Leitsatz (amtlich)

1. Zur steuerlichen Behandlung der Schönheitsreparaturen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

2. Hat der Mieter einer Vergleichswohnung neben der Barmiete im Mietvertrag die Schönheitsreparaturen übernommen, ist der Nutzungswert der Wohnung des Vermieters im eigenen Haus mit der Barmiete der Vergleichswohnung anzusetzen.

 

Normenkette

EStG 1963 § 21 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige ist Eigentümerin eines zweigeschossigen Wohnhauses. Das Erdgeschoß bewohnt sie selbst. Das Obergeschoß, das nach Größe und Raumaufteilung dem Erdgeschoß entspricht, war im Streitjahr 1963 für 960 DM vermietet. Der Mieter hatte die sogenannten Schönheitsreparaturen zu tragen.

Den Mietwert ihrer Wohnung setzte die Steuerpflichtige seit Jahren mit der Barmiete des Obergeschosses an (960 DM). Diesen Wertansatz übernahm das FA. Es weigerte sich jedoch, für das Jahr 1963 einen Betrag von 1 021 DM für Schönheitsreparaturen in der Wohnung der Steuerpflichtigen als Werbungskosten anzuerkennen, weil diese Kosten durch den Ansatz der Vergleichsmiete berücksichtigt seien.

Die Berufung der Steuerpflichtigen hatte keinen Erfolg. Das FG, dessen Entscheidung in EFG 1966, 274 veröffentlicht ist, führte aus, den richtigen Betrag zu ermitteln, der dem Barmietwert wegen etwaiger Schönheitsreparaturen zugeschlagen werden müsse, sei kaum möglich. Aus Gründen der Praktikabilität, die im Steuerrecht besondere Bedeutung habe, sei es angebrachter, von einer Erhöhung des Mietwerts um einen Durchschnittsbetrag abzusehen und dafür den Abzug der im einzelnen Jahr anfallenden Schönheitsreparaturen zu versagen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision, mit der die Steuerpflichtige eine Verletzung des formellen und sachlichen Rechts rügt, ist nicht begründet.

Nach § 21 Abs. 2 EStG 1963 fällt unter die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Hause. Die Vorschrift beruht auf der Erwägung, daß, wer im eigenen Hause wohnt, keine Miete zu zahlen braucht und dadurch besser steht als andere Steuerpflichtige, die Miete zu zahlen haben, die sie nach § 12 Nr. 1 EStG als Kosten der allgemeinen Lebenshaltung nicht abziehen dürfen. Der Ansatz des Nutzungswerts der eigengenutzten Wohnung als fiktive Einnahme dient somit der steuerlichen Gleichbehandlung (Entscheidung des BVerfG 1 BvR 488/57 vom 3. Dezember 1958, BVerfGE 9, 3, BStBl I 1959, 68; Entscheidung des BFH VI 148/65 vom 6. Juli 1966, BFH 86, 676, BStBl III 1966, 622).

Der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Hause muß in der Regel nach § 217 AO geschätzt werden. Nach der Entscheidung des Senats VI 21/63 U vom 3. Mai 1963 (BFH 77, 45, BStBl III 1963, 334) ist der Wert in sinngemäßer Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG mit der ortsüblichen mittleren Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung anzusetzen.

Schönheitsreparaturen werden in den Mietverträgen verschieden behandelt. Ist keine Vereinbarung getroffen, so fallen die Schönheitsreparaturen nach § 536 BGB dem Vermieter zur Last, der die vermietete Sache in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten hat (Palandt, Kommentar zum BGB, 27. Aufl., § 536 Anm. 4 a, bb). In diesen Fällen ist die Miete normalerweise höher, als wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen übernimmt. Steuerrechtlich bietet der Fall keine Schwierigkeiten: Die Mietzahlungen sind beim Vermieter Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Läßt der Vermieter Schönheitsreparaturen vornehmen, so sind die Aufwendungen nach § 9 Sätze 1 und 2 EStG 1963 Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung. Zuweilen muß sich der Mieter an den Schönheitsreparaturen mit einem festen Vomhundertsatz der laufenden Miete beteiligen. In diesem Fall ist der zusätzlich gezahlte Vomhundertsatz ebenfalls eine Einnahme des Vermieters nach § 21 EStG; seine tatsächlichen Aufwendungen kann er dann nach § 9 EStG abziehen. Eine weitere Möglichkeit ist, daß der Mieter im Vertrag die vollen Schönheitsreparaturen übernommen hat. Dann kann der Wert dieser Zusage des Mieters als solche beim Vermieter nicht etwa für die einzelnen Jahre als Einnahme erfaßt werden, weil in der Zusage noch kein Zufluß von Einnahmen liegt (§ 11 Abs. 1 EStG). Auch wenn der Mieter Instandsetzungen vornimmt, ist dieser Vorgang für den Vermieter im Jahre der Instandsetzung einkommensteuerrechtlich neutral. Denn wenn man die Aufwendungen des Mieters nach § 8 Abs. 1 EStG beim Vermieter als geldwerten Vorteil ansetzen wollte, müßten in gleicher Höhe nach § 9 Sätze 1 und 2 EStG 1963 Werbungskosten abgesetzt werden. Anders ist es, wenn der Mieter seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist und der Vermieter wegen der unterlassenen Schönheitsreparaturen eine Zahlung erhält. Dann ist die Zahlung im Jahre des Zuflusses eine Einnahme (§§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 EStG). In dem Jahr, in dem der Vermieter die Instandsetzungen auf seine Kosten vornehmen läßt, kann er entsprechende Werbungskosten absetzen.

Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des FG rechtlich einwandfrei. Wie bei den Einkünften der Steuerpflichtigen aus Vermietung und Verpachtung Aufwendungen des Mieters der Vergleichswohnung für Schönheitsreparaturen nicht zu berücksichtigen sind, so kann das auch bei der Ermittlung des Nutzungswerts der eigenen Wohnung nicht geschehen. In der Vergleichsmiete von 960 DM sind die übernommenen Schönheitsreparaturen berücksichtigt. Die Kosten für Schönheitsreparaturen kann die Steuerpflichtige darum nicht noch besonders absetzen. Der erwähnte Fall eines säumigen Fremdmieters kann hier nicht zum Vergleich herangezogen werden. Im übrigen würde das Ergebnis nicht anders sein, wenn man annähme, daß die Steuerpflichtige vertragswidrig unterbliebene Schönheitsreparaturen nachgeholt hätte. Dann würden die fiktive Zahlung an den "Vermieter" und die Verausgabung im gleichen Jahre zusammenfallen, so daß die Beträge einander wieder aufhöben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412909

BStBl II 1968, 309

BFHE 1968, 251

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