Entscheidungsstichwort (Thema)

"Umwandlung" von geschenkten Beträgen in Darlehen

 

Leitsatz (NV)

Wendet ein Steuerpflichtiger seinen Kindern Geldbeträge zu, die die Kinder ihm lt. Vertrag sogleich wieder als "Darlehen" zur Verfügung zu stellen haben, sind die aufgrund der Vereinbarungen gezahlten "Zinsen" keine Betriebsausgaben, sondern nicht abziehbare Zuwendungen i. S. des § 12 Nr. 2 EStG.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden für das Streitjahr (1980) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt einen Handel ... Die Klägerin ist in diesem Unternehmen angestellt.

Mit Wirkung vom 2. Januar 1976 buchte der Kläger vom betrieblichen Kapitalkonto insgesamt 30 000 DM ab und übertrug diesen Betrag zu gleichen Teilen auf ein besonderes, für seine Kinder S und M eingerichtetes Darlehenskonto. Am 22. Dezember 1976 gab er notariell beurkundete Erklärungen ab, in denen er klarstellte, daß es sich hierbei um Schenkungen an seine Kinder gehandelt habe. Weiter heißt es in den für beide Kinder gleichlautenden Erklärungen wie folgt:"

Die Schenkung geschieht unter folgender Auflage: Das geschenkte Guthaben wird auf die Dauer von fünf Jahren meiner Firma als Darlehen zur Verfügung gestellt und ist jährlich mit 3 % vom Geschäftsgewinn, höchstens mit 15 % der Darlehenssumme zu verzinsen. Die Zinsen werden jährlich nachträglich gezahlt, sobald das Geschäftsergebnis des vorausgegangenen Jahres ermittelt ist. Die Zinsen werden dem Konto des Kindes gutgeschrieben und sind zugunsten des Kindes frei verfügbar. Das Darlehen ist am 31. 12. 1980 zur Rückzahlung fällig. Im übrigen ist die Schenkung von mir bewirkt."

Für die Kinder wurde durch Beschluß des Amtsgerichts für den Abschluß dieser Schenkungsverträge ein Pfleger bestellt. Dieser nahm durch notariell beurkundete Erklärungen vom 25. Juni 1977 die Schenkungsangebote des Klägers für die Kinder an.

Nach dem Vortrag der Kläger hatten die Kinder bereits zuvor dem klägerischen Unternehmen Darlehen zur Verfügung gestellt. Die hierfür notwendigen Beträge hatten andere Verwandte den Kindern geschenkt. In der Bilanz für das Streitjahr wurden die Darlehen als langfristige Verbindlichkeiten ausgewiesen. Nach einer Außenprüfung lehnte es der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ab, die gebuchten Darlehenszinsen als Betriebsausgaben zum Abzug zuzulassen. Der gegen den gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid 1980 eingelegte Einspruch war erfolglos.

Die Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) hat das FA den Abzug der Zinsen für die Darlehen der Kinder als Betriebsausgaben zu Recht abgelehnt. Hinsichtlich der dem Kläger zur Verfügung gestellten Gelder, die den Kindern von Verwandten zugewendet worden waren, fehle es für das Streitjahr schon an bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossenen Darlehensverträgen. Die bei der Darlehenshingabe noch minderjährigen Kinder hätten keine wirksamen Erklärungen abgeben können. Eine wirksame Vertretung der Kinder sei ebenfalls nicht gegeben.

Auch hinsichtlich der den Kindern vom Kläger geschenkten Beträge seien steuerlich anzuerkennende Darlehensverträge nicht zustandegekommen. Die 1976 mit den Kindern geschlossenen Schenkungsverträge seien im Streitjahr noch nicht erfüllt gewesen. Nach § 516 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) setze die Erfüllung eines Schenkungsversprechens voraus, daß der Schenker den Beschenkten durch eine Zuwendung aus seinem Vermögen objektiv bereichere. Dies sei hier nicht geschehen. Die geschenkten Beträge seien zu keinem Zeitpunkt in den Vermögensbereich der Kinder gelangt. Sie seien vielmehr direkt vom Kapitalkonto des Klägers auf betriebliche Darlehenskonten der Kinder geflossen. Die den Kindern im Streitjahr gezahlten Beträge seien keine Zinsen für ein Darlehen, sondern zusätzliche Schenkungen, die Zuwendungen i. S. von § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellten. Das FG verweist hierzu auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH vom 10. April 1984 VIII R 134/81 (BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705) und vom 20. März 1987 III R 197/83 (BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603).

Darüber hinaus entspreche der Inhalt der Darlehensverträge nicht dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Es könne dahinstehen, ob einer steuerlichen Anerkennung der Verträge schon die gewinnabhängige Verzinsung entgegenstehe. Im Streitfall fehle es an einer ausreichenden Sicherung der als langfristig zu beurteilenden Darlehen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie sind der Ansicht, das FG habe sich bei seiner Entscheidung nicht auf das Urteil des BFH in BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705 stützen dürfen. Dieses Urteil habe in der Literatur heftige Kritik erfahren. Im hier zu entscheidenden Fall handele es sich um Schenkungen unter einer Auflage, die auch vollzogen seien. Es habe eine Vermögensverschiebung stattgefunden, denn der Kläger sei Darlehensschuldner geworden, die Kinder Darlehensgläubiger. Die rechtlich existierenden Darlehensforderungen hätten den Kindern einklagbare Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehen zum 31. Dezember 1980 gegeben, die von eventuellen Gläubigern hätten gepfändet werden können. Unzutreffend sei auch die Auffassung, die Kinder seien zu keinem Zeitpunkt frei in der Verfügung über die Geldbeträge gewesen, da das Schenkungsversprechen und der Darlehensvertrag in einer Urkunde niedergelegt worden seien. Es werde übersehen, daß es sich eben um eine Schenkung unter Auflage handele. Hieraus folge, daß die geschenkten Beträge als Darlehen zurückzugewähren seien. Auch der Umstand, daß die geschenkten Beträge direkt vom Kapitalkonto auf die Darlehenskonten der Kinder umgebucht worden seien, könne der Begründung von Darlehensforderungen nicht entgegenstehen. Nicht nur ein Geldbetrag, sondern auch eine Darlehensforderung könne Gegenstand einer Schenkung sein.

Die Begründung, die Darlehensverträge hielten einem Fremdvergleich nicht stand, sei ebenfalls rechtlich nicht haltbar. Wer eine Schenkung unter Auflage annehme, müsse die Auflage erfüllen. Für einen Fremdvergleich sei daher gar kein Raum.

Die von den Klägern in der Revisionsbegründungsschrift vorsorglich erhobene Aufklärungsrüge wurde nicht begründet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die streitigen Darlehenszinsen den Gewinn nicht mindern dürfen. Sie waren keine Betriebsausgaben.

Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen kann nach ständiger Rechtsprechung von einer betrieblichen Veranlassung nur dann ausgegangen werden, wenn der Vertrag bürgerlich-rechtlich wirksam zustandegekommen ist und sowohl der Inhalt als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (vgl. z. B. BFH- Urteil vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555 m. w. N.). Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln. Dies gilt auch für Darlehensverträge zwischen Eltern und Kindern (vgl. Senatsurteil in BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603).

a) Dem FG ist darin zu folgen, daß die Darlehensverträge zwischen dem Kläger und den Kindern über die diesen von Verwandten zugewendeten Beträge schon bürgerlich-rechtlich nicht wirksam zustandegekommen sind. Die noch minderjährigen Kinder waren nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) beim Abschluß der Darlehensverträge nicht durch einen Ergänzungspfleger vertreten (vgl. hierzu u. a. BFH-Urteil vom 23. April 1992 IV R 46/91, BFHE 168, 140, BStBl II 1992, 1024). Die für diese Darlehen entrichteten Zinsen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Insoweit haben die Kläger mit ihrer Revision auch keine Einwendungen mehr erhoben.

b) Zutreffend hat das FG auch die Abzugsfähigkeit der Zinsen für die Darlehen verneint, die auf den vom Kläger seinen Kindern zugewendeten Beträgen beruhen.

Nach dem Urteil des VIII. Senats des BFH in BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705 liegt keine (vollzogene) Schenkung mit anschließendem Darlehensvertrag, sondern ein befristetes Schenkungsversprechen vor, dem eine betriebliche Veranlassung fehlt, wenn in einem notariellen Vertrag vereinbart wird, daß Eltern ihren Kindern Geld zuwenden und diese die Mittel den Eltern sogleich darlehensweise wieder zur Verfügung stellen müssen. Der VIII. Senat stellt dabei in Übereinstimmung mit dem BFH-Urteil vom 1. Juni 1978 IV R 109/74 (BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618) entscheidend darauf ab, daß die Verfügungsmacht über die angeblich geschenkten Beträge bei den angeblichen Schenkern verblieben ist. Im Anschluß hieran hat der X. Senat des BFH in seinem Urteil vom 12. Februar 1992 X R 121/88 (BFHE 167, 119, BStBl II 1992, 468 -- bestätigt durch Urteil vom 21. Oktober 1992 X R 99/88, BFHE 170, 41, BStBl II 1993, 289 --) entschieden, daß Darlehenszinsen nichtabziehbare Zuwendungen (Schenkungen) i. S. von § 12 Nr. 2 EStG sind, wenn sich ein Steuerpflichtiger in einem notariellen Vertrag verpflichtet, seinen Kindern Geldbeträge zuzuwenden, die sie ihm sogleich wieder als "Darlehen" zu überlassen haben. Unter den genannten Voraussetzungen liege im Zeitpunkt der "Schenkung" eine endgültige Vermögensverschiebung zwischen Eltern und Kindern nicht vor (vgl. auch BFH- Urteil vom 28. Januar 1993 IV R 109/91, BFH/NV 1993, 590). Die Schenkung unter Auflage der Darlehensgewährung sei auf eine künftige Kapitalübertragung hin angelegt. Der Abzug von Darlehenszinsen setze jedoch voraus, daß der Schenker bereits in der Gegenwart Kapital übertragen habe, das ihm der Zuwendungsempfänger wiederum aufgrund eigener Verfügungsmacht zur Nutzung überlasse. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung jedenfalls für den Fall an, in dem -- wie im Streitfall -- Schenkungs- und Darlehensvertrag in einer Vertragsurkunde niedergelegt sind (bei getrennten Urkunden vgl. Urteil in BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603). Ob er im übrigen an seiner Auffassung festhalten würde, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Für den Streitfall folgt daraus, daß den zwischen dem Kläger und seinen Kindern geschlossenen Darlehensverträgen die steuerliche Anerkennung zu versagen ist. Der Kläger hat seinen Kindern Beträge zugewendet, die sie ihm sogleich wieder als "Darlehen" zur Verfügung zu stellen hatten, wie sich aus den notariell beurkundeten Erklärungen vom 22. Dezember 1976 ergibt, in denen jeweils sowohl die Schenkung als auch die Darlehenshingabe geregelt sind. Da die Zuwendungen der Beträge von vornherein an die Voraussetzung geknüpft war, sie dem Kläger "zur Nutzung" zu überlassen, verblieben sie tatsächlich und wirtschaftlich beim Kläger. Die Kinder hatten unter den gegebenen Umständen keine rechtliche Befugnis, über die ihnen zugewendeten Beträge in der unter Fremden üblichen Weise zu verfügen. Die aufgrund der Vereinbarungen gezahlten Zinsen sind daher nicht als Betriebsausgaben abziehbar, sie stellen Zuwendungen (Schenkungen) i. S. des § 12 Nr. 2 EStG dar.

Der Senat kann danach dahingestellt sein lassen, ob die Modalitäten der Darlehensgewährungen dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist, insbesondere welche Folgen aus der fehlenden Sicherung der Darlehen zu ziehen wären (vgl. dazu BFH-Urteil vom 7. November 1990 X R 126/87, BFHE 163, 49, BStBl II 1991, 291).

 

Fundstellen

Haufe-Index 65293

BFH/NV 1995, 197

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