Leitsatz (amtlich)

Eine mittelbare (teilweise) Schenkung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Schenker nicht den vollen bar zu erbringenden Kaufpreis zahlt.

 

Normenkette

ErbStG 1959 § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1-2; BGB § 516 Abs. 1

 

Tatbestand

Am 1. November 1969 wurde zwischen der Klägerin und ihrem Vater eine privatschriftliche Vereinbarung getroffen, wonach dieser der Klägerin "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den Betrag von 100 000 DM" schenkte. Weiter war in der Vereinbarung bestimmt:

"Die Schenkung ist zweckgebunden und zum Erwerb von Grundbesitz bestimmt. Sie wird durch direkte Überweisung auf das Konto des Grund-/Hausbesitzverkäufers vollzogen."

Im übrigen wurde bestimmt, daß die Zuwendung auf den künftigen Erbteil der Klägerin "zum vollen Nominalwert (= einhunderttausend Deutsche Mark)" angerechnet werden sollte.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 3. November 1969 kauften die Klägerin und ihr Ehemann zwei Grundstücke zu ideellem Miteigentum von 3/4 (Klägerin) und 1/4 (Ehemann). An einem weiteren Grundstück wurden Miteigentumsanteile von 3/8 (Klägerin) und 1/8 (Ehemann) erworben. Der Kaufpreis betrug insgesamt 350 000 DM. Von der Klägerin und ihrem Ehemann wurden Grundstücksbelastungen in Höhe von 160 000 DM übernommen. Der Restkaufpreis in Höhe von 170 000 DM war durch Einzahlung auf ein Anderkonto des beurkundenden Notars zu entrichten. Auf dieses Konto überwies der Vater der Klägerin mittels Bankauftrages vom 5. November 1969 100 000 DM.

Das beklagte Finanzamt setzte wegen der Schenkung eines Betrages von 100 000 DM unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 30 000 DM gegen die Klägerin eine Schenkungsteuer in Höhe von 3 150 DM fest.

Die Klägerin hat nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben und die Aufhebung des Schenkungsteuerbescheides beantragt. Sie hat vorgetragen, ihr Vater habe ihr nicht 100 000 DM, sondern einen Grundstücksanteil geschenkt.

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt:

Letztlich könne es dahingestellt bleiben, ob der Vater der Klägerin die Absicht gehabt habe, seiner Tochter ein Grundstück (bzw. einen Grundstücksanteil) zu schenken. Eine solche Absicht wäre mit der Überweisung von 100 000 DM deshalb nicht verwirklicht worden, weil kein konkret abzugrenzender rechtlich selbständiger Grundstücksanteil vorhanden gewesen sei, der wertmäßig - zumindest annähernd - dem Betrag von 100 000 DM entsprochen hätte.

Die Klägerin hat Revision eingelegt und "mangelnde Würdigung des Willens des Schenkers" gerügt. Nach dem Willen des Schenkers habe ein Grundstück bzw. ein Grundstücksanteil durch entsprechend abgesicherte Überweisung eines feststehenden Betrages verschenkt werden sollen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das Finanzgericht hat sich in seinem Urteil auf das Urteil des erkennenden Senates vom 19. August 1959 II 259/57 S (BFHE 69, 420, BStBl III 1959, 417) gestützt und es demgemäß für möglich gehalten, einen Miteigentumsanteil durch Hingabe eines Geldbetrages zu schenken. Nicht frei von Rechtsirrtum sind jedoch die weiteren Ausführungen, wonach der hingegebene Geldbetrag und der geschenkte Gegenstand wirtschaftlich identisch sein müßten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 516 BGB (vgl. z. B. das Urteil vom 3. Dezember 1971 V ZR 134/69, Neue Juristische Wochenschrift 1972 S. 247 - NJW 1972, 247 -), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (vgl. die Urteile vom 7. April 1976 II R 87-89/70, BFHE 119, 300, BStBl II 1976, 632 vom 28. Juli 1976 II R 71/69, BFHE 120, 60, BStBl II 1976 785, und vom 13. April 1977 II R 162/71, BFHE 122, 332 BStBl II 1977, 663) kann, wenn jemand schenkweise einem anderen einen Geldbetrag zum Erwerb eines Grundstücks von einem Dritten gibt, entweder der Geldbetrag oder mittelbar das Grundstück Gegenstand der unent geltlichen Zuwendung sein. Eine (teilweise) mittelbare Schenkung eines Grundstücks ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn nicht die gesamten Anschaffungskosten vom Schenker kommen. Dieser Fall ist nicht anders zu behandeln als der Fall, in dem der Schenker ein eigenes Grundstück zu einem Teil seines Wertes verkauft und im übrigen dem Käufer das Grundstück unentgeltlich zuwendet (gemischte Schenkung). Entgegen der Auffas sung des Finanzgerichts ist es nicht erforderlich, daß entsprechend dem Ausmaß der Schenkung eine reale Teilung des Gegenstandes möglich sein müsse, der nach dem Willen der Beteiligten (teilweise) Gegenstand der Schenkung sein soll.

Ob im Einzelfall ein Geldbetrag oder (auch teilweise das von dem Beschenkten gekaufte Grundstück Gegenstand der Schenkung ist, hängt davon ab, wie der Schenker und der Beschenkte sich über die Schenkung geeinigt haben. Die Klärung dieser Frage ist Gegenstand tatrichterlicher Würdigung (vgl. das Urteil des BGH vom 29. Mai 1952 IV ZR 167/51, NJW 1952, 1171). Diese fehlt bisher. Die nicht spruchreife Sache wird deshalb an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Das Finanzgericht wird unter Berücksichtigung der privatschriftlichen Schenkungsversprechens und der sonstigen Umstände, die für die Schenkung von Bedeutung sind, zu ermitteln haben, worauf sich die Parteien des Schenkungsversprechens mit Rechtsfolgewillen geeinig haben. In diesem Zusammenhang können auch die jeweiligen Interessen des Schenkers und des Beschenkten von Bedeutung sein. Je nachdem, wie die Beteiligten sich über den Gegenstand der Schenkung geeinigt hatten, konnten die zivilrechtlichen Folgen unterschiedlich sein. Dies gilt vor allem für die Fragen der Bewirkung der versprochenen Schenkung und des Gegenstandes eines evtl. Herausgabeanspruches bei einem Widerruf der Schenkung (vgl. das Urteil des Senates vom 7. April 1976 II R 87-89/70, BFHE 119, 300, 305, BStBl II 1976, 632).

 

Fundstellen

Haufe-Index 73027

BStBl II 1979, 201

BFHE 1979, 318

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