Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Schaltet eine KG beim Verkauf von Waren zwischen sich und den Kunden eine von ihr oder ihren Gesellschaftern beherrschte Kapitalgesellschaft mit der Maßgabe ein, daß die Kg die Betriebsausgaben der Kapitalgesellschaft trägt, die Kapitalgesellschaft nur im Auftrag und für Rechnung der KG tätig wird und damit die Kapitalgesellschaft weder Gewinn noch Verlust erzielt, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalgesellschaft an die KG in Höhe einer angemessenen Vergütung vor, wenn die Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen einer Verkaufsgesellschaft nicht erfüllt.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die beschwerdeführende GmbH (Bfin.) im Jahre 1958 an ihre Gesellschafter verdeckt Gewinn ausschüttete.

Die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft (KG) in X, die in X ein Möbelgeschäft betreibt, gründeten im Frühjahr 1957 die Bfin. mit einem Stammkapital von 20000 DM, an der ihre Gesellschafter in demselben Verhältnis wie an der KG beteiligt waren und die sie in das Handelsregister des Amtsgerichts Y eintragen ließen. Nach dem Gesellschaftsvertrag war Gegenstand der Bfin. der Handel mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen aller Art.

Nachdem die KG im Jahre 1956 die Lizenz erworben hatte, in X und in Y Musterring-Möbel zu vertreiben, eröffnete sie im März 1957 in Y ein Möbeleinzelhandelsgeschäft, das an der Außenfront die Bezeichnung "Musterring-Möbelhaus" trug, unter dieser Bezeichnung Möbel an Kunden verkaufte und den Kunden Rechnung und Auftragsbestätigung erteilte. Die in diesem Geschäftshaus tätigen Verkäufer waren Angestellte der KG. Die KG kaufte die Waren in eigenem Namen für die Bfin. ein und erfaßte alle Geschäftsvorfälle im Hauptgeschäft in X und in dem Geschäftshaus in Y in einer einheitlichen Buchführung. Der gesamte in X und in Y erzielte Gewinn wurde als Gewinn der KG ausgewiesen. Die Bfin. erzielte weder Gewinn noch Verlust.

Bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Bfin. für 1958 legte das Finanzamt der Besteuerung eine auf 5000 DM geschätzte verdeckte Gewinnausschüttung der Bfin. an ihre Gesellschafter zugrunde. Es ging davon aus, daß sich die KG aus betrieblichen Erwägungen bei der Durchführung der Geschäfte in Y der Firma der Bfin. bedient habe und daß die KG dafür an eine ihr fremde GmbH eine auf 5000 DM geschätzte Vergütung hätte zahlen müssen.

Die Bfin. vertrat die Auffassung, sie betreibe überhaupt kein Geschäft und die Bezeichnung "Musterring-Möbel" sei der KG nicht von ihr, sondern von dem Lizenzgeber der Musterring-Möbel gestattet worden. Die KG sei nur deshalb mit ihrem Firmennamen in dem Geschäft in Y nicht in Erscheinung getreten, damit Kunden, die auch andere als Musterring-Möbel kauften, nicht ausschließlich das Geschäft in Y aufsuchten. Sie, die Bfin., sei nur gegründet worden, um Schwierigkeiten bei der Bezeichnung des Geschäfts in Y aus dem Wege räumen zu können, wenn die Gewerbepolizei die Kenntlichmachung der Firma der KG im Geschäft in Y verlangen sollte.

Die Berufung der Bfin. führte zu einer Verböserung. Das Finanzgericht ging davon aus, daß die im Geschäft in Y getätigten Möbelverkäufe mit der Bfin. und nicht mit der KG als Vertragsgegner zustande gekommen seien und daß die im Innenverhältnis im Auftrag und für Rechnung der KG handelnde Bfin. ein angemessenes Entgelt für ihre Tätigkeit im Interesse der KG erhalten müsse. Dieses Entgelt sei auf 0,5 v. H. des im Geschäft in Y geschätzten Jahresumsatzes von 2,3 Mill., das sind 11500 DM, zu schätzen. Danach ergebe sich ein zu versteuerndes Einkommen für 1958 von 12500 DM. Diese rechtliche Beurteilung ergebe sich aus folgenden überlegungen.

Die Bezeichnung, unter der das Geschäft in Y betrieben werde, unterscheide sich allerdings von der Firma der Bfin. insofern, als sie den auf die Rechtsform hinweisenden Zusatz "GmbH" nicht aufweise. Dieser Unterschied sei aber für Kunden, die das Geschäft in Y aufsuchten, ohne Bedeutung, weil sie aus den ihnen ausgehändigten Rechnungen und Auftragsbestätigungen den Schluß hätten ziehen müssen, daß die Bfin. ihr Vertragsgegner sei. Denn in diesen Formularen würden das Musterring-Möbelhaus Y als Lieferant bezeichnet und als Gerichtsstand der Sitz der Lieferfirma, nämlich das Amts- oder Landgericht Y, angegeben. Außerdem ersehe der Kunde aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Y und aus dem Telefonbuch von Y, daß die Bfin. in demselben Grundstück, in dem das Geschäftshaus liege, ihr Geschäft betreibe. Auch das zwinge ihn zu der Annahme, daß die Bfin. es sei, die das Geschäft in Y unterhalte.

Da somit die KG zwischen sich und die Kunden des Möbelhauses in Y die Bfin. als Kapitalgesellschaft eingeschaltet habe und die Kaufverträge mit der allerdings im Auftrage und für Rechnung der KG handelnden Bfin. zustande gekommen seien, müsse die Bfin. die sich daraus ergebenden steuerlichen Folgen tragen. Zwischen der Bfin. und der KG bestehe kein Ergebnisabführungsvertrag im Rahmen eines Organverhältnisses, und die Bfin. könne auch nicht als echte Verkaufsgesellschaft angesehen werden. Zu einer solchen Annahme fehle es an einer eindeutigen und klaren Vereinbarung. Die Bfin. sei auch keine von der KG nur vorgeschobene juristische Person im Sinn des Urteils des Reichsfinanzhofs VI A 191/33 vom 14. März 1934 (RStBl 1934 S. 740). Die von der Bfin. im Interesse der KG entfaltete, einer Verkaufskommission ähnliche Tätigkeit müsse daher nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen beurteilt werden. Daraus ergebe sich, daß eine der KG fremd gegenüberstehende GmbH diese Verkaufstätigkeit nicht unentgeltlich entfaltet hätte.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist nicht begründet.

Der Bundesfinanzhof übernahm die ständige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, daß derjenige, der zwischen sich und den Wirtschaftsverkehr eine Kapitalgesellschaft einschaltet, grundsätzlich die sich daraus ergebenden steuerlichen Folgen, besonders die sogenannte Doppelbelastung, tragen müsse und daß mit diesem Grundsatz die steuerliche Anerkennung einer Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern und ihrer Kapitalgesellschaft nicht vereinbar ist, wonach die Kapitalgesellschaft im Innenverhältnis nur für Rechnung ihrer Gesellschafter und damit ohne eigenen Gewinn tätig sein solle (vgl. z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 135/32 vom 19. Dezember 1933, RStBl 1934 S. 663). Von diesem Grundsatz wird nur für Organgesellschaften und sogenannte echte Ein- und Verkaufsgesellschaften eine Ausnahme gemacht (z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 93/34 vom 30. Oktober 1934 RStBl 1935 S. 808). Das Finanzgericht hat zutreffend aus geführt und begründet, daß zwischen der Bfin. und der KG keine Ergebnisabführungsvereinbarung im Rahmen eines Organverhältnisses bestand und daß die Bfin. auch nicht als echte Verkaufsgesellschaft angesehen werden kann.

Ein Ergebnisabführungsvertrag im Rahmen eines Organverhältnisses bedarf einer eindeutigen, sich auf mehrere Jahre erstreckenden Vereinbarung. Das gilt besonders für die Pflicht des beherrschenden Unternehmens, die Verluste des Organs zu decken. Der Senat geht in übereinstimmung mit dem Finanzgericht davon aus, daß die Kaufverträge der Kunden des Musterring-Möbelhauses bürgerlich-rechtlich mit der Bfin. zustande kamen und daß damit die Bfin. eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltete, und zwar als Verkaufskommissionär der KG. Daraus, daß die KG alle mit der Verkaufskommission zusammenhängenden Betriebsausgaben der Bfin. trug, ohne daß darüber schriftliche Abmachungen getroffen wurden, läßt sich der Umfang der Verpflichtungen der KG, Verluste der Bfin. zu tragen, und der Bfin., ihre Gewinne an die KG in vollem Umfang abzuführen, weder sachlich noch zeitlich eindeutig bestimmen und abgrenzen. Eine stillschweigende Vereinbarung einer Ergebnisabführung im Rahmen eines Organverhältnisses kann deshalb nicht anerkannt werden. Die Bfin. als echte Verkaufsgesellschaft anzusehen, scheitert daran, daß sich dieser Zweck nicht aus dem Gesellschafts- und Gründungsvertrag der Bfin. ergibt (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 135/32).

Nun hat der Reichsfinanzhof allerdings in den Urteilen VI A 199/28 vom 7. November 1928 (RStBl 1929 S. 60), VI A 191/33 vom 14. März 1934 (RStBl 1934 S. 740) und VI A 829/33 vom 17. Oktober 1934 (Steuer und Wirtschaft 1935 II Nr. 11) in Ausnahmefällen die Möglichkeit bejaht, daß der Gesellschafter die von ihm beherrschte Kapitalgesellschaft als vorgeschobene Person zur Ausübung seines eigenen, ihm unmittelbar zuzurechnenden Gewerbebetriebes mit der Maßnahme benutzen könne, daß die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft ihm unmittelbar als Gewerbebetrieb zugerechnet werde und ihn deshalb unmittelbar Gewinne und Verluste der Kapitalgesellschaft träfen. Das setze aber unter anderem voraus, daß die Kapitalgesellschaft alle Geschäfte unmittelbar im Auftrag und für Rechnung des Gesellschafters tätige. Es mag sein, daß in Ausnahmefällen das Vorschieben der juristischen Person, die im Innenverhältnis im Auftrage und für Rechnung ihrer Gesellschafter gewerblich tätig ist, für die Art der Einkünfte der Gesellschafter von Bedeutung ist. Zu einer Nichtanwendung der für die verdeckte Gewinnausschüttung geltenden Grundsätze kann aber das Vorschieben der juristischen Person nicht führen, wenn die Voraussetzungen einer wirksamen Gewinnabführungsvereinbarung oder einer echten Ein- oder Verkaufsgesellschaft nicht vorliegen. Wer zwischen sich und den Kunden aus welchen betrieblichen Gründen auch immer eine Kapitalgesellschaft einschaltet, kann nicht verlangen, daß die Kapitalgesellschaft als steuerlich nicht bestehend behandelt wird. Stellt die Kapitalgesellschaft ihr wenn auch geringes Betriebsvermögen und ihre Firma den Gesellschaftern unentgeltlich zur Verfügung, so kann dieser Fall steuerlich nicht anders behandelt werden, als die überlassung eines zinslosen Darlehens. Deshalb prüfte das Finanzgericht mit Recht, welche Vergütung die KG einer ihr fremd gegenüberstehenden GmbH unter sonst gleichen Verhältnissen hätte zahlen müssen. Die Feststellung der Höhe dieser Vergütung liegt auf tatsächlichem Gebiet. Da das Ergebnis, zu dem das Finanzgericht bei seiner Prüfung gelangte, im Rahmen des Möglichen liegt und keinen Rechtsirrtum erkennen läßt, ist es für den Senat verbindlich (ß 288 Ziff. 1, § 296 Abs. 1 AO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 410593

BStBl III 1962, 485

BFHE 1963, 599

BFHE 75, 599

BB 1962, 1236

DB 1962, 1558

DStR 1962/63, 106

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