Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer, Doppelbesteuerungsabkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vermögensbesteuerung von Geschäftsanteilen eines typischen oder atypischen stillen Gesellschafters, der beschränkt steuerpflichtig ist, nach dem deutsch-schwedischen Doppelbesteuerungsabkommen vom 25. April 1928.

Die Frage des wirtschaftlichen Zusammenhanges einer dem Erben testamentarisch auferlegten Nießbrauchslast mit einem geerbten Geschäftsanteil.

Deutsch-schwedisches Doppelbesteuerungsabkommen vom 25. April 1928; BewG § 77 in der am 1.

 

Normenkette

BewG §§ 77, 121; VStG §§ 2, 7; OECD-MA Allgemein; DBA SWE Art. 3

 

Tatbestand

Die Bgin. und Anschlußbeschwerdeführerin ist in Schweden wohnhaft und daher gemäß den §§ 2, 7 VStG in der Bundesrepublik nur mit ihrem Inlandsvermögen beschränkt vermögensteuerpflichtig.

Sie hat als Erbin ihres im Jahre 1956 verstorbenen Vaters das Betriebsvermögen einer Firma A und seine Beteiligung an einer anderen Firma B geerbt.

Mit dem Einheitswert dieses Betriebsvermögens und dem Wert der stillen Beteiligung wurde sie zur Vermögensteuer 1957 herangezogen. Das Finanzamt ... ließ von dem Rohvermögen nur eine Einzahlungsverpflichtung gegenüber der Firma B und die Einkommensteuerschuld aus 1956 zum Abzug zu. Den Abzug der darüber hinaus von der Steuerpflichtigen geltend gemachten Verbindlichkeiten, einer Darlehnsschuld gegenüber Frau X und einer zugunsten derselben Berechtigten bestehenden Nießbrauchslast, versagte es, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Inlandsvermögen der Steuerpflichtigen nicht bestehe.

Der Einspruch hatte ... keinen Erfolg ... Die Berufung ... führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht ist zwar der Auffassung des Finanzamts insoweit gefolgt, als es die stille Beteiligung an der Firma B - gleichgültig, ob es sich dabei um eine typische oder um eine atypische stille Beteiligung handeln sollte - dem steuerpflichtigen Inlandsvermögen der Bgin. zugerechnet und die stille Beteiligung mit ihrem vollen Nennwert in Ansatz gebracht hat. Im Gegensatz zum Finanzamt hat aber das Finanzgericht einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der stillen Beteiligung und der testamentarisch angeordneten Nießbrauchslast anerkannt, weil die Steuerpflichtige zugleich mit dem Erwerb der Erbschaft auch Schuldnerin des darauf lastenden Nießbrauchs geworden sei. Es hat deshalb für diese Nießbrauchslast einen Schuldabzug zugelassen und das steuerpflichtige Inlandsvermögen demzufolge so berechnet, daß sich der Betrag der Jahressteuer ermäßigte.

Gegen das Urteil des Finanzgerichts hat der Vorsteher des Finanzamts Rb. eingelegt. Er rügt fehlerhafte Anwendung des geltenden Rechts, weil er die Ansicht vertritt, es bestehe kein wirtschaftlicher Zusammenhang der Nießbrauchslast mit dem Inlandsvermögen

Die Bgin. hat ihrerseits Anschlußbeschwerde eingelegt, weil nach ihrer Ansicht die Nießbrauchslast mit dem Vierzehnfachen des jährlichen Nießbrauchs in Abzug zu bringen sei.

Der Bundesminister der Finanzen hat den Beitritt zum Rechtsbeschwerdeverfahren erklärt und zur Frage der Auslegung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) mit Schweden wie folgt Stellung genommen:

Im Verhältnis zu Schweden sei bis zum 31. Dezember 1958 das deutsch-schwedische DBA vom 25. April 1928 (RGBl 1928 II S. 522) maßgebend. Nach Art. 9 dieses Abkommens werde bei Vermögen, das aus Unternehmen von Handel, Industrie und sonstigem Gewerbe jeder Art sowie aus unbeweglichen Vermögen bestehe, die Vermögensteuer nur in dem Staat erhoben, der nach dem Abkommen die Einkünfte aus diesem Vermögen besteuern könne. Die stille Beteiligung der Bgin. an einem in der Bundesrepublik bestehenden Unternehmen unterliege danach der deutschen Vermögensteuer, weil sie dem Vermögen eines Unternehmens von Handel, Industrie und sonstigem Gewerbe im Sinne des Art. 3 DBA zuzuordnen sei, dessen Einkünfte nur in der Bundesrepublik besteuert werden dürften. Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb hätten nach Art. 3 Abs. 4 DBA - mit Ausnahme der Einkünfte aus Wertpapieren - auch die Einkünfte aus "Beteiligungen an einem gesellschaftlichen Unternehmen" zu gelten, zu denen auch die Beteiligung eines stillen Gesellschafters an einem inländischen Handelsgewerbe gehöre. Denn nach dem im Streitfall anzuwendenden deutschen Handelsrecht beruhe der Anspruch des stillen Gesellschafters auf Gewinnbeteiligung auf gesellschaftsrechtlichen Beziehungen. Auch sei die Beteiligung des "Stillen" im Sinne des DBA eine Beteiligung "an einem gesellschaftlichen Unternehmen". Dem stehe nicht entgegen, daß das innerdeutsche Steuerrecht die Einkünfte aus der stillen Beteiligung wegen des Fehlens einer Beteiligung am Betriebsvermögen nicht als gewerbliche Einkünfte, sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandle; denn das DBA habe den Kreis der gewerblichen Einkünfte bewußt weiter gezogen und den Begriff "der Mitunternehmerschaft" nicht übernommen. Die Abgrenzung für die Aufteilung der Besteuerung sei daher durch Auslegung des Abkommens selbst zu gewinnen, nach dessen Art. 3 Abs. 4 auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung wie Gewerbebetriebe behandelt würden. Entsprechendes müsse auch für stille Gesellschaften und die Beteiligung des "Stillen" gelten, zumal die Entstehungsgeschichte des Art. 3 Abs. 4 DBA ebenso dafür spreche wie der Umstand, daß auch die stille Beteiligung nicht durch ein Wertpapier verkörpert werde. Das neue deutsch- schwedische DBA vom 17. April 1959 (BGBl 1960 II S. 1814 und 1815) könne nicht zur Auslegung der älteren Vertragsregelung herangezogen werden.

 

Entscheidungsgründe

Diese Ausführungen des Bundesministers der Finanzen, denen allerdings die Bgin. und Anschlußbeschwerdeführerin entgegengetreten ist, sind im Ergebnis zutreffend.

Die Besteuerung der Beteiligung der Bgin. an der Firma B ist nach dem deutschen VStG grundsätzlich zu bejahen. Das angefochtene Urteil wird wegen Rechtsirrtums und nicht genügender Aufklärung des Sachverhalts aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Die Bgin. wendet sich zu Unrecht dagegen, daß die von ihr ererbte Beteiligung an der Firma B zur Besteuerung nach dem deutschen VStG herangezogen worden ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beteiligung entsprechend der im Vertrag dafür gewählten Bezeichnung als "Stille Beteiligung" im Sinne des deutschen HGB oder wegen einzelner Vertragsbestimmungen mehr oder weniger als atypische stille Gesellschaft anzusehen ist. Auf jeden Fall handelt es sich um eine gesellschaftliche Beteiligung des Vaters der Bgin. bzw. dieser selbst an einem inländischen Gewerbeunternehmen ...

Demgegenüber ist die Frage, ob die in Rede stehende gesellschaftliche Beteiligung mehr nach Art einer atypischen stillen Gesellschaft gestaltet ist, bei der auch dem sog. stillen Teilhaber ein Anteil an der Subtanz des inländischen Betriebsvermögens zusteht, oder mehr nach Art einer echten stillen Gesellschaft, bei der die Beteiligung den Charakter einer Forderung hat, nur von sekundärer Bedeutung. Für die Anwendung des § 77 BewG wäre diese letztere Frage überhaupt ohne Bedeutung, da nach dieser Vorschrift sowohl die atypische stille Beteiligung als auch die typische stille Beteiligung an einem inländischen Gewerbebetrieb - erstere nach § 77 Abs. 2 Ziff. 3, letztere nach § 77 Abs. 2 Ziff. 7 BewG - zum steuerpflichtigen Inlandsvermögen eines beschränkt Steuerpflichtigen gehören. Abweichungen und Unterschiede in der rechtlichen Behandlung der typischen und atypischen stillen Gesellschaft im Hinblick auf die Besteuerungshoheit können sich jedoch aus DBA ergeben.

Zwischen Deutschland und Schweden, wo die Bgin. ihren Wohnsitz hat, besteht ein DBA. Nach dem letzten zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden geschlossenen DBA vom 17. April 1959 (a. a. O.) unterliegt die atypische stille Beteiligung eines in Schweden ansässigen Steuerpflichtigen an einem in der Bundesrepublik unterhaltenen gewerblichen Unternehmen ebenso wie die Beteiligung an einer anderen Personengesellschaft (OHG, KG usw.) der inländischen Besteuerung (Art. 18 Abs. 1 zu b in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 DBA). Gleiches gilt aber nicht für die typische stille Beteiligung in Schweden ansässiger Personen an einem inländischen Gewerbebetrieb (Art. 3 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1).

Das DBA vom 17. April 1959 kommt jedoch im Streitfall nicht zur Anwendung. Seine Vorschriften sind nach Art. 28 Abs. 1 zu a des DBA in der Bundesrepublik erst auf die nach dem 31. Dezember 1958 zu erhebenden Steuern anzuwenden, der hier in Rede stehende Veranlagungszeitraum hat aber bereits am 1. Januar 1957 begonnen. Für die Erhebungszeiträume 1957 und 1958 bleibt daher das frühere deutsch-schwedische DBA vom 25. April 1928 (a. a. O.) maßgebend. Dieses DBA blieb auch für die Bundesrepublik in Kraft (s. Bekanntmachung der Bundesregierung vom 27. Juni 1951, BGBl 1951 S. 151, BStBl 1951 I S. 284). In diesem DBA fehlt es an einer dem oben genannten Art. 3 Abs. 4 des DBA vom 17. April 1959 entsprechenden Bestimmung, durch die die rechtliche Behandlung der Einkünfte und des Vermögens eines typischen stillen Gesellschafters im Hinblick auf die Besteuerungshoheit den Einkünften aus Aktien usw. ("Dividenden") gleichgestellt wurde (Hinweis auf Art. 9 DBA vom 15. April 1928). Die Beginn vertritt unter Hinweis auf die Ausführungen im Kommentar von Korn-Dietz (vgl. Korn-Dietz, Doppelbesteuerung, Vorbem. zu IV Ziff. 6 S. 100) die Auffassung, daß die Rechtslage im Hinblick auf die Besteuerungshoheit für typische stille Beteiligung auch nach dem DBA vom 25. April 1928 nicht anders zu beurteilen sei als nach dem DBA vom 17. April 1959, daß die in dem letztgenannten DBA getroffene Bestimmung des Art. 3 Abs. 4 mithin nicht mehr als eine Klarstellung des schon vorher bestehenden Rechtszustandes bedeute. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt, es muß vielmehr angenommen werden, daß durch den neu geschaffenen Art. 3 Abs. 4 des DBA vom 17. April 1959 eine änderung der Rechtslage in bezug auf die Besteuerungshoheit für stille Beteiligungen herbeigeführt worden ist. Dabei kommt es für die Beurteilung der Rechtslage nach dem früheren deutsch-schwedischen DBA nicht so sehr darauf an, daß das deutsche Handelsrecht als solches auch die stille Beteiligung als unmittelbare "Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen" auffaßt, als vielmehr darauf, daß das deutsch-schwedische DBA - zumindest in seiner früheren Fassung - den Kreis der gewerblichen Einkünfte und dementsprechend des gewerblichen Betriebsvermögens bewußt weiter als im innerdeutschen Steuerrecht gezogen und davon abgesehen hat, den Begriff "der Mitunternehmerschaft" als Kriterium der Abgrenzung aus dem innerdeutschen Steuerrecht zu übernehme. Wenn das deutsch- schwedische DBA von 1928 stattdessen in Art. 3 und 9 von "Steuern, welche die Einkünfte aus dem Betrieb von Handel, Industrie oder sonstigem Gewerbe jeder Art und das entsprechende Vermögen treffen", spricht und diesen Einkünften und dieser Vermögensart die Einkünfte und das Vermögen "Aus Beteiligungen an einem gesellschaftlichen Unternehmen" - soweit es sich dabei nicht um Wertpapiervermögen handelt - für die Besteuerung gleichgestellt hat, so bedeutet dies jedenfalls eine Erweiterung gegenüber dem innerstaatlichen Begriff der gewerblichen Einkünfte und des gewerblichen Betriebsvermögens. So wurden auch Einkünfte aus innerdeutschen Gesellschaften mbH und die Anteile daran der deutschen Besteuerungshoheit nach Art. 3 Abs. 4 des DBA vom 25. April 1928 unterstellt (vgl. dazu Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 236/38 vom 22. November 1938, RStBl 1939 S. 312). Diese Regelung des früheren DBA entsprach dem Wunsch, die Doppelbesteuerung in möglichst weitem Umfang zu beseitigen und deshalb auch Einkünfte aus Gesellschaftsanteilen, denen die Ausschüttungen auf GmbH-Anteile gleichgestellt wurden, in der Regelung für die gewerblichen Einkünfte einzubeziehen. Da das frühere deutsch-schwedische DBA in Art. 3 Abs. 4 nur solche Beteiligungen aus der sehr weitgehenden Regelung für das gewerbliche Vermögen ausschloß, die in Aktien oder auf andere Weise in einem Wertpapier verkörpert waren, erschien es folgerichtig, bei dieser weitgesteckten Zielsetzung auch die stille Gesellschaft in den Bereich dieser Regelung einzubeziehen, zumal der Anteil des "Stillen" ebenfalls nicht in einem Wertpapier verkörpert ist. Dafür sprach insbesondere, daß seine Beteiligung ähnlich wie die Beteiligung an einer GmbH ebenfalls mit dem Quellenstaat eng verbunden ist und dieser Staat, in dem sich das Unternehmen befindet, Art und Umfang des Steuerobjekts besser feststellen und erfassen kann. Im übrigen entspricht diese Auffassung, wie insbesondere der Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme vom 28. Oktober 1964 überzeugend dargelegt hat, auch der Entstehungsgeschichte der in Art. 3 Abs. 4 des deutsch-schwedischen DBA von 1928 getroffenen Regelung. Der dort verwendete Ausdruck "Beteiligung an einem gesellschaftlichen Unternehmen", der erstmals in Art. III Abs. 4 des deutsch- österreichischen DBA vom 23. Mai 1922 zu finden ist, hat von diesem Zeitpunkt an in eine ganze Anzahl ihm folgender DBA Eingang gefunden, zu denen auch das deutsch-schwedische DBA vom 25. April 1928 gehört. Der Ausdruck geht auf § 153 des österreichischen Personalsteuergesetzes vom 25. Oktober 1896 zurück (Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 1796/31 vom 11. Oktober 1933 - Mrozek- Kartei zum deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsvertrag vom 23. Mai 1922 Art. 3 Abs. 4 Rechtsspruch 1).

Da nach § 153 des österreichischen Personalsteuergesetzes der österreichischen Einkommensteuer alle Einkünfte aus einer "Erwerbsunternehmung" unterlagen und da lediglich der Besitz von Aktien, Anteilscheinen u. ä. Wertpapieren nicht als Teilhaberschaft an einer Unternehmung in dem gedachten Sinne anzusehen war, fiel nach dem österreichischen Einkommensteuerrecht auch der Besitz von Geschäftsanteilen an einer GmbH unter den Begriff der Teilhaberschaft an einem gewerblichen Unternehmen. Auch für stille Gesellschaften konnte nach dieser Regelung nichts anderes gelten, vielmehr fielen unter diese österreichische Regelung auch stille Gesellschaften und die Beteiligung an solchen (vgl. Kommentar von Gottlieb-Billroth-Egger zum österreichischen Personalsteuergesetz, 3. Aufl., § 153 Anm. 13 S. 490). Der erkennende Senat kommt somit zu dem Ergebnis, daß für den streitigen Stichtag die stille Beteiligung eines in Schweden ansässigen Steuerpflichtigen an einem deutschen gewerblichen Unternehmen ebenso wie die atypische stille Beteiligung nach dem DBA von 1928 der deutschen Steuerhoheit unterlag und deshalb im Inland zu besteuern war.

Der Senat schließt sich somit den Ausführungen des Urteils des Bundesfinanzhofs VI 338/63 U vom 5. Februar 1965 (BStBl 1965 III S. 258) nicht an. Eine formelle Bindung an dieses U-Urteil besteht nicht. Materiell handelt es sich dort um eine echte stille Beteiligung sowie um das DBA mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Das Finanzgericht, das im Streitfall ebenfalls von der inländischen Steuerpflicht der von der Bgin. ererbten "stillen Beteiligung" ausgegangen ist, ließ andererseits die auf dem ererbten Vermögen ruhende Nießbrauchsbelastung zum Abzug zu, indem es den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Beteiligung als dem inländischen, der Vermögensteuer unterworfenen Vermögensgegenstand und der darauf ruhenden Nießbrauchsbelastung im Sinne des § 77 Abs. 3 BewG anerkannte. Dagegen wendet sich die Rb. des Vorstehers des Finanzamts mit der Rüge fehlerhafter Anwendung des geltenden Rechts. Grundsätzlich kann ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Vermögensgegenstand und Schuld bzw. Last im Sinne des § 77 Abs. 3 BewG nur dann anerkannt werden, wenn die Entstehung der Last unmittelbar auf Vorgängen beruht, die den belasteten Vermögensgegenstand selbst betreffen. Bei der Belastung eines Grundstücks mit einer Grundschuld oder Hypothek wird deshalb regelmäßig zu fordern sein, daß die ihm zugrunde liegende Schuldaufnahme entweder dem Erwerb oder der Erhaltung und Sicherung des belasteten Grundstücks dient. Typisch ist hierfür insbesondere der Fall, daß beim Erwerb eines Grundstücks nur ein Teil des Kaufpreises bar bezahlt werden kann, während der Restkaufpreis durch Aufnahme einer Hypothek belegt wird. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist auch dann zu bejahen, wenn eine Hypothek oder Grundschuld aufgenommen wird, um Verbesserungen am Grundstück durchzuführen. Der RFH hat darüber hinaus in dem Urteil III 71/38 vom 14. Juli 1938 - RStBl 1938 S. 826 - im Falle des Erwerbs eines Grundstücks unter übernahme der darauf lastenden Hypothek den wirtschaftlichen Zusammenhang der Schuld mit dem belasteten Grundstück anerkannt, obwohl ursprünglich bei der Begründung dieser Hypothek ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grundstück und Schuldaufnahme nicht bestanden hat. In ähnlicher Weise hat der RFH (vgl. Urteil III 70/41 vom 10. Juli 1941, RStBl 1941 S. 731) bei einer Schenkung den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem geschenkten, der beschränkten Steuerpflicht unterstehenden Grundstück und der darauf lastenden Hypothek bejaht, obwohl der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Grundstück und Schuld beim Schenker selbst noch nicht bestanden hatte. In beiden Fällen war jedoch die Verbindung zwischen Schuld und Grundstück durch den besonderen Akt der Schuldübernahme herbeigeführt worden, die ein Teil des Erwerbsvorgangs war. Der Erwerber hatte das Grundstück nicht ohne die darauf lastende Hypothek erwerben können. Durch den Erwerbsvorgang selbst wurde der bis dahin fehlende wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem belasteten Vermögensgegenstand und der Schuld hergestellt. Von einem ähnlichen Gedankengang ist das Finanzgericht in dem angefochtenen Urteil ausgegangen. Es erscheint jedoch nicht angängig, die Grundsätze, die der Reichsfinanzhof in den vorerwähnten Fällen einer Einzelrechtsnachfolge entwickelt hat, ohne weiteres auch auf Fälle der Gesamtrechtsnachfolge zu übertragen und insbesondere die Annahme der Erbschaft allein als den die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Vermögensgegenstand und Schuld begründenden Vorgang anzuerkennen. Der Senat hat bereits in dem Urteil III 242/60 U vom 28. September 1962 (BStBl 1962 III S. 535, Slg. Bd. 75 S. 738) darauf hingewiesen, daß der Erwerb durch Erbfolge allein die vorher nicht bestehende wirtschaftliche Verbindung zwischen Vermögensgegenstand und Schuld nicht herbeiführen kann. Die Annahme der Erbschaft als solche genügt nicht, um eine derartige Verbindung zwischen Vermögensgegenstand und Schuld herzustellen. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, daß die Entstehung der Schuld oder Last auch im Falle der Erbschaft unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die das belastete Wirtschaftsgut selbst betreffen. Da die Vorinstanz die Rechtslage insoweit verkannt hat, unterliegt die angefochtene Entscheidung der Aufhebung.

Die Sache ist jedoch nicht entscheidungsreif. Es ist zu prüfen, ob die Nießbrauchslast in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem oben behandelten Gesellschaftsanteil des Vaters steht, d. h. ob die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die das belastete Wirtschaftsgut, hier also die Beteiligung, betreffen. Zur Bejahung der Abzugsfähigkeit müßte die Einräumung des Nießbrauchs die Gegenleistung des Erblassers (Vater der Bgin.) an die Nießbrauchsberechtigte für deren finanziellen Beitrag zum Erwerb bzw. Erhalt seiner Anteile gewesen sein. Eine lediglich wirtschaftliche Unterstützung der Nießbrauchsberechtigten durch Zuschüsse zum Lebensunterhalt des Vaters würde bei der engen Auslegung, die zutreffend von Rechtsprechung zum Schrifttum zur Bejahung des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Inlandsvermögen verlangt wird, nicht ausreichen. Es könnten jedoch im Streitfall Umstände vorgelegen haben, die die Annahme einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen der ererbten Beteiligung und der darauf ruhenden Nießbrauchslast rechtfertigen würden. Bei den persönlichen Beziehungen, die zwischen dem Erblasser und Frau X offenbar bestanden haben, ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß die Letztere dem Erblasser Mittel für die Beteiligung zur Verfügung gestellt hat, die dem Erblasser zur Bestellung des Nießbrauchsrechts Veranlassung gegeben haben könnten. Da die Vorinstanzen auf diese Frage bisher nicht eingegangen sind und keine Ermittlungen durchgeführt haben, war die Sache wegen ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuverweisen. ...

 

Fundstellen

Haufe-Index 411910

BStBl III 1966, 483

BFHE 1966, 191

BFHE 86, 191

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