Entscheidungsstichwort (Thema)

Streit um das Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses - Mitunternehmerschaft

 

Leitsatz (NV)

Ist im Rahmen eines Gewinnfeststellungsverfahrens streitig, ob jemand als Gesellschafter (Mitunternehmer) am Gewinn der Gesellschaft beteiligt war, und wird die Frage der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung nach einem Zivilrechtsstreit durch Vergleich oder Urteil geklärt, so ist dies auch bei der einheitlichen Gewinnfeststellung zu beachten.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist der nichteheliche Sohn des am . . . 1971 verstorbenen A. Der Verstorbene war bis zu seinem Tode Kommanditist der beigeladenen KG mit einer Kommanditeinlage von 75 000 DM. Er hatte der Mutter des Klägers Generalvollmacht über den Tod hinaus erteilt. Aufgrund der Vollmacht übertrug sie am 25. September 1971 den Kommanditanteil des Verstorbenen auf den Kläger. Der Vertrag wurde vom Nachlaßpfleger, Ergänzungspfleger, vom Nachlaßgericht und vom Vormundschaftsgericht genehmigt.

Die Mitgesellschafter bestritten die Gesellschafterstellung des Klägers; er erhielt auch keine Auskünfte über die Gewinnentwicklung der KG. Im Mai 1972 wurde der Gesellschaftsvertrag geändert; danach sollte ein Gesellschafter ausscheiden, wenn sein Anteil aufgrund eines Zahlungstitels oder eines Duldungstitels nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) gepfändet würde. In der Folge erwirkte ein Mitgesellschafter einen Zahlungstitel gegen den Nachlaßpfleger und nahm den Kläger auf Duldung der Vollstreckung nach den Vorschriften des AnfG in Anspruch. Die Klage hatte im Jahre 1973 vor dem Landgericht A und im Jahre 1974 vor dem Oberlandesgericht (OLG) B Erfolg; beide Gerichte gingen davon aus, daß der Kommanditanteil wirksam auf den Kläger übertragen worden sei. Aufgrund des Duldungstitels hat der Mitgesellschafter den Kommanditanteil am 4. Februar 1974 gepfändet.

Im Jahre 1976 pfändete die Mutter des Klägers seine Ansprüche aus der Gesellschafterstellung. Die beigeladene KG erkannte derartige Ansprüche nicht an, so daß die Mutter des Klägers gegen die KG Klage erhob. Das Landgericht C wies die Klage im Jahre 1976 ab, weil der Kläger zwar Gesellschafter geworden, aufgrund des geänderten Gesellschaftsvertrages mit der Pfändung seines Gesellschaftsanteils durch den Mitgesellschafter am 4. Februar 1974 jedoch ausgeschieden sei. Vor dem OLG D schlossen der Kläger, seine Mutter und die Beigeladene alsdann im Jahre 1977 einen Vergleich. Danach gingen die Beteiligten davon aus, daß der Kläger - sollte er Gesellschafter geworden sein - am 4. Februar 1974 ausgeschieden sei; die Beigeladene verpflichtete sich, an den Kläger . . . DM in zwei Raten zu zahlen.

Nach einer Betriebsprüfung bei der Beigeladenen für die Jahre 1973 bis 1976 vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, daß der Kläger Gesellschafter der Beigeladenen gewesen und am 4. Februar 1974 ausgeschieden sei. Es rechnete dem Kläger entsprechend der Gewinnverteilung in der KG Anteile am Gewinn der Beigeladenen in den Jahren 1972 bis 1974 zu und nahm ferner an, daß die Beteiligung zum 4. Februar 1974 veräußert worden sei. Den Veräußerungspreis errechnete es durch Abzinsung der Vergleichssumme auf diesen Stichtag; hierbei ergab sich im Vergleich zum Auseinandersetzungsguthaben ein Veräußerungsverlust. Das FA erließ deswegen geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1972 bis 1974.

Die zuletzt nur noch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1973 gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß der Kläger im Streitjahr nicht Mitunternehmer der Beigeladenen gewesen sei und deswegen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des FA muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.

1. Das FG hat offengelassen, ob der Kläger im Streitjahr 1973 Gesellschafter der beigeladenen KG war; er könne jedenfalls nicht als Mitunternehmer angesehen werden und sei deshalb nicht am Gesellschaftsgewinn beteiligt. Nach der Auffassung des FG gehören damit die Bezüge des Klägers nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften. Dem kann nicht zugestimmt werden.

Der Kläger hat die fragliche Zahlung im Hinblick auf die von ihm behauptete Stellung als Gesellschafter der Beigeladenen erhalten. Daß der Kläger Gesellschafter der Beigeladenen geworden sei, haben das Landgericht A, das OLG B und das Landgericht C bestätigt; strittig war zuletzt noch, ob der Kläger am 4. Februar 1974 aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Dies ist durch den im Jahre 1977 geschlossenen Vergleich bestätigt worden, der zugleich die Vermögensrechte des Klägers aus seiner Gesellschafterstellung festlegte; insoweit hat der Kläger zusätzlich nachgegeben, da er sich mit der Zahlung von . . . DM begnügte, obwohl sich sein Guthaben zum 4. Februar 1974 auf . . . DM belief. Allerdings findet sich im Vergleich der Vorbehalt, daß der Kläger am 4. Februar 1974 ausgeschieden sei, ,,sollte er Gesellschafter geworden sein". Damit wurde der Rechtsposition der Beigeladenen Rechnung getragen, die noch auf ihrem Standpunkt beharrte, daß der Kläger von Anfang an nicht Gesellschafter geworden sei. Tatsächlich findet die geleistete Zahlung ihre Erklärung aber in der Gesellschafterstellung des Klägers, die von der Beigeladenen mit der Maßgabe akzeptiert wurde, daß der Kläger nach Zahlung der Vergleichssumme hieraus keine weiteren Rechte ableite.

Auf dieser Grundlage war der Kläger auch Mitunternehmer des Unternehmens der Beigeladenen i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dem steht nicht entgegen, daß ihm seine Mitgesellschafter nach den Feststellungen des FG im Streitjahr die Ausübung seiner Gesellschafterrechte verwehrt haben. Zu derartigen Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern kann es auch sonst kommen, wenn Streit über den Eintritt oder das Ausscheiden eines Mitgesellschafters oder über den Umfang seiner Berechtigung besteht. Wird ein derart strittiges Rechtsverhältnis nachträglich durch einen Vergleich oder ein Urteil klargestellt, sind die Wirkungen dieses Rechtsaktes bereits für die Vergangenheit zu beachten (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Oktober 1966 IV 61/64, BFHE 87, 387, BStBl III 1967, 175; vom 23. April 1975 I R 234/74, BFHE 115, 488, BStBl II 1975, 603).

2. Zu Recht ist danach das FA davon ausgegangen, daß der Kläger im Streitjahr am Gewinn der Beigeladenen beteiligt war. Es hat diesen Gewinnanteil nach der dem Erblasser zustehenden Berechtigung ermittelt und ist danach für das Jahr 1974 zu einem Veräußerungsverlust des Klägers gelangt, weil die Vergleichssumme hinter dem Buchwert seines Guthabens zurückblieb. Das FA hat damit angenommen, daß sich dieser Vergleich auf die Höhe des Abfindungsguthabens bezieht, die im Wege eines Vergleichs geregelt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786).

Dieses Ergebnis ist allerdings nicht zwingend. Die Vereinbarung kann unter Umständen auch dahin gedeutet werden, daß der Kläger gegen die Anerkennung seiner Gesellschafterrechte auf einen Teil seiner Gewinnbeteiligung verzichtete. Der BFH hat zwar entschieden, daß eine rückwirkende Änderung der Gewinnverteilung nicht in Betracht kommt, selbst wenn sie im Rahmen eines Auseinandersetzungsvertrages vereinbart wird (Urteil vom 21. Dezember 1972 IV R 194/69, BFHE 108, 495, BStBl II 1973, 389); eine vergleichsweise Regelung, mit der ein strittiger Rechtszustand für die Vergangenheit geregelt wird, ist von diesem Vorbehalt jedoch nicht betroffen (BFH in BFHE 115, 488, BStBl II 1975, 603). Für die Auffassung des FA spricht jedoch, daß eine Änderung der Gewinnverteilung für die Vergangenheit Sache auch der übrigen Gesellschafter gewesen wäre, am Vergleich aber nur die Beigeladene beteiligt war; diese war aber auch die Schuldnerin einer Abfindungsforderung des Klägers (vgl. Baumbach / Duden / Hopt, Handelsgesetzbuch, 27. Aufl., § 138 Anm. 4 B), so daß die Folgerung erlaubt ist, daß sich der Vergleich auf die Höhe dieser Forderung erstreckte.

Hinsichtlich des Umfangs der Abfindung hat das FA angenommen, daß die erst geraume Zeit nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses zu zahlende Vergleichssumme auch ein Zinsentgelt enthalte und daß nur der abgezinste Betrag die Abfindungssumme darstelle. Dem ist aus Rechtsgründen nicht zu widersprechen; der Kläger hat hiergegen im Klageverfahren auch keine Einwendungen erhoben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416888

BFH/NV 1991, 21

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