Leitsatz (amtlich)

Ein wertzollrechtlich nach § 7 Abs. 2 ZTG 1951 zu berücksichtigender Preisnachlaß kann nur bei solchen Alleinvertretern in Betracht kommen, die die eingeführte Ware als Eigenhändler erwerben.

Wird eine Ware von einem Alleinvertreter der Lieferfirma eingeführt, so rechtfertigt dieser Umstand allein nicht die Annahme, daß dem Alleinvertreter ein bei der Feststellung des Zollwertes zu berücksichtigender Preisnachlaß eingeräumt worden ist.

Erfüllen solche Alleinvertreter beim Vertrieb von eingeführten Markenwaren oder Markenartikeln Garantieleistungsverpflichtungen ihrer Lieferfirma oder betreiben sie typische Markenwerbung, ohne daß ihnen die Aufwendungen für diese Leistungen in irgendeiner Weise besonders vergütet werden, so ist davon auszugehen, daß ihnen ein diesen Aufwendungen entsprechender Preisnachlaß gewährt worden ist, der wertzollrechtlich berücksichtigt werden muß.

 

Normenkette

ZTG § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8/1/2

 

Tatbestand

I. -

Streitig ist der Zollwert von neun kinomatographischen Apparaten mit Zubehör der Tarifnr. 9007-B-4-b Zollsatz 15 %, Ausgleichsteuer 6 % des Wertes, die der Bf. aus dem Zollausland bezogen hat. Sechs von diesen Apparaten ließ der Bf. am 8. Januar 1955 beim Zollamt I Flughafen M., drei davon am 24. August 1955 bei der Zollzweigstelle M.-Hbf.-Güterabfertigung zum freien Verkehr abfertigen.

Das Zollamt Flughafen M. legte der Bemessung des Zollwertes zunächst den von der Herstellerfirma dem Bf. in Rechnung gestellten Preis zugrunde. Nachdem eine beim Bf. durchgeführte Betriebsprüfung zu dem Ergebnis gekommen war, daß dem Bf. als Alleinvertreter der Herstellerfirma in Höhe der von ihm aufgewendeten Werbeauslagen ein außerordentlicher Preisnachlaß gewährt worden sei, teilte die Zollzweigstelle mit Schreiben vom 19. August 1955 dem Bf. mit, daß bei der Zollwertermittlung in Zukunft zum Ausgleich für den ihm gewährten Preisnachlaß ein Zuschlag von 5 % auf den Rechnungspreis der eingeführten Apparate in Ansatz gebracht werde. Unter Berufung auf diese Verfügung setzte das Zollamt Flughafen M. mit Berichtigungsbescheid vom 10. Dezember 1956 den Zollwert für die bei ihm abgefertigten Apparate neu fest und forderte insgesamt 91,95 DM Eingangsabgaben nach.

Die Zollzweigstelle M.-Hbf.-Güterabfertigung hatte bereits in dem Bescheid vom 24. August 1955 den Zollwert auf der Grundlage eines Zuschlags von 5 % zum Rechnungspreis ermittelt und insgesamt 1.372,55 DM Eingangsabgaben von dem Bf. angefordert.

Die Anfechtungen, mit denen sich der Bf. gegen den Zuschlag zum Rechnungspreis wandte und die von der Vorinstanz zu gemeinsamer Entscheidung verbunden wurden, blieben erfolglos. In der Rb. trägt der Bf. vor, daß er kein Alleinvertreter sei, und bestreitet, daß ein außergewöhnlicher Preisnachlaß gewährt worden sei. Die von der Lieferfirma ihm aufgemachten Preise seien freie Wettbewerbspreise, wie sie allen Abnehmern berechnet würden. Die von ihm erbrachten Leistungen für Kundendienst und Werbung seien nur im Interesse seiner eigenen Firma gemacht worden. Die von ihm hergestellten Prospekte zeigten nicht ausschließlich Erzeugnisse der Herstellerfirma, sondern auch in Deutschland hergestellte Waren. Im übrigen hätten persönliche Vorführungen der Apparate nur zum Zweck von Kaufvertragsabschlüssen, Anweisungen und Verkaufsberatungen stattgefunden. Bei den von ihm bewirkten Leistungen könne es sich also nicht um verlagerte Verkaufskosten seiner Lieferfirma handeln. Aber selbst wenn Verkaufskosten verlagert worden seien, erreichten diese nicht die Höhe von 5 %. Im übrigen wendet der Bf. ein, daß der Nachforderungsbescheid des Zollamts Flughafen gegen Treu und Glauben verstoße.

Der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, führte aus, daß jeder Alleinvertreter, der ein Einfuhrgeschäft als Eigenhandelsgeschäft tätige, auf einer bestimmten Handelsstufe stehe. Wertzollrechtlich werde die Handelsstufe anerkannt, die der Alleinvertreter im Absatzweg der Ware einnehme. Bei Ermittlung des normalen Preises sei zu prüfen, ob der dem Alleinvertreter in Rechnung gestellte Preis die einzige Leistung des Alleinvertreters für die gekaufte Ware darstelle oder ob außer dem Rechnungspreis noch zusätzliche Leistungen an bzw. für den Verkäufer erbracht würden, die üblicherweise der Verkäufer selbst zu tragen habe. Dazu gehöre vor allem der Garantiedienst, bestimmte Aufwendungen des Alleinvertreters für Reklame, nämlich die, die sich an den Verwender und Verbraucher der verkauften und zu bewertenden Ware richte. Im Streitfall handle es sich um eine Markenware. Bei dieser sei anerkannt, so führt der Bundesminister der Finanzen unter Berufung auf Mellerowicz, Markenartikel - Die ökonomischen Gesetze ihrer Preisbildung und Preisbindung, München und Berlin 1955 -, aus, daß die Werbung Sache des Herstellers sei. Der einem Alleinvertreter in Rechnung gestellte Preis entspreche nur dann dem Normalpreis, wenn er alle Kosten enthalte, die üblicherweise der Verkäufer selbst trage und in seinen Rechnungspreis einbeziehe. Wenn der Alleinvertreter aber außer der Zahlung des Kaufpreises noch zusätzliche Leistungen erbringe, die üblicherweise vom Verkäufer getragen und von ihm in den Rechnungspreis einbezogen würden, so müsse der Rechnungspreis um diese zusätzlichen Leistungen berichtigt werden, damit er als Normalpreis gelten könne.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat ist im Streitfall auch zur Nachprüfung des Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht berufen (vgl. § 7 Abs. 2 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet der Finanzgerichtsbarkeit vom 22. Oktober 1957, BGBl I S. 1746, BZBl 1957 S. 568, in Verbindung mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs V z 75/54 S vom 25. November 1954, BStBl 1955 III S. 66, BZBl 1955 S. 58, Slg. Bd. 60 S. 173).

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache.

II. -

Die sich aus einem auf der Importeurseite bestehenden Alleinvertreterverhältnis ergebenden wertzollrechtlichen Fragen haben den Bundesfinanzhof bereits in einem amtlich nicht veröffentlichten Urteil des damals für Zölle und Verbrauchsteuern zuständigen V. Senats V z 238/56 vom 2. Mai 1958 beschäftigt (abgedruckt in Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Zollgesetz - ZG - § 53 b Rechtsspruch 1). Dieses Urteil ist Gegenstand zahlreicher Besprechungen geworden (vgl. unter anderem Glättli in "Außenwirtschaftsdienst" des Betriebs-Beraters, Sonderdruck aus Heft 12 vom 30. Dezember 1958 S. 251 ff.; Leibrecht in "Steuer und Wirtschaft" - StuW - 1959 Sp. 267 ff.; Riepl in "Die Wirtschaftsprüfung": "Der Berater der Wirtschaft Jahrgang 12 Nr. 4 vom 15. Februar 1959 S. 97 ff.; Schürmann in "Finanz-Rundschau" 1959 S. 131 ff.; Wetzel in "Der Betrieb" 1959 S. 271). Das Urteil hat eine Reihe von Rechtsgedanken entwickelt, die teilweise auch für den vorliegenden Fall von Bedeutung sind und zu denen daher der erkennende Senat insoweit erneut Stellung zu nehmen hat.

Die wertzollrechtliche Problematik, die sich bei Einfuhren über einen Alleinvertreter ergibt, beruht darauf, daß - je nach der Gestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Verkäufer und dem als Käufer auftretenden Alleinvertreter und besonders unter Berücksichtigung der den Kaufgegenstand bildenden Warenart - sich gewisse Verlagerungen der Vertriebsfunktionen von der Verkäufer- auf die Käuferseite ergeben können, die unter Umständen geeignet sind, die Anerkennung des nicht berichtigten Rechnungspreises als eines freien Wettbewerbspreises im Sinne der wertzollrechtlichen Bestimmungen auszuschließen (ß 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Zolltarifgesetzes - ZTG - 1951, die im Streitfall zur Anwendung kommen; jetzt § 53 Abs. 2 in Verbindung mit § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG in der Fassung des Gesetzes zur änderung des Zollgesetzes, des Zolltarifgesetzes und des Mineralölsteuergesetzes - Drittes Zolländerungsgesetz - vom 9. August 1956, BGBl I S. 735, BZBl 1956 S. 594). Aus diesen Funktionsverlangerungen kann sich eine Preisermäßigung herleiten, die bei der Zollwertermittlung zu berücksichtigen ist. Dem entspricht die besondere Erwähnung dieses Umstandes in § 7 Abs. 2 ZTG 1951, jetzt § 53 b ZG in der obengenannten Fassung, wobei der gleiche Wirtschaftsvorgang im ZTG als "außergewöhnlicher Preisnachlaß", im ZG als "Preisermäßigungen, die nur Alleinvertretern gewährt werden", bezeichnet ist.

Der Bundesfinanzhof hat in dem obengenannten Urteil ausgeführt, daß Alleinvertreter im Sinne der genannten Bestimmungen - bei denen allein die vorstehend umrissenen Folgen eintreten können - Eigenhändler sein müssen, da die Wertzollvorschriften auf den unabhängigen Käufer und den von ihm zu zahlenden Rechnungspreis abstellen, während die lediglich vermittelnden Vertretern gezahlten Provisionen als Teil der Verkaufskosten im engeren Sinne besonders geregelt sind. Dem tritt der erkennende Senat bei.

Der Bundesfinanzhof hat in dem genannten Urteil weiter entschieden, daß das Bestehen eines Alleinvertreterverhältnisses für sich allein keinen Anlaß zur Annahme eines mit dem Normalpreis in Widerspruch stehenden Preisnachlasses bietet. Die auf Grund der besonderen Handelsbeziehung zwischen Verkäufer und Käufer bestehende Verbundenheit und das Vorliegen eines Alleinvertreterverhältnisses schließen die Anerkennung des Kaufpreises als Normalpreis nicht aus. Vielmehr ist - wie auch von dem dem Verfahren beigetretenen Bundesminister der Finanzen anerkannt wird - die der weiteren Absatzkette vorgeschaltete Handelsstufe des Alleinvertreters und die sich daraus ergebende besondere Preisstellung solange wertzollrechtlich anzuerkennen, als nicht Umstände gegeben sind, die diese Preisstellung als eine dem Alleinvertreter gewährte besondere Preisermäßigung erscheinen lassen. Das Vorliegen eines Alleinvertreterverhältnisses kann daher zunächst nur Anlaß für die Zollstellen sein, zu prüfen, ob dadurch eine wertzollrechtlich zu berücksichtigende Beeinflussung des Rechnungspreises eingetreten ist (vgl. Zepf, Wertverzollung, 2. Aufl. Teil II A S. 50, 55). Auch insoweit vertritt der erkennende Senat die gleiche Auffassung.

In den oben aufgeführten Besprechungen des Urteils vom 2. Mai 1958, wie auch in diesem Urteil selbst und in dem darin erwähnten Aufsatz von Schlotterbeck (Zeitschrift der Handelskammer Deutschland-Schweiz 1957 S. 207), sind die beim Alleinvertreterverhältnis möglichen Funktionsverlagerungen (so auch Schlotterbeck, a. a. O.) als "verlagerte Verkaufskosten" angesprochen. Wertzollrechtlich gesehen erscheint dem erkennenden Senat diese Betrachtungsweise insofern irreführend, als nach den Wertzollbestimmungen "Verkaufskosten" diejenigen Kosten sind, die sich auf den Verkauf und auf die Lieferung der Ware bis zum Einfuhrort beziehen, also die das einzelne Geschäft unmittelbar belastenden Vertriebseinzelkosten, wie z. B. Verpackungs-, Versicherungs- und Beförderungskosten, die häufig auch neben dem eigentlichen Warenpreis gesondert ausgewiesen werden und die, sofern sie vom Käufer getragen werden, entsprechend der gesetzlichen Unterstellung dem Verkäufer und damit dem Rechnungspreis zuzurechnen sind (ß 6 Abs. 3 ZTG 1951, jetzt § 53 Abs. 3 Nr. 2 ZG in der obengenannten Fassung). Bei den sogenannten "verlagerten Verkaufskosten" handelt es sich der Sache nach zwar auch um den Preis beeinflussende Kostenbestandteile, jedoch um sogenannte Vertriebsgemeinkosten, wie z. B. Aufwendungen für Werbung oder Garantieleistungen, die normalerweise als Kalkulationselemente des Verkäufers unmittelbar in den Preis eingehen.

Der Absatz einer Ware über einen Alleinvertreter ermöglicht es, solche Funktionen, wie Garantieleistungen und Werbung und die dadurch verursachten Aufwendungen durch den Alleinvertreter bewirken zu lassen, indem ihm für den ihm zugewiesenen Bezirk die Werbung für die eingeführten Waren und die sich aus den Garantieverpflichtungen des Verkäufers ergebenden Ersatz- und Reparaturleistungen als zusätzlich zu erfüllende Gegenleistungen für den Erwerb der Ware vom Verkäufer übertragen werden. Da im kaufmännischen Leben davon ausgegangen werden kann, daß im Verhältnis zweier Vertragspartner keine Leistungsverpflichtung ohne eine entsprechende Gegenleistung eingegangen wird, so ergibt sich für den so kaufenden Alleinvertreter daraus die Folgerung, daß er entweder für diese von ihm verlangten Leistungen eine besondere Entschädigung beansprucht, die auch im Wege der Verrechnung oder in Form zusätzlicher kostenloser Lieferung geleistet werden kann, oder aber, daß er sich durch die - von seinem Standpunkt aus gesehen - zureichend niedrige Festsetzung des ihm vom Verkäufer in Rechnung gestellten Preises für die von ihm verlangten zusätzlichen Leistungen entschädigt betrachtet, indem der den gegebenen Umständen entsprechend aufgemachte, also besonders ermäßigte Rechnungspreis dem Alleinvertreter die Möglichkeit bietet, sich beim Weiterverkauf der Ware für die von ihm verlangten zusätzlichen Leistungen zu erholen. Von der Seite des Verkäufers gesehen stellt in einem solchen Falle der Rechnungspreis denjenigen ermäßigten Preis dar, zu dem der Verkäufer die Ware zu verkaufen nur deshalb bereit ist, weil der Käufer neben der Zahlung des Rechnungspreises zusätzliche Leistungen übernimmt. Hierin liegt der "außergewöhnliche Preisnachlaß" im Sinne von § 7 Abs. 2 ZTG 1951 oder "die Preisermäßigung, die nur Alleinvertretern gewährt wird" im Sinne von § 53 b ZG.

Werden die zusätzlichen Leistungen besonders abgegolten, so ist der Rechnungspreis der Normalpreis (Zollwert). Denn es ist selbstverständlich, daß der Verkäufer nur dann bereit ist, die zusätzlichen Leistungen des Käufers besonders zu honorieren, wenn er dies nicht schon durch Aufmachung eines entsprechend niedrigeren Preises, also durch eine Preisermäßigung getan hat; - anders ausgedrückt -, wenn sein Rechnungspreis den Wert der zusätzlichen Leistungen des Käufers enthielt. Dieser Preis entspricht daher in den Fällen, in denen dem Käufer die zusätzlichen Leistungen besonders erstattet werden, demjenigen Preis, den dieser für die eingeführte Ware ohne die von ihm zusätzlich erbrachten Leistungen zu bezahlen bereit war, also dem freien Wettbewerbspreis zwischen unabhängigen Vertragspartnern, und die Bezahlung dieses Preises stellt solchenfalls daher im wirtschaftlichen Ergebnis wertzollrechtlich gesehen die einzige Leistung des Käufers für den Erwerb der Ware dar. Ist die Zahlung des Rechnungspreises jedoch nicht die einzige Leistung des Käufers, weil die zusätzlichen Leistungen ihm nicht besonders abgegolten werden, dann entspricht der Rechnungspreis nicht der gesetzlichen Definition des Zollwertes (Umkehrschluß aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 ZTG 1951, jetzt § 53 a Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 ZG); er muß vielmehr um den anteiligen Gegenwert der zusätzlichen Leistungen des Käufers berichtigt werden, damit er demjenigen Preis entspricht, der zwischen unabhängigen, d. h. über das konkrete Geschäft hinaus nicht gebundenen Vertragsparteien erzielt werden kann. Denn der Rechnungspreis und der anteilige Gegenwert für die zusätzlichen Leistungen machen in diesem Falle zusammen den tatsächlich vom Verkäufer erzielten Gegenwert der Ware und damit den "erzielbaren Preis" im Sinne der Wertzollbestimmungen aus, zu dem der Verkäufer die Ware zu verkaufen bereit war. Nur durch eine solche Berichtigung des Rechnungspreises wird erreicht, daß im Sinne der Zollwertnorm gleichgelagerte Fälle, die sich nur nach außen in der Preisgestaltung unterscheiden - einmal Einbeziehung des Wertes der dem Alleinvertreter übertragenen Funktionen in den Verkaufspreis und nachträgliche Erstattung der aufgewendeten Beträge oder aber von vornherein ermäßigter Verkaufspreis im Hinblick auf die zusätzlichen Leistungen des Alleinvertreters -, bei der Ermittlung des Zollwertes gleichmäßig behandelt werden.

Der Senat steht daher auf dem Standpunkt, daß das hier anstehende wertzollrechtliche Problem nicht eine Frage der Verkaufskosten im Sinne des § 6 Abs. 3 ZTG 1951, jetzt § 53 Abs. 3 Nr. 2 ZG, sondern eine solche des freien Wettbewerbspreises im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 ZTG 1951, jetzt § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG, ist. Dies entspricht auch der zutreffenden Ansicht, daß der Normalpreis kein Kostenpreis, sondern ein Wettbewerbspreis ist. Im Hinblick darauf kommt es nach Ansicht des erkennenden Senats im Einzelfall auch nicht immer darauf an, ob - wie es das obenangeführte Urteil vom 2. Mai 1958 unter dem Gesichtspunkt verlagerter Kosten für erforderlich hält - aus dem Alleinvertretervertrag oder sonstigen Vereinbarungen die Höhe der Preisermäßigung ohne weiteres hervorgeht.

Soweit im Einzelfall auf Grund der Geschäftsunterlagen eindeutig feststeht, daß der Alleinvertreter neben der Zahlung des Rechnungspreises sich zu ganz bestimmten, nicht besonders abgegoltenen zusätzlichen Leistungen verpflichtet hat, ohne deren Erbringung der Erwerb der Ware für ihn nicht möglich gewesen wäre, ist der Rechnungspreis um den anteiligen Gegenwert dieser Leistung zu berichtigen. Insofern stellt sich die Rechtslage, auch im Falle des Alleinvertreters, nicht anders dar, als überall dort, wo die Zahlung des Rechnungspreises nicht die einzige Leistung des Käufers ist. Daß dabei die Höhe des anteiligen Gegenwertes unter Umständen nach § 217 der Reichsabgabenordnung (AO) griffweise geschätzt werden muß, stellt keine Besonderheit gegenüber anderen Steuerermittlungsverfahren dar.

Zu prüfen bleibt jedoch, weil auch für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung, ob es im Rahmen der aufgezeigten wertzollrechtlichen Problematik Fälle geben kann, in denen zwar nicht wegen des gegebenen Alleinvertreterverhältnisses allein, wohl aber mit Rücksicht auf gewisse Besonderheiten der Ware und ihres Vertriebs aus einer hinzukommenden - und von den Zollstellen festgestellten - Funktionsübernahme im oben dargelegten Sinne durch den Alleinvertreter auf eine Preisermäßigung geschlossen werden kann, die bei der Feststellung des Zollwertes berücksichtigt werden muß, ohne daß diese Ermäßigung im Alleinvertretervertrag oder in den sonstigen Geschäftsunterlagen im einzelnen festgelegt zu sein braucht. Die Zollverwaltung vertritt nach Ansicht des erkennenden Senats diesen Standpunkt mit Recht bei der Einfuhr von sogenannten Markenwaren und Markenartikeln über Alleinvertreter. Unter "Markenwaren" werden alle durch ein Markenzeichen geschützten Waren verstanden, während bei "Markenartikeln" noch besondere Merkmale der Ware und ihres Vertriebes hinzukommen müssen (vgl. z. B. Mellerowicz, Markenartikel - Die ökonomischen Gesetze ihrer Preisbildung und Preisbindung, a. a. O.; Etmer, Die besonderen Risiken der Markenartikelindustrie - München 1958, und die dort gegebene übersicht II). Die Abgrenzung in der einschlägigen Literatur ist nicht eindeutig. Für die hier interessierende Frage kommt es jedoch nach Ansicht des erkennenden Senats auf die Abgrenzungsunterschiede nicht an. Sowohl bei Markenwaren wie auch bei Markenartikeln tritt der Hersteller oder Markeninhaber - aufbauend auf einer stets gleichbleibenden oder sich bessernden Qualität der Ware - aus der sonst üblichen Anonymität mit seinem Namen oder seiner Marke heraus, übernimmt - dem Wesen der Marke entsprechend - die Qualitätsgarantie, die ihren Ausdruck häufig in einem die Ware bis zum Endabnehmer begleitenden Garantieschein findet und - wenn es die Warenart erfordert - einen entsprechenden Wartungs- und Garantieleistungsdienst zur Folge hat, und betreibt schließlich Werbung für die Marke, mit der er entweder den Endabnehmer unmittelbar anspricht oder aber sich an einen Personenkreis wendet, der - ohne selbst in den handelsmäßigen Absatzweg eingeschaltet zu sein - den Vertrieb der Markenerzeugnisse mittelbar fördert. Das Wesen der Marke, ihr Inhalt und Zweck, bedingen diese dem Vertrieb anonymer Waren fremde, für den Markenwarenvertrieb aber typische Ausgliederung der beiden Vertriebsfunktionen der Garantieleistung und der besonderen Markenwerbung aus den sonst dem Zwischenhandel als selbständige Funktionen zukommenden Vertriebstätigkeiten (vgl. hierzu auch Seyffert, Wirtschaftslehre des Handels, 2. Aufl., 1955 S. 334). Erzeugung und Vertrieb von Markenwaren durch einen Hersteller oder der Vertrieb von Markenwaren durch den Markeninhaber unter seiner Marke haben für beide nur einen Sinn, wenn sie für den Absatz der nach außen als ihre Ware gekennzeichneten Erzeugnisse sich selbst einen entsprechenden Markt schaffen. Eben aus diesem Bestreben heraus, den eigenen Markt weitgehend vom Zwischenhandel unabhängig zu machen, ist das Markenwesen überhaupt entstanden, worauf der Bundesminister der Finanzen mit Recht hingewiesen hat. Während beim Vertrieb anonymer Waren jeder in die Absatzkette eingeschaltete Händler bemüht ist, seine Zulieferer nicht preiszugeben, also die von ihm gehandelten Waren als die seinen abzusetzen, selbst also für deren Qualität einzutreten und für den Absatz seiner Waren und damit für sein eigenes Unternehmen zu werben, reichen Händler mit Markenwaren ein fremdes Garantieversprechen, nämlich das des Herstellers oder Markeninhabers, weiter und werben, soweit sie Markenwerbung betreiben, primär für den Markt der Markenware und damit für den des Herstellers oder Markeninhabers.

Die Markenwerbungsfunktion ist ihrem Inhalt nach so stark objektiviert, d. h. allein auf den Markengegenstand bezogen, und in der Methode so sehr "entpersönlicht", daß sie von beliebigen, ja sogar von solchen Unternehmen betrieben werden kann, die in den Absatzweg der Ware und damit in die eigentlichen Handelsfunktionen gar nicht eingeschaltet sind, wie z. B. Werbeinstitute u. ä. Dabei bleibt die Wirkung der Markenwerbung jedoch stets die gleiche, nämlich Erweiterung oder Behauptung des Marktes für den Markengegenstand und damit für den Hersteller oder Markeninhaber. Dies zeigt sich z. B. deutlich beim Ausscheiden eines im Absatzweg einer Markenware tätigen Händlers aus der Vertriebskette. Der durch sein vorausgegangenes Bemühen auf dem Gebiet der Markenwerbung erzielte Erfolg bleibt als Markterweiterung oder -behauptung für die Markenware und somit für den Markt des Herstellers oder Markeninhabers erhalten. Der Händler hat insoweit eben Absatzfunktionen des Herstellers oder Markeninhabers übernommen, ohne die für diese der Vertrieb ihrer Ware als Markenware sinnlos wäre. Es ist einleuchtend, daß zum normalen Preis solcher Waren der wirtschaftliche Gegenwert dieser Garantie- und Werbefunktionsausübung gehören muß ohne Rücksicht darauf, ob der Hersteller oder Markeninhaber diese Funktionen unmittelbar selbst ausübt oder durch andere ausüben läßt, die insoweit seine Funktionen übernehmen.

Es ist daher nicht zutreffend, wenn demgegenüber eingewendet wird, mit dieser Auffassung werde den im Einzelfall unter Umständen abweichenden Handelsumständen nicht Rechnung getragen bzw. die Vertragsfreiheit nicht anerkannt. Der Senat hat bereits früher entschieden, daß Handelsumstände des einzelnen Geschäfts nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie nicht der dem Normalpreis zugrunde liegenden Norm widersprechen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VII 102, 114, 115/58 S vom 25. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 183, BZBl 1959 S. 236, Slg. Bd. 68 S. 483). Auch die Vertragsfreiheit der Parteien wird nicht berührt. Es bleibt dem Verkäufer der Markenerzeugnisse unbenommen, seine Garantieleistungsverpflichtungen und die Markenwerbung dem Alleinvertreter zu überlassen. Der von ihm auf dieser Grundlage erstellte Rechnungspreis kann jedoch wertzollrechtlich nicht als Normalpreis anerkannt werden, weil die Zahlung dieses Preises nicht die einzige Leistung des Käufers für den Erwerb der Ware ist.

In dem bereits mehrmals erwähnten Urteil vom 2. Mai 1958 ist zur Abgrenzung derjenigen, damals als "verlagerte Verkaufskosten" angesprochenen Vertriebsfunktionen, die der Verkäuferseite zuzurechnen sind, als Kriterium aufgestellt, daß es sich um "Kosten" handeln müsse, die ausschließlich im Interesse des Verkäufers aufgewendet worden seien. In den Urteilsbesprechungen ist dies zum Teil dahin verstanden worden, daß es sich dabei um das alleinige wirtschaftliche Interesse des Verkäufers handeln müsse und daß daher Aufwendungen des Alleinvertreters für Werbung nur in besonderen Ausnahmefällen dem Verkäufer zugerechnet werden könnten, weil sie fast stets auch dem wirtschaftlichen Interesse des als Eigenhändler tätigen Alleinvertreters durch Steigerung seines Absatzes zugute kämen.

Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß die Ausführungen des genannten Urteils nicht so zu verstehen sind. Sie sollten, wie aus ihrem Zusammenhang ersichtlich ist, der bereits erwähnten Abgrenzung dienen, d. h. der Abgrenzung derjenigen Vertriebsfunktionen auf dem Gebiete der Werbung, die sonst der Zwischenhandel als eine selbständige Aufgabe übernimmt, gegenüber denjenigen, die - wie z. B. im Rahmen der besonderen Vertriebsformen von Markenwaren und Markenartikeln - vom Erstverkäufer (Hersteller oder Markeninhabers) ausgeübt werden. Die Ausführungen des Urteils wären aber bei der obenerwähnten Auslegung zu einer solchen Abgrenzung ungeeignet. Denn jede Werbung - einerlei von wem sie betrieben wird - dient zwangsläufig dem wirtschaftlichen Interesse aller an ihrem Absatz beteiligten Wirtschaftskreise, beginnend beim Hersteller. Der Senat ist daher der überzeugung, die Ausführungen des Urteils seien vielmehr dahin zu verstehen, daß es darauf ankomme, für wen oder was ausschließlich oder - wie es im folgenden Satz des Urteils einschränkend heißt - überwiegend geworben wird. Es kommt also auf den Inhalt der Werbung an. Wird z. B. eine dem Markenwarenvertrieb eigentümliche Werbung für die Marke durch den Alleinvertreter betrieben, läßt er also etwa einen ihm vom Markeninhaber zur Verfügung gestellten Film, in dem für das Markenerzeugnis geworben wird, in den Kinos seines Bezirks vorführen oder läßt er Plakate, die allein den Markengegenstand anpreisen, drucken und an geeigneten Orten anschlagen, so übt er insoweit im Vertriebssystem dieser Waren Funktionen des Erstverkäufers (Herstellers oder Markeninhabers) aus.

Erfüllen daher Alleinvertreter die Garantieversprechen des Herstellers oder Markeninhabers aus eigenen Mitteln oder betreiben sie auf ihre Kosten typische Markenwerbung, so übernehmen sie damit neben der Zahlung des Preises für die eingeführten Waren funktionelle Leistungen, die dem Hersteller oder Markeninhaber zukommen und deren Wirkung auch ganz überwiegend diesen bei der Erschließung oder Erhaltung des Marktes für ihre Markenwaren oder Markenartikel zugute kommt, und zwar - worauf schon hingewiesen ist - selbst dann noch, wenn der Alleinvertreter aus der Absatzkette ausscheidet und ein anderer an seine Stelle tritt. Es würde jeder Lebenserfahrung und wirtschaftlichen Vernunft widersprechen, anzunehmen, daß solche Funktionsübernahmen ohne irgendeine Gegenleistung seitens des Erstverkäufers geschehen. Ist bei einer derartigen Sachlage also nicht feststellbar, daß diese zusätzlichen Leistungen des Alleinvertreters seitens des Verkäufers auf irgendeine Weise besonders abgegolten werden, so ist davon auszugehen, daß der Rechnungspreis für die eingeführten Waren eine dem Gegenwert der durch den Alleinvertreter übernommenen Vertriebsfunktionen entsprechende Preisermäßigung enthält. Besonders deutlich wird dies vor allem dann, wenn - was sehr häufig, wenn auch nicht immer der Fall ist - der Vertrieb der Markenartikel oder Markenwaren mit einer sogenannten vertikalen Preisbindung verbunden ist, der Alleinvertreter die von ihm erworbenen Waren also nur zu vom Verkäufer festgesetzten sogenannten Listenpreisen weiterveräußern darf und mithin jede zusätzlich von ihm erbrachte Leistung unmittelbar zu Lasten seiner Gewinnspanne gehen würde. Doch müssen die Erwägungen auch für die Fälle gelten, in denen eine solche Preisbindung nicht gegeben ist. Denn auch bei ihnen würde sich die entschädigungslose Funktionsübernahme für den Alleinvertreter immer mindestens als eine entsprechende Gewinnschmälerung auswirken.

Greift der Alleinvertreter eine solche mit der Lebenserfahrung und den Gesetzen wirtschaftlicher Vernunft in Einklang stehende Feststellung der Zollstellen mit der Behauptung an, daß ihm entgegen der Feststellung der Verwaltung seine zusätzlichen Leistungen auf andere Weise als durch Preisermäßigung abgegolten worden seien, so genügt diese Behauptung allein nicht, um die in dieser Tatsachenfeststellung enthaltene Tatsachenwürdigung der Verwaltung etwa mit dem Hinweis auf die vielfach behauptete "Beweislast" der Zollstellen zu entkräften. Eine solche einseitige Beweislast kennt das Steuerverfahren nicht. Das geht eindeutig aus § 171 Abs. 1 AO hervor (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs V z 183/54 S vom 7. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 75, Slg. Bd. 62 S. 201). Es gehört also in den Rahmen der dem Steuerpflichtigen zumutbaren Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung der Besteuerungsgrundlagen, daß z. B. der Alleinvertreter in dem oben angenommenen Fall diejenigen Tatsachen, durch die nach seiner Meinung die Feststellungen der Verwaltung entkräftet werden, dieser durch Beibringung entsprechender Unterlagen dartut. Die bloße Behauptung, daß solche Tatsachen gegeben seien, genügt nicht. Dies ist von besonderer Bedeutung gerade in den Fällen, in denen sich die Tatsachenermittlung auf Vorgänge des grenzüberschreitenden Warenverkehrs erstreckt und in denen die Aufklärungsmöglichkeiten der Zollverwaltung, soweit nicht Zollkartelle bestehen, an der Hoheitsgrenze enden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409518

BStBl III 1959, 495

BFHE 1960, 630

BFHE 69, 630

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