Entscheidungsstichwort (Thema)

Herstellungskosten des Ausbaus i. S. d. § 10 e Abs. 2 EStG

 

Leitsatz (NV)

Nach § 10 e Abs. 2 EStG sind nur die Herstellungskosten für den Ausbau oder die Erweiterung einer schon vorhandenen Wohnung begünstigt; die Herstellungskosten für die Wohnung selbst fallen unter die Grundförderung gemäß § 10 e Abs. 1 EStG, sie gehören deshalb nicht, auch nicht teilweise -- etwa in Höhe des Restwerts -- zu den nach § 10 e Abs. 2 begünstigten Herstellungskosten.

 

Normenkette

EStG § 10e Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und wurden im Streitjahr 1989 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bewohnen ein im Jahr 1976 errichtetes Einfamilienhaus (Herstellungskosten 200 000 DM). In den Jahren 1987 bis 1989 bauten sie das Dachgeschoß des Hauses aus und errichteten eine Garage. Die Aufwendungen hierfür betrugen 53 739 DM.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 machten die Kläger einen Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von insgesamt 2 713 DM geltend (Abzugsbetrag für 1989 in Höhe von 2 687 DM zuzüglich Nachholung von Abzugsbeträgen in Höhe von 26 DM), den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) im Einkommensteuerbescheid für 1989 antragsgemäß berücksichtigte.

Mit dem Einspruch gegen diesen Bescheid brachten die Kläger vor, die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 EStG sei um den anteiligen Restwert der alten Bausubstanz (49 972 DM) auf 103 711 DM zu erhöhen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage vertraten die Kläger nunmehr die Auffassung, in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 EStG seien anteilig (Verhältnis Wohnfläche alt zur Wohnfläche Erweiterung) die 1976 für das Einfamilienhaus angefallenen Herstellungskosten zu berücksichtigen. Die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 EStG sei deshalb auf 135 494 DM zu erhöhen.

Die Klage gegen den aus hier nicht streitigen Gründen geänderten Einkommensteuerbescheid vom 1. Juni 1992 hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 651 veröffentlicht.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung von § 10 e Abs. 2 EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der anteilige Restwert der Altbausubstanz gehört nicht zu den nach § 10 e Abs. 2 EStG begünstigten Herstellungskosten.

§ 10 e Abs. 2 EStG begünstigt die Herstellungskosten zu eigenen Wohnzwecken genutzter Ausbauten und Erweiterungen an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung.

1. Für den Begriff der Herstellungskosten gelten im Rahmen des § 10 e EStG keine Besonderheiten (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Februar 1996 X R 127/92, BFHE 179, 416). Herstellungskosten sind Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende Verbesserung entstehen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches -- HGB --; BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830). Zu unterscheiden sind danach zum einen die Aufwendungen für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes (originäre Herstellungskosten) und zum anderen die Aufwendungen für dessen Erweiterung oder substantielle Verbesserung (nachträgliche Herstellungskosten).

2. Aufwendungen für die Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung sind -- nur -- nach Maßgabe des § 10 e Abs. 1 EStG begünstigt. Eine Wohnung ist nur dann i. S. des § 10 e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt, wenn sie bautechnisch neu ist (BFH-Urteil vom 15. November 1995 X R 102/95, BFHE 179, 290; vgl. auch BFH-Urteil vom 24. November 1992 IX R 62/88, BFHE 169, 380, BStBl II 1993, 188 zu § 7 Abs. 5 EStG). Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Abzugsbetrag zu gewähren ist, wenn durch Baumaßnahmen erstmals eine selbständige, abgeschlossene Wohnung in einem Gebäude entsteht (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -- BMF -- vom 31. Dezember 1994, BStBl I 1994, 887, Tz. 14) kann der Senat offenlassen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 290). Offenbleiben kann auch, ob bei dieser Fallgestaltung der Restwert der Altbausubstanz in die Förderung nach § 10 e Abs. 1 EStG einzubeziehen wäre (so z. B. BMF in BStBl I 1994, 887, Rz. 49; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10 e EStG Rz. 68; offengelassen im Urteil vom 6. Dezember 1995 X R 116/91, BFHE 179, 331). Führen Herstellungskosten, die nach Anschaffung oder Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung anfallen, nicht zur Herstellung einer neuen Wohnung, erhöhen sie grundsätzlich als nachträgliche Herstellungskosten die bisherige Bemessungsgrundlage und können unter den Voraussetzungen des § 10 e Abs. 3 Satz 2 EStG im Rahmen der Höchstgrenzen berücksichtigt werden (z. B. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 10 e Rz. 105; Stephan, Die Besteuerung selbstgenutzten Wohneigentums, 5. Aufl., S. 212).

3. Anders als § 10 e Abs. 1 EStG begünstigt § 10 e Abs. 2 EStG nicht die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für die Anschaffung oder Herstellung der Wohnung. § 10 e Abs. 2 EStG setzt nach seinem Wortlaut das Vorhandensein einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung voraus. Begünstigt sind (nur) die Herstellungskosten für einen Ausbau bzw. eine Erweiterung i. S. des § 17 des II. Wohnungsbaugesetzes -- II. WoBauG -- (BFH-Urteil vom 8. März 1995 X R 74/94, BFHE 177, 399) an dieser Wohnung. Aufwendungen für die "Erweiterung" einer Wohnung sind grundsätzlich nachträgliche Herstellungskosten der Wohnung (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 1995 IX R 69/92, BFHE 178, 36). Gleiches gilt für einen "Ausbau" i. S. des § 17 des II. WoBauG. Die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung der Wohnung selbst gehören deshalb nicht, auch nicht teilweise, zu den Herstellungskosten für Ausbau oder Erweiterung (BMF in BStBl I 1994, 887, Rz. 51; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 e EStG Rz. 233; Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 10 e EStG Rz. 81; Boeker in Lademann/Söffing, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10 e Rz. 46; Meyer/Richter, Die steuerliche Wohnungsbauförderung 1991, S. 103; Biergans, Steuervorteile durch selbstgenutztes Wohneigentum, 2. Aufl., S. 41; a. A. Kleeberg in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 10 e Rz. C 11).

4. Entgegen der Auffassung der Kläger rechtfertigt allein der Umstand, daß nach § 10 e Abs. 2 EStG Ausbauten und Erweiterungen i. S. des § 17 des II. WoBauG als selbständige Objekte begünstigt sind, keine andere Beurteilung. Förderungsgegenstand sind nicht die früheren Anschaffungs- oder Herstellungskosten für die Wohnung, sondern nur die Herstellungskosten für den Ausbau oder die Erweiterung an der eigengenutzten Wohnung. Dementsprechend läßt § 10 e Abs. 2 EStG -- anders als die Begünstigung für die Anschaffung bzw. Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung nach § 10 e Abs. 1 EStG -- auch die früheren Anschaffungskosten für den Grund und Boden unberücksichtigt.

5. Aus den Begünstigungsvorschriften der §§ 7 c und 7 k EStG läßt sich nichts für die Auslegung des durch das Wohnungseigentumsförderungsgesetz vom 15. Mai 1986 (BGBl I 1986, 730, BStBl I 1986, 278) in das EStG eingefügten § 10 e EStG entnehmen.

Beide Vorschriften sind erst nach Inkrafttreten des § 10 e EStG durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des Steuerreformgesetzes 1990 vom 22. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2408, BStBl I 1989, 505) in das EStG eingefügt worden. Die Vorschriften unterscheiden sich im übrigen auch hinsichtlich des Förderungsgegenstandes von dem des § 10 e Abs. 2 EStG. Begünstigt ist unter den näher bestimmten Voraussetzungen die Schaffung von Wohnungen (§ 7 c Abs. 2 und § 7 k Abs. 2 EStG). Weder die ausdrückliche Beschränkung der Begünstigung nach § 7 c EStG auf die Aufwendungen für die Baumaßnahme noch der Umstand, daß Bemessungsgrundlage für die Begünstigung nach § 7 k EStG die Herstellungskosten der Wohnung sind, rechtfertigen deshalb eine andere Auslegung des § 10 e Abs. 2 EStG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421440

BFH/NV 1996, 805

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