Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung zur Änderung eines Steuerbescheids zuungunsten des Steuerpflichtigen

 

Leitsatz (NV)

1. Erklärt ein Steuerberater im Anschluß an eine Außenprüfung sein Einverständnis mit einer vom FA in der Schlußbesprechung vorgeschlagenen steuerlichen Behandlung bestimmter Einkünfte des Steuerpflichtigen, so kann diese Erklärung als Zustimmung zu einer Änderung von Steuerbescheiden zuungunsten des Steuerpflichtigen i. S. von § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung beurteilt werden.

2. Schuldzinsen sind nicht als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar, wenn sie zwar objektiv mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung zusammenhängen, subjektiv aber vorwiegend zur Ausnutzung von nicht steuerbaren Wertsteigerungen im Vermögen geleistet werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr 1977 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.

Die Kläger hatten erstmals für das Jahr 1973 Einkünfte aus der Verpachtung eines unbebauten Grundstücks in Z in Höhe von ./. 35 759 DM erklärt, die sich aus dem Überschuß der Werbungskosten (Zinsen und Geldbeschaffungskosten für die Finanzierung des Kaufpreises) über die Pachteinnahmen ergeben hatten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hatte die Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 1973 antragsgemäß durchgeführt.

Auch bei den Veranlagungen für die folgenden Jahre 1974 bis 1976 hatte das FA die in etwa gleicher Höhe erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung antragsgemäß berücksichtigt. Nach Lage der Akten war dem FA seit der Veranlagung zur Einkommensteuer 1973 bekannt, daß das Grundstück von der Klägerin in der Absicht erworben worden war, es zu parzellieren und für den Bau von Einfamilienhäusern zu verkaufen.

Für das Streitjahr gaben die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers als Geschäftsführer der S-GmbH in Höhe von . . . DM und der Klägerin als Buchhalterin der S-GmbH in Höhe von . . . DM sowie einen Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 30 381 DM an. In diesen Einkünften waren Einnahmen aus der Verpachtung eines unbebauten Grundstücks von 200 DM und Werbungskosten in Höhe von 32 213 DM enthalten. Durch Verfügung vom 20. November 1978 forderte das FA die Kläger auf, die geltend gemachten Schuldzinsen und die Höhe der Pachteinnahmen nachzuweisen. Außerdem wurden die Kläger gebeten mitzuteilen, welche Grundstücke sich am 1. Januar 1977 in ihrem Besitz befunden hätten und welche in 1977 verkauft oder erworben wurden. Die Fragen nach dem Grundbesitz der Kläger wurden ausweislich der Akten nicht beantwortet. Dagegen wurden die erbetenen Belege vorgelegt.

Das FA führte die Veranlagung zur Einkommensteuer 1977 entsprechend den Angaben in der Erklärung durch. Der Einkommensteuerbescheid vom 5. März 1979, in dem das zu versteuernde Einkommen der Kläger auf . . . DM festgesetzt wurde, erging endgültig.

Anfang 1982 fand eine Außenprüfung bei der S-GmbH statt, deren alleinige Gesellschafter die Kläger sind. Zugleich wurde eine Außenprüfung durch das FA bei den Klägern durchgeführt, die die Jahre 1975 bis 1980 umfaßte.

Die Schlußbesprechung über die Ergebnisse beider Außenprüfungen fand am selben Tage (18. Februar 1982) statt. Ausweislich des Prüfungsberichts vom 1. März 1982 waren das FA und die Kläger u. a. darüber einig, daß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Zinsen und Kosten für ein als Vermögensanlage dienendes Grundstück ,,M-Straße" nur bis zur Höhe der Einnahmen aus einer Zwischennutzung abziehbar, darüber hinaus aber nicht bei der Einkommensteuerveranlagung 1977 zu berücksichtigen seien und diese Einkünfte auf 1 582 DM festzusetzen seien. Das FA erließ einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. In dem gemäß § 173 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid vom 30. September 1982 setzte es die Einkommensteuer nach einem zu versteuernden Einkommen von . . . DM auf . . . DM fest.

Der Einspruch, den die Kläger nicht begründeten, hatte keinen Erfolg.

Mit ihrer Klage gegen die Einspruchsentscheidung begehrten die Kläger, die Einkommensteuer 1977 auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens von . . . DM festzusetzen.

Während des Klageverfahrens legten die Kläger Kopien eines mit der S-GmbH abgeschlossenen Kaufvertrages vom 24. September 1975 und eines weiteren Kaufvertrages vom 11. November 1976 vor. Durch den Vertrag vom 24. September 1975 veräußerte die Klägerin ein Teilstück ihres unbebauten Grundstücks in Z an die S-GmbH. Als Tag des wirtschaftlichen Übergangs war der 1. Oktober 1975 bestimmt. Hinsichtlich der Zahlung des Kaufpreises war folgendes vereinbart: In Höhe von . . . DM und . . . DM sollte die S-GmbH unter Anrechnung auf den Kaufpreis Grundschulden übernehmen. Die S-GmbH verpflichtete sich ferner, das Grundstück zu parzellieren und nach Verkauf jedes Bauplatzes einen Betrag von 75 DM / qm an die Klägerin zu zahlen; ein Mehr- oder Minderpreis sollte nach dem Verkauf des letzten Bauplatzes mit ihr verrechnet werden. Durch den Vertrag vom 11. November 1976 veräußerte die Klägerin ein weiteres Teilstück des Grundstücks in Z an die S-GmbH. Der Kaufpreis war nach Weiterveräußerung des Grundstücks an die Klägerin zu entrichten. In diesem Vertrag ist ferner vereinbart, daß der gesamte Kaufpreis, der sich aus beiden Verträgen ergibt, ab dem 24. September 1975 mit 7 v. H. jährlich zu verzinsen ist. Die Zinsen sind mit dem Kaufpreis zu entrichten.

Die Klägerin hat durch weitere, später abgeschlossene Verträge weitere Teilstücke des Grundstücks in Z an die S-GmbH zu ähnlichen Bedingungen veräußert.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das FG sei bei der Würdigung der Zeugenaussagen zu Unrecht zu dem Ergebnis gekommen, daß der Berater der Kläger die Zustimmung zu einer Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids 1977 erteilt habe. Tatsächlich sei eine derartige Erklärung weder von den Klägern noch von ihrem Berater abgegeben worden.

Die Änderung des Einkommensteuerbescheids habe deshalb nicht auf § 172 AO 1977 gestützt werden können.

Das angefochtene Urteil sei auch deshalb aufzuheben, weil das FG zu Unrecht angenommen habe, daß es an einem wirtschaftlichen Zusammenhang der streitigen Zinsaufwendungen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen fehle.

Hinter der Feststellung des FG, die Kaufpreisforderung sei ,,im wirtschaftlichen Ergebnis unverzinslich" gewesen, stehe die Tatsache, daß zwar eine Verzinsung der Forderung vereinbart, die Zinsen jedoch bis zur Weiterveräußerung der Grundstücke gestundet worden seien. Die geschuldeten Zinsen seien bei der S-GmbH auch (mit Zustimmung des Betriebsprüfers) passiviert worden. Wegen der wirtschaftlichen Situation der S-GmbH habe die Klägerin zum 31. Dezember 1978 auf ihre Zinsforderung verzichtet. Dieser Zinsverzicht sei von der Außenprüfung als verdeckte Einlage gewürdigt worden. Es treffe deshalb nicht zu, daß die Forderung im Ergebnis unverzinslich gewesen sei.

Seit der Veräußerung der Grundstücke an die S-GmbH habe die Klägerin eine verzinsliche Forderung gegen die S-GmbH. Das von ihr aufgenommene Darlehen diene nunmehr zur Finanzierung des mit 7 v. H. verzinslichen Kredits, den sie der S-GmbH eingeräumt habe. Diese Zinserträge seien den Kapitaleinkünften zuzuordnen. Die von der Klägerin im Streitjahr gezahlten Darlehenszinsen und Grundstücksnebenkosten seien als Werbungskosten bei dieser Einkunftsart anzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Das FG hat ohne Rechtsfehler entschieden, daß das FA den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1977 nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 ändern durfte.

Nach dieser Vorschrift kann ein bestandskräftiger Steuerbescheid zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn der Steuerpflichtige der Änderung zustimmt. Zustimmung ist die Erklärung des Einverständnisses mit der Aufhebung oder mit einer bestimmten Änderung des Bescheids (Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 172 AO 1977 Tz. 9). Sie bedarf keiner bestimmten Form. Die Zustimmung kann auch konkludent erteilt werden.

Wird die Zustimmung erkennbar unter dem Vorbehalt einer späteren Anfech tung des Änderungsbescheides erteilt, so liegen die Voraussetzungen für den Erlaß eines verbösernden Änderungsbescheides nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 nicht vor (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. November 1988 II R 241/84, BFHE 155, 245, BStBl II 1989, 370).

Das FG hat aufgrund einer eingehenden Beweisaufnahme festgestellt, daß die Kläger zwar noch nicht im Rahmen der Schlußbesprechung, wohl aber einige Tage später telefonisch durch Steuerberater A gegenüber dem Betriebsprüfer B ihr Einverständnis mit einem Vorschlag des FA, der u. a. die steuerliche Behandlung der streitigen Schuldzinsen betraf, erklärt haben. Zwar habe Steuerberater A nur geäußert, der Prüfungsbericht könne im Sinne der Prüfungsergebnisse des FA gefertigt werden. Diese Erklärung sei aber unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Streitfalls zugleich als Zustimmung zur Änderung des Einkommensteuerbescheids 1977 entsprechend den Prüfungsfeststellungen aufzufassen. Diese Feststellung ist, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Feststellung, ob ein Steuerpflichtiger ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten seine Zustimmung zum Erlaß eines für ihn nachteiligen Änderungsbescheides erteilt hat, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Das FG als Tatsachengericht hat insbesondere zu ermitteln, was der Erklärende geäußert und was er bei Abgabe der Erklärung subjektiv gewollt hat (BFH-Urteil vom 6. Februar 1985 I R 80/81, BFHE 143, 426, BStBl II 1985, 420). Das Revisionsgericht kann die Auslegung einer Willenserklärung durch das FG jedoch daraufhin prüfen, ob dieses die gesetzlichen Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze zutreffend angewandt hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 1981 I R 13/77, BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475; BFHE 143, 426, BStBl II 1985, 420). Das Revisionsgericht hat auch zu prüfen, ob das FG die für die Auslegung einer Willenserklärung bedeutsamen Begleitumstände erforscht hat (BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475, m. w. N.). Das angefochtene Urteil ist unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

Das FG hat bei der Würdigung der telefonischen Erklärung des Steuerberaters A zu Recht nicht nur auf den bloßen Wortlaut des Erklärten abgestellt, sondern darauf, wie sie der Vertreter des FA nach den vorangegangenen Verhandlungen und unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände verstehen mußte. Denn maßgebend für die Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der objektive Erklärungswert seines Verhaltens (Palandt / Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 48. Aufl., § 133 Anm. 4 c, m. w. N.). Da aber eine Betriebsprüfung nur der Ermittlung von Steueransprüchen zur Durchführung einer zutreffenden Besteuerung dient, mußte Steuerberater A, sich darüber im klaren sein, daß seine Erklärung, er stimme dem in der Schlußbesprechung erörterten Vorschlag des FA zu und sei damit einverstanden, daß der Prüfungsbericht entsprechend abgefaßt werde, vom FA nur dahin verstanden werden konnte, daß er auch mit dem Erlaß entsprechend geänderter Steuerbescheide einverstanden sei (vgl. auch das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 14. Oktober 1936 VI A 723/36, RStBl 1936, 1077, in dem dieser einen ,,Vergleichsvorschlag" des Steuerpflichtigen als Zustimmung i. S. von § 94 der Reichsabgabenordnung - AO - beurteilt hat). Das FG hat auch zu Recht den - für den Vertreter des FA nicht erkennbaren - inneren Vorbehalt des Steuerberaters, trotz der erteilten Zustimmung gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid Einspruch einzulegen, als unbeachtlich angesehen.

2. Das FG hat zutreffend entschieden, daß der angefochtene Bescheid auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden ist.

a) Die streitigen Schuldzinsen können, wie das FG überzeugend dargelegt hat, nicht als nachträgliche oder vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.

Soweit die im Streitjahr entrichteten Zinsen auf den in den Vorjahren veräußerten Teil des Grundstücks entfallen, können sie nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, weil diese Aufwendungen nach der Veräußerung des Grundstücks nicht mehr in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung stehen (vgl. Urteil des Senats vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373).

Soweit die Zinsen auf den im Eigentum der Klägerin verbliebenen Teil des Grundstücks (1 145 qm) entfallen, können sie ebenfalls nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin erklärt, sie beabsichtige, auf diesem Grundstück später ein Einfamilienhaus zu errichten und dieses anschließend entweder zu vermieten oder selbst zu bewohnen. Der Abzug von Werbungskosten für die Zeit, bevor der Steuerpflichtige Mieteinnahmen erzielt oder eine Wohnung selbst nutzt, setzt voraus, daß sich anhand objektiver Umstände der endgültige Entschluß des Steuerpflichtigen belegen läßt, er werde durch die Errichtung oder den Erwerb eines Gebäudes die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung begründen (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1981 VIII R 107/79, BFHE 135, 431, BStBl II 1982, 495).

Ist der Steuerpflichtige - wie hier - Eigentümer eines unbebauten Grundstücks und gibt er an, das Grundstück bebauen und das Gebäude durch Vermietung und Verpachtung oder durch Wohnen im eigenen Haus nutzen zu wollen, so muß er den wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen sowohl mit der späteren Bebauung als auch mit einer sich anschließenden Nutzung des Gebäudes darlegen und ggf. nachweisen (Urteil des Senats vom 8. Februar 1983 VIII R 130 /79, BFHE 138, 195, BStBl II 1983, 554).

Bei einem unbebauten Grundstück kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß es zu einer Bebauung kommt. Ein solches Grundstück kann auch unbebaut gelassen werden oder als Spekulationsobjekt dienen. Im Streitfall kann nach den Feststellungen des FG und dem Vortrag der Kläger nicht angenommen werden, daß der wirtschaftliche Zusammenhang der (anteiligen) Zinsaufwendungen mit einer späteren Bebauung und Nutzung des Grundstücks hinreichend dargetan ist. Der unsubstantiierte Vortrag der Klägerin, sie plane die spätere Errichtung eines Einfamilienhauses, reicht hierfür nicht aus. Die Kläger behaupten im Revisionsverfahren auch selbst nicht mehr, daß die Zinsaufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stünden.

b) Die streitigen Schuldzinsen sind auch nicht als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar. Schuldzinsen und andere Kreditkosten sind durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen veranlaßt und deshalb als Werbungskosten bei dieser Einkunftsart zu berücksichtigen, wenn sie für eine Schuld geleistet werden, deren Gegenwert die entgeltliche Überlassung von Kapital zur Nutzung ermöglicht oder fördert (Urteil des Senats vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37). Keine Veranlassung von Schuldzinsen und anderen Kreditkosten durch die Einkunftserzielung besteht, wenn die Aufwendungen zwar objektiv mit der Überlassung von Kapital zusammenhängen, aber subjektiv vorwiegend zur Ausnutzung von Wertsteigerungen im Vermögen gemacht werden, deren Realisierung nicht steuerbar ist (BFHE 134, 113, 118, BStBl II 1982, 37).

Der Senat kann offenlassen, ob im Streitfall ein objektiver Zusammenhang der streitigen Zinsaufwendungen mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung besteht oder ob ein solcher Zusammenhang, wie das FG meint, zu verneinen ist, weil der Gegenwert der Darlehensverbindlichkeit, die die Klägerin zum Erwerb eines unbebauten Grundstücks eingegangen ist, nach dessen Veräußerung eine im wirtschaftlichen Ergebnis unentgeltliche Überlassung von Kapital zur Nutzung fördert oder ermöglicht. Jedenfalls kommt ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen deshalb nicht in Betracht, weil nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), anzunehmen ist, daß die Zinsaufwendungen subjektiv vorwiegend nicht zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern zur Ausnutzung von nicht steuerbaren Wertsteigerungen im Vermögen getätigt wurden. Die Frage, ob die Zinsaufwendungen der Klägerin subjektiv vorwiegend deshalb getätigt wurden, um nicht steuerbare Spekulationsgewinne zu erzielen, kann wie alle in der Vorstellung von Menschen sich abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlich erkennbarer Merkmale beurteilt werden. Im Streitfall spricht schon der Umstand, daß im notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 24. September 1985 keine Verzinsung der gestundeten Kaufpreisforderung vereinbart worden ist, gegen die Annahme, daß es der Klägerin bei Abschluß dieses Vertrags primär auf die Erzielung von Kapitalerträgen ankam. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Klägerin die Verträge vom 24. September 1975 und vom 11. November 1976 vor allem deshalb abgeschlossen hat, weil sie durch den Verkauf der Grundstücke an die S-GmbH, deren Geschäftsanteile ausschließlich von den Klägern gehalten werden, einen besonders günstigen Kaufpreis und damit einen hohen steuerfreien Veräußerungsgewinn erzielen konnte. Mit einer Stundung der Kaufpreisforderung erklärte sich die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen auch deshalb einverstanden, weil die S-GmbH wegen ihrer angespannten Liquidität vor der Weiterveräußerung der Grundstücke nicht in der Lage war, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Daß bei Abschluß der Verträge mit der S-GmbH und insbesondere bei der Vereinbarung einer Stundung des Kaufpreises nicht die Absicht der Erzielung von Kapitaleinkünften im Vordergrund stand, wird schließlich auch daraus deutlich, daß die Klägerin im Jahre 1978 ohne zwingende Notwendigkeit auf ihren Zinsanspruch gegen die S-GmbH verzichtet hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416758

BFH/NV 1990, 776

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