Leitsatz (amtlich)

Ein Ehevermittlungsunternehmen, das Gebühren vor Erbringung der vertragsmäßigen Leistungen vereinnahmt, darf wegen der Leistungen, die erst nach dem Bilanzstichtag zu erbringen sind, einen Passivposten bilden. Daß der Kunde die Gebühr gemäß § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zurückverlangen kann, steht dem nicht entgegen.

 

Normenkette

EStG 1955 § 5

 

Tatbestand

Streitig ist die Behandlung von Aufwendungen für nach dem Bilanzstichtag anfallende Leistungen bei einem Ehevermittlungsunternehmen.

Die Revisionskläger (Stpfl.) betrieben in den Streitjahren 1954 bis 1961 ein Ehevermittlungsinstitut. Nach den Feststellungen des FG verpflichteten sich die Ehesuchenden, für die Dienstleistungen des Instituts eine ziffernmäßig bezeichnete pauschale Bearbeitungsgebühr zu zahlen, die bei Auftragerteilung fällig und zu entrichten war. Eine Bearbeitung erfolgte erst nach Zahlung. Darüber hinaus wurde ein Honorar für den Fall eines Erfolges vereinbart. Dem Auftraggeber wurden zwischen ein und fünf Anschriften anderer Ehesuchender zugesandt. Die Partner mußten sich selbst miteinander in Verbindung setzen. Eine erneute Zusendung von Adressen geschah nur nach weiterer Aufforderung durch den Auftraggeber.

Nach einer Steuerfahndungsprüfung wurden die Gewinne vom FA geschätzt. Die Stpfl. erhoben gegen die ziffernmäßige Feststellung der berichtigten Gewinne keine Einwendungen. Sie fochten jedoch sämtliche Steuerbescheide mit dem Einspruch an und forderten die Passivierung der noch über mehrere Jahre sich erstreckenden Verpflichtung zur Ehevermittlung, und zwar der Höhe nach mit anteiligen Beträgen aus dem bereits vereinnahmten Maklerlohn.

Der Einspruch blieb erfolglos. Auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Das FG führte u. a. aus, die Grundsätze, nach denen bei Vermittlungsagenten die Ansprüche aus vorschußweise empfangenen Provisionen erst aktiviert werden dürften, wenn das Geschäft ausgeführt worden sei, könnten keine Anwendung finden. Beim Provisionsvertreter erwüchsen die gezahlten Vorschüsse erst zu einer Provisionsforderung, wenn das zugrunde liegende Hauptgeschäft ausgeführt werde. Würden die Verhältnisse gleichliegen, so hätten auch die Kläger erst einen Honoraranspruch, wenn eine Ehe zwischen den Auftraggebern zustande gekommen sei. Dies sei nicht der Fall.

Der empfangene Maklerlohn sei daher bereits eine gesicherte Einnahme, die nicht mehr verlorengehe. Sie sei nahezu risikolos.

Sei jedoch die Einnahme aus einem schwebenden Geschäft nicht mehr mit dem Risiko behaftet, daß sie geschmälert werden oder ganz verlorengehen könne, so sei sie sowohl handelsrechtlich als auch nach den steuerrechtlichen Vorschriften der Gewinnermittlung zuzuführen.

Eine Rückstellung sei nur insoweit zulässig, als durch die weitere Erfüllung der ohnehin vagen vertraglichen Verpflichtungen weitere Unkosten anfielen.

Mit der nach Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb. beantragen die Stpfl., bei der Ermittlung der Gewinne die aus den schwebenden Verträgen bestehenden Verbindlichkeiten anzusetzen.

Das FA beantragte Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Nach § 656 BGB wird durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Versprechens Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der andere Teil zum Zweck der Erfüllung des Versprechens dem Makler gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis. Der Senat hat in dem Urteil IV 73/63 vom 17. August 1967 (BStBl II 1968, 79) ausgeführt, daß die Bedeutung dieser Vorschriften infolge der Entwicklung der Verhältnisse nicht überbewertet werden darf. Das gilt auch für das Fehlen der Klagbarkeit des Anspruchs der Kunden des Ehevermittlers auf Rückforderung des Honorars. Der Ansicht des FG, der vereinnahmte Maklerlohn sei eine gesicherte Einnahme, die nicht mehr verlorengehen könne, auch wenn der Ehevermittler seine Vertragsverpflichtungen insbesondere in bezug auf die Übersendung von Anschriften nicht nachkomme, kann nicht gefolgt werden. Trotz des gesetzlich ausgeschlossenen Rückforderungsanspruchs des Kunden ist eine tatsächlich bestehende Verpflichtung der Stpfl. zur ordnungmäßigen Vertragserfüllung jedenfalls im Wege der Kulanzleistung anzunehmen. Ein Ehevermittlungsinstitut, das nicht nach diesen Grundsätzen handeln würde, müßte mit baldigen geschäftlichen Mißerfolgen rechnen. Auch Kulanzleistungen, zu denen sich ein Steuerpflichtiger im geschäftlichen Interesse verpflichtet erachtet, sind bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen, wie dies von der Rechtsprechung insbesondere in bezug auf Garantieleistungen anerkannt worden ist (vgl. Urteil des BFH I 242/61 U vom 20. November 1962, BFH 76, 307, BStBl III 1963, 113). Die streitigen Fragen sind also unabhängig davon zu beurteilen und zu entscheiden, daß es sich bei dem Unternehmen der Stpfl. um ein Ehevermittlungsinstitut handelt, auf das § 656 BGB Anwendung findet.

2. Die Vergütungen, auf die die Stpfl. nach den Verträgen einen Anspruch haben, sind Pauschalvergütungen. Die Kunden haben einen vereinbarten festen Betrag für den Nachweis von Ehesuchenden und einen weiteren festen Betrag als Erfolgshonorar für den Fall zu leisten, daß es durch die Vermittlungstätigkeit der Stpfl. zu einer Eheschließung kommt. Diese Vergütungen sind Betriebseinnahmen im Zeitpunkt der Vereinnahmung. Die Ansicht der Stpfl., es müsse zwischen der Fälligkeit des Honoraranspruchs und dem Entstehen der Forderung unterschieden werden und diese entstehe erst nach und nach mit der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen durch den Ehevermittler, ist weder mit den handelsrechtlichen, noch mit den steuerrechtlichen Gewinnermittlungsgrundsätzen in Einklang zu bringen.

3. Das Begehren der Stpfl. ist dem Grunde nach unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt berechtigt.

Die Vereinnahmung einer Pauschalvergütung führt im allgemeinen zur Gewinnverwirklichung im Wirtschaftsjahr der Vereinnahmung. Das gilt aber uneingeschränkt nur, wenn auch die Leistungen, zu denen ein Steuerpflichtiger auf Grund der Vergütung verpflichtet ist, in dieses Wirtschaftsjahr fallen. Der erkennende Senat hat im Urteil IV 183/60 U vom 6. Februar 1964 (BFH 79, 23, BStBl III 1964, 241) entschieden, daß ein selbständig Tätiger einen Passivposten in seine Bilanz einsetzen darf, wenn er Honorare für Dienstleistungen vereinnahmt, die erst nach dem Bilanzstichtag erbracht werden müssen. Das gilt ebenso für die Vereinnahmung eines Betrages durch einen Kaufmann, dem die Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen in einem späteren Wirtschaftsjahr gegenübersteht. Ein solcher Passivposten rechtfertigt sich, wie der Senat im Urteil IV 117/65 vom 19. Januar 1967 (BFH 88, 204, BStBl III 1967, 336) ausgeführt hat, auch aus der dynamischen Bilanzauffassung. Er dient der zutreffenden Periodenabgrenzung.

Entgegen der Ansicht des FG sind aber nicht die Unkosten abzugrenzen, die in künftigen Jahren noch anfallen und aus der vereinnahmten Vergütung zu bestreiten sind. Gegenstand der Abgrenzung ist vielmehr, wie auch der BFH im Urteil I 208/63 vom 31. Mai 1967 (BFH 89, 191, BStBl III 1967, 607) entschieden hat, die gesamte Vergütung. Nur so wird der Zweck dieses Passivpostens erreicht, die vereinnahmten Vergütungen dem Wirtschaftsjahr zuzurechnen, als dessen Ertrag sie anzusehen sind (BFH-Urteil I 84/63 U vom 26. Mai 1965, BFH 82, 645, BStBl III 1965, 480). Der Umfang der in künftigen Jahren noch zu erbringenden Leistungen bildet den Maßstab für die Bemessung der an den einzelnen Bilanzstichtagen zu bildenden passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Ihre Höhe hat das FG als Tatsacheninstanz zu schätzen. Eine gleichmäßige Aufteilung auf das Jahr der Vereinnahmung der Vergütung und die folgenden Jahre wird, wie auch die Stpfl. einräumen, der Sachlage nicht gerecht. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Umfang der zu erbringenden Leistungen sich mit zunehmendem zeitlichen Abstand von der Vereinnahmung der Vergütung verringert.

Die Sache war an das FG zurückzuverweisen, das zu prüfen hat, in welcher Höhe die Stpfl. unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen Teile der bereits vereinnahmten Provisionen durch Bildung von Passivposten auf spätere Jahre verteilen können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412736

BStBl II 1968, 80

BFHE 1968, 322

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