Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinreichende Bestimmung des Klagebegehrens bei Schätzungsbescheiden

 

Leitsatz (NV)

Es reicht für die Bestimmung des Anfechtungsklagebegehrens aus, wenn die anderweitig anzusetzende Besteuerungsgrundlage dem Betrag nach bezeichnet wird. Richtet sich die Klage gegen Schätzungsbescheide, genügt hierfür die Angabe von Umsatz, Vorsteuer und Gewinn.

 

Normenkette

FGO §§ 65, 96 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) schätzte die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für 1990 mangels Abgabe von Steuererklärungen anhand der vorangemeldeten Umsätze.

Die Klägerin erhob gegen die näher bezeichneten Schätzungsbescheide Klage und begehrte -- ohne jegliche Begründung -- deren Aufhebung. Daraufhin setzte der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) eine Ausschlußfrist zur Bezeichnung des Streitgegenstandes (§ 65 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und zur Angabe der die Beschwer begründenden Tatsachen (§ 79 b Abs. 1 FGO).

Im fristgerecht am 11. Mai 1994 eingegangenen Antwortschreiben hat die Klägerin vorgetragen, daß Gegenstand des Klagebegehrens die in der Klageschrift bezeichneten Verwaltungsakte seien und die Beschwer sich daraus ergebe, daß der tatsächliche Umsatz ... DM, die tatsächliche Vorsteuer ... DM und das Jahresergebnis vor Verlustvortrag ... DM betrage.

Das FG bestimmte den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. August 1994 10.40 Uhr, an der für die Klägerin niemand teilnahm. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin reichte jedoch noch am 15. August 1994 (Nachtbriefkasten) einen weiteren Schriftsatz ein, dem die Steuererklärungen 1990 beigefügt waren und in dem als Beweis, daß die Angaben zutreffend seien, "Sachverständigengutachten" beantragt wurde. Der Nachtbriefkasten wurde am 16. August 1994 erst um 12.00 Uhr geleert. Das klageabweisende Urteil wurde um 11.20 Uhr verkündet. Es wurde damit begründet, daß die Klägerin mangels Vorlage eines Jahresabschlusses oder ähnliches nicht substantiiert und schlüssig dargetan habe, inwieweit sie sich in ihren Rechten verletzt fühle. Es genüge nicht, die Besteuerungsgrundlagen lediglich zahlenmäßig zu behaupten. Ohne überprüfbare Herleitung der behaupteten Besteuerungsgrundlagen sei das FG nicht imstande, sich mit dem Klagevortrag auseinanderzusetzen, so daß eine Sachentscheidung nicht darauf gestützt werden könne.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen Rechts. Zur Begründung verweist sie vollinhaltlich auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren sowie im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Gewerbesteuer-Meßbetrag, die Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 1990 sowie die gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes festzustellenden Besteuerungsgrundlagen zum 31. Dezember 1990 erklärungsgemäß festzusetzen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzu heben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozeßurteil als unzulässig abgewiesen, weil die Klägerin nicht substantiiert und schlüssig dargetan habe, inwieweit sie sich in ihren Rechten verletzt fühle. Wie der erkennende Senat durch Urteil vom 17. Oktober 1990 I R 118/88 (BFHE 162, 534, BStBl II 1991, 242) entschieden hat, reicht es für die Bestimmung des Antrages einer Anfechtungsklage aus, wenn die anderweitig anzusetzende Besteuerungsgrundlage dem Betrag nach bezeichnet wird. Diesen Anforderungen genügt es, wenn der Steuerpflichtige sich mit seiner Klage gegen Schätzungsbescheide wendet und -- wie im Streitfall die Klägerin -- sein mit der Klage verfolgtes Begehren durch Angabe von Umsatz, Vorsteuer und Gewinn präzisiert.

2. Das Urteil der Vorinstanz, die von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der Senat schon deshalb nicht durcherkennen, weil die vorgelegten Steuererklärungen von der Vorinstanz tatsächlich nicht festgestellt worden sind. Sie können folglich nicht überprüft und einer Entscheidung des Senats zugrunde gelegt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421431

BFH/NV 1996, 900

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