Leitsatz (amtlich)

Soweit Bewirtungsspesen und Geschenke nach § 4 Abs. 5 EStG Betriebsausgaben sein können, gehört zur Erfüllung der Pflicht zur getrennten und gesonderten Aufzeichnung (§ 4 Abs. 6 EStG) in aller Regel die Angabe der bewirteten Personen und der Empfänger der Geschenke.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5-6

 

Tatbestand

Streitig ist bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Zeit vom 1. Januar 1960 bis 30. April 1962 der Revisionsbeklagten, einer OHG, die Abzugsfähigkeit von Bewirtungsspesen und Geschenken als Betriebsausgaben.

Der Revisionskläger (FA) erkannte in der Einspruchsentscheidung u. a. die folgenden Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben an:

Für 1960: Bewirtungsspesen für

Geschäftsreisen 1661,45,

für 1961: Bewirtungsspesen für

Geschäftsreisen 24 283,25

Präsente 400,-

Geschenke 2 200,- 26 883,25 und

für 1962: Bewirtungsspesen 12 534,96

insgesamt 41 079,66 DM

Das FA stützte seine Auffassung im wesentlichen darauf, daß die Namen der Empfänger oder Teilnehmer an den Bewirtungen nicht aufgezeichnet und nicht benannt worden seien. Das FG gab der Klage aus folgenden Gründen statt. Es handele sich um Betriebsausgaben im Sinn des § 4 Abs. 5 EStG, die einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden müßten (§ 4 Abs. 6 EStG). Auch für diese Aufwendungen gelte § 205a Abs. 2 und 3 AO, wonach der Abzug als Betriebsausgaben grundsätzlich von der Angabe der Empfänger abhängig sei, wenn das FA diese Angabe verlange. Diese Vorschrift könne aber, da ihr Sinn und Zweck die Sicherstellung der Besteuerung der Empfänger sei, bei Bewirtungsspesen in der Regel nicht angewendet werden, weil diesen Aufwendungen keine steuerpflichtigen Einkünfte der Bewirteten gegenüberstünden. Der vom Gericht als Auskunftsperson vernommene H. H., der Ehemann einer Gesellschafterin, habe glaubhaft bekundet, daß er persönlich mit den geltend gemachten Bewirtungsspesen die Geschäftsfreunde der OHG bewirtet habe und in den Rechnungen auch sein eigener Verzehr enthalten sei. Er habe weiter glaubhaft versichert, daß in dem für Präsente geltend gemachten Abzug von 400 DM nach seiner Erinnerung an keine Person mehr als 100 DM wertmäßig zugewandt worden sei. Dagegen habe das FA im Einspruchsverfahren den Abzug für Geschenke mit 2 200 DM mit Recht abgelehnt, weil die OHG weder den Grund des Abzugs noch den Empfänger benannt habe. Erst aus der Aussage des vernommenen H. H. im Klageverfahren habe sich ergeben, daß dieser Betrag zwei leitenden Direktoren in Ostdeutschland als vereinbarte Provision zugeflossen sei. Da die OHG diesen Tatbestand aber bereits im Einspruchsverfahren hätte vortragen können und müssen, seien ihr insoweit, d. h. in Höhe eines Zwanzigstel, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Aufgrund dieser Ausführungen hob das FG die einheitlichen Gewinnfeststellungen und die Einspruchsentscheidung auf.

Gegen diese Entscheidung legte das FA Revision ein. Es wandte sich nicht gegen die Anerkennung der ursprünglich als Geschenke bezeichneten Beträge in Höhe von 2 200 DM bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1961, sondern beantragte nur, die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als sie Betriebsausgaben in Höhe von 38 879,66 DM anerkannt habe.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG.

Nach § 4 Abs. 5 und 6 EStG in der ab 1960 geltenden Fassung müssen Aufwendungen für solche Geschenke, deren Abzug als Betriebsausgaben in Betracht kommt, weil sie entweder an Arbeitnehmer oder an arbeitnehmerähnliche Personen gemacht wurden oder ihr Wert 100 DM nicht überstieg, und andere Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen und andere Personen berühren, einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden; wenn diese Aufwendungen nicht besonders aufgezeichnet sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nicht abgezogen werden. Hierzu wird in Abschn. 20 Abs. 15 EStR 1960 ausgeführt, daß von Ausnahmen abgesehen bei Aufwendungen für Geschenke der Name des Empfängers und bei der Bewirtung von Geschäftsfreunden der Name des Geschäftsfreundes aus der gesonderten Buchung oder dem Buchungsbeleg zu ersehen sein müsse.

Der Auffassung des FG und der OHG, daß sich eine solche Verpflichtung höchstens aus § 205a AO, nicht aber aus der gesonderten Aufzeichnungspflicht des § 4 Abs. 5 und 6 EStG ergebe, kann nicht zugestimmt werden. Die dem Steuerpflichtigen durch diese Vorschrift auferlegte Verpflichtung, jede einzelne Aufwendung gesondert und getrennt von anderen Betriebsausgaben aufzuzeichnen und das bei der Verletzung dieser Pflicht ausdrücklich angeordnete Abzugsverbot verfolgen den Zweck, die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen nach den allgemeinen Grundsätzen des § 4 Abs. 4 EStG oder nach den einschränkenden Anordnungen in § 4 Abs. 5 EStG besonders leicht und sicher prüfen zu können. Wenn die Auffassung der OHG zutreffend wäre, daß der in § 4 Abs. 6 EStG geforderten Aufzeichnungspflicht schon genügt sei, wenn nur die allgemeine Bezeichnung, das Datum, der Ort und die Höhe der Aufwendung, z. B. die Bewirtung an einem bestimmten Tag in einer bestimmten Gaststätte für 100 DM, angegeben werde, so kann der bezeichnete Gesetzeszweck nicht erreicht werden. Denn entscheidend für die Beurteilung einer Bewirtung als Betriebsvorgang oder als Vorgang der Lebensführung sind nur im geringen Maße die Angaben des Datums, der Ort und der Höhe der Aufwendung, die sich in aller Regel aus dem Beleg der Gaststätte ergeben. Entscheidend ist, wer an der Bewirtung teilgenommen hat, und in welcher Beziehung er zu dem Steuerpflichtigen steht, ob er also zu den Kunden oder den Lieferanten zu rechnen ist. Ein Beleg über eine Aufwendung zur Bewirtung eines Geschäftsfreundes erfordert deshalb in der Regel schon nach allgemeinen Buchungs- und Nachweisgrundsätzen über die in einem Beleg notwendigen Angaben, daß der Steuerpflichtige im Beleg angibt, wen er bewirtet hat. Die Pflicht zur einzelnen und gesonderten Aufzeichnung erstreckt sich deshalb bei einer dem Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechenden Auslegung auf alles, was im Regelfall in einem ordnungsmäßigen Beleg angegeben werden muß. Es mag Fälle geben, in denen die Erfüllung dieser Verpflichtung nicht zumutbar ist, z. B. bei einer Bewirtung einer größeren Personengruppe die den Betrieb besichtigt. Der vorliegende Fall bietet keinen Anhalt für eine solche Ausnahme. Offenbar wird diese Auslegung des § 4 Abs. 6 EStG durch die EStR auch im Schrifttum nicht beanstandet (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 10. Aufl., §§ 4, 5, Tz. 792).

Diese Grundsätze gelten auch für Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG, soweit ihr Abzug nicht in jedem Fall ausgeschlossen ist. Das FG durfte also weder die Bewirtungsspesen noch die Präsente in Höhe von 400 DM zum Abzug zulassen. Es kann dahingestellt bleiben, in welchen Fällen bei Geschenken mit besonders niedrigem Wert oder bei Werbeaufwendungen die Aufzeichnung jedes einzelnen Empfängers unzumutbar ist, was z. B. Abschn. 20 Abs. 15 EStR 1960 bei bestimmten Werbegeschenken annimmt. Denn die Ausführungen der Beteiligten und die Feststellungen des FG geben keinen Anlaß zu der Annahme eines solchen Ausnahmefalls, in dem auf die Angabe der Empfänger verzichtet werden könnte.

Soweit es sich um die Bewirtungsaufwendungen im Veranlagungszeitraum 1960 handelt, ist folgendes zu berücksichtigen. Die besondere Aufzeichnungspflicht des § 4 Abs. 6 EStG, bei deren Verletzung stets die gesetzliche Folge der Nichtabzugsfähigkeit der Aufwendungen eintritt, gilt nach § 52 Abs. 2 EStG 1960 erstmals für Aufwendungen, die nach dem 5. August 1960 gemacht worden sind. Aus den Feststellungen des FG ist nicht ersichtlich, welcher Teil der Aufwendungen für Bewirtungen nach dem bezeichneten Zeitpunkt liegt. Die Nichtabzugsfähigkeit dieser Aufwendungen ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen. Auf die Anordnung in Abschn. 20 Abs. 17 EStR 1960, wonach es das FA nicht beanstanden solle, wenn die besondere Aufzeichnung nach § 4 Abs. 6 EStG für Bewirtungsspesen vor dem 1. Februar 1961 nicht vorgenommen sei, kann sich die OHG nicht berufen. Denn da der Gesetzgeber selbst ausdrücklich das Inkrafttreten der besonderen Aufzeichnungspflicht in § 52 Abs. 2 EStG geregelt hat, ist die Verwaltung nicht berechtigt, allgemein das Inkrafttreten aus Billigkeitsgründen hinauszuschieben. Dieser Anordnung fehlt also die gesetzliche Grundlage.

Soweit die Aufwendungen für die Bewirtung vor dem 6. August 1960 gemacht wurden, gelten für ihren Abzug die allgemeinen Vorschriften. Dem FG ist hier zuzustimmen, daß es im pflichtgemäßen Ermessen des FA liegt, die Vorschrift des § 205a AO anzuwenden, also die Angabe der Namen der Geschäftsfreunde, die an der Bewirtung teilgenommen haben, zu verlangen. Dabei mußte sich aber das FG auf die Prüfung beschränken, ob das FA sein Ermessen pflichtwidrig ausübte und im Rahmen des ihm zustehenden Ermessensspielraums auf der Angabe der Namen der Geschäftsfreunde nicht hätte bestehen dürfen. Das FG durfte also nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des FA setzen (vgl. Urteil des BFH IV R 53/68 vom 26. September 1968, BFH 94, 110, BStBl II 1969, 77).

Die Vorentscheidung braucht aber nicht deshalb aufgehoben zu werden, weil das FG vermutlich irrtümlich davon ausging, daß es sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des FA setzen dürfe. Denn die tatsächlichen und unbestrittenen Feststellungen des FG reichen für den Senat aus, um darüber zu entscheiden, ob das FA innerhalb seines Ermessensspielraums geblieben ist. Wie sich aus dem BFH-Urteil VI 147/59 U vom 15. Januar 1960 (BFH 70, 447, BStBl III 1960, 167) ergibt, kann das FA nicht stets die Angabe der Namen der Geschäftsfreunde verlangen, besonders dann, wenn die Aufwendungen verhältnismäßig gering und beim Empfänger offenbar nicht steuerpflichtig sind und glaubhaft erscheint, daß Aufwendungen in dieser Höhe als Betriebsausgabe entstanden sind. Es erscheint daher nicht recht und billig, daß diese tatsächlich entstandenen und verhältnismäßig geringen Bewirtungsspesen nur deshalb nicht zum Abzug zugelassen werden, weil die Namen der Geschäftsfreunde nicht benannt worden sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413219

BStBl II 1972, 694

BFHE 1972, 50

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