Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer: Anwachsung durch Ausscheiden eines Gesellschafters einer zweigliedrigen grundstücksbesitzenden Personengesellschaft, einheitliche Betrachtung von Grund und Boden sowie Gebäude, Steuervergünstigung bei Übergang von einer Gesamthand, Anwendbarkeit der Sperrfrist nach § 6 Abs.4 GrEStG 1983, Gegenleistung durch Schuldübernahme

 

Leitsatz (amtlich)

Die Frage, ob die Steuervergünstigung des § 6 Abs.2 GrEStG 1983 nach Absatz 4 der Vorschrift zu versagen oder zu verringern ist, kann hinsichtlich des Grundstücks und eines darauf errichteten Gebäudes, die grunderwerbsteuerrechtlich eine Einheit i.S. des § 2 GrEStG 1983 bilden, nur einheitlich beantwortet werden. Ist die Steuervergünstigung für den Erwerb des Grundstücks nach § 6 Abs.4 GrEStG 1983 zu versagen oder zu verringern, so gilt dies für das miterworbene Gebäude auch dann, wenn dieses erst errichtet worden ist, nachdem der grundstückserwerbende Gesamthänder seine Beteiligung an der Gesellschaft erworben oder aufgestockt hat.

 

Orientierungssatz

1. Scheidet aus einer nur aus zwei Personen bestehenden GbR einer der Gesellschafter aus und übernimmt der Verbleibende das Vermögen und die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, so geht das Gesellschaftsvermögen in entsprechender Anwendung von § 142 Abs. 3 HGB i.V.m. § 738 BGB im Wege der Anwachsung auf den übernehmenden Gesellschafter über. Gehört zum Vermögen der Personengesellschaft ein Grundstück, so wird dadurch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 erfüllt. In diesen Fällen ist die Gegenleistung dem Vertrag über den Erwerb des Gesellschaftsanteils als ersetzendem Rechtsakt zu entnehmen (vgl. BFH-Urteil vom 13. September 1995 II R 80/92).

2. Beim Übergang von Grundstückseigentum infolge Anwachsung gehören vom erwerbenden Gesellschafter übernommene Verbindlichkeiten der untergegangenen Personengesellschaft vollständig zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gesamtgegenleistung, unabhängig davon, daß der übernehmende Gesellschafter auch schon vor der Anwachsung für die Gesellschaftsschulden einzustehen hatte. Dies ist eine Folge der rechtlichen Trennung des Gesellschaftsvermögens von dem Privatvermögen der Gesellschafter, wie es im Zivilrecht vorgegeben ist. Gehen im Wege der Anwachsung nicht nur ein Grundstück, sondern weitere nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Vermögensgegenstände auf den Übernehmenden über, so ist die (Gesamt-)Gegenleistung verhältnismäßig aufzuteilen.

3. Die Sperrfrist nach § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 von fünf Jahren entfaltet keine Wirkung, wenn die Beteiligungsverhältnisse an der veräußernden Gesamthand seit dem Erwerb des Grundstücks durch diese unverändert geblieben sind oder wenn die veräußernde Gesamthand noch keine fünf Jahre bestanden hat(vgl. BFH-Rechtsprechung; Ausführungen zu Sinn und Zweck sowie zur einschränkenden Auslegung der Norm).

 

Normenkette

BGB § 738; GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 2, 4, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1; HGB § 142

 

Tatbestand

I. Durch Gesellschaftsvertrag vom 4. Januar 1984 gründete die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zusammen mit der B-GmbH die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zweck der Gesellschaft war die Bebauung, Vermietung und Verpachtung eines bestimmten Grundstücks. Nach dem Gesellschaftsvertrag waren die Gründungsgesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von jeweils 50 v.H. beteiligt. Beim Ausscheiden eines Gesellschafters sollte sich dessen Abfindungsguthaben entsprechend dieser Beteiligung am Gesellschaftsvermögen errechnen.

Durch notariell beurkundete Erklärungen vom 4. Januar 1984 wurde der B-GmbH und der Klägerin als GbR das im Gesellschaftsvertrag bezeichnete unbebaute Grundstück zum Kauf angeboten. Durch notariell beurkundete Erklärungen vom 8. Oktober 1984 nahm die GbR dieses Kaufangebot an.

Entsprechend einem Gesellschafterbeschluß und Änderung des Gesellschaftsvertrags am 19. Dezember 1984 übernahm die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 1985 von der B-GmbH deren Gesellschaftsanteile in Höhe von 45 v.H. mit der Folge, daß sich der Anteil der Klägerin an der GbR auf 95 v.H. erhöhte. Ein Entgelt wurde dafür von der Klägerin nicht entrichtet. Einlagen in die GbR waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht erbracht worden.

Im Jahre 1985 wurde das Grundstück bebaut. Die GbR trug die Baukosten für das Gebäude.

Im Dezember 1986 vereinbarten die B-GmbH und die Klägerin eine Änderung des Gesellschaftsvertrags dahingehend, daß die B-GmbH zum 30. Dezember 1986 aus der GbR ausschied, die GbR hierdurch beendet wurde, das Vermögen und die Verbindlichkeiten der GbR auf die Klägerin überging, ein Entgelt für das Ausscheiden der B-GmbH nicht bezahlt und diese aus der Mithaftung für die Verbindlichkeiten der GbR freigestellt wurde. Am 12. Oktober 1987 wurde die Klägerin als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Die gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen vom Dezember 1986 wurden dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) nicht angezeigt. Diese erfuhr das FA erst im Jahre 1992 aufgrund einer Mitteilung der Betriebsprüfungsstelle. Nach den Prüfungsfeststellungen beliefen sich die von der Klägerin übernommenen Passivwerte der GbR zum 30. Dezember 1986 auf insgesamt .... DM, worunter sich Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von .... DM befanden. Diesen Passivwerten standen nach der Berechnung der Betriebsprüfungsstelle Aktivwerte in der Bilanz der GbR von insgesamt .... DM gegenüber. Darin enthalten waren Forderungen gegen Banken sowie aus dem Verkauf einer Grundstücksteilfläche (angesetzt mit .... DM) über insgesamt .... DM und das Grundstück mit Gebäude und Außenanlagen mit .... DM. Davon entfielen auf Grund und Boden .... DM, auf das Gebäude .... DM und auf die Außenanlagen .... DM. Obgleich die Addition der Aktivwerte nicht die Summe von .... DM erreichte, legte die Betriebsprüfungsstelle diesen Betrag ihrer Berechnung zugrunde. Durch die Gegenüberstellung der Aktivwerte in Höhe von .... DM und der Passivwerte von .... DM errechnete diese stille Reserven in Höhe von .... DM, die sie ausschließlich dem Grundstück (Grund und Boden) und den Außenanlagen zuordnete. Daraus ermittelte sie eine Gesamtgegenleistung von .... DM. Durch Bescheid vom 2. April 1993 setzte das FA für den durch Anwachsung des Vermögens erfolgten Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von .... DM gegen diese fest. Dabei ging es von einer Gesamtgegenleistung von .... DM aus. Hiervon beließ sie gemäß § 6 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) 50 v.H. steuerfrei.

Hiergegen richtete sich die Klage. Mit dieser wurde beantragt, die Grunderwerbsteuer herabzusetzen. Am unbebauten Grundstück sei sie bei Gründung der GbR zu 50 v.H. beteiligt gewesen. Insoweit habe sie durch Anwachsung 50 v.H. des Vermögens des unbebauten Grundstücks hinzuerworben. Anders sei es jedoch für das Gebäude. Am Vermögensteil Gebäude sei sie bereits seit Beginn der Bebauung zu 95 v.H. beteiligt gewesen. Die vom FA angesetzte Gegenleistung sei daher aufzuteilen in die Anschaffungskosten für das unbebaute Grundstück von .... DM und .... DM für das bebaute. Aus ersterem Betrag seien ihr 45 v.H., aus dem zweiten aber nur 5 v.H. zuzurechnen. § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 stehe dem nicht entgegen.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Durch die zum 30. Dezember 1986 erfolgte Anwachsung des Vermögens der GbR auf die Klägerin sei hinsichtlich des Grundstücks der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 erfüllt. Die vom FA angesetzte Gegenleistung sei nicht überhöht. Zur Gegenleistung gehörten auch die Schulden der Gesellschaft, die der übernehmende Gesellschafter zu übernehmen habe. Nach der Vereinbarung zur Änderung des Gesellschaftsvertrags vom Dezember 1986 habe die Klägerin u.a. die Schulden der GbR übernommen. Diese hätten nach den Feststellungen der Betriebsprüfungsstelle insgesamt .... DM betragen. Die GbR habe die Baumaßnahmen auf dem Grundstück bezahlt. Die hieraus erwachsenen Verbindlichkeiten seien nicht bereits bei der Klägerin, sondern noch bei der GbR entstanden. Das FA habe auch nicht einen überhöhten Anteil der Schulden dem von der Klägerin übernommenen Grundstück zugerechnet. Es begegne keinem Bedenken, daß das FA die Verbindlichkeiten auch in Höhe der stillen Reserven, die es infolge eines Additionsfehlers zu niedrig errechnet hatte, dem streitbefangenen Grundbesitz zugeordnet habe. Auch die Klägerin lege ihren Berechnungen den vom FA ermittelten Ausgangswert in Höhe von .... DM zugrunde. Es sei nicht möglich, einen Teil der Gesellschaftsschulden deshalb nicht zur Gegenleistung zu rechnen, weil die Klägerin als Gesellschafterin auch bisher schon für die Gesellschaftsschulden einzustehen gehabt hätte. Dies sei eine Folge der rechtlichen Trennung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter. Zutreffend habe das FA die Gegenleistung nach § 6 Abs. 2 und 4 GrEStG 1983 nur in Höhe von 50 v.H. steuerfrei belassen. Im Streitfall sei das veränderte Beteiligungsverhältnis von 95 : 5 erst nach dem Erwerb des Grundstücks vereinbart worden. Demnach sei für die Berechnung der Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 2 GrEStG 1983 die Anteilsveränderung zugunsten der Klägerin vom 19. Dezember 1984 nach § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 nicht zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne bei der Berechnung der Steuervergünstigung nicht nach dem bebauten und unbebauten Grundstück unterschieden und für die Steuervergünstigung darauf abgestellt werden, ob die Vermögensbeteiligung vom Beginn der Bebauung ab bis zum Erwerb durch die Klägerin unverändert geblieben sei.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts. Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 2. April 1993 die Grunderwerbsteuer auf 19 688 DM festzusetzen. Die Auffassung des FG beruhe auf dem reinen Wortlaut des § 6 Abs. 4 GrEStG 1983, der Gesetzeszweck bleibe hierbei unberücksichtigt. Das Vermögen der GbR sei differenziert zu betrachten. Es habe aus dem Grund und Boden einerseits und dem aufstehenden Gebäude andererseits bestanden. Am unbebauten Grundstück sei die Klägerin am 4. Januar 1984 zu 50 v.H. beteiligt gewesen. Insoweit habe sie hinsichtlich des Vermögensbestandteils "unbebautes Grundstück" durch die Anwachsung einen Anteil von 50 v.H. hinzuerworben. Am Vermögensbestandteil "Gebäude" sei sie jedoch von Anfang an zu 95 v.H. beteiligt gewesen. Durch die Anwachsung habe sie lediglich 5 v.H. hinzuerworben. Die Sperrvorschrift des § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 solle eine Steuerumgehung vermeiden, die dadurch entstehe, daß die grundsätzlich grunderwerbsteuerfreie Veränderung von Beteiligungsverhältnissen bewußt und geplant eingesetzt werde, um den Übergang des Grundstücks auf einen Gesamthänder fast vollständig steuerfrei zu stellen. Die Absicht der Steuerumgehung sei nicht Tatbestandsmerkmal, wohl aber die Möglichkeit zur Steuerumgehung. Die Rechtsprechung sei in ihren Grundsätzen der Auffassung gefolgt, daß § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 auslegungsbedürftig sei. Der Grundsatz der Rechtsprechung, daß die Befreiung in dem Umfang zu gewähren sei, in dem die rechtlichen Beteiligungsverhältnisse seit dem Erwerb des Grundstücks durch die veräußernde Gesamthand unverändert geblieben seien, sei das Ergebnis einer teleologischen Reduktion. Eine Steuerumgehungsmöglichkeit, die die Anwendung des § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 voraussetze, sei im Streitfall ausgeschlossen. Im Streitfall gehe es nicht darum, Steuern zu umgehen, sondern eine zu hohe Steuerbelastung zu vermeiden. Die Festsetzung der Steuer, wie sie vom FA vorgenommen worden sei, führe zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten zu hohen Belastung mit Grunderwerbsteuer. Es müsse grundsätzlich zwischen einer Anpassung der Beteiligungsverhältnisse einer Gesamthand mit der daraus resultierenden Steuerumgehungsmöglichkeit und der einmaligen Änderung der Beteiligungsverhältnisse vor Beginn der Bebauung, d.h. vor der erheblichen Wertsteigerung eines bisher unbebauten Grundstücks, unterschieden werden. Dies gelte zumindest dann, wenn die durch die Bebauung entstandenen Kosten von den Gesellschaftern gemäß ihren geänderten Beteiligungsquoten getragen würden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Zutreffend hat das FG die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids bejaht. § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 steht der von der Klägerin über das vom FA bereits gewährte Ausmaß hinaus begehrten Steuervergünstigung entgegen.

1. Durch den Gesellschafterbeschluß und die Änderung des Gesellschaftsvertrags vom Dezember 1986 ist das Eigentum an dem bisher der GbR gehörenden bebauten Grundstück kraft Gesetzes auf die Klägerin übergegangen und dadurch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 erfüllt worden.

Scheidet aus einer nur aus zwei Personen bestehenden GbR einer der Gesellschafter aus und übernimmt der Verbleibende das Vermögen und die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, so geht das Gesellschaftsvermögen in entsprechender Anwendung von § 142 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs i.V.m. § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Wege der Anwachsung auf den übernehmenden Gesellschafter über. Gehört zum Vermögen der Personengesellschaft ein Grundstück, so wird dadurch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 13. September 1995 II R 80/92, BFHE 178, 468, BStBl II 1995, 903, m.w.N.).

2. In diesen Fällen ist die Gegenleistung nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 GrEStG 1983 in der zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs geltenden Fassung dem Vertrag über den Erwerb des Gesellschaftsanteils als ersetzendem Rechtsakt zu entnehmen (Senatsurteil in BFHE 178, 468, BStBl II 1995, 903). Die vom FA als Bemessungsgrundlage herangezogene Gegenleistung ist jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin zu hoch angesetzt.

Die Klägerin hat auch die Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernommen. Beim Übergang von Grundstückseigentum infolge Anwachsung gehören vom erwerbenden Gesellschafter übernommene Verbindlichkeiten der untergegangenen Personengesellschaft zur (Gesamt-)Gegenleistung (Senatsurteil in BFHE 178, 468, BStBl II 1995, 903). Die Schulden der Gesellschaft, für die der übernehmende Gesellschafter nunmehr allein einzustehen hat, gehören insgesamt zur (Gesamt-)Gegenleistung. Es ist nicht möglich, einen Teil der Gesellschaftsschulden etwa deshalb nicht zur Gegenleistung zu rechnen, weil die Klägerin als Gesellschafterin auch bisher schon für die Gesellschaftsschulden einzustehen hatte. Denn nach dem Grunderwerbsteuerrecht gehört beim Kauf eines Grundstücks durch einen Gesellschafter von einer Personengesellschaft gegen Übernahme von Schulden die Schuldübernahme in vollem Umfang zur Gegenleistung, auch wenn der Gesellschafter als solcher bereits vorher für die Gesellschaftsschulden einzustehen hatte. Dies ist eine Folge der rechtlichen Trennung des Gesellschaftsvermögens von dem Privatvermögen der Gesellschafter, wie es im Zivilrecht vorgegeben ist (Senatsurteil vom 16. Februar 1977 II R 89/74, BFHE 122, 338, 347, BStBl II 1977, 671). Gehen --wie im Streitfall-- im Wege der Anwachsung nicht nur ein Grundstück, sondern weitere nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Vermögensgegenstände auf den Übernehmenden über, so ist die (Gesamt-)Gegenleistung verhältnismäßig aufzuteilen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer dienende Gegenleistung im Streitfall vom FA nicht zu hoch berechnet worden. Dies wird mit der Revision auch nicht (mehr) vorgetragen.

3. Der Erwerb der Klägerin ist nach § 6 Abs. 2 GrEStG 1983 begünstigt. Zwar betrug ihre vermögensmäßige Beteiligung im Erwerbszeitpunkt 95 v.H., in dieser Höhe bestand die Beteiligung jedoch noch keine fünf Jahre, so daß sie nach § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 in dieser Höhe nicht berücksichtigt werden kann.

Maßgeblich für das Ausmaß der nach § 6 Abs. 2 GrEStG 1983 zu gewährenden Steuervergünstigung ist im Streitfall die vermögensmäßige Beteiligung der Klägerin an der GbR zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs durch die Gesellschaft, auch wenn zwischen dem Erwerb der Gesellschaft und dem der Klägerin keine fünf Jahre vergangen sind. § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 ist einschränkend dahin auszulegen, daß die Sperrfrist von fünf Jahren dann keine Wirkung entfaltet, wenn die Beteiligungsverhältnisse an der veräußernden Gesamthand seit dem Erwerb des Grundstücks durch diese unverändert geblieben sind (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1969 II 142/63, BFHE 95, 292, BStBl II 1969, 400). Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin zu 50 v.H. an der GbR beteiligt.

4. Der von der Klägerin darüber hinaus begehrten Vergünstigung in Höhe von (weiteren) 45 v.H. der auf das Gebäude entfallenden Gegenleistung steht dagegen § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 entgegen.

Zwar wurde das Gebäude von der GbR auf dem dieser (damals) gehörenden Grundstück erst errichtet, als die Klägerin bereits mit 95 v.H. an der GbR vermögensmäßig beteiligt war. Dies führt jedoch --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nicht dazu, daß die Steuer in Höhe von 95 v.H. des auf das Gebäude entfallenden Teils der Bemessungsgrundlage (= Gegenleistung) unerhoben bleiben kann. Der Klägerin war vor Übergang des zivilrechtlichen Eigentums am Grundstück weder die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 an diesem übertragen worden, noch hat sie ein grunderwerbsteuerrechtlich ihr zuzurechnendes Gebäude auf fremdem Boden i.S. § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG 1983 errichtet. Weder den Sachverhaltsfeststellungen des FG noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen. In einem derartigen Fall läßt es § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 nicht zu, hinsichtlich der sich aus der Vorschrift ergebenden Sperrwirkung gegenüber der Steuervergünstigung zu differenzieren zwischen den Beteiligungsverhältnissen zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks und den Beteiligungsverhältnissen zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes. § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 soll objektiv Steuerumgehungen verhindern, ohne daß eine Absicht der Steuerumgehung im Einzelfall Tatbestandsmerkmal der Vorschrift ist (vgl. Viskorf in Boruttau/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, 13. Aufl., § 6 Rdnr. 31, 33). Ausgehend von diesem Sinn und Zweck der Vorschrift hat der Senat anerkannt, daß die Vorschrift verbal zu weit gefaßt und daher ihrem Zweck nach einschränkend auszulegen ist. Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift greift die Sperrfrist daher in den Fällen nicht, in denen die veräußernde Gesamthand noch keine fünf Jahre vor dem Erwerbsvorgang bestanden hat bzw. die veräußernde Gesamthand das Grundstück innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums erworben hat, wenn die Beteiligungsverhältnisse an der veräußernden Gesamthand seit dem Erwerb des Grundstücks durch diese unverändert geblieben sind (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 1994 II R 119/90, BFH/NV 1995, 267, sowie grundlegend Urteil in BFHE 95, 292, BStBl II 1969, 400). Diese am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte und dem Wortlaut in gewissem Umfang widersprechende Auslegung findet jedoch dort ihre Grenze, wo sie gegen andere grundlegende Prinzipien des GrEStG verstoßen würde. Das Grunderwerbsteuerrecht sieht das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinn auch grunderwerbsteuerrechtlich als Einheit an, es sei denn, eine Abweichung ist ausdrücklich vom Gesetz angeordnet (§ 2 Abs. 1 und 2 GrEStG 1983). Die von der Klägerin vertretene Auffassung zur Auslegung des § 6 Abs. 4 GrEStG 1983 steht im Widerspruch zu diesem grunderwerbsteuerrechtlichen Prinzip. Da im Streitfall kein Gebäude auf fremdem Boden i.S. § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG 1983 vorliegt, müssen Grundstück und aufstehendes Gebäude (§ 2 Abs. 1, § 95 BGB) grunderwerbsteuerrechtlich als Einheit behandelt werden. Gegenstand des von der Klägerin verwirklichten Erwerbsvorgangs i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 ist das mit einem Gebäude bebaute Grundstück. Auf das Grundstück in diesem Zustand bezieht sich nicht nur die Gegenleistung i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 GrEStG 1983, sondern --notwendigerweise-- auch die Steuervergünstigung nach § 6 GrEStG 1983. Die Frage, ob die der Klägerin dem Grunde nach zustehende Steuervergünstigung des § 6 Abs. 2 GrEStG 1983 nach Absatz 4 der Vorschrift eine Einschränkung erfährt oder nicht, kann daher hinsichtlich Grundstück und Gebäude notwendigerweise nur einheitlich beantwortet werden. Da der Klägerin hinsichtlich des Grundstücks --unstreitig-- die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 2 GrEStG 1983 über Absatz 4 der Vorschrift teilweise zu versagen ist, erfaßt dies notwendigerweise auch das aufstehende und einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks bildende Gebäude, das sowohl zivilrechtlich als auch grunderwerbsteuerrechtlich automatisch mit übergegangen ist. Eine differenzierende Betrachtung ist insoweit nicht möglich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66191

BFH/NV 1997, 432

BStBl II 1997, 663

BFHE 183, 259

BFHE 1998, 259

BB 1997, 1884-1886 (Leitsatz und Gründe)

DB 1997, 2207-2208 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 1533-1535 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 844 (Leitsatz)

DStZ 1997, 869 (Leitsatz)

HFR 1997, 926-927 (Leitsatz und Gründe)

StE 1997, 557-558 (Leitsatz)

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