eine zwar noch nicht bestimmte, aber bestimmbare Forderung (mathematischer Barwert), die, obgleich es sich um eine Geldwertforderung handele, zu den in § 164 Abs. 1 LAG genannten Forderungen gehöre. Auch wenn Lotterielose nach dem Sprachgebrauch nicht schlechthin als "Forderungen" bezeichnet würden, entspreche es der wirtschaftlichen Bedeutung des LAG, in entsprechend weiter Auslegung auch die Lotterielose unter diesen Begriff zu bringen und die an ihnen erlittenen Verluste als Gläubigerverluste anzuerkennen. Im übrigen müsse mit Harmening und gegen Kühne-Wolff angenommen werden, daß auch Geldwertforderungen zu den Forderungen im Sinne des § 164 Abs. 1 LAG gehörten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Mit der in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. aus dem neueren Schrifttum Hueck, Recht der Wertpapiere, 6. Auflage 1954 S. 11) weitaus überwiegend vertretenen Auffassung ist davon auszugehen, daß Lotterielose zu den eine Unterart von Wertpapieren darstellenden Inhaberschuldverschreibungen gehören, bei denen der Bestand des Rechts an den Besitz des Papiers geknüpft ist und die übertragung nach sachenrechtlichen Grundsätzen erfolgt. Wenn nun der Gesetzgeber bei der Entscheidung darüber, in welchem Umfang Gläubigerverluste bei der Ermittlung der Kreditgewinnabgabeschuld zu berücksichtigen sind, neben den Forderungen die festverzinslichen Wertpapiere aufgeführt hat, so hat er dadurch zu erkennen gegeben, daß die in Wertpapieren verbrieften Forderungen, die sowohl nach dem Sprachgebrauch in dem Begriff "Wertpapier" aufgehen als sich auch der Sache nach von unverbrieften Forderungen unterscheiden, im Sinne des § 164 Abs. 1 LAG nicht den Forderungen, sondern den Wertpapieren zuzurechnen sind. Im übrigen hat der Gesetzgeber dadurch, daß er die in Wertpapieren verbrieften Forderungen nur dann bei der Ermittlung der Gläubigerverluste berücksichtigt wissen will, wenn es sich um festverzinsliche Forderungen handelt, eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die in Wertpapieren verbrieften nicht festverzinslichen Forderungen nicht zu einem Gläubigerverlust im Sinne des § 164 Abs. 1 LAG führen sollten. An diesen im Gesetz klar zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers sind auch die Steuergerichte gebunden.

Hiernach muß die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung (AO) als unbegründet zurückgewiesen werden, ohne daß es einer abschließenden Stellungnahme zu der Frage bedurfte, ob unter den Begriff "Forderungen" im Sinne des § 164 Abs. 1 LAG nur Geldsummenansprüche oder auch Geldwertansprüche fallen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß die Auffassung der Verwaltung (Textziffer 27 des Zweiten Sammelerlasses zur Kreditgewinnabgabe, Bundessteuerblatt 1954 I S. 350), ebenso wie für die Schuldnergewinne kämen auch für die Gläubigerverluste nur die Geldsummenschuldverhältnisse in Frage, auch im Schrifttum fast einhellig vertreten wird (Kühne-Wolff, Anm. 5 zu § 164 LAG; Hopf-Littmann, Anm. 1 a zu § 164 LAG; Schulze-Brachmann, Anm. 4 zu § 164 LAG; Ring, Deutsche Steuer-Zeitung 1953 S. 67). Auch die von der Bfin. für die gegenteilige Auffassung angeführte Meinung von Harmening (Anm. 12 b zu § 164 LAG) lehnt den Standpunkt der Verwaltung, daß in dieser Frage kein sachlicher Unterschied zwischen § 163 Abs. 1 und § 164 Abs. 1 LAG zu machen sei, keineswegs ab ("da die Gläubigerverluste das Spiegelbild der Schuldnergewinne sind, spricht viel für den Standpunkt der Verwaltung"), und weist lediglich darauf hin, daß der Gesetzestext das nicht zum Ausdruck bringe.

Der Streitwert wird auf das Zehnfache des bestrittenen Vierteljahresbetrags (488,25 - 375,75 = 112,50 DM) mit 1.125 DM festgestellt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408190

BStBl III 1955, 212

BFHE 1956, 37

BFHE 61, 37

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