Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist die Revision zunächst auf einen Anspruch beschränkt, so ist eine Erweiterung des Revisionsantrags nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist dann nicht mehr möglich, wenn die Erweiterung des Antrags durch die Revisionsbegründung nicht gedeckt wird.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Antragstellerin) beantragte und erhielt in der Zeit vom 1. Januar 1956 bis 30. September 1958 Ausfuhrhändlervergütung gemäß § 16 UStG für die Ausfuhr von Erzeugnissen, die sie fast ausschließlich von der Firma X-GmbH (X) bezogen hatte. Auf Grund einer Umsatzsteuervergütungsprüfung im November 1958 wurde festgestellt, daß die X Organgesellschaft des Firmeninhabers der Antragstellerin ist, deshalb Lieferungen der X an die Antragstellerin entsprechend § 7 Abs. 2 Ziff. 3 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (AusfFördG) nicht möglich und daher Ausfuhrhändlervergütungen nicht zu gewähren gewesen seien.

Das Finanzamt (FA) forderte daraufhin mit Bescheid vom 17. Dezember 1958 die in der Zeit vom 1. Januar 1956 bis 30. September 1958 gewährte Ausfuhrhändlervergütung in Höhe von 104.073,68 DM zurück.

Der Einspruch blieb erfolglos. Die Berufung (Klage) hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) setzte den Rückforderungsbetrag auf 10.355,15 DM herab.

Der Revisionskläger (FA) beschränkte seine Rb. zunächst auf die Vergütungszeiträume September 1957 bis September 1958. Er beantragte, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rückforderungsbescheid dahin abzuändern, daß der zurückzufordernde Betrag anderweitig mit 39.075,55 DM festgestellt wird.

In der mündlichen Verhandlung erweiterte er den Antrag dahin, die Rückforderung auch für die in der Zeit vom 1. Januar 1956 bis 30. Juni 1956 gezahlten Vergütungen in Höhe von 15.929,88 DM als berechtigt anzuerkennen.

Zur Begründung des ursprünglichen Antrags machte das FA geltend, daß eine bindende Zusage über das Nichtbestehen eines Organverhältnisses nicht gegeben worden sei. Selbst wenn eine Zusage gegeben worden sei, sei sie als klar dem Gesetz widersprechend nichtig. Es sei jeder Veranlagungszeitraum in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht selbständig. Das müsse auch für die einzelnen Vergütungszeiträume gelten. Das FA könne daher auf Grund der Feststellung im Betriebsprüfungsbericht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nur für den überprüften Vergütungszeitraum gebunden sein, nicht aber für spätere Vergütungszeiträume.

Zum Erweiterungsantrag führte das FA aus, daß erst anläßlich einer Betriebsprüfung im Juli 1956 ein Organverhältnis verneint worden sei. Diese Feststellung könne aber für die zurückliegende Zeit nach dem Grundsatz von Treu und Glauben keine Bindung bewirken.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb., die nunmehr als Revision zu behandeln ist (§ 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO), ist als unzulässig zu verwerfen hinsichtlich des mit dem Erweiterungsantrag geltend gemachten Betrages von 15.929,88 DM.

Nach § 120 Abs. 2 FGO muß die Revisionsbegründung oder die Revision einen bestimmten Antrag enthalten. Im Gegensatz zur Klage muß demnach spätestens mit der Revisionsbegründung ein bestimmter Antrag gestellt sein. Dies ist auch einleuchtend, weil der Revisionsantrag sich im Regelfall aus der Begründung ergibt und umgekehrt. Entspricht die Begründung dem gestellten Antrag, dann ist eine Erweiterung des Antrags nach Ablauf der Begründungsfrist nicht mehr möglich, weil dann dem Erfordernis der Begründung der Revision innerhalb der Begründungsfrist nicht mehr entsprochen werden kann. Das gilt insbesondere dann, wenn das Urteil des FG über mehrere selbständige Ansprüche ergangen und die Revisionsbegründung zunächst auf einen Anspruch beschränkt worden ist (vgl. Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts III C 252/58 vom 16. Dezember 1959, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bd. 10 S. 68). Eine Erweiterung des Antrags ist aber auch nicht zulässig, wenn man mit dem Bundesgerichtshof (BGH) der Auffassung ist, daß die in der Revisionsbegründungsschrift enthaltenen Anträge (vgl. § 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nur vorläufigen Charakter tragen und in der mündlichen Verhandlung noch geändert, insbesondere erweitert werden können. Eine Erweiterung läßt der BGH nur dann zu, wenn die Erweiterung des Revisionsantrags durch die Revisionsbegründung gedeckt wird (BGH-Urteil V ZR 6/51 vom 22. Dezember 1953, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 12 S. 52, 67, 68). Im Streitfall hat das FA seine Revision auf die Vergütungszeiträume September 1957 bis September 1958 beschränkt. Mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag hat es die Revision auf die Vergütungszeiträume Januar 1956 bis 30. Juni 1956 erweitert. Es handelt sich somit um andere Ansprüche als das FA mit dem Revisionsantrag geltend gemacht hat. Die Begründung für den zunächst gestellten und den erweiterten Antrag ist jeweils verschieden. Die Revisionsbegründung deckt den erweiterten Antrag nicht. Während der ursprüngliche Antrag damit begründet war, daß eine gegebene Zusage sich nur für den geprüften Vergütungszeitraum auswirken könne, wird der erweiterte Antrag damit begründet, daß eine Bindung des FA nach Treu und Glauben nicht für in der Vergangenheit liegende abgeschlossene Steuertatbestände eintreten könne. Unter diesen Umständen war die Revision in Höhe des erweiterten Antrags kostenpflichtig als unzulässig zu verwerfen.

 

Fundstellen

BStBl III 1966, 627

BFHE 1966, 565

BFHE 86, 565

StRK, FGO:120 R 4

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