Leitsatz (amtlich)

Baut ein Mieter eine Schaufensteranlage in den gemieteten Geschäftsräumen ein, so steht ihm dafür keine Investitionszulage zu.

 

Normenkette

BHG 1964 § 19

 

Tatbestand

Der Kläger ließ im Jahre 1965 für seine in gemieteten Räumen betriebene Drogerie für 5 661 DM eine neue Schaufensteranlage einrichten. Den Antrag auf Investitionszulage lehnte das FA ab, weil das Schaufenster als Grundstücksbestandteil ein unbeweglicher Gegenstand sei.

Das FG bewilligte die Zulage und führte in seiner in EFG 1967, 439 veröffentlichten Entscheidung aus: Der Begriff des beweglichen Wirtschaftsgutes im Berlinhilfegesetz entspreche dem des Einkommensteuerrechts, das seinerseits auf das Bewertungsrecht, insbesondere auf § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG 1934, zurückgreife. Die Schaufensteranlage sei allerdings wesentlicher Bestandteil des Hauses, weil sie nicht getrennt werden könne, ohne zerstört oder in ihrem Wesen verändert zu werden; außerdem sei sie zur Herstellung des Hauses eingefügt. Sie sei auch nicht als Scheinbestandteil nach § 95 BGB nur vorübergehend in das Gebäude eingefügt; denn mit dem Hauseigentümer bestehe keine Abrede über die Entfernung der Anlage nach der Beendigung des Mietverhältnisses. Das Schaufenster sei aber eine Betriebseinrichtung. Seine Aufgabe, die Geschäftsräume gegen die Straße abzuschließen und mit Tageslicht zu versorgen, trete in den Hintergrund gegenüber seiner Bestimmung, durch Warenauslage der Kundenwerbung und damit dem Betrieb zu dienen.

Mit der Revision macht das FA geltend, das FG habeden § 19 BHG 1964 unrichtig angewendet und sich zu dem Urteil des BFH I 86/65 vom 9. August 1966 (BFH 87, 195, BStBl III 1967, 65) in Widerspruch gesetzt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA hat Erfolg.

Nach § 19 Abs. 1 BHG 1964 (§ 21 Abs. 1 BHG 1962) wird die Investitionszulage gewährt für abnutzbare "bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens". Mit Recht nimmt das FG an, daß der Sprachgebrauch des BHG nicht eigenständig ist, sondern sich an das EStG anlehnt. Dort findet sich der Begriff des beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens z. B. in den §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 1 und 2, 7a EStG. Deshalb ist dieser Begriff für § 19 BHG ebenso zu verwenden wie im Einkommensteuerrecht, soweit dem nicht der Zweck des BHG entgegensteht (Entscheidung des Senats VI 55/65 vom 29. Juli 1966, BFH 87, 313, BStBl III 1967, 125).

Bewegliche Wirtschaftsgüter im Sinne des Einkommensteuerrechts können nur Sachen im Sinne des § 90 BGB, also körperliche Gegenstände, nicht aber immaterielle Wirtschaftsgüter sein (BFH-Entscheidung IV 215/62 U vom 6. August 1964, BFH 80, 279, BStBl III 1964, 575, ergangen zu § 14 BHG). Das Gegenstück zu den beweglichen Gegenständen bilden Grundstücke. Der Begriff Grundstück umfaßt nicht nur den Grund und Boden, sondern auch als seine wesentlichen Bestandteile die auf ihm errichteten Gebäude und über diese die zur Gebäudeherstellung eingefügten Sachen (§ 94 BGB). Bestandteil wird nicht, was nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden oder in das Gebäude eingefügt wird (§ 95 BGB).

Mit dem Einbau der Schaufensteranlage in das fremde Haus hat der Kläger die tatsächliche unmittelbare Verfügungsmöglichkeit darüber verloren. Auch wenn er das obligatorische Recht hat, später die Anlage wieder auszubauen und sich dadurch die tatsächliche Verfügungsmacht über die eingebauten Gegenstände wieder zu beschaffen, so schließt das nicht aus, daß mit der Einfügung das Wirtschaftsgut seine "Beweglichkeit" im Sinne des BHG verloren hat und durch die Verbindung mit dem Grundstück "unbeweglich" geworden ist, indem es ein Teil der äußeren Umfassung des Hauses geworden ist. Würde es nicht vorhanden sein, so müßte das Haus in anderer Weise gegen die Außenwelt abgeschlossen werden.

Allerdings erscheint in Fällen der vorliegenden Art in der Bilanz des Mieters oft ein Aktivum "Schaufenster". Hierbei handelt es sich aber nicht um die Aktivierung einer selbständigen Sache, sondern um die über die voraussichtliche Mietdauer laufende Nutzungsmöglichkeit, ausgedrückt in den Herstellungskosten der Schaufensteranlage, die der Mieter zum Ausweis eines periodengerechten Gewinns gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 EStG auf die Nutzungsdauer verteilen muß.

Dem entspricht auch die steuerliche Behandlung beim Eigentümer, der auf seinem Betriebsgrundstück eine besondere Anlage der vorliegenden Art einrichtet. Wirtschaftlich abgrenzbare Einbauten, z. B. auch Schaufensteranlagen, können neben dem Gebäude selbständig aktiviert und gesondert abgeschrieben werden, obwohl die Einbauten wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sind (BFH-Entscheidung I 82/56 U vom 14. August 1956, BFH 63, 322, BStBl III 1956, 321). Die getrennte Aktivierung und Abschreibung machen aber die Einbauten nicht etwa zu beweglichen Wirtschaftsgütern (BFH-Entscheidung I 16/61 S vom 17. Oktober 1961, BFH 74, 126, BStBl III 1962, 48).

Wie ein Grundeigentümer die Aufwendungen für den Einbau außerhalb des Gebäudewertes besonders aktivieren und abschreiben darf, ohne den Status des Einbaus als Gebäudeteil und unbewegliches Wirtschaftsgut zu verändern, so schreibt auch der Mieter seine Aufwendungen in das fremde Grundstück ab, ohne daß dadurch die mit den Aufwendungen geschaffenen Gebäudeeinrichtungen "beweglich" würden.

Das FG meint, die eingebaute Schaufensteranlage sei eine Betriebsvorrichtung des Klägers. Die in übereinstimmenden Ländererlassen niedergelegten Grundsätze über Betriebsvorrichtungen (BStBl II 1960, 93 ff.) betreffen unmittelbar den § 50 Abs. 1 Satz 2 BewG 1934 (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG 1965). Sie enthalten brauchbare Gesichtspunkte über die Abgrenzung der beweglichen Sachen von den Grundstücken, die auch für das EStG anwendbar sind, wie auch die Bundesregierung in Anlehnung an die Rechtsprechung in Abschn. 43 Abs. 2 EStR zutreffend annimmt. Nach § 50 BewG werden in das (unbewegliche) Grundvermögen nicht einbezogen "die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind". Der Begriff Betriebsvorrichtung setzt, wie der Zusatz "die zu einer Betriebsanlage gehören" erkennen läßt, Gegenstände voraus, die in gleicher Weise wie Maschinen einem bestimmten Gewerbebetrieb zu dienen bestimmt sind; sie müssen in einer besonderen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehen (BFH-Entscheidung III 382/57 U vom 14. August 1958, BFH 67, 325, BStBl III 1958, 400). In solchen Fällen tritt bei wirtschaftlicher Betrachtung die Beziehung zu dem ausgeübten Gewerbebetrieb so stark in den Vordergrund, daß die Beziehung zum Grundstück zurücktritt, auch wenn der Gegenstand mit dem Grund und Boden fest verbunden wird. Von einer solchen besonderen Beziehung zwischen der Schaufensteranlage und der Drogerie des Klägers kann keine Rede sein. Zwar braucht ein Gebäude nicht unbedingt nach allen Seiten Außenmauern zu haben (BFH-Entscheidung III 228/59 U vom 19. Januar 1962, BFH 74, 315, BStBl III 1962, 121). Sind aber Umfassungsmauern vorhanden, so rechnen sie regelmäßig zum Gebäude. Sie werden nicht dadurch zu einer Betriebseinrichtung, daß die im Gebäude untergebrachten Gewerbebetriebe durch die Außenmauern Schutz vor der Witterung finden. Das gilt auch für Fenster als Teil der äußeren Umfassung eines Bauwerks. Sie stehen nicht in besonderer Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten gewerblichen Betrieb, sondern sind in erster Linie Teil des Gebäudes, in dem das Geschäft betrieben wird.

Man kann bei einer Schaufensteranlage auch nicht unterscheiden zwischen den Scheiben und ihrer Halterung in der Außenmauer einerseits und der Auslagenvorrichtung hinter der Scheibe. Die Anlage ist ein einheitliches Wirtschaftsgut, dessen Hauptteil die Scheiben als Teil der Außenmauer des Gebäudes sind. Ein einheitliches Wirtschaftsgut kann steuerlich nur einheitlich behandelt werden.

Der Senat tritt daher im Ergebnis dem I. Senat in der Entscheidung I 86/65 (a. a. O.) bei, in der ausgesprochen ist, daß durch Aufwendungen, die ein Mieter nicht auf Sachen zur vorübergehenden Einfügung im Sinne des § 95 BGB, sondern zum Ausbau der gemieteten Geschäftsräume macht, keine zum Anlagevermögen des Mieters gehörige bewegliche Wirtschaftsgüter entstehen, für die eine Investitionszulage gewährt werden kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68090

BStBl II 1968, 581

BFHE 1968, 383

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