Leitsatz (amtlich)

Ein Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage ist grundsätzlich nur wirksam, wenn er handschriftlich --nicht notwendigerweise eigenhändig-- unterzeichnet ist.

 

Orientierungssatz

1. Dem steht die ältere Rechtsprechung des Senats nicht entgegen, wonach die Investitionszulage auch ohne Verwendung eines amtlichen Vordrucks beantragt werden konnte, da sowohl nach § 3 Abs. 3 InvZulG 1969, als auch nach § 5 Abs. 3 InvZulG 1973 nicht einmal Schriftform vorgeschrieben war.

2. Es gehört nicht zu den Treuepflichten des FA Investitionszulageanträge beim Eingang sofort auf fehlende Unterschriften hin durchzusehen, damit der Mangel noch fristgerecht behoben werden kann. Das FA kann im Gegenteil grundsätzlich darauf vertrauen, daß Anträge, die nach dem amtlich vorgesehenen Vordruck eingereicht werden, vollständig ausgefüllt und an der dafür vorgesehenen Stelle unterzeichnet sind.

3. Die Vorschrift des § 126 Abs. 1 BGB (eigenhändige Unterschrift) ist im Steuerrecht nicht unmittelbar anzuwenden (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 5 Abs. 3; BGB § 126 Abs. 1; InvZulG § 3 Abs. 3; InvZulG 1973 § 5 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 27.06.1985; Aktenzeichen XI 379/84 F)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) begehrt eine Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 (Beschäftigungszulage) für Anschaffungen in ihrem Betrieb im Streitjahr 1982.

Am 29.September 1983 ging beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) auf amtlichem Vordruck ein Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage zur Förderung der Beschäftigung nach § 4b InvZulG 1982 für das Kalenderjahr 1982 ein. Als Antragstellerin war die Klägerin aufgeführt; in dem Vordruck waren im übrigen die Wirtschaftsgüter bezeichnet, für die eine Investitionszulage beantragt werden sollte. Für die Auszahlung der Zulage war ein gemeinschaftliches Konto der Klägerin und ihres Ehemannes angegeben. Am Ende des Vordrucks waren Ort und Datum eingetragen; die nach dem Formblatt geforderte eigenhändige Unterschrift fehlte jedoch.

Mit Schreiben vom 12.Oktober 1983 sandte das FA das Antragsformular mit einem Hinweis auf die fehlende Unterschrift an die Klägerin zurück, die den Antrag am 17.Oktober 1983 erneut und diesmal eigenhändig unterzeichnet einreichte.

Mit Bescheid vom 28.Oktober 1983 lehnte das FA die Gewährung einer Investitionszulage mit der Begründung ab, der Antrag sei nicht innerhalb der Frist des § 5 Abs.3 Satz 3 InvZulG 1982 gestellt worden.

Der dagegen gerichtete Einspruch und der gleichzeitig --am 18.November 1983-- gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hatten ebenso wie die Klage zum Finanzgericht (FG) keinen Erfolg.

Das FG führte in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 573 veröffentlichten Urteil aus: Aus dem unvollständig ausgefüllten Formblatt sei für das FA nicht erkennbar gewesen, ob die als Antragstellerin angegebene Person mit allen --auch den strafrechtlichen-- Konsequenzen zu dem Antrag habe stehen wollen oder ob es sich um einen Entwurf gehandelt habe, der ohne den Willen der Verfasserin in den Verkehr gelangt sei. Wirksam sei erst der unterzeichnete Antrag gewesen, der allerdings nach Ablauf der Ausschlußfrist verspätet eingegangen sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe das FA aber zu Recht abgelehnt.

Mit ihrer dagegen gerichteten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Bescheides vom 28.Oktober 1983 die begehrte Investitionszulage zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin keinen Anspruch auf eine Investitionszulage hat, weil ihr Antrag verspätet einging und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfüllt sind.

1. Das von der Klägerin am 29.September 1983 eingereichte nicht unterzeichnete Formular ist kein ausreichender Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage nach § 5 Abs.3 InvZulG 1982. Nach dieser Vorschrift wird u.a. auch die Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1982 auf Antrag gewährt (§ 5 Abs.3 Satz 1 InvZulG 1982), der innerhalb von 9 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung der begünstigten Anlagegüter endet, gestellt werden muß (§ 5 Abs.3 Satz 3 InvZulG 1982). In dem Antrag sind die begünstigten Investitionen so genau zu bezeichnen, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist (§ 5 Abs.3 Satz 4 InvZulG 1982).

a) Der erkennende Senat pflichtet der Vorentscheidung darin bei, daß sich unmittelbar weder aus diesen Vorschriften noch aus § 126 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die von der Finanzverwaltung im amtlichen Vordruck geforderte Verpflichtung zu eigenhändiger Unterschriftsleistung bei Beantragung einer Investitionszulage ergibt. Das Erfordernis einer --nicht notwendigerweise eigenhändigen-- Unterschrift des Antragstellers ergibt sich aber aus der für den Investitionszulagenantrag gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform. § 5 Abs.3 InvZulG 1982 enthält zwar keinen ausdrücklichen Hinweis auf das Erfordernis der Schriftlichkeit; dies ergibt sich aber aus Satz 4 des § 5 Abs.3 InvZulG 1982, wonach die Investitionsgüter in dem Antrag so genau zu bezeichnen sind, "daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist". Mit dieser durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes und anderer Gesetze vom 30.Oktober 1978 (BGBl I 1978, 1693, BStBl I 1978, 427) eingefügten Vorschrift wollte der Gesetzgeber Anforderungen auch an die Form eines Zulageantrags stellen (BTDrucks 8/1781 S.5). Der Senat hat daher in seinem amtlich nicht veröffentlichten Beschluß vom 13.April 1989 III B 107/87 ausgeführt, daß nur ein schriftlich gestellter Antrag dem Zweck dieser Vorschrift gerecht werden kann.

Dem steht die ältere Rechtsprechung des Senats nicht entgegen, wonach die Investitionszulage auch ohne Verwendung eines amtlichen Vordrucks beantragt werden konnte, da sowohl nach § 3 Abs.3 InvZulG 1969, als auch nach § 5 Abs.3 InvZulG 1973 nicht einmal die Schriftform vorgeschrieben war (vgl. die amtlich nicht veröffentlichten Senatsurteile vom 16.März 1979 III R 33/78 und vom 11.Mai 1979 III R 111/76). Diese vor Inkrafttreten des § 5 Abs.3 Satz 4 InvZulG 1979/1982 ergangenen Entscheidungen sind nach der neuen, geänderten Rechtslage überholt.

Wird danach für den Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage die Schriftform von Gesetzes wegen verlangt, so soll damit eine Grundlage für die weitere Sachbehandlung geschaffen werden. Dazu ist über die Festlegung des Inhalts hinaus erforderlich, daß der Urheber der Erklärung zu erkennen ist und seinen Willen, die Erklärung in den Rechtsverkehr zu bringen, deutlich macht. Dieses Ziel wird im Rechtsleben typischerweise durch die handschriftliche Unterzeichnung des Schriftstücks erreicht (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 20.April 1977 VI C 26.75, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 448.0, § 33 WPflG Nr.22 mit weiteren Nachweisen). Im Grundsatz ist daher davon auszugehen, daß dem gesetzlichen Erfordernis der Schriftlichkeit nur genügt ist, wenn das Schriftstück unterschrieben ist. Dies bringt nicht zuletzt die Vorschrift des § 126 Abs.1 BGB zum Ausdruck, die freilich im Steuerrecht nicht unmittelbar anzuwenden ist (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8.Juli 1983 VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13, und vom 20.Januar 1984 VI R 16/82, BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436). Für das Investitionszulagerecht sind die Vorschriften über das Antragsverfahren inzwischen "teilweise entsprechend der Verwaltungsübung ergänzt" worden (BTDrucks 11/2157 S.182). Nach § 19 Abs.5 Satz 4 des durch das Steuerreformgesetz 1990 geänderten Gesetzes zur Förderung der Berliner Wirtschaft (BerlinFG) vom 25.Juli 1988 (BGBl I, 1093) ist der Antrag von dem Anspruchsberechtigten eigenhändig zu unterschreiben.

Von diesem Grundsatz sind allerdings gewisse Ausnahmen möglich. So kann --von den Ausnahmen der telegrafischen Einlegung von Rechtsmitteln und der handschriftlichen Beglaubigung behördlicher Schriftsätze abgesehen-- auch dann auf die eigenhändige Namenszeichnung verzichtet werden, wenn der oben dargelegte Zweck anderweitig erreicht wird (BVerwG in Buchholz, a.a.O., 448.0, § 33 WPflG Nr.22). Das ist etwa dann der Fall, wenn sich die Identität des Antragstellers und Anspruchsberechtigten aus der Unterzeichnung eines dem Antragsformular beigefügten Schreibens ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 3.Oktober 1986 III R 207/81, BFHE 148, 205, BStBl II 1987, 131).

b) Im vorliegenden Fall kann der Nachweis, den die Unterschrift im Rechtsverkehr typischerweise gewährleistet, nicht als auf andere Weise geführt angesehen werden. Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß das nicht unterzeichnete Formular aus der Sicht des FA auch als bloßer Entwurf aufgefaßt werden konnte, der noch einmal überdacht und ggf. abgeändert werden sollte und u.U. ohne den Willen der Klägerin abgesandt wurde. Die Wahrscheinlichkeit, daß das Formular ohne den Willen der Klägerin in den Verkehr gelangt ist, mag gering zu veranschlagen sein; sie ist aber angesichts dessen, daß die Unterzeichnung eines ausgefüllten Formulars nach dessen Durchsicht und Prüfung ein einfacher und selbstverständlicher Vorgang ist, vernünftigerweise auch nicht auszuschließen.

Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Antrag könne nicht als Entwurf angesehen werden, weil er --handschriftlich ausgefüllt-- auch ohne Unterschrift der erforderlichen Schriftform genügt habe. Für den Empfänger war es nämlich keineswegs sicher, daß das Formular tatsächlich von der Klägerin ausgefüllt worden war. Insoweit ist von Bedeutung, daß sich die Klägerin durchaus auch eines Dritten, nicht nur als Schreibhilfe, sondern als Bevollmächtigten, bedient haben konnte. Eine solche --gerade bei der Fertigung von Steuererklärungen häufige-- Bevollmächtigung muß aber offengelegt und ggf. nachgewiesen werden. Auch aus diesem Grunde ist die Namenszeichnung zu fordern. Sie dagegen nur als Bekenntnis zu dem Zusatz, wonach die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben mit allen --auch den strafrechtlichen-- Konsequenzen anerkannt werde, zu erklären, vermag dem oben dargelegten Zweck des aus der Schriftlichkeit von Zulageanträgen zu folgernden Unterschriftserfordernisses nicht gerecht zu werden.

Auch der Einwand, zu den Treuepflichten des FA gehöre es, die Anträge beim Eingang sofort auf fehlende Unterschriften hin durchzusehen, damit der Mangel noch fristgerecht behoben werden könne, geht fehl. Das FA kann im Gegenteil grundsätzlich darauf vertrauen, daß Anträge, die nach dem amtlich vorgesehenen Vordruck eingereicht werden, vollständig ausgefüllt und an der dafür vorgesehenen Stelle unterzeichnet sind. Die Revision läßt hier insbesondere außer acht, daß bei der Vielzahl gerade bei Ablauf einer Frist eingehender Anträge die Fürsorgepflicht des FA nicht überspannt werden darf und es das FA im Investitionszulagerecht außerdem regelmäßig mit geschäftserfahrenen Unternehmern zu tun hat.

2. Wie das FG zutreffend weiter ausgeführt hat, war danach ein wirksamer Antrag auf Gewährung der Investitionszulage erst dadurch gestellt worden, daß die Klägerin das unterschriebene Antragsformular am 17.Oktober 1983 --mithin nach Ablauf der in § 5 Abs.3 Satz 3 InvZulG 1982 enthaltenen Ausschlußfrist (Senatsurteil vom 7.November 1975 III R 164/73, BFHE 117, 518, BStBl II 1976, 225 zu dem insoweit gleichlautenden § 3 Abs.3 InvZulG 1969)-- abermals beim FA einreichte. Dem FG ist darin zu folgen, daß die Klägerin Wiedereinsetzungsgründe erst nach Ablauf der Monatsfrist des auch im Investitionszulagerecht anwendbaren § 110 der Abgabenordnung --AO 1977-- (vgl. BFH in BFHE 117, 518, BStBl II 1976, 225) mit ihrem am 18.November 1983 beim FA eingegangenen Einspruchsschreiben vorgetragen hat; die Monatsfrist ist spätestens in dem Zeitpunkt in Gang gesetzt worden, in dem der unterzeichnete Antrag beim FA eingegangen ist (17.Oktober 1983). Es kann daher auch nicht mehr entscheidend darauf ankommen, ob die vorgetragenen Gründe eine Wiedereinsetzung rechtfertigen würden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62916

BFH/NV 1989, 40

BStBl II 1989, 807

BFHE 157, 287

BFHE 1990, 287

BB 1989, 1750-1750 (L1)

DB 1990, 308 (T)

DStR 1989, 641 (K)

HFR 1989, 634 (LT)

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