Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Ausbildungskosten für den Sohn aus betrieblichem Interesse

 

Leitsatz (NV)

Übernimmt ein Vater Ausbildungskosten für seinen Sohn im betrieblichen Interesse, können diese jedenfalls dann nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn der Sohn nicht durch eine Rückzahlungsklausel an den Betrieb gebunden wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Elektromeister und Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebes; ferner betreibt er ein Einzelhandelsgeschäft mit Rundfunk- und Fernsehgeräten einschließlich Kundendienst. Seine beiden ältesten Söhne A und B waren in seinem Betrieb als Gesellen beschäftigt. Der im Jahre 1957 geborene Sohn B besuchte ab dem 1. August 1986 die Meisterschule. Die Kosten hierfür machte der Kläger nicht als Betriebsausgaben geltend. Der jüngste Sohn C, geb. 1963, hat eine Lehre als Rundfunk- und Fernsehtechniker absolviert. Er besuchte in den Streitjahren 1985 und 1986 die Meisterschule. Am 1. April 1986 trat er als Rundfunk- und Fernsehtechniker-Meister in den Betrieb des Klägers ein. Der Kläger beantragte, die Kosten für den Besuch der Meisterschule in Höhe von 10 491 DM (1985) und 1 086 DM (1986) zum Abzug als Betriebsausgaben zuzulassen.

Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben an. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Mit der Klage trug der Kläger vor: Innung und Handwerkskammer hätten darauf gedrungen, daß für die Aufrechterhaltung des Betriebes zur Durchführung von Reparaturen ein Meister beschäftigt werde. Dies schreibe die Handwerksordnung vor. Er habe die Ausbildungskosten für den Sohn C aufgrund betrieblicher Notwendigkeit übernommen, um den Rundfunk- und Fernsehhandel weiterführen zu können. Daß dies nicht privat veranlaßt gewesen sei, sei daraus ersichtlich, daß er die Kosten für die Meisterprüfung seines Sohnes B, der im Betrieb als Elektroinstallateur gearbeitet habe, nicht übernommen habe. Die Übernahme der Kosten sei an die Bedingung geknüpft gewesen, daß der Sohn nach Ablegen der Meisterprüfung im Betrieb mitarbeite und für Schäden einzustehen habe, die dem Betrieb durch eventuellen Vertragsbruch entstünden.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage in diesem im Revisionsverfahren einzig noch streitigen Punkte stattgegeben. Die Kosten für den Besuch der Meisterschule seien betrieblich veranlaßt. Nach §§ 1, 7 i. V. m. § 46 der Handwerksordnung und der Anlage A Nr. 39 (BGBl I 1966, 1) sei ein Betrieb für die Reparatur von Rundfunk- und Fernsehgeräten von einem Radio- und Fernsehtechniker-Meister zu führen. Diese Quali fikation hätten weder der Kläger noch die anderen in seinem Betrieb tätigen Söhne. Deswegen sei lediglich notwendig gewesen, einen Radio- und Fernsehtechniker- Meister zu beschäftigen. Bei dieser Sachlage habe es sich geradezu angeboten, einem Familienangehörigen, der das entsprechende Handwerk in einem anderen Betrieb erlernt hatte, die Möglichkeit zum Ablegen der Meisterprüfung zu geben und ihm die Betriebsleitung zu übertragen, wie dies ab April 1986 geschehen sei. Von einem Familienangehörigen habe von vornherein erwartet werden können, daß er auf Dauer als Meister im Betrieb zur Verfügung stehen und in dem Betrieb einen besonderen, über die arbeitsvertraglichen Pflichten hinausgehenden Einsatz zeigen werde. Den vom FA angeführten Urteilen des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Dezember 1990 III R 92/88 (BFHE 163, 190, BStBl II 1991, 305) und vom 10. Mai 1966 I 290/63 (BFHE 86, 297, BStBl III 1966, 490) hätten andere Sachverhalte zugrunde gelegen. Bei der Struktur des vom Kläger geführten Betriebes wäre es schwerlich möglich gewesen, einen fremden Meister zu dem mit dem Sohn C vereinbarten Monatsgehalt von 2 100 DM brutto zu beschäftigen. Hiernach sei der Schluß gerechtfertigt, daß die betriebliche Veranlassung für die Übernahme der Kosten "familiäre Beweggründe einer weiteren Qualifizierung gerade des Sohnes C (im Verhältnis zu seinen Brüdern) entscheidend überwöge".

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er trägt vor: Angesichts der damaligen Vollbeschäftigung sei es seinerzeit fast unmöglich gewesen, einen Meister des Radio- und Fernsehtechniker-Handwerks zu finden und zu beschäftigen. Der Sohn C habe im Jahre 1985 die Meisterprüfung ablegen wollen, sei aber zur Prüfung nicht zugelassen worden, weil ihm die vorgeschriebenen Gesellenjahre gefehlt hätten. Aus diesem Grunde habe das Arbeitsamt ihm eine entsprechende finanzielle Förderung versagt; auch insofern wäre der Nachweis von vier Gesellenjahren erforderlich gewesen. Diese Zeit habe dem Betrieb nicht zur Verfügung gestanden. Ihm, dem Kläger, sei es aber möglich gewesen, den Sohn zu einem Meisterkursus und zur Prüfung anzumelden. Er sei bereit gewesen, die Kosten für die vorzeitige Meisterprüfung zu übernehmen. Gleichzeitig habe er sich die besonders hohen Fachkenntnisse seines Sohnes für den Betrieb sichern können.

 

Entscheidungsgründe

1. Das Revisionsverfahren ist, soweit es die Umsatzsteuer betrifft, abzutrennen und an den hierfür zuständigen V. Senat des BFH abzugeben. In dieser Hinsicht sind nicht nur Rechtsfragen streitig, die für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer einheitlich zu entscheiden sind (vgl. dazu Geschäftsverteilungsplan BFH 1994 Ergänzende Regelungen I. 3. und 4.). Nach der Rechtsprechung des BFH zur Auslegung des Umsatzsteuergesetzes (UStG) enthält dieses kein dem § 12 Nr. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprechendes Abzugs- und Aufteilungsverbot (BFH-Urteile vom 12. Dezember 1985 V R 25/78, BFHE 145, 255, 257, BStBl II 1986, 216; vom 30. April 1987 V R 154/78, BFHE 150, 178, 182 f., BStBl II 1987, 688; vgl. dazu Wagner, Umsatzsteuer- Rundschau 1990, 40).

2. Hinsichtlich der Einkommensteuer ist die Revision begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Aufwendungen sind nur dann als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger für die Ausbildung sowie für die berufliche Fortbildung seiner Kinder macht, gehören in der Regel zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Kosten der Lebenshaltung (BFH-Urteil in BFHE 86, 297, BStBl III 1966, 490, m. w. N.) Selbst wenn diese Aufwendungen "zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen" (§ 12 Nr. 1 EStG) und damit zu den sog. gemischten Aufwendungen gehören, können sie wegen des hierfür bestehenden Aufteilungs- und Abzugsverbots (BFH-Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) weder ganz noch teilweise bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden. Etwas anderes kann nach dem BFH-Urteil in BFHE 163, 190, 193 f., BStBl II 1991, 305 dann gelten, wenn die Ausbildungs kosten nachweisbar vollständig oder ganz überwiegend betrieblich veranlaßt sind.

Es gibt typische Interessenlagen, welche die Annahme eines betrieblichen Interesses nahelegen. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, daß in Anbetracht der Abmahnungen durch die Handwerksinnung es für den Betrieb erforderlich gewesen sei, einen Meister des Rundfunk- und Fernsehtechniker-Handwerks zu beschäftigen, um die entsprechende Sparte des Betriebes fortführen zu können. Dies entbindet freilich nicht von der Notwendigkeit, die Übernahme der Kosten am Maßstab des Fremdvergleichs zu prüfen. Das Urteil in BFHE 163, 190, 193 f., BStBl II 1991, 305 weist darauf hin, daß üblicherweise anläßlich einer betrieblichen Übernahme von Kosten für die Aus- und Fortbildung von Arbeitnehmern diese sich verpflichten, für eine gewisse Zeit nach Ende der Fortbildung im Betrieb zu bleiben. Halte der Arbeitnehmer in solchen Fällen die Bindungsfristen nicht ein, so sei er im allgemeinen zur -- vollständigen oder teilweisen -- Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. Solche Rückzahlungsklauseln würden von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs als grundsätzlich zulässig angesehen.

Vereinbarungen über die Übernahme von Ausbildungskosten können grundsätzlich auch zwischen Eltern und Kinder getroffen werden. Sollen allerdings die entsprechenden Aufwendungen der Eltern als Betriebsausgaben abziehbar sein, so müssen die diesbezüglichen Vereinbarungen nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen über Verträge zwischen nahen Angehörigen klar und eindeutig getroffen werden und nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Insbesondere muß nachgewiesen werden, daß der Betriebsinhaber derartige Aufwendungen auch für einen fremden Arbeitnehmer gemacht hätte. Das Urteil des III. Senats des BFH in BFHE 163, 190, 194, BStBl II 1991, 305 führt zur praktischen Durchführung des Fremdvergleichs aus: Falls im eigenen Betrieb keine derartige Möglichkeit bestehe, müsse auf die Üblichkeit solcher Abreden in anderen -- nach Größe und Branche vergleichbaren -- Betrieben abgestellt werden. Hierbei müsse der Steuerpflichtige an der Ermittlung des Sachverhalts in der Weise mitwirken (§ 90 Abs. 1 der Abgabenordnung -- AO 1977 --), daß er die ihm bekannten Parallelfälle an gebe oder sich bei den für seinen Betrieb einschlägigen Berufs- oder Interessenverbänden um die Benennung von Vergleichsfällen bemühe (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 1989 III R 154/86, BFHE 157, 172, 176).

Das angefochtene Urteil entspricht nicht diesen Grundsätzen. Zwar ist dem Kläger einzuräumen, daß die Beschäftigung eines Meisters speziell der Rundfunk- und Fernsehtechnik notwendig war, wenn er diese Sparte fortführen wollte. Indes fällt hier ins Gewicht, daß er ein familiär bedingtes Interesse an der Ausbildung seines Sohnes hatte. Ein vergleichbarer Betrieb hätte die Kosten für die Ausbildung eines familienfremden Gesellen zum Meister nicht übernommen, ohne diesen durch eine Rückzahlungsklausel an den Betrieb zu binden. Entsprechende schriftliche Vereinbarungen hierüber hat der Kläger nicht vorgelegt, sondern lediglich einen nicht datierten Arbeitsvertrag. Dieser enthält in § 5 die formularmäßige Klausel, daß der Arbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er die Arbeit nicht antritt. Dies ist keine Rückzahlungsklausel im vorstehend erwähnten Sinne. Auf die Frage, ob die Übernahme solcher Kosten überhaupt üblich ist, kommt es nicht mehr an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65106

BFH/NV 1995, 671

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