Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer/Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung/Bankrecht/Kreditrecht/Berufsrecht/Handelsrecht Gesellschaftsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Zur bilanzmäßigen Behandlung von Gehaltszusagen, bei denen der Arbeitgeber zur Auszahlung der Bezüge vertragsmäßig erst an einem späteren Zeitpunkt (bestimmtes Lebensalter, Tod des Berechtigten usw.) verpflichtet ist.

Bei der Würdigung der Ernstlichkeit einer Pensionszusage sind die Verhältnisse maßgebend, wie sie sich im jeweiligen Veranlagungsabschnitt ergeben.

KStG 1958 § 6 Abs. 1; EStG 1958 § 4 Abs. 1, § 5, § 6, § 6a, § 11 Abs. 1; AO § 204 Abs. 1; StAnpG §

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1, §§ 5-6, 6a, 11/1; AO § 204 Abs. 1; StAnpG § 1 Abs. 2, § 1/3; BGB § 305

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die im Jahre 1958 von der GmbH (Bgin.) vorgenommene Zuführung zur Rückstellung in Höhe von 5520 DM für eine ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer gegebene Pensionszusage den Gewinn dieses Jahres mindern durfte.

Die Bgin. wurde von 1931 bis zum 1. Januar 1958 in der Rechtsform einer AG betrieben. An dem Aktienkapital in Höhe von 140000 DM waren der Vorsitzende des Vorstands der Bgin. X. mit 5,7 v. H. sowie seine Schwiegermutter, Y., mit 39,2 v. H. beteiligt. Für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhielt X. zunächst Monatsgehälter zwischen 250 und 400 DM. Im Hinblick auf diese nach Ansicht der maßgeblichen Beteiligten zu geringen Bezüge machte die Bgin. Ende 1951 X. eine nicht verfallbare Versorgungszusage. Danach sollte ihm im Erlebensfall, spätestens aber bei Vollendung des 60. Lebensjahres, ein Betrag von 160000 DM ausgezahlt oder wahlweise eine lebenslange Rente bei einer Versicherungsgesellschaft auf gleicher Kapitalbasis sichergestellt werden. Ferner sollten im Falle seines vorzeitigen Todes seine Erben den gleichen Betrag erhalten.

Die Bgin. hat ihre Zusage durch Abschluß einer Lebensversicherung für X. als Versicherten bei einer Lebensversicherungs-AG rückgedeckt und die Prämien zu Lasten des Gewinns verbucht. Das Deckungskapital wurde zum 31. Dezember 1958 mit 39331 DM aktiviert. Weiter hat die Bgin. Rückstellungen für die Pensionszusage gebildet. Das Rückstellungskonto betrug am 1. Januar 1958 34192 DM; ihm wurden zum 31. Dezember 1958 die oben mitgeteilten weiteren 5520 DM zugeführt.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1958 ist die AG - unter Beibehaltung des Aufsichtsrats - in eine GmbH umgewandelt worden. Gleichzeitig wurde das Kapital von 140000 DM auf 1 Mill. DM erhöht. Der Gesellschafter-Geschäftsführer X. übernahm 86 v. H. des Stammkapitals. Sein Gehalt betrug im Streitjahr 53600 DM.

Das Finanzamt hat für den streitigen Veranlagungszeitraum die von der Bgin. vorgenommene Zuführung zur Rückstellung nicht anerkannt und den laufenden steuerlichen Gewinn um 5520 DM erhöht. Es hat sich hierbei auf die Urteile des erkennenden Senats I 11/58 S vom 5. Mai 1959 (BStBl 1959 III S. 369, Slg. Bd. 69 S. 286) und I 4/59 S vom 4. August 1959 (BStBl 1959 III S. 374, Slg. Bd. 69 S. 299) sowie auf die ergangenen Verwaltungsanordnungen über die ertragsteuerrechtliche Behandlung von Rückstellungen für Pensionszusagen an Gesellschafter- Geschäftsführer bei Kapitalgesellschaften (z. B. Erlaß des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 19. Januar 1960, BStBl 1960 II S. 15) berufen.

Die Sprungberufung der GmbH hatte Erfolg. Das Finanzgericht maß im Gegensatz zum Vorsteher des Finanzamts dem Erwerb der Anteile durch den Gesellschafter-Geschäftsführer im Jahre 1958 keine Bedeutung zu. Bei Prüfung der Frage, ob eine Pensionszusage ernsthaft gegeben sei, komme es nur auf den Zeitpunkt der Zusage an. Im Streitfall habe es im Jahre 1951 an einer wesentlichen Beteiligung des Vorstands-Vorsitzenden gefehlt.

Darüber hinaus versage die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht schlechthin allen Pensionszusagen an wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer ihre Anerkennung. In Ausnahmefällen könne der Nachweis der Ernsthaftigkeit erbracht werden. Ein solcher Ausnahmefall stehe hier zur Beurteilung. Seine Besonderheit liege darin, daß nicht die Anteilsinhaber die Pensionszusage erteilt hätten, sondern der Aufsichtsrat, der von den kreditgebenden Banken beherrscht werde. Die Ernsthaftigkeit der Zusage stehe außer Zweifel.

In der Rb. verbleibt der Vorsteher des Finanzamts dabei, daß die Zuführung zur Rückstellung den Gewinn 1958 nicht mindere. Er ist der Meinung, der Erwerb der wesentlichen Beteiligung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer habe die Grundlage der Versorgungszusage verändert. Sie könne nicht mehr als ernst gemeint angesehen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt:

Dem Vorsteher des Finanzamts ist darin beizutreten, daß die Grundsätze der Urteile I 11/58 S und I 4/59 S (a. a. O) über die Behandlung von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH oder an den zu mehr als 50 v. H. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer einer sonstigen Kapitalgesellschaft auch dann Anwendung finden, wenn ein bisher unwesentlich beteiligter Gesellschafter durch den Erwerb zusätzlicher Anteile an der Kapitalgesellschaft zum wesentlich Beteiligten wird. Der Vorentscheidung, die den Verhältnissen im Zeitpunkt der Versorgungszusage (Dezember 1951) verbindliche Wirkung für die Zukunft beimißt, wird nicht beigepflichtet. Der veränderte Tatbestand muß bei der Veranlagung berücksichtigt werden. Entsprechend den Grundsätzen des Urteils I 188/61 S vom 26. Juni 1962 (BStBl 1962 III S. 399), wäre eine Steuerpflichtige in diesem Falle jedoch nicht verpflichtet, die bisher gebildete Rückstellung aufzulösen.

Zu Unrecht ist jedoch der Streitfall unter dem Gesichtspunkt einer echten Pensionszusage behandelt worden. Bei der Versorgungszusage wird die Pension im angemessenen Verhältnis zum laufenden Gehalt stehen und in einem längeren Zeitraum durch den Begünstigten erdient werden. Siehe im einzelnen Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 321/60 U vom 13. Dezember 1961 (BStBl 1962 III S. 243, Slg. Bd. 74 S. 657). Die Versorgungszusage enthält des weiteren Unsicherheitsfaktoren. So gehe der Versorgungsanspruch beim Tode und bei vorzeitigem Auflösen eines Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die in der Person des Berechtigten liegen, verloren. Eine Pension setzt des weiteren das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst voraus.

Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine echte Versorgungszusage vor. Selbst im Falle des Todes ohne Zurücklassung einer Witwe oder minderjähriger Kinder sollten die jeweiligen Erben des Gesellschafter-Geschäftsführers den vollen Betrag erhalten und des weiteren sollten die Beträge neben dem laufenden Gehalt gewährt werden.

Die Zusage vom Dezember 1951 stellt somit eine Vergütungsabsprache eigener Art zwischen der Bgin. und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer dar, die im Rahmen des bestehenden Anstellungsvertrags getroffen wurde (§ 305 BGB). Dem Gesellschafter-Geschäftsführer wurde im Ergebnis als Entgelt für seine Dienstleistung ein fester Geldbetrag zugesagt, dessen Auszahlung im Einvernehmen der Beteiligten aufgeschoben wurde. Eine solche Abrede kann in Interessen beider Vertragspartner begründet sein. Dem Arbeitgeber stehen die Mittel weiter zur Verfügung. Der Arbeitnehmer wird entsprechend hierfür entschädigt.

Geht man sonach davon aus, daß ein Anspruch des Geschäftsführers auf zusätzliche fest bestimmte Bezüge als Entgelt für geleistete aktive Dienste besteht, so kann der Kapitalgesellschaft nicht versagt werden, eine entsprechende Rückstellung oder Verbindlichkeit in ihre Bilanz einzusetzen. Man wird jedoch die Zusage bei der Veranlagung der Kapitalgesellschaft und der Dienstleistenden gleichartig beurteilen müssen. Siehe hierzu die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI A 1105/33 vom 7. November 1934 (RStBl 1935 S. 698), VI A 780/36 vom 11. November 1936 (RStBl 1937 S. 490), die Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 68/59 vom 7. Oktober 1960 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 11, Rechtsspruch 24). Dies gilt insbesondere dann, wenn der wesentlich beteiligte Gesellschafter- Geschäftsführer die Kapitalgesellschaft beherrscht, so daß wirtschaftlich gesehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer identisch sind.

Im Streitfall gilt danach folgendes: Es besteht eine auch in ihrer Höhe eindeutig festgelegte Verpflichtung der GmbH, bei der lediglich ein Risiko der GmbH insoweit gegeben ist, als möglicherweise die Beträge unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig zu zahlen sind. Dies berührt ihre Rückstellungsfähigkeit nicht. Der Senat hat gegen die Berechnung der Rückstellung durch die GmbH keine Bedenken. Die Vorentscheidung wird in dieser Richtung vom Vorsteher des Finanzamts nicht angegriffen. Hinsichtlich der Rückdeckung bei der Versicherungs-AG wird auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 221/60 U vom 5. Juni 1962 (BStBl 1962 III S. 416) verwiesen.

In der Streitsache ist danach im Ergebnis der Vorinstanz beizutreten. Gegebenenfalls ist jedoch die Frage bei der Besteuerung der Gesellschafter-Geschäftsführer noch zu behandeln.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410594

BStBl III 1963, 98

BFHE 1963, 276

BFHE 76, 276

BB 1963, 175

DB 1963, 223

DStR 1962/63, 248

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