Entscheidungsstichwort (Thema)

Mittelbare Grundstücksschenkung keine Anschaffung

 

Leitsatz (NV)

Eine mittelbare Grundstücksschenkung und damit ein unentgeltlicher Erwerb ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Schenker den Kaufpreis für die vom Beschenkten eigengenutzte Eigentumswohnung direkt auf das Konto des Verkäufers und/oder unmittelbar auf das Notaranderkonto überweist.

 

Normenkette

EigZulG § 2 Abs. 1, § 8 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Hamburg (Urteil vom 05.04.2006; Aktenzeichen VIII 10/06)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 26. Januar 1998 für 400 000 DM eine noch zu errichtende Eigentumswohnung, die sie ab September 1998 zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Antragsgemäß wurde ihr Eigenheimzulage ab 1998 bewilligt.

Im Jahre 2003 erhielt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon Kenntnis, dass die Mutter der Klägerin zur Finanzierung des Erwerbs am 20. Februar 1998 an die die Eigentumswohnung verkaufende Grundstücksgesellschaft 43 967 DM und am 3. August 1998 auf das Anderkonto des beurkundenden Notars 356 033 DM überwiesen hat. Diese Handhabung wertete das FA als mittelbare Grundstücksschenkung und forderte die bis dahin gezahlte Eigenheimzulage zurück. Der Einspruch blieb erfolglos.

Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt (Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 397) mit folgender Begründung: Begünstigte Anschaffungskosten seien nicht nur gegeben, wenn der Wohnungserwerber den Kaufpreis selbst getragen habe, sondern auch dann, wenn er dafür geschenkte Mittel, auch von einem Angehörigen, in Anspruch genommen habe. Im Streitfall sei die Klägerin mit den Anschaffungskosten belastet gewesen, weil sie den betreffenden Geldbetrag von ihrer Mutter schenkungsweise zur Verfügung gestellt bekommen habe, über den sie nach Überzeugung des FG frei verfügen konnte. Irgendwelche Vorgaben hinsichtlich der Verwendung des Geldes seien der Klägerin nicht gemacht worden. Dass sie ihre Mutter gebeten habe, das Geld nicht auf ihr Konto zu überweisen, sondern --im Sinne einer Abkürzung des Zahlungsweges-- direkt an die Grundstücksgesellschaft und den Notar zu zahlen, sei Ausdruck ihrer Anweisungsbefugnis. In einem solchen Fall sei für die Annahme einer mittelbaren Grundstücksschenkung kein Raum.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 8 des Eigenheimzulagengesetzes --EigZulG--) und beantragt,

das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die Klage abzuweisen. Unzutreffend hat das FG der Klägerin Eigenheimzulage gewährt und dadurch § 2 Abs. 1, § 8 Satz 1 EigZulG verletzt.

1. Nach § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG hat Anspruch auf Eigenheimzulage, wer eine Eigentumswohnung anschafft, d.h. entgeltlich erwirbt.

a) Wer eine Wohnung hingegen geschenkt bekommt, schafft sie nicht an. Das kann auch durch Zuwendung von Geld geschehen, wenn damit mittelbar die Wohnung geschenkt wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Mai 2005 IX R 65/04, BFH/NV 2005, 1764; vom 17. August 2005 IX R 14/05, BFH/NV 2006, 260; vom 27. Juni 2006 IX R 59/04, BFH/NV 2006, 2040, m.w.N.). Gegenstand der Schenkung ist die Wohnung und nicht der Geldbetrag, wenn der Erwerber nicht über den geschenkten Betrag, sondern erst über die damit erworbene Wohnung verfügen kann (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 2004 II R 44/02, BFHE 207, 360, BStBl II 2005, 188). Entrichtet der Schenker den Kaufpreis für die Wohnung direkt an den Verkäufer oder unmittelbar auf ein Notaranderkonto, so ist der Beschenkte nicht mit Anschaffungskosten belastet und deshalb nicht anspruchsberechtigt. Unerheblich ist, wer aus dem Kaufvertrag zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juli 1998 X R 54/95, BFHE 186, 400, BStBl II 1999, 128).

b) Es kommt nicht darauf an, was Gegenstand des Schenkungsversprechens zwischen der Klägerin und ihrer Mutter Ende 1997 war. Denn diese Schenkungszusage entsprach nicht der nach § 518 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erforderlichen Form. Sie band die Vertragsparteien bürgerlich-rechtlich nicht (§ 125 Satz 1 BGB) und ist auch steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen. Erst der mit der Kaufpreiszahlung bewirkte Vollzug der Schenkung heilt den Mangel der Form (§ 518 Abs. 2 BGB) und ist auch für die steuerrechtliche Beurteilung der Zuwendung maßgeblich. Denn § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung lässt die Wirkungen des zivilrechtlich unwirksamen Rechtsgeschäftes steuerrechtlich nur zu, soweit die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts eintreten lassen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1764, m.w.N.).

2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die tatsächlichen Feststellungen lassen die vom FG vorgenommene Würdigung nicht zu. Die Sache ist spruchreif; die Klage ist abzuweisen.

Die Klägerin hat zwar durch notariell beurkundeten Vertrag zivilrechtlich wirksam eine Eigentumswohnung gekauft. Sie kann indes die Kaufpreiszahlungen nicht als Anschaffungskosten i.S. des § 8 Satz 1 EigZulG geltend machen, weil ihr die Eigentumswohnung von ihrer Mutter mittelbar durch Zuwendung des Geldes geschenkt wurde. Die Mutter hat die Schenkung durch Überweisung des Kaufpreises für die Wohnung zum Teil auf das Konto der Verkäufer und zum Teil auf das Notaranderkonto vollzogen; daher konnte die Klägerin nicht über den geschenkten (Geld-)Betrag, sondern erst über die von der Mutter bezahlte Wohnung --tatsächlich und rechtlich-- frei verfügen.

Entgegen der Ansicht des FG konnte aus dem der Klägerin gegenüber Ende 1997 bekundeten Schenkungswillen vor dem tatsächlich bewirkten Vollzug der Schenkung keine wirtschaftlich einer Verfügungsbefugnis gleichzusetzende Anweisungsbefugnis der Klägerin gegenüber ihrer Mutter hergeleitet werden. Zwar schadet die vorgenommene Abkürzung des Zahlungswegs allein nicht (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1764, unter 1. b a.E.); die Mutter hat aber der Klägerin das Geld eben nicht zur freien Verfügung übergeben, sondern es lediglich in ihrem Einvernehmen dazu verwandt, den Kaufpreis der Wohnung zu begleichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1825130

BFH/NV 2008, 29

HFR 2008, 64

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