Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Handelsrecht Gesellschaftsrecht Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Geltendmachung der Kraftfahrzeugsteuer im Konkursverfahren.

 

Normenkette

KraftStG §§ 1, 5, 13; KO §§ 1, 58/2

 

Tatbestand

Für die Firma X.-GmbH in Y war seit dem 13. September 1950 ein Personenkraftwagen zugelassen. über das Vermögen der Firma wurde am 3. April 1951 das Konkursverfahren eröffnet. Der Personenkraftwagen war zu dieser Zeit zwar nicht mehr im Eigentum der Firma; er war mit den Kraftfahrzeugpapieren bereits auf einen anderen übergegangen. Jedoch hatte zu dieser Zeit die Firma weder den Wagen verkehrsrechtlich außer Betrieb gesetzt, noch den übergang des Wagens auf einen anderen bei der zuständigen Zulassungsbehörde angezeigt. Das Finanzamt forderte, da die zuletzt von der Firma gelöste Steuerkarte am 12. März 1951 abgelaufen war, die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 13. März bis 12. Juni 1951 durch Steuerbescheid vom 18. April 1951. Diese Steuerforderung wurde vom damaligen Konkursverwalter als Konkursforderung anerkannt. Mit Schreiben vom 3. Juli 1951 teilte die Zulassungsbehörde mit, daß der Wagen unter Rückgabe des Kraftfahrzeugscheins und des Kennzeichens an die Zulassungsbehörde am 28. Juni 1951 endgültig aus dem Verkehr gezogen worden sei. Das Finanzamt setzte hierauf noch für die Zeit vom 13. Juni bis 12. Juli 1951 eine Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 58,40 DM unter Erteilung eines Steuerbescheides fest. Nur diese Steuerfestsetzung ist Gegenstand des Streites.

Das Finanzgericht kommt in der Vorentscheidung - wie bis dahin auch das Finanzamt - zur Auffassung, daß entgegen der Meinung des Konkursverwalters bei der Kraftfahrzeugsteuer die Steuerschuld für die ganze Zeit des Haltens des Kraftfahrzeugs bereits im Zeitpunkt des Erwerbs der Haltereigenschaft entstehe, also im Streitfall die Steuer bereits vor der Konkurseröffnung, nämlich am 13. September 1950, entstanden sei. Es kommt jedoch auf Grund der Feststellung, daß das Finanzamt die Steuerforderung noch nicht zur Konkurstabelle angemeldet hatte, zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und der Steuerfestsetzung mit der Begründung, daß nach der Entscheidung des Großen Senats des Reichsfinanzhofs Gr.S. 1/26 vom 25. Oktober 1926 (Slg. Bd. 19 S. 355) nach der Eröffnung des Konkursverfahrens wegen einer vorher entstandenen Steuerschuld des Gemeinschuldners ein Bescheid oder eine Rechtsmittelentscheidung gegen den Konkursverwalter nur nach Anmeldung der Forderung zur Konkurstabelle bzw. nach Bestreiten der Forderung durch den Konkursverwalter erlassen werden könne. Sache des Finanzamts sei es, nunmehr die Forderung zur Konkurstabelle anzumelden.

Die vom Vorsteher des Finanzamts eingelegte Rechtsbeschwerde wird damit begründet, daß nach nunmehr geänderter Auffassung des Finanzamts die strittige Steuer erst am 13. Juni 1951, also nach der Konkurseröffnung, entstanden sei, daß es sich mithin bei der Steuerforderung um Massekosten im Sinn des § 58 Nr. 2 der Konkursordnung (KO) handele, die im Wege des Steuerbescheides gegen den Konkursverwalter geltend gemacht werden könnten. Die Steuerforderung sei zwar inzwischen zur Konkurstabelle angemeldet worden, dies stehe aber einer Entscheidung dahingehend, daß die Steuer zu den Massekosten gehöre, nicht entgegen.

Demgegenüber macht der Konkursverwalter geltend, er halte zwar die Ansicht des Finanzamts über das Entstehen der Steuerschuld bei der Kraftfahrzeugsteuer für zutreffend, jedoch lasse das Finanzamt unberücksichtigt, daß das Kraftfahrzeug zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens bereits im Eigentum einer anderen Firma gestanden habe, also nicht zu Konkursmasse gehöre. Das Fahrzeug sei niemals im Besitz des Konkursverwalters gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Nicht gefolgt werden kann der Meinung des Finanzgerichts, daß bei der Kraftfahrzeugsteuer die Steuerschuld mit Beginn der Steuerpflicht bereits für die ganze Dauer der Steuerpflicht entstehe, also im Streitfall die Steuerschuld für den Zeitraum vom 13. Juni bis zum 12. Juli 1951 bereits am 13. September 1950 mit der Zulassung des Kraftfahrzeugs für die Firma, d. h. mit dem Erwerb der Haltereigenschaft der Firma entstanden sei. Nach § 3 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) entsteht die Steuerschuld, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Steuer knüpft. Nach § 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) unterliegt - vom Fall der widerrechtlichen Benutzung des Kraftfahrzeugs abgesehen - der Kraftfahrzeugsteuer "das Halten eines Kraftfahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen". Der Steuer unterliegt also nicht der in einem bestimmten Zeitpunkt sich ereignende Rechtsvorgang des Erwerbs der Haltereigenschaft, sondern der Rechtsvorgang des Haltens des Kraftfahrzeugs. Das Halten des Kraftfahrzeugs aber ist ein sich auf einen - im Regelfall zunächst unbestimmten - Zeitraum erstreckender und sich ständig bis zur Beendigung der Zulassung erneuernder Rechtsvorgang. Die Steuerschuld würde demnach, wenn das Gesetz keine weitere Vorschrift enthielte, laufend entstehen, solange eben das Halten des Kraftfahrzeugs andauert. Dem entspricht auch die Vorschrift des § 5 KraftStG über die Dauer der Steuerpflicht. Nun enthält aber das KraftStG weitere Vorschriften, die die Steuerschuld betreffen. Es schreibt im § 13 vor, daß die Steuer jeweils für die Dauer eines Jahres im voraus zu entrichten ist, sofern nicht etwa der Steuerschuldner die Entrichtung der Steuer im voraus für einen der im § 13 Abs. 2 a. a. O. vorgesehenen kürzeren Zeiträume wünscht, in welchem Falle sich die Steuer nach § 13 Abs. 3 a. a. O. durch ein Aufgeld erhöht. Diese Vorschrift ist, auch wenn sie die überschrift "Entrichtung der Steuer" trägt, ihrem Wesen nach eine die Vorschrift des § 1 KraftStG hinsichtlich der Entstehung der Steuerschuld ergänzende Vorschrift, die bereits für ein zeitlich später liegendes Halten, begrenzt auf einen bestimmten Zeitraum, die Entstehung der Steuerschuld vorschreibt. Danach entsteht also die Kraftfahrzeugsteuer bei zugelassenen Kraftfahrzeugen während der Dauer der Steuerpflicht (ß 5 KraftStG) jeweils für den Zeitraum eines Jahres im voraus, sofern nicht etwa der Halter des Kraftfahrzeugs die Entrichtung der Steuer im voraus für ein halbes Jahr oder ein Vierteljahr oder einen Monat wünscht. In diesem Falle entsteht die Steuer - erhöht um das Aufgeld - für den jeweils gewünschten kürzeren Zeitraum. Unterläßt der Halter des Kraftfahrzeugs die Erneuerung der Steuerkarte während der Dauer der Steuerpflicht und endet dabei die Steuerpflicht, so entsteht die neue Steuerschuld mit Ablauf des Zeitraums, auf den die Steuerkarte lautet, für die Zeit bis zur Beendigung der Steuerpflicht, wobei ein angefangener Monat als ganzer Monat gilt (ß 39 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz - KraftStDB -). Da hiernach im vorliegenden Fall die Steuer für den Zeitraum vom 13. Juni bis 12. Juli 1951 erst am 13. Juni 1951 entstanden ist, kann sie keine Konkursforderung sein.

Was nun die weitere Frage anlangt, ob die am 13. Juni 1951 entstandene Steuer ein Masseanspruch ist, so ist diese Frage zu bejahen. Nach den Akten war das Kraftfahrzeug für die Firma zugelassen, es war also dazu bestimmt, im Geschäftsbetrieb der Firma verwendet zu werden, und gehörte damit zum Betriebsvermögen der Firma. Nach § 5 KraftStG dauert für ein im deutschen Zulassungsverfahren zugelassenes Kraftfahrzeug die Steuerpflicht von der Zulassung bis zur endgültigen Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs. Für den Fall des übergangs des Fahrzeugs auf einen anderen dauert nach der Sondervorschrift des § 8 KraftStG die Steuerpflicht des bisherigen Steuerschuldners bis zu dem Tage, an dem dessen Anzeige über den übergang des Kraftfahrzeugs bei der Zulassungsbehörde eingegangen ist, wobei der Anzeige lediglich die Bestätigung des Erwerbers des Fahrzeugs beizufügen ist, daß er die Kraftfahrzeugpapiere erhalten habe (Urteil des Reichsfinanzhofs II A 210/36 vom 11. September 1936, Mrozek-Kartei, KraftStG 1935 § 8 Rechtsspruch 1). Das KraftStG stellt also die rechtlich unwiderlegbare Vermutung auf, daß das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Außerbetriebsetzung, oder beim übergang des Fahrzeugs auf einen anderen bis zum Eingang der Anzeige über den übergang bei der Zulassungsbehörde gehalten wird. Diese unwiderlegbare Rechtsvermutung kann bei der Beurteilung des vorliegenden Falles nicht unberücksichtigt bleiben. Würde das für die Firma zugelassene Fahrzeug im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens im Eigentum der Firma gestanden und zum Betrieb der Firma gehört haben, dann wäre ohne weiteres klar, daß die Befugnis zur Verwaltung des Kraftfahrzeugs und zur Verfügung über das Kraftfahrzeug als zur Konkursmasse gehörig von dem Gemeinschuldner auf den Konkursverwalter übergegangen wäre und daß es damit Angelegenheit des Konkursverwalters und nicht des Gemeinschuldners gewesen wäre, die Beendigung der Steuerpflicht des Kraftfahrzeugs herbeizuführen. Das gleiche aber würde gelten, wenn das Kraftfahrzeug im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens zwar nicht im Eigentum der Firma gestanden hätte, aber von der Firma tatsächlich gehalten gewesen wäre, d. h. zur Verwendung im Betrieb bestimmt gewesen wäre. Es gehört zum Pflichtenkreis des Konkursverwalters, auch solche Gegenstände zu verwalten, die zwar rechtlich nicht zur Konkursmasse gehören, sich aber in der Konkursmasse befinden, weil sie beispielsweise zur Verwendung im Geschäft des Gemeinschuldners bestimmt sind. Nicht der Gemeinschuldner hat in einem solchen Fall das Recht der Verwaltung und der Verfügung über das Fahrzeug, sondern der Konkursverwalter. Dieser könnte z. B. sich ja dahin entscheiden, daß das Geschäft, innerhalb dessen das für den Gemeinschuldner zugelassene Fahrzeug Verwendung finden soll, zunächst weitergeführt wird, oder er könnte trotz des Eigentums des Dritten bis zur Geltendmachung des Anspruchs auf Aussonderung durch den Dritten das Fahrzeug für die Konkursmasse in Anspruch nehmen wollen, wobei er für die Erfüllung der ihm hinsichtlich des Fahrzeugs obliegenden Pflichten allen Beteiligten gegenüber verantwortlich wäre (ß 82 KO). Wäre nun hiernach in dem Fall, in dem das Fahrzeug zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens zwar einem anderen gehört, aber vom Gemeinschuldner tatsächlich für die Zwecke des Geschäftsbetriebs gehalten wird, der Konkursverwalter zur Verwaltung dieses Fahrzeugs und zur Verfügung über dieses Fahrzeug berechtigt und verpflichtet, dann muß das auch für den Fall gelten, in dem das Fahrzeug zwar tatsächlich von einem anderen gehalten wird, aber auf Grund einer unwiderlegbaren Rechtsvermutung noch als vom Gemeinschuldner gehalten gilt. Denn dem tatsächlichen Halten des Fahrzeugs steht das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten des Fahrzeugs gleich. Der Konkursverwalter ist also auch bei dem nur rechtsvermuteten Halten verpflichtet, das Fahrzeug außer Betrieb zu setzen oder die Anzeige über den übergang des Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde zu erstatten, wenn er das Entstehen einer weiteren Steuerschuld zu Lasten der Konkursmasse vermeiden will. Demgegenüber geht das Vorbringen des Konkursverwalters fehl. Insbesondere kann nicht anerkannt werden, daß ihm die Herbeiführung des Endes der Steuerpflicht, d. h. die Anzeige über den übergang des Fahrzeugs auf einen anderen bei der Zulassungsbehörde unter Beifügung der oben erwähnten - gegebenenfalls noch zu beschaffenden - Bescheinigung unmöglich gewesen wäre.

Gegen diese Meinung des Finanzamts, daß die Kraftfahrzeugsteuer zu den Massekosten (ß 58 Nr. 2 KO), also nicht zu den Masseschulden (ß 59 Nr. 1 KO) gehört, bestehen keine Bedenken. Daß das Finanzamt inzwischen auf Grund der Vorentscheidung die Steuer zur Konkurstabelle angemeldet hat, macht die Steuer als Massekostenanspruch nicht zur Konkursforderung (vgl. Jaeger, Kommentar zur Konkursordnung, 7. Auflage, § 57 Anmerkung 10 und § 145 Anmerkung 7, Bd. II S. 127 und S. 528).

Träger der Masseschuld (Massekosten und Masseschulden) ist der Gemeinschuldner, als solcher ist er der Schuldner der Massegläubiger. Da jedoch der Konkursverwalter der Zwangsvertreter des Masseträgers ist, sind Ansprüche der Massegläubiger gegen den Konkursverwalter geltend zu machen. Der Steuerbescheid hätte daher an den Konkursverwalter gerichtet werden müssen. Nach den Akten ist der Steuerbescheid zwar dem Konkursverwalter zugegangen, jedoch an die Firma, also an den Masseträger, gerichtet. Im Rubrum der Einspruchsentscheidung ist die Firma als "vertreten durch Dipl.-Kaufmann A.", der damals der Konkursverwalter war, bezeichnet. Damit ist der Steuerbescheid als insoweit entsprechend ergänzt anzusehen. Aus Gründen der Klarheit wäre es allerdings mindestens zweckmäßig gewesen, die Art des Vertretungsverhältnisses durch einen entsprechenden Zusatz näher anzugeben.

Hiernach war die Vorentscheidung aufzuheben und - die Sache ist spruchreif - die Berufung als unbegründet mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Steuerbescheid vom 26. September 1951 als gegen den Konkursverwalter gerichtet anzusehen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424041

BStBl III 1954, 49

BFHE 1954, 358

BFHE 58, 358

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