Entscheidungsstichwort (Thema)

Fachliteratur als Arbeitsmittel bei einem Professor für Germanistik

 

Leitsatz (NV)

Auch bei einem Universitätsprofessor für Germanistik sind Bücher allgemeinbildenden Inhalts nur entsprechend der konkreten Funktion des Buchs im Einzelfall als Arbeitsmittel anzuerkennen (Anschluß an BFH-Urteile vom 28. April 1972 VI R 305/69, BFHE 106, 59, BStBl II 1972, 723, und vom 2. Februar 1990 VI R 112/87, BFH/NV 1990, 564).

 

Normenkette

EStG 1982 § 9 Abs. 1 Nr. 6

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Professor für Germanistik an einer Universität tätig. In seiner Einkommensteuererklärung des Streitjahres 1983 machte er als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für Fachliteratur geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ hiervon einen Teilbetrag - auch in der Einspruchsentscheidung - unberücksichtigt. Es handelte sich dabei im wesentlichen um Aufwendungen für Sammelwerke bekannter Schriftsteller der deutschen und der Weltliteratur. Zur Begründung führte das FA aus, solche Werke würden nach der Lebenserfahrung zur allgemeinen literarischen Bildung angeschafft. Im übrigen könne bei einem Professor der Germanistik nicht alles, was mit der deutschen Sprache im weitesten Sinn zu tun habe, als berufsbezogen angesehen werden.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab. In seinem gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründeten Urteil nahm es auf die Einspruchsentscheidung des FA Bezug. Zusätzlich wies das FG darauf hin, die streitigen Bücher seien nach ihrem objektiven Charakter keine Fachbücher für Hochschullehrer. Es widerspreche der Lebenserfahrung, daß der Kläger sie ausschließlich für berufliche Zwecke benutze. Erfahrungsgemäß sei der private Nutzungsanteil nicht so gering, daß er unberücksichtigt bleiben könne. Der Kläger habe auch nicht im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. April 1972 VI R 305/69 (BFHE 106, 59, BStBl II 1972, 723) dargetan, daß er das gleiche Buch zweimal - einmal für private und einmal für berufliche Zwecke - besitze.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 76 Abs. 1 FGO, des § 96 Abs. 2 FGO und - sinngemäß - des § 9 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG habe den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt und ihm, dem Kläger, nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Außerdem sei das FG bei seiner Entscheidung vom Urteil in BFHE 106, 59, BStBl II 1972, 723 abgewichen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Die Vorentscheidung beruht nicht auf einem Verfahrensmangel. Insoweit bedarf die Entscheidung keiner Begründung (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

2. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG auch Aufwendungen für Arbeitsmittel. Arbeitsmittel sind Gegenstände, die vom Steuerpflichtigen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend zur Einnahmeerzielung, so insbesondere im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, genutzt werden. Nichtabziehbar sind dagegen nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (z. B. Urteile des Senats vom 18. Februar 1977 VI R 182/75, BFHE 121, 444, BStBl II 1977, 464, und vom 2. Februar 1990 VI R 112/87, BFH/NV 1990, 564). Macht ein Lehrer geltend, Bücher allgemeinbildenden Inhalts aus beruflichen Gründen angeschafft zu haben, so hat das FG nach der Rechtsprechung des Senats (z. B. Urteile in BFHE 106, 59, BStBl II 1972, 723 und in BFH/NV 1990, 564, jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen) für jedes Buch gesondert zu entscheiden, ob es für den Steuerpflichtigen ein Arbeitsmittel oder ein Gegenstand der Lebensführung ist; entscheidend ist die konkrete Funktion des Buchs im Einzelfall. Erst wenn die Untersuchung des FG zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, kann der objektive Charakter des Buches, der vom FG im einzelnen darzustellen und zu würdigen ist, den Ausschlag geben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführliche Begründung der Entscheidung in BFH/NV 1990, 564 verwiesen. Nach diesen Grundsätzen sind auch die im Streitfall vom Kläger, einem Universitätsprofessor für Germanistik, angeschafften Bücher zu beurteilen.

Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da sie der Rechtsauffassung des Senats nicht entspricht. Das FG hat - nach seiner Auffassung folgerichtig - keine Feststellungen darüber getroffen, ob und wie der Kläger die Bücher im konkreten Einzelfall zu beruflichen Zwecken genutzt hat. Dies wird es bei seiner erneuten Entscheidung nachzuholen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63585

BFH/NV 1991, 598

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