Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauland als landwirtschaftliches Betriebsvermögen; keine Betriebsaufgabe durch Betriebsverpachtung

 

Leitsatz (NV)

1. Der Umstand, daß Grundflächen als Bauland oder Bauerwartungsland zu beurteilen sind, steht ihrer Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen nicht entgegen.

2. Die Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bewirkt nicht, daß das bisherige Betriebsvermögen ohne weiteres Privatvermögen wird.

 

Normenkette

EStG §§ 13-14, 16 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) unterhielt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Hierzu gehörten Nutzflächen von rd. 8 ha in der Gemarkung A und von rd. 3 ha in der Gemarkung B; einschließlich zugepachteter Flächen wurden rd. 25 ha bewirtschaftet. Zum 1. März 1972 verpachtete der Kläger den landwirtschaftlichen Betrieb an seinen Sohn. Die Grundstücke in B wurden nicht mitverpachtet. Der Kläger verkaufte sie im März 1973 für . . . DM an ein gewerbliches Unternehmen.

Der Kläger hatte diese Grundstücke in den Jahren 1965 und 1968 erworben; der Kaufpreis betrug insgesamt . . . DM. Es handelte sich um geringwertige, eingezäunte Weideflächen; nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nahm der Kläger in sie entgeltlich Vieh zur Sommergrasung auf. Für den Erwerb sämtlicher Flächen beantragte der Kläger mit Erfolg Grunderwerbsteuerbefreiung, da sie der Aufstockung seines landwirtschaftlichen Betriebs dienten; er legte hierzu auch Zweckdienlichkeitsbescheinigungen der zuständigen Landwirtschaftskammer vor. Darüber hinaus beantragte er die Feststellung eines höheren Teilwerts gemäß § 55 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG); dieser Antrag wurde jedoch zurückgewiesen, weil ein höherer Teilwert nicht nachgewiesen worden sei. In seinen Einkommensteuererklärungen für 1972 und 1973 gab der Kläger noch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an, zählte das Pachtentgelt jedoch mit dem Hinweis ,,Landwirtschaft" zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) rechnete das Pachtentgelt in der Veranlagung 1972 zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, in der Veranlagung 1973 zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.

Anläßlich einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, daß die Weideflächen in B landwirtschaftliches Betriebsvermögen des Klägers geblieben seien und daß deshalb der errechnete Veräußerungsgewinn von . . . DM zur Hälfte in den Jahren 1972 und 1973 bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu versteuern sei. Das FA änderte die Einkommensteuerbescheide 1972 und 1973 entsprechend.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils bei Festsetzung der Einkommensteuer 1972 und 1973 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von . . . DM und . . . DM zugrunde zu legen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig, sie ist insbesondere hinreichend begründet (§ 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Revision gibt das angefochtene Urteil an; sie enthält einen bestimmten Antrag und bezeichnet auch die verletzte Rechtsnorm. Aus ihr ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß der Kläger fehlerhafte Anwendung der Bestimmungen über die Gewinnermittlung nach den §§ 13, 4 EStG 1971 rügt; eine bestimmte Gesetzesvorschrift brauchte er in diesem Zusammenhang nicht anzugeben.

2. Die Revision ist jedoch unbegründet; das FG hat zu Recht entschieden, daß die veräußerten Grundstücke Betriebsvermögen waren und der Veräußerungserlös daher der Einkommensteuer unterliegt.

a) Nach den unangefochtenen tatsächlichen Feststellungen des FG, die auf die eigene Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung zurückgehen, wurden die in den Jahren 1965 und 1968 erworbenen Teilflächen bzw. die im Umlegungsverfahren an ihre Stelle getretenen Austauschflächen in der Weise genutzt, daß in ihnen sechs bis acht Stück Vieh zur Sommergrasung gegen Entgelt aufgenommen wurden. Eine solche Haltung von Pensionsvieh gehört zur Tierhaltung i. S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 1971 und führt zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. November 1978 IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246, m.w.N.). Die für diese Zwecke genutzten Grundstücke bildeten beim Kläger notwendiges Betriebsvermögen, auch wenn kein enger räumlicher Zusammenhang zwischen ihnen und dem Hof des Klägers bestand. Daß die fraglichen Teilflächen Bauerwartungsland waren oder bereits Bauland darstellen, hinderte ihre Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen nicht (BFH-Urteil vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448). So hat auch der Kläger die Verhältnisse gesehen, als er die Grunderwerbsteuerbefreiung und später die Festsetzung eines höheren Teilwerts nach § 55 Abs. 5 EStG beantragte. Diese rechtliche Beurteilung wird vom Kläger in der Revisionsinstanz auch nicht mehr in Frage gestellt. Sie führt dazu, daß der Gewinn aus der Veräußerung der Flächen gemäß den §§ 2 und 8 des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen vom 15. September 1965 - GDL - (BGBl I, 1350, BStBl I, 552) bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen ist.

b) Der Kläger hat die Grundstücke auch nicht, wie er mit der Revision vorträgt, anläßlich der Betriebsverpachtung in sein Privatvermögen entnommen. Die Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bewirkt nicht, daß das bisherige Betriebsvermögen ohne weiteres zu Privatvermögen wird, weil der Steuerpflichtige seinen Betrieb aufgegeben hat; hierzu bedarf es vielmehr einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung (BFH-Urteil vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303), zu der es im Streitfall nicht gekommen ist. Daß die fraglichen Grundflächen nicht mitverpachtet wurden, stellt den Tatbestand der Betriebsverpachtung nicht in Frage, da sie für die Bewirtschaftung des Hofes nur geringe Bedeutung hatten und nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörten (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28. März 1985 IV R 88/81, BFHE 143, 559, BStBl II 1985, 508). Andererseits sind diese Wirtschaftsgüter durch die Verpachtung auch nicht in das Privatvermögen entnommen worden. Sie wurden auch nach diesem Zeitpunkt für Zwecke der Tierhaltung und damit landwirtschaftlich genutzt; unter diesen Voraussetzungen setzt der Verpächter eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs seine eigenbetriebliche Betätigung fort (vgl. Leingärtner/ Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, Rdnr. 88). Er übt weiterhin nachhaltig eine selbständige Tätigkeit aus, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und auf der planmäßigen Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Gewinnung und Verwertung seiner Erzeugnisse beruht. Dabei brauchen die Betriebsfläche keine bestimmte Mindestgröße und der Betriebsertrag keinen bestimmten Mindestbetrag zu erreichen (BFH-Urteile vom 31. März 1955 IV 134/54 U, BFHE 60, 392, BStBl III 1955, 150; vom 21. Dezember 1965 III 291/62 U, BFHE 84, 381, BStBl III 1966, 138).

c) Auch die Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist nicht zu beanstanden. Das FA hat dem Veräußerungspreis nicht die tatsächlichen Anschaffungskosten, sondern den zweifachen Ausgangsbetrag gemäß § 55 Abs. 1 EStG 1971 gegenübergestellt. Dies ist nach § 8 Abs. 2 GDL i. d. F. des Zweiten Steueränderungsgesetzes 1971 (BGBl I, 1266, BStBl I, 373) Rechtens. Der Kläger hat die Feststellung eines höheren Teilwerts gemäß § 55 Abs. 5 EStG nach der Ablehnung durch das FA nicht mehr weiter verfolgt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414194

BFH/NV 1987, 84

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