Leitsatz (amtlich)

1. Wer gekennzeichnetes Heizöl mit Dieselkraftstoff mischt und das Gemisch danach als Kraftstoff bereithält, abgibt, mit sich führt und zum Antrieb seines Fahrzeugs verwendet, hat, wenn dieser Sachverhalt bei der Überprüfung seines Fahrzeugs festgestellt wird, nur einmal Mineralölsteuer zu entrichten. Die Steuer ist von der höchsten in Betracht kommenden Menge, also dem Fassungsvermögen des Treibstoffbehälters, zu berechnen. Satz 1 gilt auch dann, wenn der Steuerschuldner der ihm erteilten Auflage, den Treibstoff auszutauschen und danach das Fahrzeug dem ZA vorzuführen, nicht nachkommt und das Gemisch verbraucht.

2. § 12 Abs. 7 und 9 MinöStG geht dem § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV vor.

 

Normenkette

MinöStG § 8 Abs. 2, § 12 Abs. 7, 9; MinöStDV § 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 48 Abs. 3, § 50 Abs. 2 Nrn. 11-12

 

Tatbestand

Bei einer am 28. April 1977 durch den Treibstoff-Kontrolltrupp des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt – HZA –) in E vorgenommenen Überprüfung des vom Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) gefahrenen PKW wurden im Treibstofftank ca. 30 Liter Gasöl vorgefunden, welches stark rot gefärbt war und auf einen Furfuroltest positiv reagierte. Durch an Ort und Stelle ausgehändigten Steuerbescheid forderte das HZA vom Kläger für eine dem Fassungsvermögen des Treibstofftanks entsprechende Menge von 60 Litern Gasöl, 24,80 DM Mineralölsteuer. Zugleich erteilte es ihm die Erlaubnis, den Treibstoff bis zum Erreichen der nächsten Gelegenheit zum Ablassen, jedoch längstens bis 29. April 1977 um 10.00 Uhr weiterzuverwenden und machte ihm die Auflage, den Treibstoff unverzüglich, spätestens aber bis zum genannten Zeitpunkt gegen versteuerten Dieselkraftstoff auszutauschen und das Fahrzeug bis zum selben Zeitpunkt beim Zollamt (ZA) I vorzuführen. Der Kläger führte das Fahrzeug jedoch dieser Dienststelle nicht vor.

Nach den Ermittlungen der Zollbehörde ist das Wohnhaus des Klägers mit einer Zentralheizungsanlage ausgestattet, die mit Heizöl betrieben wird. Ferner gab der Kläger an, den bei der Kontrolle am 28. April 1977 vorhandenen Inhalt des Fahrzeugtanks noch am selben Tage vollständig verfahren zu haben.

Daraufhin setzte das HZA durch Steuerbescheid vom 21. November 1977 gegen den Kläger eine weitere Mineralölsteuer von 33,30 DM fest. Zur Begründung führte es aus, daß bei der Kontrolle im Treibstofftank 30 Liter Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch festgestellt worden seien, dessen Heizölanteil 71 Gewichtshundertteile betragen habe. Der Kläger habe somit mindestens 21,3 Liter Heizöl zweckwidrig verwendet. Die beim Bezug von Heizöl auf den Erwerber übergehende bedingte Steuerschuld sei dadurch nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStDV) unbedingt und sofort fällig geworden.

Gemäß § 12 Abs. 7 und 9 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) sei eine weitere Mineralölsteuerschuld dadurch entstanden, daß der Kläger im Tank seines Fahrzeugs Heizöl mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl gemischt habe. Diese Angaben seien mit Steuerbescheid vom 28. April 1977 bereits angefordert worden.

Schließlich habe der Kläger den bei der Überprüfung seines Fahrzeugs festgestellten Tankinhalt entgegen der ihm erteilten Auflage restlos verfahren. Dadurch habe er das Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch ohne Erlaubnis als Kraftstoff verwendet, wodurch für das Gemisch gemäß § 12 Abs. 9 MinöStG und § 48 Abs. 3 MinöStDV erneut eine Steuerschuld entstanden sei.

Die Abgaben berechnete das HZA für das zweckwidrig verwendete Heizöl nach einem Steuersatz von 48,65 DM je 100 kg und für das entgegen der Auflage weiterverwendete Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch aus der dem Tankfassungsvermögen entsprechenden Menge von 60 Litern nach einem Steuersatz von 49,65 DM je 100 kg.

Auf die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage des Klägers hob das Finanzgericht (FG) München mit Urteil vom 20. Januar 1982 III 69/78 Z 1–4 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1982, 433) den Steuerbescheid vom 21. November 1977 und die Einspruchsentscheidung auf und verurteilte das HZA, an den Kläger 33,30 DM Mineralölsteuer zu erstatten. Es ließ die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu.

Das FG führte aus, daß der Kläger nach dem vom HZA zugrunde gelegten Sachverhalt nacheinander verschiedene der in § 12 Abs. 9 MinöStG aufgeführten Tatbestände verwirklicht habe (Vermischung der 21,3 Liter steuerbegünstigt bezogenen Heizöls im Fahrzeugtank mit nicht gekennzeichnetem Dieselkraftstoff; Bereithaltung dieses Gemisches als Kraftstoff; Mitsichführen des Gemisches bei der Fahrt am 28. April 1977; Verwendung des Gemisches als Kraftstoff zum Betrieb des Fahrzeugs). Durch diese Handlungen sei in der Person des Klägers nur eine Mineralölsteuerschuld begründet worden, und zwar in Höhe der sich aus dem Fassungsvermögen des Kraftstofftanks ergebenden Mineralölmenge und zum Steuersatz von 49,65 DM/100 kg (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MinöStG). Durch die Erfüllung des Tatbestandes des § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG entstehe für ein und dasselbe Gasöl immer nur eine Mineralölsteuer. Die darin gewählte Formulierung deute darauf hin, daß durch die Verwirklichung seines Tatbestandes auch dann nur eine Steuer entstehe, wenn dabei mehrere in dieser Vorschrift aufgeführte Handlungen nacheinander vorgenommen würden. Denn die Worte „hat … eine Steuer zu entrichten” brächten im Vergleich zu der sonst üblichen Gesetzesfassung „entsteht eine Steuer” zum Ausdruck, daß zwar jeder der verschiedenen Tatbestände einen eigenen Rechtsgrund für die Heranziehung zur Zahlung der Steuer abgebe, jedoch die dadurch begründeten mehreren Steuerschuldverhältnisse alle ein- und dieselbe Steuer zum Gegenstand hätten.

Nichts anderes gelte, wenn durch eine dieser Handlungen zugleich Heizöl zweckwidrig verwendet und dadurch eine auf den Handelnden übergegangene bedingte Steuerschuld unbedingt werde. In diesem Fall werde durch ein- und dieselbe Handlung sowohl der Tatbestand des § 12 Abs. 9 MinöStG als auch der des § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV erfüllt. § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV betreffe alles zu steuerbegünstigten Zwecken abgegebene Mineralöl, während § 12 Abs. 9 MinöStG nur für solches steuerbegünstigtes Mineralöl gelte, das wie zur steuerbegünstigten Verwendung abgegebenes Heizöl Kennzeichnungsstoffe enthalte. § 12 Abs. 9 MinöStG sei auch erst später in das Mineralölsteuerrecht aufgenommen worden, um Gemische von gekennzeichnetem Heizöl mit versteuertem Dieselkraftstoff und ungekennzeichnetes Mineralöl zweifelsfrei und zügig besteuern zu können (Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Änderung des MinöStG 1964 (Heizölkennzeichnung) vom 19. März 1975 (BTDrucks. 7/1944 vom 1. April 1974). § 12 Abs. 9 MinöStG stelle sich danach als eine spezielle gesetzliche Regelung für die Besteuerung der zweckwidrigen Verwendung von gekennzeichnetem Mineralöl dar, die eine Anwendung des § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV auf denselben Sachverhalt ausschließe.

§ 12 Abs. 9 Satz 5 MinöStG, wonach aufgrund anderer Vorschriften für das Mineralöl entstandene Steuer unberührt bleibe, stehe dem nicht entgegen. Diese Bestimmung beziehe sich nur auf solche Vorschriften, bei denen die Entstehung der Steuerschuld an andere als die in § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG beschriebenen Tatbestände anknüpfe.

Dieser Sinn der Vorschrift werde auch aus der Fassung des Regierungsentwurfs und ihrer Begründung deutlich. Danach solle, wenn eine weitere Steuerschuld für solches Mineralöl aus anderen Rechtsgründen entstanden sei oder bestanden habe, diese nicht auf die Steuer nach Abs. 9 Satz 1 angerechnet werden (Beispiele: Die von einem Vorlieferanten entrichtete Heizölsteuer und der versteuerte Anteil an Dieselkraftstoff in einem Heizöl-Dieselkraftstoff-Gemisch).

Mit seiner Revision rügt das HZA die Verletzung des § 12 Abs. 9 MinöStG. Diese Vorschrift stelle ausdrücklich klar, daß „Steuer” in den „Fällen des Satzes 1” „mehrfach” entstehen könne. In der Person des Klägers sei hinsichtlich des bei der Treibstoffkontrolle vorgefundenen Gasölgemisches eine Steuerschuld entstanden. Dadurch, daß er dieses Gemisch danach in seinem PKW weiterhin verwendet habe, sei gemäß § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG nochmals eine Steuerschuld entstanden. Zu seiner abweichenden Beurteilung sei das FG dadurch gelangt, daß es den Gesetzestext abgeändert habe. Es schließe aus der Fassung des § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG, daß durch die Verwirklichung seines Tatbestandes nur eine Steuer entstehen könne. Diese Vorschrift laute jedoch nicht „hat … eine Steuer zu entrichten”, sondern „hat … Steuer zu entrichten”. Insofern weiche diese Vorschrift von der Formulierung in § 12 Abs. 4 und 5 MinöStG („entsteht … eine Steuer”) ab. Diese in derselben Vorschrift getroffene Unterscheidung könne nicht durch Einfügen eines Wortes bereinigt werden. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG habe jeder, der einen der dort enthaltenen Tatbestände erfülle, „Steuer zu entrichten”, d. h., daß in seiner Person eine selbständige Steuer entstehe. Dieses Ergebnis werde durch § 12 Abs. 9 Satz 4 MinöStG bestätigt, wonach Steuer „mehrfach” entstehen und u. U. mehrere Schuldner vorhanden sein könnten.

Entgegen der Auffassung des FG könne § 12 Abs. 9 Satz 5 MinöStG nicht dahin ausgelegt werden, daß Abs. 1 Satz 1 lex spezialis zu anderen Vorschriften des Mineralölsteuerrechts sei, wenn durch dieselbe Handlung eine weitere Steuer entstehen würde. Es handele sich hier nicht jeweils um denselben Steuergegenstand. Nach § 12 Abs. 9 MinöStG werde das Fassungsvermögen des Treibstofftanks, nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV das anteilige Heizöl versteuert.

Dieses Ergebnis widerspreche nicht dem Wesen der Mineralölsteuer als Verbrauchsteuer. Durch die Versteuerung nach § 12 Abs. 9 MinöStG solle nicht die Verwendung und der Verbrauch des versteuerten gekennzeichneten Heizöls als Dieselkraftstoff ermöglicht werden, sondern der Mißbrauch von gekennzeichnetem Mineralöl besteuert werden. Auch nach Entrichtung der Abgaben nach § 12 Abs. 9 MinöStG gelte das versteuerte Mineralöl weiterhin als Heizöl und nicht als Dieselkraftstoff. In zahlreichen Fällen bestehe, wenn eine Steuer nach § 12 Abs. 9 MinöStG entstehe, bereits eine andere Steuerschuld oder es werde zugleich eine weitere Steuerschuld nach anderen Vorschriften unbedingt. Dies sei gewollt, um gekennzeichnetes Mineralöl zweifelsfrei und zügig vor allem im Anschluß an Verkehrskontrollen ohne Berücksichtigung bereits versteuerter Anteile (Heizölsteuer, Dieselkraftstoffanteile oder sonstige Steuern) besteuern zu können. Bei Gemischen aus leichtem Heizöl und Dieselkraftstoff, die als Treibstoff verwendet würden, umfasse mithin die Verkürzung den vollen Betrag der gesetzlich geschuldeten Steuer, die sich aus der nach § 12 Abs. 9 MinöStG entstandenen und aus der nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV hinsichtlich des Heizölanteils unbedingt gewordenen Mineralölsteuerschuld zusammensetzen könne. Soweit der Betroffene das steuerbegünstigt bezogene Heizöl selbst dem Treibstoffsektor zuführe, sei er Schuldner beider Steuern.

Das HZA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.

Der nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretene Kläger hat keine Antrage gestellt und keine Erklärungen abgegeben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß die Mineralölsteuer in der Person des Klägers nur einmal entstanden ist, und zwar gemäß § 12 Abs. 9 Sätze 1 und 2 MinöStG für die dem Fassungsvermögen des Treibstofftanks entsprechende Menge des Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisches. Hinsichtlich des nach der Treibstoffkontrolle entgegen der dabei erteilten Auflage verbrauchten Gemisches ist keine erneute, dem Fassungsvermögen des Treibstofftanks entsprechende Steuerschuld entstanden. Der Kläger kann auch nicht zusätzlich wegen zweckwidriger Verwendung des im Gemisch enthaltenen Heizölanteils von 21 Liter gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV in Anspruch genommen werden.

Nach § 8 Abs. 2 MinöStG dürfen im Sinne dieser Vorschrift gekennzeichnete Gasöle zum ermäßigten Steuersatz von 2 DM für 100 kg unter Steueraufsicht zum unmittelbaren Verheizen verwendet werden. In § 12 Abs. 7 MinöStG ist vorgeschrieben, daß solches gekennzeichnetes Gasöl nicht mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl vermischt und ferner nicht als Kraftstoff bereitgehalten, abgegeben, mitgeführt oder verwendet werden darf (von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen). In Abs. 9 der genannten Vorschrift ist bestimmt, daß, wer gekennzeichnetes Gasöl entgegen Abs. 7 mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl mischt oder als Kraftstoff bereithält, abgibt, mit sich führt oder verwendet, für das Gemisch oder für das Mineralöl Steuer nach dem Steuersatz des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MinöStG (also zum nicht ermäßigten Steuersatz) zu entrichten hat. Das FG hat festgestellt, daß der Kläger, der seine Zentralheizungsanlage mit Heizöl betreibt, mit Ausnahme der „Abgabe” nacheinander alle aufgeführten und zur Entstehung der Steuer führenden Tatbestände des Gesetzes erfüllt hat.

Der Senat stimmt dem FG zu, daß die Steuer dann, wenn ein und dieselbe Person mehrere der genannten Entstehungstatbestände der Steuer nacheinander in einem Zuge erfüllt, nur einmal zu entrichten ist und damit nur einmal entsteht. Der Wortlaut des § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG ist mehrdeutig. Er läßt sowohl die Auslegung zu, daß das Wort „wer”, bezogen auf die im weiteren Wortlaut erwähnten Handlungsweisen, ein und dieselbe Person meint, als auch die, daß es mehrere, nacheinander handelnde Personen betrifft. Beide dem Gesetzeswortlaut zu entnehmenden Auslegungsmöglichkeiten erfassen auch den Fall, daß Gegenstand der begangenen Handlungen immer dieselbe Menge gekennzeichneten Heizöls oder Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisches ist. Geht man von dem hier vorliegenden Fall aus, daß ein und dieselbe Person hinsichtlich einer bestimmten Menge gekennzeichneten Heizöls mehrere der zur Entstehung der Steuer führende Handlungen begeht (Mischen mit Dieselkraftstoff, Bereithaltung, Mitsichführen und Verwendung dieses Gemisches als Kraftstoff), so gestattet der Gesetzeswortlaut die vom HZA für richtiggehaltene Auslegung, daß der Handelnde für jeden der von ihm erfüllten Tatbestände Steuer zu entrichten hat (und zwar in möglicherweise abweichender Höhe, weil z. B. die Mineralölsteuer für 20 Liter Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch in einem Kraftstoffkanister niedriger ist als nach deren Abfüllung in den Treibstofftank eines Kraftfahrzeuges mit einem größeren Fassungsvermögen, vgl. § 12 Abs. 9 Satz 2 MinöStG). Der Gesetzeswortlaut kann aber für diesen Fall auch dahin ausgelegt werden, daß die Steuer nur einmal, und zwar zum höchsten in Betracht kommenden Betrag, zu entrichten ist. Der Senat ist der Ansicht, daß § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG bei der Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der genannten Vorschrift und des mit ihr verfolgten Zwecks in Übereinstimmung mit dem möglichen Wortsinn so auszulegen ist, daß die Steuer auch bei Verwirklichung mehrerer Tatbestände in ein und derselben Person nur einmal entsteht.

Der Zweck der Änderung des MinöStG (Heizölkennzeichnung) bestand darin, den Mißbrauch von steuerbegünstigtem leichten Heizöl mit dem neuen Verfahren der Heizölkennzeichnung einzudämmen (vgl. BTDrucks 7/1944, Begründung I. Allgemeines). Die Verbote in § 12 Abs. 7 Satz 1 MinöStG waren erforderlich, um eine mißbräuchliche Verwendung von Heizöl auf dem Umweg über eine Beimischung von ungekennzeichnetem Dieselkraftstoff auszuschließen, ferner um jede Bereitstellung und Verwendung gekennzeichneten Heizöls als Treibstoff als rechtswidrig erscheinen zu lassen. Der Zweck des § 12 Abs. 9 MinöStG war darauf gerichtet, Gemische von gekennzeichnetem Heizöl mit versteuertem Dieselkraftstoff und gekennzeichnetes Mineralöl zweifelsfrei und zügig vor allem im Anschluß an Verkehrskontrollen besteuern zu können (vgl. BTDrucks. 7/1944, Begründung zu Art. 1 Nr. 8 c – Kennzeichnung –). Dem zu bekämpfenden Mißbrauch wird aber schon dadurch in hinreichender Weise begegnet, daß die Gesamtmenge des Gemisches von gekennzeichnetem Mineralöl mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl oder die Menge des als Kraftstoff bereitgehaltenen, abgegebenen, mit sich geführten oder verwendeten gekennzeichneten Mineralöls von demjenigen, der einen oder mehrere der genannten Tatbestände erfüllt, nach dem nichtermäßigten Steuersatz des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MinöStG zu versteuern ist Zur Herbeiführung dieses Zwecks ist es aber nicht erforderlich, daß die Steuer hinsichtlich ein und derselben Menge von Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch bzw. gekennzeichnetem Mineralöl mehrere Male in der Person ein und desselben Handelnden entsteht. Es genügt vielmehr, wenn die Steuer zur höchsten in Betracht kommenden Menge zu entrichten ist. Das Mischen, Bereithalten oder Mitsichführen wird, wenn es durch ein und dieselbe Person geschieht, durch die spätere Verwendung konsumiert. In dieser Auffassung sieht sich der Senat durch § 12 Abs. 9 Satz 2 MinöStG bestätigt. Danach sind, wenn bei der Überprüfung von Fahrzeugen Fälle des Satzes 1 festgestellt werden, mindestens die Mengen zu versteuern, die dem Fassungsvermögen des Treibstofftanks entsprechen, d. h., nicht nur die geringeren Mengen, die im Treibstofftank vorgefunden werden. Daraus folgt, daß vorangegangene Tatbestände (etwa das Mischen von Heizöl mit nicht gekennzeichnetem Mineralöl, das Bereithalten und Mitsichführen solcher Gemische oder von gekennzeichnetem Mineralöl), die die im Treibstofftank vorgefundenen Mengen betreffen, nicht zu versteuern sind.

Zu Unrecht beruft sich das HZA zur Begründung seiner Auffassung, daß die Steuer in der Person des Klägers für die dem Fassungsvermögen des Treibstofftanks entsprechende Mengen zweimal entstanden sei, auf § 12 Abs. 9 Satz 4 MinöStG („Entsteht sie – die Steuer – mehrfach, so haften die Schuldner gesamtschuldnerisch”). Die Vorschrift befaßt sich nur mit dem Fall, daß die Steuer hinsichtlich einer nämlichen Menge von mehreren Schuldnern zu entrichten ist, die nebeneinander bzw. nacheinander einen oder mehrere der Entstehungstatbestände des Satzes 1 verwirklicht haben. Ob dabei in der Person der Handelnden jeweils eine Steuer entsteht, also insgesamt mehrere Steuern, für die sie gesamtschuldnerisch haften, oder ob dieselbe Steuer mehrfach, nämlich in der Person jedes Handelnden entsteht, ist für die Entscheidung des vorliegenden Streitfalles ohne Bedeutung.

An der vorstehend wiedergegebenen Rechtsauffassung ändert sich auch nichts dadurch, daß das HZA im angefochtenen Steuerbescheid die Mineralölsteuer unter Zugrundelegung des Fassungsvermögens des Treibstofftanks von 60 Liter mit der Begründung ein zweites Mal als entstanden ansieht, daß der Kläger das Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch entgegen der ihm bei der Treibstoffkontrolle erteilten Auflage weiterverwendet und verbraucht hat. Das HZA war zwar gemäß § 48 Abs. 3 MinöStDV dazu berechtigt, dem Kläger die angeordneten Auflagen zu erteilen (Weiterverwendung des Gemisches bis zum Erreichen der nächsten Gelegenheit zum Ablassen, jedoch längstens 24 Stunden, unverzügliche Vorführung des Fahrzeugs nach dem Ablassen bei einer Zollstelle zur erneuten Prüfung). Die Nichtbeachtung dieser Auflage führt aber nicht dazu, daß die bereits bei der Kontrolle durch den Treibstoffkontrolltrupp entsprechend dem Fassungsvermögen des Treibstofftanks versteuerte Menge von 60 Liter ein zweites Mal zu versteuern ist. Die rechtliche Beurteilung, daß die Verwendung (der Verbrauch) des Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisches die vorangegangenen Tatbestände des § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG konsumiert, gilt auch für diesen Fall. Der mit § 12 Abs. 9 MinöStG verfolgte Zweck, den Mißbrauch von steuerbegünstigtem Heizöl als Kraftstoff zu verhindern, wird schon dadurch erreicht, daß das im Treibstofftank vorgefundene gekennzeichnete Heizöl oder Gemisch mindestens hinsichtlich der dem Tankinhalt entsprechenden Menge zu versteuern ist. Eine mehrmalige Besteuerung für jeden der Tatbestände des § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG käme einer strafähnlichen Sanktion nahe. Daß das aber nicht der Sinn der genannten Vorschrift sein kann, schließt der Senat daraus, daß für diesen Fall besondere Sanktionen vorgesehen sind. Die Nichtbeachtung der Auflagen kann nämlich als Ordnungswidrigkeit i. S. des § 381 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geahndet werden (vgl. § 50 Abs. 2 Nrn. 11 und 12 MinöStDV).

Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß durch die nicht erlaubte Verwendung des im Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch enthaltenen steuerbegünstigten Heizöls nicht nur der Tatbestand des § 12 Abs. 9 MinöStG, sondern auch der Tatbestand des § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV erfüllt wird, wonach die auf den Heizölverwender übergegangene bedingte Mineralölsteuerschuld bei einer Verwendung des Heizöls zu einem anderen als dem erlaubten Zweck unbedingt wird. Er stimmt dem FG, was die bestehende Konkurrenz beider Vorschriften angeht, auch darin zu, daß die Regelung des § 12 Abs. 9 MinöStG der des § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV vorgeht. Dieser Vorrang ergibt sich schon daraus, daß die formalgesetzliche Regelung des § 12 Abs. 9 MinöStG nicht nur durch eine Vorschrift der nur als Rechtsverordnung ergangenen Regelung des § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV beeinträchtigt werden kann. Es kommt hinzu, daß die formalgesetzliche Regelung des § 12 Abs. 9 MinöStG gegenüber dem § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV die speziellere Norm darstellt, weil der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 9 MinöStG auf gekennzeichnetes Heizöl beschränkt ist, während § 23 MinöStDV auch andere steuerbegünstigte Mineralölerzeugnisse erfaßt (§ 8 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 MinöStG), und weil daneben § 12 Abs. 7 und 9 MinöStG die möglichen Tatbestände einer nicht erlaubten Verwendung von gekennzeichnetem Heizöl besonders regelt.

Dieser rechtlichen Beurteilung steht § 12 Abs. 9 Satz 5 MinöStG nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung bleibt aufgrund anderer Vorschriften für das Mineralöl entstandene Steuer unberührt. Der Wortlaut muß dahin verstanden werden, daß es sich bei den unberührt und damit bestehenbleibenden Steuern nicht um solche handelt, die aufgrund anderer Vorschriften, etwa des § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV, gleichzeitig mit der nach Satz 1 entstehenden Steuer unbedingt geworden sind, sondern um solche, die aufgrund anderer Vorschriften bereits vorher unbedingt entstanden waren. Die nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 MinöStDV unbedingt werdende Steuerschuld geht dagegen in der nach § 12 Abs. 9 Satz 1 MinöStG entstehenden Steuer auf.

§ 12 Abs. 9 Satz 5 MinöStG hat deshalb nur die Bedeutung, daß z. B. die von einem Vorlieferer entrichtete Heizölsteuer oder der versteuerte Anteil an Dieselkraftstoff in einem Heizöl/Dieselkraftstoff-Gemisch nicht etwa deswegen zu erstatten ist, weil später gekennzeichnetes Heizöl nach § 12 Abs. 9 Satz 1 zum vollen Steuersatz des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MinöStG zu versteuern ist und weil hinsichtlich des Gemisches der darin enthaltene und bereits versteuerte Dieselkraftstoff nochmals versteuert wird. Diese sich schon aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 9 Satz 5 MinöStG ergebende Auslegung wird durch die BTDrucks. 7/1944 (Begründung zu Art. 1 Nr. 6 Kennzeichnung) bestätigt. Sie kam noch deutlicher in den später gestrichenen Sätzen 6 bis 7 (Satz 5 gilt nicht für die Steuer, die aufgrund von Verstößen gegen die Bestimmungen über den Verkehr mit steuerbegünstigtem Mineralöl entstanden ist. Diese geht in der Steuer nach Satz 1 auf.) des Entwurfs zum Ausdruck.

 

Fundstellen

Haufe-Index 510570

BFHE 1982, 519

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